Der Wald war still, doch die Spannung lag wie ein unsichtbares Gewicht in der Luft. Luan spürte sie, bei jedem Atemzug, in jedem Schritt. Das Rudel hatte begonnen, sich auf den kommenden Krieg vorzubereiten, doch es war schwer, gegen eine Bedrohung zu kämpfen, die sie nicht vollständig verstanden. Kael trainierte Luan täglich. Seine Lektionen waren härter geworden, die Übungen intensiver. Luan lernte, seine Bewegungen zu kontrollieren, seinen Instinkten zu vertrauen und die Energie des Amuletts zu spüren. Doch mit jedem Fortschritt wurde ihm klar, dass die Dunkelheit in Ridley größer war, als sie es sich vorstellen konnten.
»Noch einmal«, sagte Kael, als Luan schwer atmend vor ihm stand. Sie befanden sich auf einer Lichtung, umgeben von hohen, stillen Bäumen. Luan ballte die Hände zu Fäusten. Sein Körper schmerzte, doch er wusste, dass er nicht aufgeben durfte. Er spürte die Energie des Amuletts, das um seinen Hals hing, ein konstantes Pulsieren, das ihm Kraft gab. Kael nickte, als er Luans Entschlossenheit sah. »Gut. Aber vergiss nicht: Kraft allein wird nicht reichen. Ridley ist stark, ja, aber er ist auch clever. Wenn du ihn aufhalten willst, musst du klüger sein.«
Später, als die Sonne unterging, versammelte sich das Rudel auf der großen Lichtung. Nina trat in die Mitte, ihre Augen suchten jeden einzelnen Wolf.
»Ridley sammelt eine Armee«, begann sie. »Unsere Späher haben seine Männer in den Bergen gesehen. Es sind mehr als wir dachten – Jäger, Söldner, vielleicht sogar andere Wölfe, die sich seiner Sache angeschlossen haben.«
Ein Murmeln ging durch das Rudel. Luan spürte die Unruhe, die Angst, die unter der Oberfläche lag.
»Wir müssen stärker werden«, fuhr Nina fort. »Und wir müssen schneller handeln. Wenn wir warten, wird Ridley uns überrennen.«
Kael trat vor und richtete seinen Blick auf Luan. »Wir haben eine Waffe, die Ridley nicht hat. Das Amulett. Und wir haben jemanden, der es nutzen kann.« Alle Augen richteten sich auf Luan. Er spürte das Gewicht ihrer Erwartungen, doch er hielt ihrem Blick stand.
»Ich bin bereit«, sagte er, seine Stimme war ruhig, aber fest. Nina nickte langsam. »Gut. Dann beginnen wir morgen mit dem nächsten Schritt.«
In der Nacht lag Luan wach, das Amulett lag schwer auf seiner Brust. Die Worte der anderen hallten in seinem Kopf wider: „Du bist unsere einzige Hoffnung." Doch tief in sich spürte er die Zweifel. Was, wenn er versagte? Was, wenn Ridley stärker war, als sie dachten? Kael setzte sich neben ihn, sein Blick auf den Himmel gerichtet. »Du kannst nicht alles kontrollieren, Luan. Aber du kannst dein Bestes geben. Und das wird reichen. Luan nickte, doch er wusste, dass die kommenden Tage alles verändern würden. Der nächste Morgen begann mit einem Schock. Ein Späher kehrte ins Lager zurück, schwer verletzt und blutüberströmt.
»Ridley …«, keuchte er, bevor er zusammenbrach. Kael kniete sich neben ihn und versuchte, ihn wach zu halten. »Was ist passiert?«
Der Späher hob schwach die Hand. »Er kommt. Mit seinen Männern. Sie sind nur noch einen Tag entfernt.« Nina trat vor, ihre Augen funkelten vor Zorn. »Dann bleibt uns keine Wahl. Wir müssen uns ihm stellen – jetzt.« Die Wölfe begannen, sich vorzubereiten. Luan spürte die Unruhe, die durch das Rudel ging, doch er ließ sich nichts anmerken. Kael war an seiner Seite, seine Anwesenheit ein stiller Trost.
»Das ist es, oder?«, fragte Luan, während er seine Klauen betrachtete, die sich bei jeder Bewegung schärfer anfühlten. Kael nickte. »Ja. Der Moment, für den du geboren wurdest.«
Luan schluckte schwer. Er wusste, dass er keine Wahl hatte. Ridley war nahe, und wenn sie ihn nicht aufhielten, würde es kein Morgen geben – weder für das Rudel noch für das Gleichgewicht. Die Wölfe verließen das Lager, als die Sonne unterging. Die Nacht war kühl, und der Mond schien hell, sein Licht fiel auf die gespannten Gesichter der Kämpfer. Luan spürte das Amulett um seinen Hals, seine Energie war wie ein Herzschlag, der mit seinem eigenen synchron war. Der Wolf in ihm war wach, bereit. Kael trat neben ihn, ein schwaches Lächeln auf seinen Lippen. »Bleib bei mir. Und vergiss nicht: Das hier ist mehr als ein Kampf. Es ist deine Bestimmung.«
Luan nickte, und sie bewegten sich lautlos durch den Wald, ihre Augen auf das Ziel gerichtet. Am Rande einer großen Lichtung hielten sie an. In der Mitte standen Ridley und seine Männer, eine finstere Armee aus Jägern und Söldnern. Ridley trat vor, das Messer in der einen Hand, das Amulett in der anderen. Seine Augen glühten vor Zorn, und ein bösartiges Lächeln spielte um seine Lippen.
»Da seid ihr ja«, sagte er leise. »Zeit, das Gleichgewicht zu brechen.«