Der Mond stand hoch am Himmel, sein silbernes Licht fiel durch die Baumkronen und ließ den Wald wie eine Bühne wirken. Luan spürte, wie sich die Energie um ihn verdichtete. Ridley war nahe – das Amulett zog ihn wie eine unsichtbare Kraft. Kael war an seiner Seite, seine Haltung angespannt, doch sein Blick blieb auf Luan gerichtet. »Du fühlst es, nicht wahr?« Luan nickte. »Er ist hier. Und er wartet auf uns.« Kael runzelte die Stirn. »Das wird keine einfache Schlacht. Ridley ist nicht nur ein Jäger. Er hat das Amulett. Und wenn er gelernt hat, es zu nutzen …« Luan unterbrach ihn, seine Stimme ruhig, aber entschlossen. »Dann muss ich ihn aufhalten.« Die beiden bewegten sich lautlos durch den Wald, ihre Schritte synchron. Kael führte sie zu einer Lichtung, die von alten, umgestürzten Bäumen umgeben war. In der Mitte brannte ein Feuer, dessen Flammen seltsam blau schimmerten. Ridley stand auf der anderen Seite der Lichtung, das Amulett um seinen Hals. Es pulsierte in einem tiefen Rot, die Runen glühten wie lebendige Narben auf seiner Oberfläche. Er sah auf, als Luan und Kael aus den Schatten traten, ein kaltes Lächeln auf seinem Gesicht.
»Da bist du also«, sagte Ridley. »Das Kind des Blutes.«
Kael knurrte leise, doch Luan legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Ich mache das.« Kael zögerte, doch schließlich trat er zurück. Ridley musterte Luan mit einem Blick, der gleichzeitig abschätzend und amüsiert war.
»Bist du bereit, deine Rolle zu akzeptieren?«
Luan trat näher, das Knurren in seiner Brust wurde lauter. »Ich werde dich aufhalten.«
Ridley lachte leise, doch das Lachen hatte einen rauen, gefährlichen Klang. »Du verstehst es immer noch nicht, oder? Das Amulett ist nicht nur ein Relikt. Es ist ein Werkzeug – und in meinen Händen wird es das Gleichgewicht zerstören.« Mit einer schnellen Bewegung hob Ridley die Hand, und das Amulett leuchtete auf. Eine Welle aus Energie raste über die Lichtung, und Luan spürte, wie sie ihn traf – heiß und brennend, wie eine Flamme, die sich durch seine Haut fraß. Er fiel auf die Knie, sein Atem war schwer, doch der Wolf in ihm knurrte, stärker als je zuvor. Ridley trat näher, das Amulett schwebte leicht vor seiner Brust. »Du kannst dich nicht wehren, Junge. Du bist stark, ja, aber du hast keine Ahnung, wie diese Macht funktioniert.« Luan schloss die Augen, konzentrierte sich auf das Ziehen in seiner Brust. Der Wolf war wach, bereit, doch Luan wusste, dass rohe Kraft nicht ausreichen würde. Er atmete tief ein, ließ das Knurren in ihm aufsteigen und öffnete sich vollständig dem, was er war – Mensch und Wolf, vereint.
Als er die Augen öffnete, war die Welt anders. Das Licht des Amuletts war nicht mehr überwältigend, sondern klar, und er konnte die Energie spüren, die es ausstrahlte.
»Ich habe mehr Kontrolle, als du denkst«, sagte Luan leise, seine Stimme ein tiefes Grollen. Ridley zögerte, doch dann griff er an. Das Amulett strahlte eine weitere Welle aus, doch Luan wich aus, seine Bewegungen waren schneller, präziser. Er sprang auf Ridley zu, die Klauen blitzten im Mondlicht, und ihre Körper prallten zusammen. Der Kampf war wild, ein Wirbel aus Zähnen und Klauen, doch Luan spürte, dass Ridley mehr als nur ein Mensch war. Das Amulett verstärkte seine Stärke, seine Reflexe, und jeder Schlag traf härter, als Luan erwartet hatte. Doch Luan gab nicht nach. Der Wolf in ihm trieb ihn voran, und mit jedem Angriff wurde er schneller, geschickter. Schließlich gelang es ihm, Ridley zu Boden zu stoßen. Das Amulett löste sich von seinem Hals und landete mit einem dumpfen Klang auf dem Boden. Ridley schrie auf, seine Augen weiteten sich vor Panik, und Luan spürte, wie die Energie in der Luft nachließ. Er griff nach dem Amulett, doch bevor er es berühren konnte, sprang Kael vor und trat es aus Ridleys Reichweite.
»Es ist vorbei«, sagte Kael, seine Stimme ein tiefes Knurren. Ridley sah zwischen Luan und Kael hin und her, sein Gesicht war eine Maske aus Wut und Verzweiflung. Doch dann lachte er, leise und unheilvoll.
»Ihr glaubt, das war's?«, fragte er. »Das Amulett ist nur ein Teil des Plans. Ihr könnt das Gleichgewicht nicht bewahren. Es ist bereits zu spät.«
Bevor jemand reagieren konnte, sprang Ridley in die Dunkelheit und verschwand. Luan hob das Amulett auf. Es war schwer in seiner Hand, doch das Leuchten hatte nachgelassen, und die Runen waren verblasst. Kael trat neben ihn, sein Gesicht war ernst. »Das ist noch nicht vorbei. Ridley wird zurückkommen – und er wird nicht allein sein.« Luan nickte langsam. »Aber wir haben das Amulett. Und ich weiß jetzt, was ich bin.«