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Chapter 2 - Ein bloßes Objekt

'Im Roman wird nicht viel über Rosalies Beziehung zu Raphael erzählt, jedoch war es nach einer Woche in der Ashter-Villa offensichtlich, dass sie dort wie ein wertloses Objekt behandelt wurde.

Das Haus Ashter war einst einflussreich und reich. Als Besitzer mehrerer profitabler Minen war Ian Ashter einer der erfolgreichsten Geschäftsleute des Reiches und genoss den Respekt und die Unterstützung des Kaisers.

Leider verstrickte sich sein Sohn Raphael mit einer zwielichtigen Organisation, die in Menschen- und Drogenhandel verwickelt war, und verlor einen Großteil des Familienvermögens. Dies zwang Ian Ashter alle seine Minen zu verkaufen und die Familie musste von dem verbleibenden Geld leben, das Rosalies verstorbene Mutter hinterlassen hatte sowie den kaum vorhandenen Einnahmen aus den sporadisch erfolgreichen Geschäften ihres Vaters.

Ian Ashter schien sich kaum für seine Tochter zu interessieren. Er sprach nur aus reiner Elternpflicht mit ihr und wechselte nie mehr als ein paar Sätze mit ihr, es sei denn es war zwingend notwendig. Ihr älterer Bruder Raphael hingegen fand es unterhaltsam, Rosalie bei jeder Gelegenheit seelisch und körperlich zu quälen.

Für die gerade mal einundzwanzigjährige Rosalie Ashter war ihr eigenes Zuhause die reinste Hölle.

***

"Lady Rosalie, sind Sie wach?"

Eine tiefe, rauhe Stimme drang durch die geschlossene Tür in Rosalies Zimmer und ließ sie zusammenzucken. Es war Clara, eines der Dienstmädchen, die Raphael zugeteilt wurden. Ein verachtenswertes, unhöfliches und rücksichtsloses Geschöpf, das sich für besser hielt als die anderen Dienstmädchen, weil Raphael sie aus unbekannten Gründen bevorzugte.

'Warum ist sie heute hier? Wo ist mein persönliches Dienstmädchen?'

Rosalie wurde zunehmend nervös und zögerte, das Dienstmädchen hereinzulassen, besonders weil das einzige Dienstmädchen, das ihr geholfen hatte, seit sie in diesem Körper erwacht war, heute nicht da war. Doch sie entschied, dass sie bereits zu lange geschwiegen hatte und es nichts ändern würde, Clara nicht hereinzulassen.

"Ja, bitte kommen Sie rein."

Die schweren Holztüren öffneten sich mit einem leisen Knarren und ließen eine große, eher schlanke junge Frau hereinkommen, die Rosalie verdächtig ähnlich sah, mit einem großen Unterschied in ihrem Erscheinungsbild – ein Paar große, blassblaue Augen, die auf Nachfrage einen unschuldigen, fast kindlichen Blick vortäuschen konnten, der nicht so recht zu dem Gesamtensemble passte, das sie so sehr zu imitieren versuchte.

"Oh, Lady Rosalie! Wenn Sie schon wach sind, hätten Sie jemanden rufen sollen, der Ihnen hilft, sich fertig zu machen! Es ist fast Frühstückszeit, und Sie wissen ja, wie ungern Lord Ashter wartet!"

Eine künstliche, scheinbar herablassende Stimme, die perfekt zu einem ekelhaft falschen Lächeln passte, das das blasse Gesicht des Dienstmädchens teilte, und ein falscher, freundlicher Blick, der darauf abzielte, einen Menschen mit einem direkten Blick zu durchbohren. Ihre bloße Anwesenheit ließ Rosalie erschauern.

"Was ist mit Aurora passiert?"Lady Ashter konnte ihre wachsende Angst nicht länger unterdrücken. Laut dem Roman war Aurora seit Jahren das Dienstmädchen der jungen Herrin und die einzige Person im ganzen Haushalt, die ihr aufrichtiges Interesse entgegenbrachte und sie wie einen echten Menschen behandelte. Selbst als Meiling sich das erste Mal in Rosalies Körper wiederfand und sich verdächtig untypisch verhielt, wodurch sie alle um sich herum in Alarmbereitschaft versetzte, war es Aurora, die ihre Herrin beschützte, indem sie eine glaubhafte Lüge über Rosalies Erkältung erfand, die sie sich bei ihrem letzten Ausflug zugezogen haben sollte. Diese Lüge überzeugte sogar den stoischen und skeptischen Marquess Ashter.

Clara, die immer noch damit beschäftigt war, Rosalies Kleid zu richten, seufzte etwas genervt und antwortete beiläufig:

„Aurora erledigt gerade eine wichtige Besorgung. Oh je, Lady Rosalie, sind Sie vielleicht unzufrieden mit mir? Soll ich jemand anderes an meiner Stelle schicken?" Clara drehte sich vollständig um und machte ein scheinbar besorgtes Gesicht, wobei sie sich offensichtlich Mühe gab, ihr Schmunzeln zu unterdrücken. Sie wusste, dass selbst wenn Rosalie launenhaft genug wäre, tatsächlich ein anderes Dienstmädchen zu verlangen, niemand käme, und allein dieser Gedanke war für jemanden so boshaft wie Clara ein großer Unterhaltungsfaktor.

Lady Ashter schüttelte den Kopf und trat vor das Dienstmädchen, um zu signalisieren, dass sie mit ihrer Unterstützung zufrieden war. Als Clara begann, ihr das Nachthemd auszuziehen, wurde Rosalie wieder unruhig und fragte schließlich:

„Welche Besorgung macht sie? Ich erinnere mich nicht daran, ihr den Auftrag gegeben zu haben, heute hinauszugehen."

Noch genervter warf Clara das Nachthemd achtlos auf das Bett und antwortete mit etwas kalter Stimme:

„Aurora... ist zur Parfümerie gegangen, um weitere Öle für Ihr Bad zu holen."

'Komisch... Mir ist nicht bewusst, dass die Duftöle schon aufgebraucht sind. Und hätte sie mich nicht über etwas Derartiges informieren müssen? Auch wenn der Inhalt des Romans noch frisch in meinem Gedächtnis ist, habe ich, was den Umgang mit dem Dienstpersonal angeht, immer noch absolut keine Ahnung, wie man solche Dinge handhabt.'

Nach einigen weiteren offensichtlich absichtlichen Nadelstichen und ein paar schmerzhaften Zügen an ihren schönen braunen Locken war Rosalie nun bereit, ihr Zimmer zu verlassen und eine eher unangenehme Mahlzeit mit ihrem gefühllosen, ausdruckslosen Vater zu teilen.

Das Mädchen stand vor einem hohen Spiegel mit dickem goldfarbenem Rahmen und betrachtete das Endergebnis von Claras widerwillig perfektionierter Arbeit – Rosalies prächtiges Haar war sorgfältig im Nacken frisiert und von einem Dutzend glitzernder silberner Haarnadeln fixiert; ihre Porzellanhaut schimmerte unter einer leichten Schicht Puder, betont durch einen rosafarbenen Hauch auf den Wangenknochen, während ihre vollen Lippen rot geschminkt waren, passend zur roten Rubin-Halskette, die genau zwischen ihren Schlüsselbeinen lag.

Ihr Kleid war einfach und doch extrem unbequem – der dunkelgrüne Samtstoff lastete schwer auf Rosalies zarter Figur, während das enge Korsett fast ihre Rippen quetschte und das Atmen erheblich erschwerte. Selbst starres Stehen schien in diesen Kleidern ungemütlich zu sein, und das Mädchen konnte nicht anders, als sich zu fragen, wie um alles in der Welt Rosalie es bisher ausgehalten hatte, ständig innerlich so eingeengt zu werden.

‚Kein Wunder, dass sie so dünn ist... Aber ich kann nicht leugnen – Rosalie Ashter ist atemberaubend schön. Vielleicht wird sie gerade deshalb wie ein bloßes Objekt behandelt.'

Mit diesem unerfreulichen Gedanken verließ Rosalie ihr Zimmer und folgte Clara in den Speisesaal des Anwesens. Ein neuer Tag begann.