Als Yatsuki sich auf den Weg zur Schwertakademie machte, kehrte Hideki ins Haus zurück. Plötzlich stand ihm dort eine mysteriöse Person in einer schwarzen Kapuzenrobe gegenüber.
Hideki schreckte kurz zurück, nahm aber im selben Moment eine vertraute Aura wahr.
Mit besorgter Stimme fragte er:
„Glaubst du wirklich, dass er bereit ist, die Welt da draußen zu sehen?"
Die mysteriöse Person antwortete mit ruhiger, fast emotionsloser Stimme:
„Er hat diesen Weg gewählt, also bleibt uns keine andere Wahl, als an ihn zu glauben. Vielleicht wird ihm das gelingen, woran ich gescheitert bin. Doch sobald er die Wahrheit kennt, wird er eine Entscheidung treffen müssen."
Als Hideki diese Worte hörte, erinnerte er sich an den Tag vor 19 Jahren, als er von dem Mann gebeten wurde, Yatsuki aufzunehmen. Hideki war ein verantwortungsbewusster und empathischer Mann. Er wusste schon damals, dass der Tag kommen würde, an dem er seine Schuld begleichen müsse und kam der Bitte nach, Yatsuki aufzuziehen. Doch eine Frage beschäftigte ihn all die Jahre:
„Satoshi, sag mir, wer genau ist Yatsuki?"
Unter der Kapuze begann Satoshi leicht zu lächeln und sagte:
„Er ist derjenige, der über das Schicksal der Menschheit entscheiden wird."
Zurück an der Schwertakademie machte Yatsuki seinen ersten Schritt in den riesigen Außenbereich der Akademie. Er befand sich auf einem großen, mit Steinen gepflasterten Weg, der zum Eingang der Akademie führte. Links von ihm befanden sich eine Vielzahl von Übungsplätzen und andere Trainingsbereiche, die sehr gefragt sein werden. Rechts von ihm wurde ein weitläufiges Gartengelände errichtet, das gut für den Zeitvertreib oder Erholung diente.
"OH MEIN GOTT!!!"*, schrie Yatsuki auf einmal völlig überwältigt. Das einzige, was er kannte und je in seinem Leben gesehen hat, waren die maroden Holzbaracken in den Slums.
Während Yatsuki in Staunen versunken war, näherte sich ihm von hinten eine junge Frau mit schulterlangen hellblauen Haaren und aquamarin farbigen Augen und fragte neugierig:
"Alles gut bei dir? Du stehst hier schon seit Minuten wie angewurzelt. Mein Name ist übrigens Haruka Saito, freut mich, dich kennenzulernen."
Langsam sammelte sich Yatsuki und drehte sich zu ihr um. Ein leichter Windhauch ließ die Haare des Mädchen vor ihrem Gesicht wehen. Mit einer sanften Handbewegung strich sie die Strähnen hinter ihrem Ohr, und als die Sonne auf ihre Augen fiel, begannen diese in einem strahlenden Glanz zu funkeln.
"Mein Name ist Yatsuki Sakuragi. Es ist alles gut, mir fehlt es an nichts. Ich sehe nur solch ein riesiges und prachtvolles Gelände zum ersten Mal und kann nicht glauben, dass ich es endlich geschafft habe."
"Anhand deiner Reaktion scheinst du einer der zwei Rekruten zu sein, die aus keiner adeligen Familie stammen. Soweit ich weiß, kommt es nur selten vor, dass Menschen aus der unteren Schicht hier angenommen werden. Das heißt, dass du echt begabt sein musst."
Haruka strahlte voller Neugier und fuhr fort:
"Willst du mir verraten, was für eine Affinität du hast?"
Yatsuki schaute Haruka verwirrt an und erwiderte:
"Affinität?"
Schlagartig änderte sich Harukas Gesichtsausdruck. Sie war geschockt, seufzte und sagte anschließend:
"Du hast es also an die Akademie geschafft, ohne überhaupt eine Affinität zu haben. Keine Affinität und ein ehemaliger Bewohner des Slums – du wirst es hier dann echt schwer haben und das Ziel vieler Adliger sein."
Haruka begann jedoch zu schmunzeln, bevor sie weitersprach:
"Aber weißt du was, da ich dich mag, werde ich mich auf die Seite des Außenseiters stellen und dir helfen, die Ausbildung zu bestehen."
Yatsuki starrte Haruka mit einem ernsten Blick an und sagte:
"Ich bin kein Außenseiter."
"Was sollst du denn sonst bitte sein?",
äußerte Haruka leise.
"Ich weiß, dass ich es schwerer haben werde als viele andere hier. Deine Hilfe nehme ich gerne an. Nur verstehe ich nicht ganz, wieso du dich auf meine Seite stellst, obwohl wir uns erst seit gerade kennen und es dir nur Nachteile bringen würde.",
antwortete Yatsuki schmunzelnd auf ihr Angebot.
Auf dem Boden starrend, fing Haruka an verlegen zu werden und sagte:
"Deine Situation erinnert mich an mich selbst. Da du kein Teil einer adeligen Familie bist, kennst du den Ruf meiner Familie wahrscheinlich nicht. Du wirst aber früh genug merken, warum ich gerade dich kennenlernen wollte und bereit bin, dir zu helfen."
Yatsuki entschied sich dazu, nicht weiter nachzuhaken und nickte mit dem Kopf als Zeichen des Verständnisses.
"Wollen wir uns auf den Weg in Richtung Versammlungshalle machen? Ich kenne den Weg nämlich nicht.",
äußerte Yatsuki mit einem nervösen Lachen.
Haruka fing wieder an zu lächeln und antwortete:
"Stimmt ja, du bist sowas nicht gewohnt. Natürlich zeige ich dir den Weg, wäre ja schlecht, wenn du dich am ersten Tag direkt verläufst."
In der Eingangshalle angekommen, war Yatsuki erneut über die Größe des Gebäudes beeindruckt. In dieser waren hohe Decken, Marmorböden und Wandteppiche, die bedeutende Schlachten und legendäre Schwertkämpfer darstellen. Eine Statue des Gründers der Akademie stand stolz in der Mitte der Halle und erinnerte an die glorreiche Geschichte dieses Ortes.
Entlang der Eingangshalle erstrecken sich bereits die Eingänge zu den vielen Klassenzimmern, der Bibliothek und der Kantine. Die Eingangshalle ist wie ein Kompass gebaut. In jede der Haupthimmelsrichtungen endet ein weiterer Gang. Am Ende vom nördlichen Gang des Einganges erschließt sich die Versammlungshalle.
Beim Betreten der Versammlungshalle wird man von einem beeindruckenden Anblick empfangen. Der Raum ist weitläufig und hoch, mit einer Decke, die von massiven, kunstvoll geschnitzten Balken getragen wird. Kronleuchter aus Bronze hängen von der Decke herab und erhellen den Raum mit einem warmen, sanften Licht, das sich auf den polierten Marmorböden widerspiegelt.
Am Ende der Halle befindet sich eine erhöhte Bühne, auf der ein massives Podium aus dunklem Holz steht. Hinter der Bühne hängt ein großes Banner verziert mit dem Emblem der Akademie, das mit ihren Farben Stolz und Macht ausstrahlt.
Vor der Bühne erstreckten sich Reihen von Sitzplätzen, geordnet in einem halbkreisförmigen Muster, sodass jeder einen guten Blick auf die Bühne hat. In der Mitte der Halle ist ein breiter Gang freigelassen, durch den die Lehrer und Rekruten zur Bühne gelangen können.
Auf dem Weg zu ihren Plätzen konnte Haruka ein leises Lachen nicht unterdrücken, als sie sah, wie sich Yatsuki schon wieder verwirrt umsah.
"Unsere Plätze sind hier vorne, Yatsuki. Wir sind in der 7. Reihe."
Yatsuki drehte sich mit einem überforderten und verwirrten Blick um, ging langsam zu ihr zurück und äußerte niedergeschlagen:
"Oh Mann, ich hoffe, dass ich mich hier in Zukunft zurechtfinden werde."
Mit einem beruhigenden Lächeln antwortete sie:
"Mach dir keine Sorgen. Ich bin mir sicher, dass du dich bald gewöhnen wirst."
Als sie ihre Plätze erreichten, bemerkten sie eine junge Frau mit einer weißen Odango-Frisur, die zwei gebundene Zöpfe und lila schimmernde Augen hatte. Sie besaß ein freches, breites Grinsen und saß bereits auf ihrem Stuhl. Sie schwang spielerisch mit ihren Beinen:
"Hey, seid ihr auch neue Rekruten? Willkommen in der Schwertakademie!", äußerte sie, während sie ihnen zuwinkte.
Freundlich antwortete Haruka:
"Hallo, ja, wir sind auch neu hier. Ich bin Haruka und das ist Yatsuki Sakuragi. Freut mich, dich kennenzulernen."
Yatsuki, der hinter Haruka stand, nickte und stimmte Harukas Aussage zu:
"Freut mich auch, dich kennenzulernen."
Die Frau mit der Odango-Frisur sprang auf und streckte ihnen die Hand entgegen:
"Ich bin Miyu! Wir werden hier viel Spaß haben, das verspreche ich euch. Besonders du, Yatsuki, so oft wie du dich wahrscheinlich verlaufen wirst."
Haruka versuchte, ohne Erfolg ihr Lachen zu unterdrücken.
Währenddessen spürte Yatsuki, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg. Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf und versuchte, eine passende Antwort zu finden.
"Du hast mich scheinbar gesehen, wie ich mich nicht zurechtgefunden habe",
murmelte er mit verlegener Stimme und den Blick zu Boden gerichtet.
Das Lächeln von Miyu wurde breiter.
"Keine Sorge, du hast immerhin ein Jahr Zeit, um dich hier zurechtzufinden. Das schaffst du schon!",
äußerte sie mit einem neckenden Grinsen.
Die Unterhaltung wurde von einer mächtigen Präsenz von vorne unterbrochen. Es war der Direktor der Akademie, Akira Matsumoto. Mit einer kurzen, aber intensiven Demonstration eines Teils seiner Mana-Aura sorgte er für sofortige Stille im Saal.
Yatsuki, Haruka und Miyu wurden reflexartig von dem enormen Druck der Aura in ihre Sitze gedrückt und konnten kein Wort mehr herausbringen.
"Da jetzt alle eingetroffen sind und der Saal ruhig ist, möchte ich mit der Begrüßung beginnen",
verkündete der Direktor, während er seine Mana-Aura zurückzog. Seine Stimme war ruhig, durchdrang den Saal jedoch bis in die kleinste Ecke.
"Ihr alle habt euch dazu entschlossen, Schwertkämpfer zu werden und Avaloria mit Stolz zu verteidigen. Es ist eine bemerkenswerte Leistung, dass ihr an der Elite-Schwertakademie dieses Landes angenommen wurdet. Doch lasst euch von diesem kleinen Erfolg nicht von der Realität ablenken: Dies ist erst der Anfang. Ein sehr anstrengendes Jahr liegt vor euch."
Er machte eine kurze Pause, um die Bedeutung seiner nächsten Worte zu betonen.
"Ihr habt wahrscheinlich bereits von den Ätherklingen gehört. Die Eliteeinheit dieses Landes wählt ihre neuen Rekruten aus dieser Akademie aus. Dafür müsst ihr natürlich die nötigen Resultate vorweisen können."
Akira Matsumoto ließ seinen Blick über die versammelten Schüler schweifen, als wollte er sicherstellen, dass jeder einzelne verstand, wie ernst die kommenden Herausforderungen sein würden.
"Kommen wir nun zu den allgemeinen Informationen und Hausregeln: Nach dieser Rede werdet ihr in die 2. Etage gebracht, wo ihr das nächste Jahr in kleinen Wohnungen mit zwei Zimmern und einem Gemeinschaftsraum zu sechst verbringen werdet. Dort erhaltet ihr eure Uniform sowie eine zusätzliche Ersatzuniform. Diese Uniform wird für alle Aktivitäten in dieser Akademie getragen. Ihr habt eine Stunde Zeit, um euch kennenzulernen, eure neuen Zimmer zu begutachten und die Uniform anzuziehen, bevor es in die erste Magiestunde geht."
Seine Stimme nahm einen strengeren Ton an.
"Die meiste Zeit werdet ihr Freizeit haben, doch lasst mich euch raten: Nutzt diese mit Bedacht! Wir bringen euch nur das Allgemeine bei; das Trainieren und Vertiefen des Lernstoffes liegt in eurer Verantwortung. Duelle mit Wetteinsatz sind erlaubt, wenn beide Seiten einverstanden sind. Diese werden in der Öffentlichkeit abgehalten und von einer Lehrkraft überwacht."
Er machte eine letzte, bedeutungsvolle Pause, bevor er fortfuhr.
"Das wäre es fürs Erste. Zum Schluss möchte ich euch alle noch einmal herzlich an dieser Akademie willkommen heißen. Ihr seid die Zukunft unseres Landes. Auf ein erfolgreiches Jahr und willkommen an der Akademie!"