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Chapter 4 - Kazuya Suzuki

Mit einer geschmeidigen Bewegung ließ Kaito seine Mana-Aura allmählich verblassen, als ob die Hitze eines flimmernden Feuers langsam erlöscht. Er richtete sich auf, seine Haltung strahlte Selbstbewusstsein aus, während er sich umdrehte und den Raum verließ. Sein Ziel war klar: einen Lehrer über das bevorstehende Duell zu informieren. Kazuya tat es ihm gleich, seine Aura zog sich zurück wie der Mond, der sich hinter Wolken verbirgt. Er streckte die Hand aus und half Yatsuki mit festem Griff auf die Beine.

„Danke, dass du mir geholfen hast",

sagte Yatsuki, ein erleichtertes Lächeln spielte auf seinen Lippen, während er sich den Staub von der Kleidung klopfte.

Kazuya erwiderte den Dank nicht. Seine kühlen, grauen Augen fixierten Yatsuki einen Moment, als ob er etwas Unsichtbares hinter dessen Gesichtszügen suchte.

„Pass das nächste Mal besser auf, bevor du alleine durch die Gänge streifst",

bemerkte er mit einer Stimme, die so kalt und unnachgiebig klang wie das Schneiden von Eis.

Ohne ein weiteres Wort wandte er sich ab. Sein Blick verlor sich in der Ferne, als er sich entschlossen auf den Weg machte, um sich auf das Duell vorzubereiten.

Die Flure der Akademie lagen vor ihm, weitläufig und still, nur das leise Echo seiner Schritte auf den Marmorfliesen war zu hören. Kazuya nahm seine Umgebung genau wahr, wie ein Jäger, der das Terrain vor sich scannt. Die anderen Rekruten, die ihm begegneten, schienen in seinen Augen nur flüchtige Schatten zu sein, kaum mehr als Statisten in einem größeren Spiel. Doch keiner von ihnen strahlte auch nur annähernd so viel Mana aus wie Yatsuki – eine Beobachtung, die ihn nicht losließ.

„Wie kann das sein?" fragte er sich in Gedanken, während er weiterging, seine Augen prüften jeden Passanten, jede Bewegung.

„Er kommt aus den Slums und hat dennoch eine solche Aura? Auf den ersten Blick scheint er nichts Besonderes zu sein, und doch… da ist etwas an ihm. Etwas, das mir auf seltsame Weise vertraut vorkommt. Etwas, das an meine eigene Geschichte erinnert."

Ein vertrauter Druck legte sich auf seine Brust, schwer und drückend.

„Schon wieder dieses Gefühl... Wenn ich dieses Duell verliere, werde ich auch den letzten Rest an Respekt verlieren. Die anderen werden sich von mir distanzieren, wie sie es immer tun. Es gibt keinen Raum für Fehler, keinen Raum für Schwäche. Ein Fehltritt, und alles ist vorbei. So wie damals."

Seine Schritte wurden schneller, entschlossener, als er das Bild der Vergangenheit vor seinem inneren Auge zurückdrängte. Jetzt gab es keinen Raum für Zweifel. Nur die bevorstehende Auseinandersetzung zählte. Doch die Erinnerung ließ sich nicht so leicht abschütteln, sie klammerte sich an ihn wie ein Schatten, der ihn überallhin verfolgte.

Damals...

Die Szenen seiner Kindheit kehrten mit der Wucht einer stürmischen Flut zurück. Kazuya erinnerte sich an das kalte, steinerne Anwesen, in dem er aufgewachsen war – ein Ort, der mehr einem Gefängnis glich als einem Zuhause. Die hohen, kahlen Mauern, die ihn einengten, und die frostige Atmosphäre, die jede Spur von Wärme erstickte. Die strengen Blicke seiner Familie, die nie ein Wort des Lobes, sondern nur Forderungen kannten. Jeder Fehler, den er machte, wurde zu einem unauslöschlichen Makel, jedes Zögern als Schwäche ausgelegt.

Er sah sich wieder als Kind, wie er verzweifelt versuchte, die Erwartungen seiner Familie zu erfüllen. Die ständigen Trainingseinheiten, die harten Worte, die eisige Distanz – alles diente nur einem Zweck: Ihn stärker zu machen, ihn unbesiegbar zu machen. Doch mit jeder Niederlage spürte er, wie die Kälte in seinem Inneren wuchs, wie das Vertrauen der anderen schwand, bis nur noch ein leerer Raum in ihrem Blick zurückblieb.

„Du darfst nicht verlieren",

hallte die Stimme seines Vaters in seinem Kopf wider, kalt und schneidend.

„Versager haben in unserer Familie keinen Platz."

Kazuya biss die Zähne zusammen, als er sich an die demütigenden Momente erinnerte, als er die Erwartungen nicht erfüllt hatte, die Blicke voller Verachtung, das Gefühl, allein gelassen zu werden. Dieses Gefühl wollte er nie wieder erleben. Nie wieder.

Kazuya schüttelte den Gedanken an die Vergangenheit ab, als ob er lästige Schatten von seinen Schultern streifen wollte. Es war keine Zeit, sich von alten Wunden einholen zu lassen. Die Gegenwart forderte seine volle Aufmerksamkeit.

Der Flur vor ihm öffnete sich zur Trainingshalle, wo das Duell stattfinden würde. Die klare Luft, erfüllt von leichten Nebelschwaden, die durch das späte Abendlicht schimmerten, begrüßte ihn. Der Boden unter seinen Füßen war fest, hart – eine passende Bühne für das, was kommen würde.

Als er die Trainingshalle betrat, spürte er die Blicke der anderen Rekruten auf sich. Sie warteten, gespannt und neugierig, die Luft war erfüllt von einem leisen Flüstern, das den nahenden Kampf ankündigte. Einige sahen ihn an, als erwarteten sie, dass er ihnen wieder beweisen würde, dass er unbesiegbar war. Andere schienen nur auf einen Fehltritt zu warten, auf ein Zeichen von Schwäche, um ihn endgültig abzuschreiben.

Kazuya blieb am Rand der Trainingshalle stehen und ließ seinen Blick über die Menge schweifen, bis er Yatsuki entdeckte, der unter den Zuschauern stand. Es überraschte ihn, wie ruhig dieser inmitten des Getümmels wirkte, trotz der Ereignisse, die ihn hierhergeführt hatten. Yatsuki war anders. Er besaß eine stille Stärke, die Kazuya nicht ignorieren konnte – eine Stärke, die an etwas erinnerte, das tief in ihm selbst schlummerte.

„Ich darf mir keine Zweifel erlauben",

dachte Kazuya und fokussierte seinen Blick auf den Punkt, an dem sein Gegner bald erscheinen würde.

„Ich muss zeigen, dass ich dieser Welt gewachsen bin. Dass ich stärker bin als meine Vergangenheit."

Die Sonne neigte sich langsam dem Horizont entgegen, tauchte die Trainingshalle in ein warmes, oranges Licht, das die Schatten länger und die Spannung greifbarer machte. Mit einem letzten, tiefen Atemzug verdrängte Kazuya alle anderen Gedanken. Der Moment war gekommen. Es gab nur noch das Hier und Jetzt, den Kampf, den er führen musste – und den Preis, den er sich nicht leisten konnte zu zahlen, wenn er scheiterte.

„So wie damals",

flüsterte eine Stimme in seinem Hinterkopf, aber diesmal war er entschlossen, die Vergangenheit nicht das Ende diktieren zu lassen. Nicht heute.

Der Klang von Schritten näherte sich, und Kazuya hob den Kopf. Sein Gegner war angekommen. Das Duell konnte beginnen.

Kazuya stand im Zentrum der Trainingshalle, den Blick fest auf den Punkt gerichtet, an dem Kaito ihm entgegenkam. Die Menge verstummte, als Kaito den Hof betrat, jeder Schritt hallte auf dem steinernen Boden wider. Er wirkte selbstsicher, fast überheblich, und trug diese Haltung zur Schau, als wäre das Duell bereits entschieden.

Kaito blieb ein paar Meter entfernt stehen, und ein selbstgefälliges Lächeln umspielte seine Lippen.

„Bereit, dich zu blamieren?"

fragte er, seine Stimme voll von einer Arroganz, die Kazuya kalt ließ. Das leichte Flackern von Flammen um Kaitos Hände zeigte, dass er bereits sein Mana mobilisierte.

Kazuya antwortete nicht. Stattdessen ließ er sein Mana in sich fließen, konzentrierte sich auf das eisige Element, das tief in seinem Inneren pulsierte. Die Luft um ihn herum begann, merklich kälter zu werden, und ein leichter Reif legte sich über den Boden zu seinen Füßen.

„Eis gegen Feuer",

dachte Kazuya ruhig,

„Eine Herausforderung, aber nicht unmöglich. Kaito ist stolz und impulsiv. Er wird versuchen, mich mit roher Kraft zu überwältigen. Ich muss geduldig sein, seine Angriffe studieren und den richtigen Moment abwarten."

„Na dann",

sagte Kaito, als er die Flammen um seine Hände auflodern ließ,

„lass uns das beenden, bevor es langweilig wird."

Mit diesen Worten stieß er sich vom Boden ab und raste mit beängstigender Geschwindigkeit auf Kazuya zu, die Flammen in seinen Händen bereit, ihn in einem einzigen Schlag niederzustrecken.

Kazuya blieb ruhig und fokussiert. Er sah, wie Kaito seine Feuerverstärkung nutzte, um seine Bewegungen zu beschleunigen, die Flammen züngelten wie die Zähne eines Raubtiers. Doch in dieser wilden Kraft lag auch eine Unvorsichtigkeit, die Kazuya zu seinem Vorteil nutzen wollte.

In dem Moment, als Kaito nahe genug war, wirbelte Kazuya herum, seine Bewegungen so fließend und präzise wie das Eis selbst. Er konzentrierte sein Mana in seine Beine und verstärkte sie mit der Kälte, was ihm erlaubte, sich blitzschnell zu bewegen. Mit einem eleganten, aber kraftvollen Sprung wich er dem ersten Schlag aus, wobei die Flammen an seinem Mantel vorbeizischten, ohne ihn zu berühren.

Kaito brüllte auf, enttäuscht darüber, dass sein erster Angriff ins Leere gegangen war, und ließ eine weitere Flammenwelle auf Kazuya los. Doch Kazuya war bereits einen Schritt voraus. Mit einem leichten Handzeichen formte er eine dünne Eisschicht auf dem Boden unter Kaito, die im letzten Moment gefror.

Kaito verlor für einen kurzen Augenblick das Gleichgewicht, als seine Füße über das Eis rutschten, zog Kazuya sein Schwert, die Klinge glänzte kalt im Licht des Trainingshofes. Mit einem ruhigen Atemzug ließ er sein Mana in die Waffe fließen. Ein frostiger Hauch legte sich um die Klinge, als sie von einer dichten Schicht aus Eis ummantelt wurde. Die Luft um das Schwert herum kühlte merklich ab, und kleine Eiskristalle schwebten in der Nähe des Stahls, bereit, sich bei jeder Bewegung zu zersplittern.

Kaito tat es ihm gleich, aber statt der kühlen Aura war es Hitze, die von seinem Schwert ausging. Er schwang die Klinge einmal durch die Luft, und die Flammen, die sein Schwert umgaben, flackerten bedrohlich. Die Hitze war so intensiv, dass man den Unterschied selbst aus der Entfernung spüren konnte. Ein Lächeln der Selbstsicherheit breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er Kazuya fixierte.

„Keine Tricks mehr, nur noch roher Kampf", sagte Kaito und stürmte erneut vor, diesmal seine Klinge mit ungebändigter Wucht auf Kazuya niedersausend.

Kazuya hob sein Schwert und blockte den Schlag, wobei sich Eis und Feuer erneut kreuzten. Die Klingen prallten aufeinander, und für einen Moment sah es so aus, als ob beide Elemente um die Vorherrschaft kämpften. Doch Kaito gab nicht nach. Mit einem kraftvollen Stoß drängte er Kazuya zurück und griff unermüdlich an, seine Schläge schneller und brutaler als zuvor.

Kazuya hielt stand, blockierte und wich aus, während er versuchte, eine Schwäche in Kaitos Angriffsmuster zu finden. Doch Kaitos Feuerverstärkung verlieh ihm eine Geschwindigkeit und Kraft, die schwer zu durchdringen war. Kazuya konnte spüren, wie das Feuer gegen das Eis ankämpfte, die Hitze brannte gegen die Kälte, aber er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Geduld war sein größter Verbündeter.

Am Rand der Trainingshalle beobachteten Yatsuki und seine Freunde den Kampf mit angehaltenem Atem. Ryota, Haruka, Miyu und Sakura standen dicht beieinander, die Anspannung in ihren Gesichtern deutlich sichtbar.

„Kazuya hält sich gut", murmelte Ryota, die Augen fest auf die beiden Kämpfer gerichtet.

„Er ist ruhig, sehr fokussiert",

fügte Miyu hinzu, ihre Stimme klang bewundernd.

„Aber es sieht so aus, als würde Kaito ihn in die Ecke drängen."

Yatsuki nickte, doch seine Gedanken waren woanders. Während er Kazuya beobachtete, fiel ihm etwas auf. Etwas an Kazuyas Haltung, an der Art, wie er kämpfte, schien ihn zu belasten.

„Er kämpft nicht nur gegen Kaito",

dachte Yatsuki, während er den Ausdruck in Kazuyas Augen studierte.

„Es ist, als ob er gegen etwas in sich selbst ankämpft… als ob er etwas zu beweisen versucht. Aber was?"

Yatsuki konnte es nicht genau benennen, aber er spürte, dass Kazuya diesen Kampf mit einer Last im Herzen führte. Die Art, wie Kazuya jeden Schlag abwehrte, wirkte auf den ersten Blick souverän, aber es war mehr als das. Es war, als würde Kazuya gegen eine unsichtbare Macht kämpfen, die ihn innerlich quälte.

„Er erinnert mich an… mich selbst",

dachte Yatsuki plötzlich, ohne genau zu wissen, warum. Es war ein Gefühl, das tief in ihm aufstieg, ein Hauch von Verständnis für etwas, das er selbst noch nicht ganz begriffen hatte.

Haruka, die Yatsukis nachdenklichen Ausdruck bemerkte, legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm.

„Was denkst du, Yatsuki?"

fragte sie leise.

„Ich… ich weiß nicht genau",

antwortete er zögernd, ohne die Augen von Kazuya abzuwenden.

„Aber ich glaube, da ist mehr, als wir sehen. Es ist, als ob Kazuya gegen mehr als nur Kaito kämpft. Er trägt etwas in sich, das ihn nicht loslässt."

Sakura, die bislang still war, sah Yatsuki mit ernsten Augen an.

„Vielleicht versucht er, etwas zu überwinden. Etwas aus seiner Vergangenheit."

Yatsuki nickte langsam.

„Vielleicht… vielleicht hat er Angst, zu verlieren, weil… weil er schon einmal etwas verloren hat."

Ryota runzelte die Stirn.

„Egal was es ist, er muss sich zusammenreißen. Wenn er zögert, wird Kaito das nutzen."

Yatsuki wusste, dass Ryota recht hatte, aber tief in seinem Inneren spürte er, dass es nicht nur um den Kampf gegen Kaito ging. Es war etwas anderes, etwas Tieferes, das Kazuya antrieb. Und diese Erkenntnis ließ ihn noch mehr um den Ausgang dieses Duells bangen.

Kaito drängte Kazuya unbarmherzig zurück, die Schläge seiner feuerumhüllten Klinge wurden schneller und aggressiver. Jeder Hieb ließ die Hitze zwischen ihnen stärker aufflammen, während Kazuyas Bewegungen langsam an Präzision verloren. Die Kälte, die sein Schwert umgab, begann zu schwinden, die Eisverstärkung wich unter der sengenden Hitze zurück.

In Kazuyas Augen spiegelte sich die aufsteigende Verzweiflung wider. Mit jedem Schlag, den er parierte, flackerte eine Erinnerung in ihm auf, ein Bild aus einer längst vergangenen Zeit.

Vergangenheit:

Kazuya stand damals in einem ähnlichen Duell, jedoch war es kein Kampf mit Magie, sondern ein harter Kampf um Anerkennung. Er war jünger, unerfahrener, und sein Gegner war ein älterer Junge aus einer angesehenen Familie. Der Trainingsplatz war umgeben von anderen Kindern, die neugierig und mit einem Hauch von Schadenfreude zusahen.

Die ersten Schläge gingen rasch an ihm vorbei, doch mit jedem weiteren Treffer, den er einstecken musste, spürte Kazuya, wie die Blicke der Zuschauer immer kälter wurden. Lachen, das in Spott überging. Jeder Hieb, jeder Schlag, den er nicht parieren konnte, schien eine weitere Brücke zu seinen Freunden abzureißen. Als er schließlich besiegt am Boden lag, hörte er die Worte, die ihn für immer veränderten:

„Du bist nichts wert, Kazuya. Du hast uns enttäuscht."

Diese Worte hallten in seinem Kopf wider, lange nachdem der Kampf vorbei war. Die Kinder, die ihn einst als Freund angesehen hatten, wandten sich ab. Er war allein, und diese Einsamkeit brannte sich tief in sein Herz ein. Es war der Moment, in dem er erkannte, dass Fehler nicht vergeben werden würden. Ein einziger Fehltritt bedeutete den Verlust von allem, was ihm wichtig war.

Von diesem Tag an hatte Kazuya sich geschworen, nie wieder Schwäche zu zeigen. Nie wieder jemandem die Möglichkeit zu geben, ihn zu verachten oder zu verlassen.

Zurück in die Gegenwart:

Kazuyas Schläge wurden zögerlicher, seine Bewegungen langsamer. Die Traurigkeit, die tief in ihm vergraben war, begann an die Oberfläche zu dringen, und in seinen Augen war nun eine stille Verzweiflung zu erkennen. Kaito, der die Schwäche spürte, setzte zum entscheidenden Schlag an, seine flammende Klinge zielte direkt auf Kazuyas Schwachstelle.

Doch in diesem Moment, als Kaito den letzten Hieb ausführen wollte, hallte eine Stimme durch den Hof.

„Kazuya!"

schrie Yatsuki, seine Stimme voller Sorge und Entschlossenheit.

„Erinner dich daran, wer du wirklich bist! Hör auf dein Herz und sei du selbst!"

Die Worte durchdrangen Kazuyas geistige Barriere wie ein kalter Windhauch. In einem Augenblick war er wieder ein kleiner Junge, der auf dem Schoß seiner Mutter saß. Sie strich ihm sanft über das Haar, ihr Lächeln war warm und voller Liebe.

„Kazuya",

hatte sie damals gesagt,

„du bist gut, so wie du bist. Fehler zu machen gehört dazu, aber du darfst niemals vergessen, wer du bist. Sei du selbst, und bereue nichts, egal, was passiert."

Kazuya öffnete die Augen, und in dem Moment schien die gesamte Welt stillzustehen. Ein eisiger Sturm brach mit einer ungeahnten Macht aus ihm hervor, die Luft um ihn herum gefror augenblicklich. Eine gewaltige Schockwelle breitete sich von ihm aus, drängte alles in ihrer Bahn zurück. Kaito, der gerade noch im Angriff begriffen war, wurde von dieser eisigen Gewalt erfasst und wie eine Puppe durch die Luft geschleudert. Mit einem ohrenbetäubenden Krachen wurde er gegen die steinerne Wand am anderen Ende der Arena geschleudert, die unter dem Aufprall Risse bekam.

Kazuyas Augen glühten in einem leuchtenden Blau, seine Aura hatte eine Intensität erreicht, die den gesamten Raum erfüllte und jeden Atemzug erschwerte. Die Temperatur sank rapide, als die frostige Macht, die von ihm ausging, den gesamten Bereich in einen arktischen Albtraum verwandelte. Der Lehrer, der das Duell beaufsichtigte, starrte ungläubig auf die Szene vor ihm.

„Ein Awakening...",

murmelte er ungläubig und konnte kaum fassen, was er da sah. Kazuyas wahres Potenzial entfaltete sich, und es war nichts weniger als atemberaubend.

Kazuya stand aufrecht, sein Atem ging gleichmäßig, während die kühle Luft, die er ausstieß, sichtbar war. Seine Präsenz war unerschütterlich, beinahe übermenschlich, und die Kälte, die von ihm ausging, ließ den Boden unter ihm gefrieren. Yatsuki und seine Freunde standen am Rande der Arena, die Augen weit aufgerissen vor Erstaunen. Sie hatten Kazuya als einen stillen, zurückhaltenden Schüler kennengelernt, doch jetzt offenbarten sich ihnen Kräfte, die sie sich nicht hätten vorstellen können.

Kaito, schwer verletzt, stemmte sich aus den Trümmern der Wand heraus. Sein Körper war von Blut und Ruß gezeichnet, doch seine Augen brannten vor unbändiger Entschlossenheit.

„Endlich! Jetzt wird es spannend!"

rief er, seine Stimme war eine Mischung aus Schmerz und Euphorie. Seine Flammen lodernden wilder denn je, während er sich wieder aufrichtete. Das Feuer, das ihn umgab, schien die Wut und den Stolz, die in ihm kochten, widerzuspiegeln.

„Lass uns das beenden, Kazuya!"

schrie Kaito, als er seine Hand hob und die größte Flammenladung seines Lebens vorbereitete. Die Hitze, die von ihm ausging, war so intensiv, dass die Steine unter seinen Füßen zu schmelzen begannen. Die Flammen wanden sich um ihn, formten eine gewaltige Feuerklinge, die jede Hoffnung auf Entkommen zunichte machte.

Kazuya antwortete nicht mit Worten, sondern mit einer erneuten Entfesselung seiner eisigen Macht. Er bündelte die Kälte in seiner Hand, die Eisschicht um sein Schwert verdichtete sich zu einer makellosen, strahlend blauen Klinge, die in der Arena glitzerte. Die Luft um ihn herum erstarrte nahezu, während die Temperatur weiter fiel. Kaito und Kazuya standen sich gegenüber, beide bereit, alles in diesen einen letzten Angriff zu legen.

Die Spannung in der Arena erreichte ihren Höhepunkt. Die Flammen und das Eis luden sich zu einem alles entscheidenden Schlag auf, die gegensätzlichen Kräfte kollidierten in der Mitte der Arena und erzeugten heftige Schockwellen, die den Boden erzittern ließen. Jeder Atemzug, jede Bewegung, schien von den unvorstellbaren Kräften beeinflusst zu werden, die sich an diesem Punkt der Arena konzentrierten.

Inmitten dieser gewaltigen Energien spürte Kazuya plötzlich, wie sein Körper schwächer wurde.

„Nicht... jetzt..."

dachte Kazuya verzweifelt, während er spürte, wie die Kraft, die ihn eben noch angetrieben hatte, langsam zu schwinden begann. Seine Sicht verschwamm, und er konnte die Hitze spüren, die Kaito näher und näher kam. Die Flammen schienen ihn zu verschlingen, doch er konnte sich nicht mehr wehren. Die Erschöpfung war überwältigend.

Mit einer letzten Anstrengung bündelte er die verbleibende Kälte in seinem Körper und setzte zum finalen Schlag an. Doch die Erschöpfung war zu groß. Noch bevor er den Angriff vollenden konnte, spürte er, wie die Kraft ihn verließ. Die Welt um ihn herum wurde schwarz, und er fiel zu Boden, während seine Augen langsam zufielen.

Kazuya fiel in die Dunkelheit, seine Sinne verließen ihn, und die Welt um ihn herum versank in völliger Schwärze. Doch in dieser Dunkelheit war er nicht allein. Stimmen drangen durch die Leere, zuerst leise und flüchtig, dann immer lauter und deutlicher. Es waren die Stimmen aus seiner Vergangenheit, vertraut und doch grausam.

„Du bist nichts wert!",

dröhnte die Stimme seines Vaters, hart und unerbittlich. Sie schnitt durch die Dunkelheit wie ein scharfes Messer und hinterließ eine brennende Wunde in Kazuyas Herz.

„Versager!", „Schwächling!", „Wir brauchen dich nicht!"

Die hämischen Rufe der Kinder aus seiner Kindheit hallten wie ein Chor des Hohns um ihn herum, jede Silbe eine Nadel, die sich tief in seine Seele bohrte.

Kazuya biss die Zähne zusammen, versuchte, die Stimmen zu verdrängen, aber sie wurden immer lauter, immer drängender. In seinem Inneren türmte sich die Angst auf, wie ein endloses Meer, das ihn zu verschlingen drohte.

„Jetzt werden sie mich auch wegwerfen…"

dachte er verzweifelt.

„Yatsuki, Haruka, Ryota… auch sie werden sich von mir abwenden. Ich bin wieder allein…"

Doch inmitten dieser endlosen Dunkelheit erschien ein winziger Funke, kaum mehr als ein schwaches Glimmen. Es war warm, weich – und es kam nicht von ihm. Kazuya lauschte, und mit jedem Herzschlag hörte er die Stimmen von Yatsuki und den anderen, die sich wie ein leises Flüstern in die finstere Leere drängten.

„Kazuya! Kannst du mich hören?"

Die Stimme war besorgt, voller Sorge, und sie schnitt durch die Dunkelheit wie ein Lichtstrahl. Yatsuki. Er rief nach ihm, verzweifelt und unnachgiebig.

„Gib jetzt nicht auf!"

Harukas Stimme gesellte sich dazu, sanft und ermutigend.

„Wir sind bei dir!"

Miyu und Ryota, ihre Stimmen woben sich zusammen, wurden lauter, trugen eine Wärme mit sich, die Kazuya in der Dunkelheit noch nie gespürt hatte.

Das Licht, das von diesen Stimmen ausging, wurde stärker, verdrängte die Kälte, die ihn gefangen hielt. Die finstere Leere wich zurück, und das Licht breitete sich aus, erhellte die Dunkelheit um ihn herum. Kazuya spürte, wie die Kälte von ihm abfiel, und in seinem Herzen begann eine neue, unerwartete Wärme zu wachsen.

Endlich öffnete Kazuya seine Augen, und das Licht durchbrach die Dunkelheit vollständig. Vor ihm erschienen verschwommene Gestalten, die allmählich klarer wurden. Es waren Yatsuki und die anderen, die ihn mit besorgten Augen anblickten. Kein Spott, keine Verachtung – nur Sorge und Zuneigung. Sie hatten ihn nicht fallen lassen, hatten ihn nicht aufgegeben.

Kazuya versuchte, seine Gefühle zu unterdrücken, doch es war vergebens. Die Erleichterung, die durch ihn strömte, war zu groß, zu überwältigend. Er spürte, wie seine Kehle sich zuschnürte, seine Brust sich zusammenzog, und bevor er es verhindern konnte, liefen ihm Tränen über das Gesicht.

„Ihr habt mich… nicht aufgegeben",

flüsterte er, seine Stimme brach. Er konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten, sie strömten wie ein gebrochener Damm. Doch es waren keine Tränen der Schwäche oder des Schmerzes – es waren Tränen der Erleichterung, der Befreiung. Er war nicht mehr allein.

Yatsuki und die anderen knieten sich zu ihm hinunter, lächelten ihn aufmunternd an, während sie ihm halfen, sich aufzusetzen. Die Kälte, die ihn eben noch umklammert hatte, war verschwunden, und an ihrer Stelle war eine tiefe, tröstliche Wärme getreten, die Kazuya bis ins Innerste erfüllte.

„Wir sind bei dir, Kazuya",

sagte Yatsuki mit einem Lächeln, das mehr sagte als tausend Worte. Es war das Versprechen, dass er nie wieder alleine sein würde, dass es Menschen gab, die ihn so akzeptierten, wie er war – mit all seinen Fehlern, all seinen Schwächen.

Kazuya sah in die Augen seiner Freunde und wusste in diesem Moment, dass er etwas gefunden hatte, das er nie wieder verlieren wollte. Die Dunkelheit, die ihn so lange verfolgt hatte, war verschwunden, und an ihrer Stelle war ein Licht getreten, das ihn von innen heraus wärmte. Ein Licht, das er nie wieder zulassen würde, dass es erlosch.