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Chapter 5 - Job gesucht, Drama gefunden

Es gibt wenige Dinge im Leben, die ich noch mehr hasse als früh aufzustehen. Eines davon ist mein Job. Eigentlich hatte ich gehofft, dass ich nach dem Schulabschluss zumindest ein paar Monate lang nichts tun könnte, außer mich in meinem Zimmer zu verkriechen, Serien zu schauen und mich darüber zu wundern, warum ich mit einer Familie gestraft wurde, die mehr Wert auf ihr Instagram-Image legt als auf menschliche Beziehungen. Aber nein. Viktoria war der Meinung, dass ein „nutzloses Herumsitzen" nicht in ihr Haus passe, und da sie die Macht hatte, mich rauszuwerfen, wenn ich nicht spurte, musste ich mir einen Job suchen. Spoiler: Es wurde ein Job in einem kleinen Café in der Innenstadt.

Nicht, dass ich mich für zu gut zum Arbeiten halte – ganz im Gegenteil. Ich bin mir nur ziemlich sicher, dass meine Seele bei jedem Cappuccino, den ich falsch mache, ein kleines bisschen mehr zerbröselt. Es ist nicht mal der Job an sich, der das Problem ist. Klar, Kaffee machen kann stressig sein, aber es gibt schlimmere Dinge. Schlimmer ist die Kundschaft. Denn dieses Café ist nicht einfach irgendein schnuckeliges kleines Lokal mit freundlichen Menschen und entspannter Musik im Hintergrund. Nein, es ist ein angesagter Treffpunkt für Menschen, die glauben, dass ein vierfacher Soja-Latte mit extra Hafermilchschaum und zwei Spritzern Vanillesirup ein essenzieller Teil ihrer Persönlichkeit ist. Und ich? Ich bin der Mensch, der ihnen diesen Wahnsinn servieren muss. Heute ist einer dieser Tage, an denen ich mich ernsthaft frage, warum ich nicht einfach irgendwo in den Bergen als Einsiedlerin lebe. Kaum habe ich meine Schicht begonnen, steht schon eine Kundin vor mir, die mit perfekt gemachten Wimpern klimpert und mich mit einem Blick ansieht, der mir sofort klarmacht, dass sie mich nicht für einen echten Menschen hält.„Einen Matcha-Latte mit Mandelmilch, aber bitte nur mit genau 60 Grad Temperatur", sagt sie in einem Ton, als bestelle sie eine Luxusyacht. Ich zwinge mich zu einem Lächeln. „Klar. Und dazu noch einen Kaviar-Toast oder nur das Getränk?"

Sie blinzelt mich an, offensichtlich nicht sicher, ob ich sie gerade verarsche oder nicht. Ich entscheide mich, das Lächeln beizubehalten, um meinen Job nicht zu riskieren. Zehn Minuten später hat sich die Schlange verdoppelt, mein Kollege Tom ist spurlos verschwunden (wahrscheinlich im Lager, um so zu tun, als hätte er zu tun), und ich schwöre, dass ich kurz davor bin, einem Kerl, der seinen Kaffee zum dritten Mal wegen „zu wenig Schaum" zurückgehen lässt, einfach das gesamte Milchkännchen über den Kopf zu schütten. Aber das wahre Drama beginnt erst, als die Tür aufgeht und jemand den Laden betritt, den ich in diesem Moment am wenigsten sehen will. Meine Stiefschwestern. Livia und Sophia. Die beiden betreten den Raum, als gehörte ihnen der ganze Laden, was vielleicht daran liegt, dass sie in ihrer eigenen Welt sowieso denken, dass ihnen alles gehört. Sie tragen farblich perfekt abgestimmte Outfits, haben ihre Handys bereits in der Hand und filmen ihren „Daily Coffee Run" für ihre Follower. Ich versuche, mich hinter der Espressomaschine zu verstecken, aber natürlich bleibt mir dieses Glück nicht vergönnt. „OMG, Ella?!" Livia bleibt abrupt stehen und reißt die Augen auf, als hätte sie gerade einen seltenen Vogel in freier Wildbahn entdeckt. „Was machst du denn hier?" Sophia sieht mich an, als hätte sie mich gerade beim Mülldurchwühlen erwischt. Ich blinzele sie an. „Ich arbeite? So wie normale Menschen?" Livia runzelt die Stirn. „Warte. Du hast echt einen Job?"

„Nein, ich trage die Schürze nur aus modischen Gründen." Sie wirft Sophia einen Blick zu, dann prusten beide los. „Oh mein Gott, das ist ja zu witzig! Du bist eine… Barista?" Livia betont das Wort so, als hätte ich mich entschieden, als Straßenkünstlerin mein Geld zu verdienen. Ich atme tief durch und zwinge mich zu professioneller Freundlichkeit. „Möchtet ihr etwas bestellen oder seid ihr nur hier, um mich auszulachen?"

„Hmmm…" Sophia tippt auf ihrem Handy herum. „Einen Caramel Macchiato mit extra Vanille, weniger Milch und mehr Schaum. Aber nicht zu viel Schaum. Und bitte mit Hafermilch, aber nur, wenn sie bio ist." Ich seufze. „Und du?" frage ich Livia. „Ein Matcha-Latte, aber bitte nicht so… bitter. Kannst du das irgendwie süßer machen?" Ich starre sie an. „Also… mit Zucker?" „Ihh, nein! Mit… keine Ahnung… irgendwas ohne Kalorien." „Mit Luft?" Sie verdreht die Augen. „Mach einfach irgendwas." Ich drehe mich um und beginne, die Getränke zuzubereiten, während die beiden weiter in ihr Handy quatschen. Natürlich geht es um den Ball. Natürlich geht es darum, was sie anziehen werden, was Viktoria geplant hat, wie wichtig es ist, auf den richtigen Moment für die perfekte Instagram-Story zu warten. Und natürlich ignorieren sie völlig, dass ich existiere. Bis Livia plötzlich einen Geistesblitz hat. „Oh mein Gott, Ella, du musst mit uns ein Video machen!"

Ich drehe mich langsam um. „Was?" „Ja! So nach dem Motto: ‚Hier ist unsere süße kleine Schwester, die so normal ist, dass sie in einem Café arbeitet!' Die Leute lieben so was!" „Danke, aber nein danke." „Warum nicht? Hast du Angst, dass man dich mit uns in Verbindung bringt?" Sie grinst. „Zu spät." „Eher Angst, dass ich aus Reflex den Milchschaum über euch schütte", murmele ich. Sie hört es natürlich nicht. Stattdessen hält sie mir bereits ihr Handy hin. „Nur eine kleine Story. Ich schwöre, wir machen dich berühmt!" Ich nehme einen tiefen Atemzug und lächle. Dann nehme ich den Becher mit ihrem Macchiato, stelle ihn auf den Tresen – und lasse den Deckel „versehentlich" abrutschen, sodass ein ordentlicher Schwall Schaum über den Rand läuft und auf ihre perfekt manikürten Finger tropft.

Livia quietscht auf. „Ugh! Ella!" Ich hebe unschuldig die Schultern. „Ups."

Sophia prustet los. „Das ist das Beste, was heute passiert ist." „Vergiss es!" Livia schnappt sich den Becher, wirft mir einen mörderischen Blick zu und stapft zur Tür. „Viel Spaß noch in deinem aufregenden kleinen Leben, Ella." Sie rauscht hinaus. Sophia folgt ihr grinsend. Ich sehe ihnen nach, nehme mir einen Schluck meines eigenen Kaffees und kann mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Job gesucht, Drama gefunden. Und irgendwie war es das heute wert.