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Chapter 8 - Chucks gegen High Hills

Das Problem mit High Heels ist nicht nur, dass sie unbequem sind. Oder dass sie aussehen, als seien sie eine Erfindung der Inquisition. Oder dass sie mich jedes Mal dazu bringen, meine motorischen Fähigkeiten infrage zu stellen. Nein, das Problem mit High Heels ist, dass sie eine verdammte Metapher sind. Ein Symbol für alles, was meine Stiefmutter von mir erwartet. Ein Zeichen dafür, dass man sich verbiegt, um in eine Welt zu passen, die für einen nicht gemacht ist. Und wenn es eine Sache gibt, die ich mit jeder Faser meines Seins ablehne, dann ist es genau das. Also ja. Ich weigere mich, sie zu tragen. Aber natürlich sieht Viktoria das anders. „Ella, das ist nicht verhandelbar", sagt sie und hält mir ein Paar silberne Stilettos hin, die mindestens zehn Zentimeter hoch sind und gefährlicher aussehen als so manche Waffe. Ich blicke von dem Schuh zu ihr und wieder zurück. „Ich passe lieber. Ich hänge an meinen Knöcheln." „Es geht nicht um dich", sagt sie mit dieser überlegenen Ruhe, die mich regelmäßig in den Wahnsinn treibt. „Es geht um unser Image." „Ach, das berühmte Familienimage. Ich vergaß." Ich verschränke die Arme. „Also ist es dir wichtiger, dass ich in diesen Folterinstrumenten herumlaufe, als dass ich den Abend tatsächlich überlebe?" „Niemand stirbt an High Heels, Ella." „Oh, da wäre ich mir nicht so sicher." Ich ziehe mein Handy aus der Tasche. „Lass mich mal googeln, wie viele Leute sich jedes Jahr durch Stürze in diesen Dingen ernsthaft verletzen." Viktoria presst die Lippen aufeinander. „Du bist so anstrengend." „Ich weiß. Ein echtes Wunder, dass ich noch keinen Preis dafür bekommen habe." Sie atmet langsam durch, als müsse sie sich daran erinnern, dass es unhöflich wäre, mich vor Zeugen zu erwürgen. „Ich werde nicht mit dir diskutieren. Zieh sie einfach an." Ich sehe auf die Schuhe. Dann auf meine geliebten, abgetragenen Chucks. Meine Chucks sind ein Teil von mir. Sie sind bequem, sie sind zuverlässig, und sie haben mich durch einige der chaotischsten Tage meines Lebens begleitet. Ich habe in ihnen meinen ersten Job angetreten, bin in ihnen durch den Regen gerannt, habe in ihnen Abende mit Pizza und Filmen verbracht. Sie sind vielleicht alt, aber sie sind echt. Diese Schuhe hingegen? Sie sind eine Lüge. Und ich bin nicht bereit, mich für diesen Ball – oder für irgendjemanden – in eine Lüge zu verwandeln. „Ich werde Chucks tragen", sage ich fest. Viktoria blinzelt, als hätte ich ihr gerade mitgeteilt, dass ich plane, den Ball in einem Kartoffelsack zu besuchen. „Bitte was?" „Du hast mich schon verstanden." „Ella, sei nicht albern. Niemand geht in Turnschuhen auf einen königlichen Ball." „Dann bin ich eben die Erste." „Du willst mich in Verlegenheit bringen." „Oh, Viktoria, nein." Ich lege eine Hand auf mein Herz. „Dass du so etwas von mir denkst…" Ihr Blick verfinstert sich. „Ich werde das nicht akzeptieren." „Dann lass es eben bleiben." Für einen Moment herrscht Stille. Ich kann sehen, wie es in ihrem Kopf arbeitet. Sie ist es gewohnt, zu gewinnen. Daran, dass Menschen nachgeben, wenn sie ihren Willen durchsetzen will. Ich bin aber nicht „Menschen". Ich bin ich. Und ich bin nicht bereit, mir von ihr vorschreiben zu lassen, wer ich sein soll. Sie lehnt sich zurück, ihre Miene wird ausdruckslos. „Fein", sagt sie kühl. „Mach, was du willst. Aber wenn du dich zum Gespött der Leute machst, ist das deine Sache." „Das ist ein Risiko, das ich gerne eingehe." Sie sagt nichts mehr. Sie nimmt nur ihre Tasche und verlässt das Zimmer. Ich blicke ihr nach und lasse mich dann grinsend aufs Bett fallen. Chucks gegen High Heels. 1:0 für mich.