Chereads / Der Aufstieg der Drachen - Band 3 / Chapter 5 - 4. Die Insel des Kerns

Chapter 5 - 4. Die Insel des Kerns

Die leuchtende Küste

Die Insel tauchte wie aus dem Nichts vor ihnen auf. Sie war umgeben von einem leuchtenden Dunst, der sich wie ein Vorhang über das Meer legte. Je näher sie kamen, desto mehr spürten sie die Energie, die von ihr ausging. Es war, als ob die Luft selbst schwerer wurde, erfüllt von einer unsichtbaren Macht, die jede Bewegung durchdrang. „Das ist sie," flüsterte Kira, ihre Augen auf das seltsame, pulsierende Licht gerichtet, das aus dem Inneren der Insel strömte. „Die Insel des Kerns," sagte Kael'thar mit gedämpfter Stimme. „Ich habe Geschichten darüber gehört. Niemand, der sie betreten hat, ist je zurückgekehrt." „Wir haben keine Wahl," sagte Danny und hielt den Kristall der Weisen in der Hand, der immer heller leuchtete, je näher sie kamen. „Der Kern ruft uns. Und wenn wir ihn nicht erreichen, wird die Welt zerbrechen." Das Schiff landete an einem schmalen Strand, dessen Sand in silbernen und goldenen Farben schimmerte. Es gab keine Wellen, keine Geräusche – nur das allgegenwärtige Summen, das aus dem Herzen der Insel zu kommen schien. „Das fühlt sich falsch an," murmelte einer der Wächter, der das Schiff verlassen hatte. „Es ist nicht falsch," sagte Danny ruhig. „Es ist... etwas Neues."

Der Pfad der Prüfungen

Ein schmaler Pfad aus schimmernden Steinen führte ins Innere der Insel, umgeben von dichtem, fremdartigem Wald. Die Bäume waren nicht wie die, die sie kannten – sie hatten keine Blätter, sondern kristallene Äste, die im Licht funkelten. „Das ist kein Ort dieser Welt," sagte Kira, während sie vorsichtig hinter Danny herging. „Es fühlt sich an, als ob die Zeit hier stillsteht," fügte Kael'thar hinzu, während er über ihnen flog. Der Pfad führte sie zu einer großen, offenen Ebene, in deren Mitte sich ein Tor aus Licht und Schatten erhob. Es schwebte knapp über dem Boden und pulsierte in einem Rhythmus, der sich mit dem Summen des Kerns zu synchronisieren schien. „Das ist der Eingang," sagte Danny, der den Kristall fest umklammerte. Kael'thar landete neben ihm. „Seid gewarnt. Wenn wir dieses Tor durchschreiten, könnte es keinen Weg zurück geben." Danny nickte. „Wir sind nicht hierhergekommen, um umzukehren."

Die erste Prüfung: Das innere Gleichgewicht

Als sie das Tor durchschritten, fanden sie sich in einer fremdartigen, leeren Ebene wieder. Der Boden war ein Spiegel, der den Himmel reflektierte – oder vielleicht war der Himmel der Boden. Alles schien verkehrt, und die Luft war erfüllt von flüsternden Stimmen. Plötzlich wurden sie voneinander getrennt. Kira, Kael'thar und die anderen verschwanden, und Danny stand allein.

Eine Gestalt trat aus den Schatten vor ihm hervor – es war er selbst. Doch es war nicht der Danny, der er war. Es war ein Danny, der vollständig vom Licht erfüllt war. Seine Augen strahlten, und seine Rüstung glühte in blendendem Weiß. „Du suchst das Gleichgewicht," sagte die Lichtgestalt, „aber du bist zu sehr im Dunkel verwurzelt." Danny zog die Sternenlichtklinge, die in seiner Hand funkelte. „Ich trage beides in mir – Licht und Dunkelheit. Das ist das Gleichgewicht." „Bist du sicher?" fragte eine zweite Stimme, und aus der anderen Seite trat eine weitere Gestalt hervor – ein Danny, der vollständig in Schatten gehüllt war. Seine Augen glühten rot, und seine Stimme war wie ein tiefes Echo. „Du leugnest die Dunkelheit in dir," sagte die Schattenfigur. „Du kannst das Gleichgewicht nicht erreichen, wenn du deine wahre Natur nicht akzeptierst." Danny sah zwischen den beiden Gestalten hin und her. Sie waren Teile von ihm – das wusste er. Und doch fühlte es sich an, als ob sie ihn in entgegengesetzte Richtungen ziehen wollten.

„Ihr seid beide ein Teil von mir," sagte er schließlich. „Aber ihr allein seid nicht, wer ich bin." Er schloss die Augen, ließ das Sternenfeuer in seiner Brust pulsieren und erinnerte sich an die Lehren, die er auf seiner Reise gelernt hatte. „Ich bin mehr als nur Licht oder Dunkelheit," sagte er. „Ich bin das Gleichgewicht – der Raum dazwischen." Die beiden Gestalten verschmolzen zu einer, und die Ebene begann sich zu verändern. Der Boden wurde fest, und das Licht des Kerns erschien in der Ferne. „Du hast die erste Prüfung bestanden," flüsterte eine Stimme. „Doch der Weg ist noch lang."

Die zweite Prüfung: Der Verlust

Danny fand sich in einem anderen Raum wieder, diesmal umgeben von den Gesichtern all jener, die er verloren hatte – seine Familie, seine Freunde, die Kameraden, die im Kampf gegen die Schatten gefallen waren. „Du trägst den Schmerz des Verlustes," sagte eine Stimme aus der Dunkelheit. „Wie kannst du das Gleichgewicht wahren, wenn dein Herz so schwer ist?" Danny spürte den Stich in seiner Brust. Jeder Verlust, jede Entscheidung, die er getroffen hatte, lag schwer auf ihm. Doch dann dachte er an Kira, an Kael'thar, an die Menschen von Sylvandor und all jene, die auf ihn vertrauten. „Der Verlust ist Teil dessen, was ich bin," sagte er leise. „Aber er hält mich nicht zurück. Er erinnert mich daran, warum ich kämpfen muss." Die Vision verblasste, und das Licht des Kerns wurde klarer.

Das Tor zum Kern

Nach weiteren Prüfungen, die sowohl seinen Verstand als auch seine Seele testeten, stand Danny schließlich vor dem Kern. Es war ein pulsierendes Licht, das in einer schwebenden Sphäre aus Kristall eingeschlossen war. Kira und Kael'thar standen bereits dort, ihre Gesichter müde, aber entschlossen. „Du hast es geschafft," sagte Kira. „Noch nicht," antwortete Danny. Eine Stimme erfüllte den Raum. Es war die Stimme des Kerns – mächtig, unendlich und zugleich sanft. „Hüter, du hast dich bewährt. Doch um das Gleichgewicht wirklich zu bewahren, musst du eine letzte Entscheidung treffen. Bist du bereit?" Danny trat vor, die Sternenlichtklinge in der Hand, das Sternenfeuer in seiner Brust pulsierend. „Ja," sagte er. Die Sphäre begann zu leuchten, und die letzte Prüfung des Kerns begann.