Die Zeichen des Wandels
Wochen vergingen, und Sylvandor blühte weiter auf. Der Kreis des Gleichgewichts hatte seine Reihen gestärkt, die Völker der Welt arbeiteten zusammen, und der Frieden schien greifbarer denn je. Doch tief in Kiras Innerem nagte ein Gefühl, das sie nicht abschütteln konnte – eine Vorahnung, die mit jeder Nacht wuchs. Es begann mit kleinen Anomalien. Ein plötzlicher, unerklärlicher Sturm fegte über die nördlichen Wälder, obwohl die Jahreszeit klaren Himmel versprach. In den Dörfern nahe der alten Drachenlande traten seltsame Lichter aus dem Boden hervor, und in der Ferne hörten Menschen Flüstern, das sie nicht verstehen konnten. „Die Welt verändert sich," sagte Kael'thar eines Abends, als er mit Kira über Sylvandor flog. „Das Gleichgewicht ist da, aber etwas Neues regt sich." „Du spürst es auch?" fragte Kira, die ihre Hände zu Fäusten geballt hatte. „Es ist nicht wie der Kern," antwortete Kael'thar. „Es ist leiser, subtiler. Aber es ist da."
Die Vision der Seherin
Kira suchte Eldara auf, die seit Dannys Opfer häufiger in Meditation versank und die Sterne beobachtete. Die alte Seherin hatte das Gefühl, dass die Welt ihr noch etwas sagen wollte – etwas Dringendes. Als Kira eintrat, war Eldara in tiefer Trance, ihre Hände auf den Kristall des Kerns gelegt, der im Tempel ruhte. Plötzlich öffnete sie die Augen, und ihre Stimme klang heiser: „Es beginnt von Neuem." „Was meinst du?" fragte Kira, ihre Augen vor Schreck geweitet. „Das Gleichgewicht ist bewahrt, doch die Welt ruft nach mehr," flüsterte Eldara. „Der Kern hat uns Frieden gebracht, aber Frieden allein reicht nicht. Etwas sucht die Lücke, die das Opfer des Hüters hinterlassen hat." Kira wurde blass. „Was könnte so mächtig sein?" Eldara sah ihr tief in die Augen. „Es ist weder Licht noch Dunkelheit. Es ist die Macht, die den Kern selbst umgibt – der Ursprung aller Dinge. Es hat keinen Namen, nur ein Ziel: zu erschaffen und zu zerstören."
Die Ruinen von Ilvarion
Um mehr Antworten zu finden, entschied sich Kira, die Ruinen von Ilvarion aufzusuchen. Diese uralte Stadt war einst das Zentrum einer verlorenen Zivilisation, die angeblich das Geheimnis hinter der Entstehung von Licht, Dunkelheit und dem Kern selbst kannte.
Kira, Kael'thar und eine kleine Gruppe Wächter brachen auf. Die Reise führte sie durch die Weiten des südlichen Kontinents, wo die Natur sich in neuen, seltsamen Formen zeigte. Bäume hatten plötzlich leuchtende Adern, und der Boden vibrierte leicht, als ob die Welt selbst lebendig geworden wäre. „Es fühlt sich an, als ob alles erwachen würde," sagte Kira, als sie die Spitze eines Hügels erklommen. „Vielleicht hat der Kern mehr geweckt, als wir dachten," antwortete Kael'thar. Nach Tagen des Reisens erreichten sie Ilvarion. Die Ruinen waren gewaltig, mit riesigen Säulen und zerbrochenen Hallen, die von Moos und Kristallen bedeckt waren. Doch es war nicht verlassen – seltsame Lichter schwebten durch die Straßen, und ein Summen erfüllte die Luft.
Die Entdeckung
Im Herzen der Ruinen fanden sie ein großes Tor, ähnlich dem, das sie auf der Insel des Kerns gesehen hatten. Es war mit Runen bedeckt, die in einer Sprache geschrieben waren, die niemand von ihnen lesen konnte. Kira näherte sich vorsichtig. „Das sieht aus, als ob es noch aktiv ist." Kael'thar trat hinter sie und nickte. „Das ist keine gewöhnliche Ruine. Diese Stadt war nicht zerstört – sie wurde aufgegeben, weil sie etwas schützen sollte." Plötzlich begann das Tor zu leuchten, und das Summen wurde lauter. Der Kristall des Kerns, den Kira bei sich trug, pulsierte wild.„Es reagiert auf den Kristall!" rief einer der Wächter. Kira spürte, wie ihre Hand zittrig wurde. Das Licht des Tores wurde heller, und dann geschah es – eine Stimme erklang, tief und mächtig, aber nicht feindlich:
„Der Kern ist erwacht, doch die Quelle ist noch verborgen. Seid ihr bereit, die Schöpfer zu finden?" „Die Schöpfer?" flüsterte Kira, doch bevor sie weiterfragen konnte, erhellte ein greller Blitz die Ruinen.
Die neue Bedrohung
Als das Licht verblasste, stand eine Gestalt vor dem Tor. Sie war humanoid, doch ihr Körper war aus reinem, schimmerndem Material, das weder Fleisch noch Metall war. Ihre Augen leuchteten wie Sterne, und ihre Stimme war wie ein Flüstern, das in tausend Echos wiederhallte. „Ihr habt den Kern berührt," sagte die Gestalt. „Ihr habt den ersten Schritt getan, aber versteht ihr, was ihr getan habt?" Kira trat vor, die Sternenlichtklinge in ihrer Hand. „Wer bist du? Was ist die Quelle?" Die Gestalt sah sie an, als ob sie direkt in ihre Seele blickte. „Ich bin ein Wächter der Quelle, geschaffen, um sie vor denjenigen zu schützen, die sie nicht verstehen. Der Kern war nur ein Fragment – die Quelle ist alles." „Warum zeigst du dich jetzt?" fragte Kael'thar misstrauisch.
„Weil ihr sie geweckt habt," sagte der Wächter. „Und was erwacht, bringt sowohl Schöpfung als auch Zerstörung. Die Welt hat Frieden gefunden, doch Frieden ist eine Illusion, wenn die Quelle nicht kontrolliert wird." Die Gestalt verschwand so plötzlich, wie sie erschienen war, und ließ die Gruppe vor dem Tor zurück.
Der neue Auftrag
Kira wandte sich an die anderen. „Das hier ist größer als alles, was wir je gekannt haben. Wenn die Quelle real ist, müssen wir sie finden – und verhindern, dass sie die Welt zerstört." Kael'thar nickte. „Doch diesmal stehen wir allein. Ohne Danny wird es an uns liegen, die Prüfungen zu bestehen." Kira sah zum Himmel, wo die Sterne am Horizont leuchteten. „Dann werden wir es tun – für ihn und für das Gleichgewicht." Das Tor begann erneut zu pulsieren, als ob es sie einlud, weiterzugehen. Die Gruppe trat entschlossen hindurch, bereit, sich der nächsten Herausforderung zu stellen. Und in der Ferne, tief im Inneren der Welt, begann die Quelle, ihre eigene Geschichte zu erzählen.