Monate vergingen, und der Kreis des Gleichgewichts wuchs stetig. In entlegenen Dörfern, mächtigen Städten und sogar den höchsten Gipfeln der Drachenreiche wurden Menschen, Drachen und andere Völker Teil der Bewegung. Was einst ein einzelner Kampf gewesen war, wurde nun ein weitreichender Widerstand gegen die Schatten – und ein Weg, das Gleichgewicht in der Welt zu lehren.
Doch trotz des Erfolges blieb die Dunkelheit nicht still. Danny spürte es, Kira spürte es, und auch Kael'thar wusste, dass ein neuer Sturm auf sie zukam.
Die Vision
Eines Nachts, während Danny in Sylvandor in seinem kleinen Haus schlief, überkam ihn ein Traum – oder besser gesagt, eine Vision.
Er stand in einer weiten, leeren Ebene, der Himmel war schwarz und ohne Sterne. Vor ihm erhob sich eine Gestalt, die größer und dunkler war als alles, was er je gesehen hatte. Sie war kein Mensch, kein Drache – sie war eine Verkörperung der Schatten selbst.
„Hüter," sagte die Stimme, die die Ebene erfüllte. „Du hast das Gleichgewicht bewahrt, aber du verstehst nicht, was du bewahrst. Es wird immer Dunkelheit geben, und solange es Dunkelheit gibt, wirst du niemals frei sein."
Danny zog sein Schwert, doch die Gestalt lachte.
„Du kannst mich nicht bekämpfen," sagte sie. „Denn ich bin du."
Mit diesen Worten brach die Ebene auseinander, und Danny fiel – fiel in die Dunkelheit, bis er schweißgebadet aufwachte.
Die Besprechung
Am nächsten Morgen erzählte Danny Kira und Kael'thar von seiner Vision. Sie saßen in seinem Haus, die Fenster weit geöffnet, sodass die kühle Morgenluft hereindrang.
„Es war anders als alles, was ich je gespürt habe," sagte Danny. „Die Dunkelheit war nicht nur ein Teil von mir – sie war alles."
Kira runzelte die Stirn. „Die Schatten versuchen, dich zu brechen. Das haben sie immer getan. Aber warum jetzt? Was wollen sie wirklich?"
Kael'thar neigte seinen mächtigen Kopf. „Vielleicht ist es mehr als ein Versuch, dich zu brechen. Vielleicht ist es eine Warnung."
Danny sah den Drachen an. „Eine Warnung wofür?"
„Dass die Dunkelheit eine letzte Karte spielt," sagte Kael'thar. „Etwas Großes kommt, Danny. Etwas, das das Gleichgewicht endgültig zerstören könnte."
Die Botschaft aus dem Norden
Nur wenige Tage später erreichte eine Bote aus dem Norden Eryndor. Es war ein älterer Drache, seine Schuppen zerkratzt und seine Augen voller Sorge.
„Ein neues Übel erhebt sich," sagte der Drache. „Tief im Norden, wo die Schneewinde toben und selbst das Licht selten ist, wurde eine alte Festung entdeckt. Die Schatten haben sich dort gesammelt, und etwas... lebt darin."
„Was genau lebt darin?" fragte Kira, die ihre Waffen schärfte.
„Wir wissen es nicht," sagte der Bote. „Aber die Dunkelheit ist stärker als je zuvor. Die Ältesten haben den Kreis um Hilfe gebeten."
Danny nickte. „Dann machen wir uns auf den Weg. Wenn dies das ist, wovor die Vision mich gewarnt hat, müssen wir bereit sein."
Die Reise ins Ewige Eis
Die Reise in den Norden war lang und beschwerlich. Sie überquerten Flüsse, Wälder und schließlich die frostigen Ebenen, die zum Ewigen Eis führten. Der Winter schlug unerbittlich zu, und selbst Kael'thars mächtige Flügel hatten Mühe, sich durch die Schneestürme zu kämpfen.
„Warum ziehen sich die Schatten immer an die schlimmsten Orte zurück?" murmelte Kira, während sie durch den kniehohen Schnee stapften.
„Weil sie wissen, dass wir dorthin folgen," sagte Danny.
Kael'thar brüllte leise. „Oder weil diese Orte ihre Macht verstärken. Der Norden ist leer, trostlos. Hier blüht die Dunkelheit."
Die Festung von Draegos
Nach Wochen der Reise erreichten sie die Festung, die in den Berichten erwähnt worden war. Sie lag wie ein kalter, schwarzer Dorn inmitten der schneebedeckten Ebene. Ihre Mauern waren aus schwarzem Eis, und ihr Inneres war in Schatten gehüllt.
„Das ist es," sagte Kael'thar. „Ich kann die Dunkelheit spüren. Sie ist überall."
Danny zog sein Schwert. „Dann machen wir das, wofür wir hier sind."
Das Herz der Schatten
Im Inneren der Festung war die Dunkelheit überwältigend. Sie schien zu leben, zu atmen, und jede Ecke des Raumes war von flüsternden Stimmen erfüllt. Kira und Kael'thar kämpften an Dannys Seite gegen die Schatten, die sich in grotesken Kreaturen formten, doch es schien kein Ende zu geben.
„Wir müssen das Zentrum finden!" rief Danny, während er einen weiteren Schatten niederschlug.
Im tiefsten Teil der Festung fanden sie das, was sie suchten. Es war kein Kristall, kein Obelisk – es war ein Wesen. Eine gewaltige, schattenhafte Gestalt, deren Augen wie brennende Sterne in der Dunkelheit glühten.
„Das bist du wieder," sagte die Gestalt, ihre Stimme ein Echo von Dannys eigener. „Kommst du, um zu kämpfen? Oder kommst du, um zu akzeptieren, was du bist?"
Danny hob sein Schwert. „Ich komme, um das Gleichgewicht zu bewahren."
Der Kampf
Die Gestalt griff an, ihre dunkle Energie erfüllte den Raum. Kael'thar spie Feuer, Kira kämpfte mit all ihrer Kraft, doch die Dunkelheit war anders – stärker, schneller, intelligenter.
Danny wusste, dass dies kein gewöhnlicher Gegner war. Die Dunkelheit in ihm reagierte auf das Wesen, als ob sie Teil desselben Gewebes waren.
„Du kannst mich nicht besiegen," sagte die Gestalt. „Denn ich bin alles, was du fürchtest. Alles, was du bist."
„Vielleicht," sagte Danny, seine Stimme ruhig. „Aber ich bin auch mehr als das."
Mit einem Schrei durchdrang sein Schwert die Dunkelheit. Die Gestalt zischte und schrie, bevor sie sich in einem Strudel aus Schatten auflöste.
Das Vermächtnis des Gleichgewichts
Als die Dunkelheit verschwand, wurde die Festung still. Kira sank keuchend zu Boden, während Kael'thar schwer atmend landete.
Danny stand in der Mitte des Raumes, sein Schwert immer noch in der Hand. Die Schatten in ihm waren leise, schwach – doch er wusste, dass sie nicht verschwunden waren.