Die Reise von Zyrtharion zurück in die Drachenreiche verlief in einer Stille, die schwerer war als Worte. Kira, Kael'thar und Danny hatten überlebt, doch die Narben des letzten Kampfes waren nicht nur körperlich. Der Kristall war zerstört, die Schatten zurückgedrängt, doch das Wissen, dass sie niemals vollständig besiegt werden konnten, lastete schwer auf ihnen.
Danny war der Hüter des Gleichgewichts, aber nun verstand er, was dies wirklich bedeutete: Der Kampf zwischen Licht und Dunkelheit würde niemals enden. Er war nicht der Sieger – er war der Wächter.
Die Rückkehr nach Sylvandor
Als sie Sylvandor erreichten, empfingen die Dorfbewohner sie mit vorsichtiger Freude. Die Nachricht von Dannys Taten hatte sich verbreitet, doch mit ihr kamen auch Gerüchte: dass er ein Teil der Dunkelheit war, dass er selbst eine Gefahr für die Welt sein könnte.
Danny bemerkte die Blicke, die ihn aus der Ferne beobachteten. Wo einst Respekt gewesen war, sah er nun Misstrauen.
„Es wird Zeit brauchen," sagte Kira leise, als sie ihn eines Abends auf der Veranda seines Hauses fand.
„Zeit wofür?" fragte Danny.
„Zeit, bis die Menschen verstehen, was du getan hast. Und was du bist."
Er nickte langsam. „Vielleicht. Aber ich frage mich, ob sie es je wirklich verstehen können."
Die Besuche des Rates
Kael'thar flog regelmäßig nach Eryndor, um dem Drachenrat Bericht zu erstatten. Die Ältesten hatten erkannt, dass Danny eine Schlüsselfigur im Kampf gegen die Schatten war, doch sie waren geteilter Meinung darüber, wie mit ihm umzugehen war.
Eines Tages brachte Kael'thar eine Botschaft des Rates.
„Sie wollen dich sehen," sagte der Drache, als er in Sylvandor landete.
„Wozu?" fragte Danny, der im Schatten seines Hauses saß.
„Sie wollen dich als Hüter des Gleichgewichts offiziell anerkennen," antwortete Kael'thar. „Doch ich glaube, sie wollen auch prüfen, ob sie dir vertrauen können."
„Das Gleichgewicht ist keine politische Sache," sagte Danny leise. „Aber wenn es hilft, den Frieden zu wahren, werde ich gehen."
Der Hüter vor dem Rat
Im Großen Ratssaal von Eryndor stand Danny vor den Drachenältesten. Ihre Blicke waren schwer, doch nicht feindselig. Sie stellten Fragen – über die Schatten, über die Kämpfe, die er geführt hatte, und über die Dunkelheit, die er in sich trug.
„Du bist ein Teil von beidem," sagte Eryllion, der goldene Älteste, dessen Stimme stets Weisheit ausstrahlte. „Das Licht und die Dunkelheit. Doch was hält dich davon ab, der Dunkelheit zu verfallen?"
Danny dachte lange nach, bevor er antwortete. „Die Menschen, die ich schützen will. Die Drachen, die an mich glauben. Das Licht und die Dunkelheit sind ein Teil von mir, aber sie sind nicht alles. Ich bin mehr als das. Ich bin ein Hüter, weil ich wähle, es zu sein."
Die Worte brachten die Ältesten zum Schweigen. Schließlich nickte Eryllion. „Das ist genug. Du hast unsere Unterstützung, Danny. Aber sei gewarnt – das Gleichgewicht ist zerbrechlich. Und wenn du fällst, fällt die Welt mit dir."
Ein unerwarteter Besucher
Eines Nachts, zurück in Sylvandor, wurde Danny von einer unerwarteten Gestalt besucht. Aus dem Schatten des Waldes trat eine Frau mit blasser Haut und silbernen Augen. Ihre Bewegungen waren ruhig, fast schwebend, und ihre Präsenz erfüllte die Luft mit einer seltsamen Mischung aus Bedrohung und Ehrfurcht.
„Wer bist du?" fragte Danny, als sie sich näherte.
„Mein Name istSerenya," sagte sie. „Ich bin eine Bote der Schatten. Und ich bin gekommen, um zu verhandeln."
Kael'thar, der in der Nähe schlief, hob den Kopf und fauchte leise. Doch Serenya zeigte keine Angst.
„Ich bin nicht hier, um zu kämpfen," sagte sie. „Ich bin hier, um dir ein Angebot zu machen."
Danny spürte, wie die Schatten in ihm auf ihre Präsenz reagierten, doch er hielt sie zurück. „Was für ein Angebot?"
„Die Schatten erkennen dich an, Danny," sagte sie. „Du hast sie besiegt, doch sie haben dich akzeptiert. Du kannst der Wächter ihres Weges werden – nicht nur gegen sie kämpfen, sondern sie leiten. Die Dunkelheit und das Licht könnten unter deiner Führung vereint werden."
Die Versuchung der Macht
Die Worte Serenyas ließen Danny innehalten. War es möglich, die Schatten nicht nur zu bekämpfen, sondern sie zu nutzen? War das vielleicht der wahre Weg, das Gleichgewicht zu bewahren?
Doch Kira, die aus dem Haus trat und die Fremde mit gezücktem Dolch musterte, brach die Stille. „Das ist eine Falle," sagte sie. „Die Schatten lügen. Sie wollen dich brechen, Danny."
Serenya sah sie an, ihre silbernen Augen kühl. „Vielleicht. Aber vielleicht haben sie auch erkannt, dass der Kampf sinnlos ist. Warum kämpfen, wenn wir zusammen stärker sein könnten?"
Danny schloss die Augen und atmete tief ein. Die Versuchung war da – die Möglichkeit, nicht nur ein Hüter zu sein, sondern der Meister des Gleichgewichts. Doch tief in sich wusste er die Wahrheit.
„Ich bin kein Herrscher," sagte er schließlich, seine Stimme fest. „Ich bin ein Hüter. Und ich werde nicht zulassen, dass die Schatten mich kontrollieren – egal, ob sie es mit Gewalt oder mit Worten versuchen."
Serenya nickte langsam, fast bedauernd. „Das habe ich erwartet," sagte sie. „Aber die Schatten werden nicht aufhören, Danny. Sie sind ein Teil von dir. Und eines Tages wirst du erkennen, dass du mehr bist als nur ein Hüter."
Mit diesen Worten verschwand sie im Schatten des Waldes, und Danny spürte, dass etwas Neues begonnen hatte – etwas, das ihn noch weiter prüfen würde.
Der endlose Kampf
Am nächsten Morgen saß Danny auf seinem Hügel, wo alles begonnen hatte. Kira und Kael'thar waren bei ihm, schweigend, doch ihre Präsenz war beruhigend.
„Was jetzt?" fragte Kira schließlich.
Danny sah in die Ferne, wo die ersten Strahlen der Morgensonne durch den Nebel brachen. „Wir leben weiter," sagte er leise. „Das Gleichgewicht zu bewahren ist keine Aufgabe, die je endet. Es ist ein ewiger Kampf."
Kael'thar nickte. „Aber du bist nicht allein, Danny. Vergiss das nicht."
Danny lächelte schwach. „Ich weiß. Und vielleicht ist das genug."
Der Hüter des Gleichgewichts hatte seinen Platz gefunden – zwischen Licht und Dunkelheit, als Wächter einer Welt, die nie stillstand. Doch der Kampf ging weiter, und Danny wusste, dass er sich jeder Prüfung stellen musste, die noch kommen würde.
Denn das Gleichgewicht war zerbrechlich. Und die Welt brauchte ihn mehr denn je.