Die Tage nach dem Kampf in Zyrrhalis vergingen langsam. Der Schatten des Fremden und die Schrecken der Schwarzen Sümpfe lasteten schwer auf Danny, Kira und Kael'thar. Sie kehrten nach Sylvandor zurück, doch nichts fühlte sich mehr wie zuvor an.
Die Dorfbewohner begrüßten sie diesmal mit einem misstrauischen Schweigen. Ihre Blicke auf Danny waren nicht mehr bewundernd, sondern voller Furcht. Sie hatten ihn als Held gekannt, doch jetzt sahen sie den Mann, der mit der Dunkelheit kämpfte – oder sie in sich trug.
„Sie fürchten dich," sagte Kira eines Abends leise, als sie auf der Veranda von Dannys Haus saß.
Danny starrte in die Nacht. „Vielleicht haben sie recht. Die Schatten sind nicht verschwunden. Sie sind... ruhiger, aber ich spüre sie immer noch. Sie warten."
Kira nickte langsam. „Die Dunkelheit nie wirklich. Sie ist wie ein stilles Feuer, das nur darauf wartet, dass jemand neues Holz auflegt."
Danny drehte sich zu ihr um. „Und was mache ich jetzt? Wie soll ich mit diesem Teil von mir leben?"
Kira lehnte sich zurück, ihre Augen kalt und nachdenklich. „Du kämpfst weiter. Du lernst, damit zu leben, ohne dich von ihr verschlingen zu lassen. Das ist der Preis, Danny. Der Preis dafür, dass du das Gleichgewicht bewahrst."
Kael'thar hatte in den letzten Tagen kaum gesprochen. Der große Drache hielt sich meist am Rand des Waldes auf, wo er die Dörfer und den Himmel beobachtete. Doch eines Morgens kam er zu Danny, als dieser im Wald meditierte.
„Du wirkst ruhiger," sagte Kael'thar, als er sich niederließ.
Danny öffnete die Augen und sah zu ihm auf. „Ich versuche es zumindest. Die Schatten sind da, aber ich lasse sie nicht die Kontrolle übernehmen."
Kael'thar nickte, sein Blick durchdringend. „Das Gleichgewicht ist keine feste Sache, Danny. Es ist ein ewiger Kampf. Die Dunkelheit wird immer versuchen, dich zu verführen. Aber solange du dich erinnerst, wer du bist, wirst du nicht fallen."
„Und wenn ich es vergesse?" fragte Danny leise.
Kael'thar sah ihn lange an. „Dann werde ich da sein, um dich daran zu erinnern – oder dich zu stoppen."
Die Worte des Drachen waren schwer, doch Danny spürte die Wahrheit darin. Er nickte, ein leises Lächeln auf seinen Lippen. „Danke, alter Freund."
Einige Tage später erreichte eine Gruppe Drachenboten das Dorf. Ihre Schuppen glitzerten wie Edelsteine, und ihre Stimmen waren tief und voller Autorität. Sie kamen mit einer Botschaft der Ältesten der Drachenreiche.
„Der Rat hat von euren Taten in Karath'Zul und Zyrrhalis gehört," sagte der größte der Drachen, dessen goldene Schuppen im Sonnenlicht leuchteten. „Die Schatten wurden zurückgedrängt, doch ihre Bedrohung bleibt bestehen. Der Rat bittet um eure Hilfe, um das Gleichgewicht in den Drachenreichen zu bewahren."
Danny tauschte einen Blick mit Kira und Kael'thar. Die Entscheidung lag in seinen Händen.
„Ich habe meinen Kampf noch nicht beendet," sagte Danny schließlich. „Wenn ich helfen kann, werde ich es tun. Aber ich bin kein Held. Ich bin nur jemand, der versucht, die Dunkelheit zu verstehen."
Der goldene Drache neigte den Kopf. „Vielleicht ist das genau das, was die Drachenreiche brauchen."
Die Nacht vor ihrer Abreise verbrachte Danny allein am Rand des Waldes. Er saß auf dem Hügel, auf dem er so oft meditiert hatte, und sah zu den Sternen hinauf. Die Schatten in ihm waren stiller als zuvor, doch er wusste, dass sie niemals ganz verschwinden würden.
Kira trat aus den Bäumen, ihre Bewegungen leise wie immer. Sie setzte sich neben ihn, ohne ein Wort zu sagen.
„Glaubst du, dass ich das Richtige tue?" fragte Danny schließlich.
Kira sah ihn an, ihre Augen kühl, aber ehrlich. „Ich glaube, dass du das tust, was du tun musst. Du bist kein Krieger, Danny. Aber du bist auch kein Opfer. Du bist etwas dazwischen – und genau das macht dich besonders."
Er nickte, nahm ihre Worte in sich auf. „Danke, Kira."
Sie lächelte schwach. „Versuch nicht, die Dunkelheit zu besiegen. Versuch, sie zu verstehen. Und wenn sie dich zu überwältigen droht, erinnere dich daran, warum du kämpfst."
Am Morgen brachen sie auf. Danny, Kira und Kael'thar verließen Sylvandor und ließen das kleine Dorf hinter sich. Der Weg vor ihnen war ungewiss, doch sie wussten, dass die Schatten nicht verschwunden waren.
„Was glaubst du, was uns erwartet?" fragte Kira, als sie auf dem Pfad ritten.
Danny sah in die Ferne, seine Augen voller Entschlossenheit. „Ich weiß es nicht. Aber was auch kommt, ich werde bereit sein."
Kael'thar brüllte leise, seine Flügel schlugen kraftvoll, als er über sie hinwegflog.
Und so begann ein neuer Abschnitt in ihrer Geschichte. Die Schatten warteten – aber diesmal war Danny bereit. Denn er war nicht länger nur ein Kämpfer.
Er war der Hüter des Gleichgewichts.