Nach der Zerstörung des zweiten Knotenpunkts in den Bergen von Caladras gab es keine Zeit für Erholung. Die Drachenältesten hatten bereits die Position des letzten und mächtigsten Knotenpunkts der Dunkelheit lokalisiert:Zyrtharion, ein verfluchter Ort tief in den südlichen Ödländern. Dort, wo die Welt in Asche übergeht und die Schatten am stärksten sind, wartete der Kern der Finsternis – das Herz, das alle Schatten miteinander verband.
Danny, Kira und Kael'thar reisten ohne Pause, ihre Kräfte erschöpft, doch ihr Ziel klar vor Augen. Der letzte Knotenpunkt war mehr als eine Quelle der Dunkelheit; er war der Ursprung der Schatten, die seit Jahrhunderten in den Drachenreichen gewütet hatten.
Die Reise nach Zyrtharion
Die Landschaft veränderte sich, je weiter sie nach Süden kamen. Die grünen Wälder und kühlen Berge wichen einer trostlosen Einöde, in der nichts Lebendiges zu existieren schien. Die Luft war trocken und bitter, und ein bleierner Himmel verdunkelte den Horizont.
„Dies ist ein Ort, an dem die Welt selbst stirbt," murmelte Kael'thar, während er über sie flog, seine mächtigen Schwingen nur leise Geräusche in der erdrückenden Stille erzeugten.
Kira sah zu Danny, der mit festem Blick vorausging. „Wie fühlst du dich?" fragte sie.
Danny hielt inne und schloss die Augen. Die Dunkelheit in ihm war still – zu still. Es war, als ob sie auf etwas wartete.
„Ich weiß nicht," sagte er schließlich. „Aber ich spüre, dass wir uns dem Ende nähern."
Zyrtharion: Der Abgrund der Schatten
Nach Tagen der Reise erreichten sie Zyrtharion. Der Anblick raubte ihnen den Atem. Vor ihnen lag eine gewaltige, verfallene Stadt, deren Türme in den Himmel ragten wie die gebrochenen Zähne eines gewaltigen Tieres. Über der Stadt hing ein schwarzer Wirbel aus Schatten, der langsam rotierende Blitze aus Dunkelheit und Licht entließ.
„Das ist es," sagte Kira, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
„Das Herz der Finsternis," bestätigte Kael'thar, der neben ihnen landete.
Danny spürte, wie die Schatten in ihm erwachten, pulsierend und verlangend. Sie riefen ihn, stärker als jemals zuvor.
„Komm zu uns, Danny. Wir warten auf dich."
Der Eintritt in die Stadt
Die Gruppe betrat Zyrtharion, und sofort war klar, dass die Dunkelheit hier lebendig war. Schatten bewegten sich in den Straßen, formten sich zu schemenhaften Gestalten, die sie beobachteten, ohne anzugreifen. Die Luft war schwer, und selbst Kael'thar, der immer unerschütterlich wirkte, war angespannt.
„Wir sind nicht allein," sagte Kira und zog ihren Dolch.
Danny nickte. „Bleibt wachsam. Sie beobachten uns, aber sie greifen noch nicht an. Sie wollen, dass wir zum Zentrum gehen."
„Eine Falle," murmelte Kael'thar.
„Ja," sagte Danny, „aber wir haben keine Wahl."
Das Herz der Finsternis
Im Zentrum der Stadt fanden sie den Ursprung der Dunkelheit. Es war ein gigantischer Riss im Boden, aus dem schwarze Energie aufstieg, die wie ein lebendiger Atem pulsierte. Über dem Riss schwebte ein Kristall – nicht wie der in Karath'Zul, sondern größer, heller und gefährlicher. Es war das Herz der Finsternis, der Kern aller Schatten.
„Das ist es," sagte Kira, ihre Stimme voller Ehrfurcht und Furcht zugleich.
Kael'thar brüllte leise. „Wenn wir das zerstören, werden die Schatten geschwächt. Vielleicht für immer."
Doch bevor sie handeln konnten, formte sich die Dunkelheit. Aus dem Riss trat eine Gestalt hervor, die Danny sofort erkannte – der Fremde, den er in Zyrrhalis besiegt hatte.
Doch diesmal war er mächtiger. Seine Gestalt war größer, seine Augen glühten vor Dunkelheit, und seine Stimme hallte in der Luft wie ein gewaltiges Echo.
„Du bist zurückgekehrt, Danny," sagte er. „Und diesmal wirst du nicht entkommen."
Der letzte Kampf
Die Schatten stürzten sich auf sie. Kael'thar brüllte und erhob sich in die Luft, seine Flammen schnitten durch die Dunkelheit, doch die Kreaturen waren unendlich. Kira kämpfte an Dannys Seite, doch selbst sie begann, an ihre Grenzen zu stoßen.
„Danny!" rief sie, als sie von einer der Kreaturen fast zu Boden geworfen wurde.
Doch Danny stand still, seine Augen auf den Fremden und den Kristall gerichtet. Die Dunkelheit in ihm war jetzt ein Sturm, der seinen Geist durchdrang.
„Gib dich uns hin, Danny," flüsterte die Stimme in seinem Kopf. „Wir sind deine einzige Rettung."
Die Wahl des Hüters
Danny spürte, dass dies der Moment war, auf den alles hinausgelaufen war. Er konnte die Dunkelheit annehmen, sie vollständig zu seiner Macht machen, und damit den Kristall zerstören – doch zu welchem Preis? Würde er dann noch er selbst sein? Oder konnte er das Licht in sich nutzen, um die Schatten zu besiegen?
„Erinnere dich, warum du kämpfst."
Die Worte von Kael'thar und Kira hallten in seinem Kopf wider. Er sah zu seinen Freunden, die trotz der Übermacht weiterkämpften.
„Ich entscheide," flüsterte er, dann schrie er: „Ich entscheide!"
Er riss sein Schwert hoch, das in gleißendem Licht zu glühen begann. Die Dunkelheit in ihm bäumte sich auf, versuchte ihn zurückzuhalten, doch er ließ das Licht durch sich hindurchfließen.
Mit einem gewaltigen Schlag durchtrennte er den Kristall, und eine Welle aus Licht und Dunkelheit brach hervor. Die Stadt erzitterte, und die Schatten schrien, als sie in sich zusammenfielen.
Das Ende der Dunkelheit
Als die Welle sich legte, war der Kristall verschwunden. Die Dunkelheit in Zyrtharion war geschwächt, die Schatten verschwunden. Doch Danny spürte, dass die Dunkelheit in ihm nicht fort war. Sie war schwächer, ja, aber sie war immer noch da – ein Teil von ihm, den er niemals vollständig verlieren würde.
Kira trat an seine Seite, ihre Augen suchten sein Gesicht. „Hast du es geschafft?"
Danny nickte langsam. „Vielleicht. Aber die Schatten werden niemals ganz verschwinden. Sie sind ein Teil dieser Welt. Ein Teil von mir."
Kael'thar landete schwer atmend neben ihnen. „Du hast sie zurückgedrängt, Danny. Das ist genug."
Ein neuer Anfang
Als sie Zyrtharion verließen, fühlte Danny zum ersten Mal seit langer Zeit eine Art Frieden. Die Schatten waren geschwächt, das Gleichgewicht war wiederhergestellt – zumindest für jetzt.
Doch er wusste, dass der Kampf niemals wirklich enden würde. Die Dunkelheit war ein Teil dieser Welt, genau wie das Licht. Und er war der Hüter dieses Gleichgewichts, bereit, es zu verteidigen, egal, was kommen mochte.
„Was jetzt?" fragte Kira, als sie über die Ödlande ritten.
Danny sah in die Ferne, wo der Horizont langsam heller wurde. „Jetzt? Jetzt leben wir weiter. Einen Tag nach dem anderen."
Und so begann ein neues Kapitel, nicht als Triumph, sondern als ständige Erinnerung daran, dass Licht und Dunkelheit immer miteinander verbunden sind – und dass wahre Stärke darin liegt, das Gleichgewicht zu wahren.