Die Heimreise war von Stille geprägt. Danny, Kira und Kael'thar verließen Karath'Zul, doch die Dunkelheit ließ sie nicht los. Der schwarze Nebel hatte sich in den Ruinen zurückgezogen, aber die Leere, die er hinterließ, war in ihnen allen spürbar. Besonders in Danny.
Er spürte, wie die Schatten in ihm wuchsen. Sie flüsterten nicht mehr, sie riefen nicht – sie waren einfach da. Eine kalte, beständige Präsenz, die ihn durchdrang. Es war, als ob sie sich in jede Faser seines Wesens eingebrannt hätten.
Die Reise durch die kargen Ebenen schien endlos, und weder Danny noch Kira sprachen viel. Kael'thar hielt sich über ihnen, sein wachsames Auge nie von Danny abwendend.
„Du bist ruhiger als sonst," sagte Kira schließlich, als sie an einem ausgetrockneten Flussbett rasten. Danny saß abseits und starrte in die Ferne. „Ich spüre sie," sagte er schließlich. „Die Dunkelheit. Sie ist... anders als zuvor. Nicht feindselig, aber auch nicht passiv."
„Das war zu erwarten," sagte Kira. „Du hast sie aufgenommen, Danny. Die Schatten sind jetzt ein Teil von dir. Du hast sie nicht zerstört – du hast sie gebunden." Kael'thar landete mit einem dumpfen Schlag und schnaubte unzufrieden. „Gebunden, ja. Aber die Frage ist: Wer kontrolliert wen?"
Die Nächte wurden schwieriger. Danny hatte Albträume, die ihn aus dem Schlaf rissen, Schweiß auf seiner Stirn und das Gefühl, keine Luft zu bekommen. In seinen Träumen sah er Schatten, die ihn umgaben, ihn packten und ihm zuflüsterten: „Du bist einer von uns. Du kannst uns nicht entkommen."
Jede Nacht wurde es schlimmer, und Danny begann zu zweifeln, ob er die Dunkelheit wirklich kontrollieren konnte – oder ob sie ihn langsam verschlang. Eines Abends, als die Sterne über ihnen funkelten, sprach Kael'thar offen seine Sorge aus.
„Danny," begann er, „du weißt, dass ich dir vertraue. Aber ich sehe, was mit dir passiert. Die Schatten werden dich nicht einfach in Ruhe lassen. Sie werden mehr wollen. Immer mehr."
Danny sah den Drachen an, seine Augen schwer vor Müdigkeit. „Ich weiß," sagte er leise. „Aber was soll ich tun, Kael'thar? Sie sind ein Teil von mir. Ich kann sie nicht ignorieren."
„Du musst lernen, sie zu beherrschen," sagte Kael'thar. „Du hast das Gleichgewicht einmal gefunden. Du kannst es wieder tun. Aber du darfst nicht zulassen, dass sie dich führen."
Kira, die am Rande des Lagers saß, mischte sich ein. „Und was, wenn das Gleichgewicht nicht reicht? Was, wenn die Dunkelheit stärker ist, als wir glauben?"
Kael'thar funkelte sie an. „Dann müssen wir sicherstellen, dass Danny die Stärke hat, sie zu überwinden. Wenn er fällt, fällt die Welt." Die Worte hingen schwer in der Luft, und Danny wusste, dass sie die Wahrheit sprachen.
Als sie schließlich Sylvandor erreichten, fühlte sich das Dorf seltsam verändert an. Die Dorfbewohner begrüßten Danny mit vorsichtiger Freude, doch ihre Blicke wanderten immer wieder zu Kira, deren düstere Präsenz Unruhe auslöste.
„Du solltest nicht zu lange hierbleiben," sagte Danny zu ihr, als sie in seinem Haus saßen. Kira hob eine Augenbraue. „Ich habe dich hierher begleitet, Danny. Du schuldest mir Antworten."
„Ich schulde dir nichts," sagte er scharf, doch seine Stimme war schwächer, als er es wollte. „Ich brauche Zeit. Zeit, um herauszufinden, was als Nächstes kommt." Kira schüttelte den Kopf, doch sie sagte nichts.
In der Nacht, als das Dorf schlief, stand Danny allein am Rand des Waldes. Die Schatten in ihm waren wach. Sie flüsterten nicht mehr – sie fühlten sich an wie ein zweiter Herzschlag, eine konstante Präsenz, die ihn an ihre Macht erinnerte.
„Du kannst uns nicht ignorieren, Danny. Wir sind ein Teil von dir. Aber wir können dir helfen. Gib dich uns hin, und wir geben dir die Stärke, die du brauchst." Er schloss die Augen und atmete tief ein. „Ihr seid nicht meine Meister," sagte er leise. „Ich entscheide, was ich bin."
Doch die Schatten lachten in seinem Kopf. Kael'thar fand ihn am Morgen, seine Augen schwer vor Sorge. „Danny," sagte er, „die Dunkelheit in dir wird dich testen. Du kannst nicht allein damit kämpfen." „Ich weiß," sagte Danny, „aber ich weiß auch, dass dies ein Kampf ist, den niemand außer mir führen kann."
Die Geschichte endete nicht mit einem Sieg, sondern mit einer Entscheidung. Danny wusste, dass er die Dunkelheit niemals vollständig besiegen konnte – und vielleicht wollte er das auch nicht. Doch er wusste, dass er kämpfen musste, jeden Tag, um das Gleichgewicht zu bewahren.
Kira blieb in Sylvandor, trotz der skeptischen Blicke der Dorfbewohner. Sie war eine Verbündete, aber auch eine Erinnerung an die Schatten, die sie beide trugen. Kael'thar blieb an Dannys Seite, sein wachsames Auge immer auf ihn gerichtet, bereit, einzugreifen, wenn das Gleichgewicht zu kippen drohte.
Und während die Sonne über den Drachenreichen aufging, wusste Danny, dass sein Kampf gerade erst begonnen hatte. Die Dunkelheit war ein Teil von ihm. Doch so war auch das Licht.