Die Reise führte sie tief in die Drachenreiche, vorbei an alten Städten und vergessenen Wäldern, wo die Geschichten von Licht und Schatten in Stein und Wurzeln eingraviert waren. Danny, Kira und Kael'thar spürten bei jedem Schritt, dass ihre Aufgabe größer war, als sie zunächst geglaubt hatten. Die Dunkelheit war nicht besiegt – sie war nur zurückgedrängt.
Der Rat der Drachen hatte sie nachEryndorgerufen, die älteste Stadt der Drachenreiche. Die Türme von Eryndor ragten wie Kristalle in den Himmel, ihre Mauern schimmerten in den Farben der Dämmerung, und in der Mitte der Stadt thronte der Große Ratssaal – ein gewaltiger Tempel aus weißem Marmor und schimmerndem Obsidian.
„Eryndor," murmelte Kira, als sie die Stadt vom Hügel aus erblickten. „Es ist noch beeindruckender, als ich gehört habe."
Kael'thar nickte, sein Blick jedoch blieb wachsam. „Die Stadt mag wunderschön sein, aber ihre Probleme sind genauso tief wie die Schatten, die wir bekämpfen."
Danny schwieg. Sein Blick war auf die Mauern gerichtet, doch in seinem Inneren war er von einer neuen Unruhe erfüllt. Die Schatten in ihm regten sich, als ob sie spürten, dass etwas in Eryndor auf sie wartete.
Im Ratssaal wurden sie von einer Gruppe Drachenältester empfangen, deren Schuppen in verschiedenen Farben glitzerten. Ihre Blicke waren sowohl respektvoll als auch durchdringend – sie sahen in Danny nicht nur den Hüter des Gleichgewichts, sondern auch den Mann, der die Dunkelheit in sich trug.
„Danny," begannEryllion, ein uralter goldener Drache mit tiefen, weisen Augen. „Wir haben von deinen Taten in Zyrrhalis und den Schwarzen Sümpfen gehört. Du hast die Schatten zurückgedrängt, aber sie sind nicht verschwunden. Ihre Bedrohung wächst, und wir glauben, dass sie sich auf einen letzten Schlag vorbereiten."
„Einen letzten Schlag?" fragte Kira, ihre Stimme scharf.
Eryllion nickte langsam. „Die Schatten sammeln sich im Herzen der Drachenreiche. Sie nutzen uralte, vergessene Knotenpunkte der Magie, um ihre Kräfte zu bündeln. Wenn sie Erfolg haben, könnten sie die Welt ins Chaos stürzen."
Kael'thar schnaubte. „Und ihr glaubt, Danny kann das verhindern?"
„Nicht allein," sagte Eryllion, sein Blick auf Danny gerichtet. „Doch er ist der Schlüssel. Er trägt die Schatten in sich. Sie hören auf ihn, auch wenn sie versuchen, ihn zu kontrollieren. Das Gleichgewicht, das er in sich trägt, ist die einzige Macht, die sie dauerhaft besiegen kann."
Später, als sie in einer ruhigen Ecke des Tempels saßen, sprach Kira leise: „Das ist Wahnsinn. Sie erwarten von dir, dass du die Dunkelheit besiegst, aber sie wissen nicht einmal, wie das möglich ist."
Danny sah sie an, seine Stimme ruhig. „Vielleicht wissen sie es nicht. Aber ich muss es versuchen."
„Und wenn sie recht haben?" fragte Kira. „Was, wenn du wirklich der Schlüssel bist?"
Danny seufzte. „Dann muss ich lernen, das Gleichgewicht in mir zu halten. Ich habe keine Wahl."
Die Ältesten wiesen ihnen den Weg zu den Knotenpunkten der Dunkelheit – mächtige magische Quellen, die tief in den Bergen verborgen lagen. Sie hatten alle in Vergessenheit geraten, doch die Schatten hatten sie wiedergefunden und begannen, sie zu nutzen.
Ihre erste Aufgabe führte sie in dieHallen von Morvain, eine uralte unterirdische Festung, die einst von den Drachen als Zufluchtsort genutzt wurde. Nun war sie ein Hort der Dunkelheit.
Die Hallen waren still, als sie eintraten. Die Luft war kalt, und ein schwacher Geruch nach Verfall lag in den Gängen. Kira hielt ihre Waffe bereit, während Kael'thar hinter ihnen herging, seine Augen wachsam.
„Die Dunkelheit ist stark hier," sagte Kira leise.
Danny nickte. Er spürte sie auch, ein ständiges Pulsieren, das in seinem Inneren widerhallte. Doch diesmal fühlte sie sich anders an – vertrauter.
„Du gehörst zu uns, Danny," flüsterten die Schatten in seinem Kopf. „Warum kämpfst du gegen das, was du bist?"
„Bleib bei dir," sagte Kael'thar hinter ihm, als ob er die Stimmen hören konnte.
Im Herzen der Hallen fanden sie den ersten Knotenpunkt. Es war ein dunkler, glühender Riss im Boden, aus dem Schatten emporstiegen. Sie formten sich zu Gestalten, die an die schrecklichen Kreaturen erinnerten, die Danny in den Sümpfen bekämpft hatte.
„Das ist es," sagte Kira, ihre Stimme angespannt. „Das ist ihre Quelle."
„Was sollen wir tun?" fragte Kael'thar.
Danny trat vor, seine Augen auf den Riss gerichtet. „Ich muss es schließen," sagte er.
„Wie?" fragte Kira.
„Ich weiß es nicht," antwortete er ehrlich. „Aber ich spüre, dass es meine Aufgabe ist."
Er trat näher, das Schwert fest in der Hand. Die Schatten formten sich um ihn, drängten ihn zurück, doch er blieb standhaft.
„Du kannst uns nicht aufhalten," flüsterten sie. „Wir sind ein Teil von dir."
„Ja," sagte Danny leise. „Aber ihr seid nicht alles, was ich bin."
Er hob sein Schwert, und die Schatten zischten, als das Licht der Klinge den Raum erfüllte. Mit einem gewaltigen Schlag drang er in den Riss ein, und eine Welle aus Energie brach hervor.
Danny schrie, als die Dunkelheit ihn durchströmte, doch er hielt stand. Er spürte, wie die Schatten ihn testeten, an ihm zogen, doch er erinnerte sich an Kiras Worte: „Erinnere dich, warum du kämpfst."
Als die Dunkelheit sich legte, war der Riss verschwunden. Der Raum war still, und das Pulsieren in Dannys Kopf war schwächer geworden.
Kira trat an seine Seite, ihre Augen voller Sorge. „Bist du... okay?"
Danny atmete schwer, nickte dann langsam. „Ich bin noch hier."
Kael'thar trat vor, seine Augen auf die Stelle gerichtet, wo der Riss gewesen war. „Das war nur der Anfang," sagte er leise. „Es gibt noch mehr Knotenpunkte. Die Schatten werden nicht aufgeben."
Danny nickte. „Aber das werden wir auch nicht."
Als sie die Hallen verließen, fühlte Danny zum ersten Mal eine leise Hoffnung. Der Kampf war noch lange nicht vorbei, doch er hatte bewiesen, dass die Dunkelheit nicht unbesiegbar war.
Die Schatten waren ein Teil von ihm, das wusste er. Aber er war auch mehr als die Dunkelheit. Er war der Hüter des Gleichgewichts – und er würde nicht aufgeben.