Seren stand in der blendend weißen Leere, umgeben von der ungreifbaren, aber drückenden Präsenz des sogenannten Gottes.
Vor ihr schebte die selbe weiße Hand, die zuvor nach ihr gegriffen hatte.
Die Luft fühlte sich schwer an, doch kein Wind wehte, keine Geräusche durchbrachen die Stille. Ihre Brust hebte und senkte sich hektisch, das Adrenalin jagte durch ihren Körper.
Der Text, der ihr befohlen hatte, zu kämpfen, war verschwunden, und stattdessen begannenn sich die Ränder der weißen Unendlichkeit zu verzerren.
"Mein Name ist Aureth, ich bin der Sonnengott"
Seren spürte plötzlich die Präsenz von etwas unbekannten in ihrem Körper.
"Für die aufkommende Prüfung leihe ich dir mein Stigma, Sol Invictus".
Seren konnte die Anwesenheit des Stigmata in ihrem Körper fühlen. Sie spürte nicht nur dessen Macht, sondern auch die Bürde für den Nutzer.
Es blieb ihr allerdings keine Zeit zum nachdenken, es formte sich aus dem Nichts eine Kreatur.
Sie war nicht groß, eher unheimlich – ein missgebildetes, knurrender Schatten, dessen leuchtende Augen sich auf Seren fixierten.
Der Anblick ließ sie zurückschrecken, doch sie ballt die Fäuste zusammen und tritt vor.
Die Kreatur griff an. Seren wich geschickt aus, ihre Bewegungen waren präzise und instinktiv. Sie schlug mit voller Wucht zu und traff das Monster an der Seite, was es mit einem gequälten Knurren zurückschleudert.
Sie spürte, dass sie auch ohne Nutzung des Stigmata stärker als zuvor sei. Ihr Körper fühlte sich Energie geladen und befreit an.
Das Monster richtetete sich wieder auf und versuchte auf Seren zu springen.
Seren duckte sich drunter hinweg und verpasste dem Viech ein Tritt gegen den Bauch.
Die erste Kreatur löste sich im dunklen Nebel auf. Doch kaum war sie gefallen, tauchten zwei neue Wesen auf – ihre Bewegungen schneller, ihre Angriffe koordinierter.
Seren sprang instinktiv zur Seite, weichte einem Angriff knapp aus, doch ein scharfer Schmerz durchzuckte ihre rechte Seite, als eine Klaue ihre Kleidung aus der Krankenstation zerriß und ihre Haut darunter entblößte.
Sie biss die Zähne zusammen, schlug zurück und schaffte es, eines der Monster zu Boden zu bringen.
"Das reicht nicht," hallte plötzlich eine Stimme, tief und voller Macht durch den Raum.
Es war die Stimme des selbst ernannten Sonnengotts.
"Du kannst kämpfen, doch nicht lange so durchhalten. Nimm mein Geschenk, Kind. Rufe meine Kraft herbei."
"Ich brauche das nicht!" rief Seren zurück, ihre Hände zu Fäusten geballt.
"Ich kann es alleine schaffen!"
Doch die Umgebung veränderte sich erneut. Die Schatten verdichteten sich, wurden zu massiveren, grotesken Wesen mit Klauen, die Funken in der Luft hinterliessen.
Diese neuen Monster waren stärker, schneller – sie schienen fast unmöglich zu überwinden. Seren kämpfte verbissen, doch jeder Schlag, den sie austeilte, kostetete sie mehr Kraft.
Ein Monster rammte sie zu Boden, die Luft entweichte aus ihren Lungen. Sie rappelte sich auf, doch die Dunkelheit schien sie zu verschlingen.
"Rufe meine Kraft," forderte die Stimme erneut, eindringlicher.
Seren spürte die Verzweiflung in sich aufsteigen. Das Monster stürmte auf sie zu, wollte sein Gebiss in ihren Nacken versenken.
Die Zeit fühlte sich wie verlangsamt an. Sie fasste eine Entschluss.
Sofort durchströmte sie eine unbeschreibliche Energie. Ihr linkes Auge begann zu brennen, ein Schmerz, der sie fast in die Knie zwang..
Ihre Sichtfeld wurde kleiner, doch die Sehkraft im rechten Auge nahm dafür zu.
Sie fühlte die Kraft, wie sie in ihr erwachte. Mit einem Schrei entfesselte sie einen mächtigen Lichtstrahl, der die Monster in einem einzigen, vernichtenden Schlag dezimierte.
In ihr wuchs ein Gefühl der Leere – und des Verlusts.
"Du hast bestanden," sagte die Stimme triumphierend.
Doch im Wiederspricht zu seinen Worten formte sich ein noch größeres Monster aus der Dunkelheit, ein gewaltiges, groteskes Ungeheuer, dessen Augen wie leuchtende Monde glühten.
"Mehr." Die Stimme des Gottes war unerbittlich.
Seren lag zitternd auf dem Boden, ihre Sicht verschwammte, und jeder Atemzug schmerzte in ihrer Brust.
Das riesige, groteske Monster vor ihr schnaubte, seine leuchtenden Augen durchbohrten sie mit einer unverhohlenen Boshaftigkeit.
Es bewegte sich langsam, mit der Sicherheit eines Raubtieres, welches wusste, dass sein Opfer keine Fluchtmöglichkeit mehr hat.
Doch Seren gab nicht auf. Mit aller verbliebenen Kraft drückt sie sich hoch, ihre Arme zitterten unter der Last ihres geschwächten Körpers.
Ihr geliehenes Stigma, Sol Invictus glimmte schwach in ihrem Inneren, die goldenen Siegel um sie herum flackerten, als würden sie jeden Moment zerbrechen.
Das Monster erhebte sich auf seine Hinterbeine, seine klauenbewehrten Hände schienen die Luft zu zerreißen, als es einen donnernden Schrei abgab.
Die Wände der weißen Leere bebten unter der Macht des Schreis, und Seren spürte die Wellen der Dunkelheit, die sie umhüllen wollten.
"Ich werde nicht aufgeben," flüsterte sie, ihre Stimme war heiser, aber voller Entschlossenheit.
"Nicht jetzt."
Ein goldenes Licht brach aus ihrer Brust hervor, stärker als zuvor, und die Siegel formierten sich zu einer leuchtenden Klinge in ihrer rechten Hand.
Sie holte nochmal alles aus sich raus, determiniert nicht weitere Opfer zu bringen.
Die Wärme des Stigmata erfüllte sie, und für einen Moment fühlte sie, wie die Verzweiflung von einer glühenden Entschlossenheit verdrängt wurde.
Das Monster griff an, seine Klauen rasten vorwärts. Seren wich geschickt zur Seite aus.
Mit einem Aufschrei manifestierte sie eine Klinge aus purem Licht, und schwang sie mit aller Kraft, sie schnitt damit tief in das Bein des Monsters, welches im letzen Moment zurückwich und so einer Enthauptung nur knapp entkamm.
Schwarzes Blut spritzte überall hin, und das Wesen heulte vor Schmerz auf.
Als nächstes schlug das Monster mit seiner massiven Pfote zu und traff Seren am Kopf.
Sie wurde wie eine Puppe durch den Raum geschleudert, prallte gegen den Boden und blieb für einen Moment reglos liegen.
Ihr Atem stockte und ihr Kopf drohte vor Schmerz zu platzen, doch sie zwang sich aufzustehen.
„Es ist noch nicht vorbei" dachte sie, ihre Augen brannten vor Entschlossenheit.
Ihre rechte Hand hebte sich, die goldenen Siegel flackerten und leuchteten heller.
Ein strahlender, goldener Kreis formierte sich unter ihr, hebte sie vom Boden empor und bildete eine Barriere, die den nächsten Angriff des Monsters abwehrte.
Die Dunkelheit des Wesens pralltegegen das Licht, und für einen Moment herrscht ein Gleichgewicht.
Doch Seren wusste, dass sie nur Zeit gewann.
Das Monster war einfach zu stark, und ihre Kraft reichte nicht aus. Ihr Herz pochte wie ein Trommelschlag, und die Worte des Gottes hallten erneut in ihrem Kopf.
Seren blickte auf die Hell leuchtende Klinge in ihrer rechten Hand. Ihre Finger zitterten, ihre Lippen bebten, doch sie zögerte nicht so lange wie beim ersten mal: "Sol Invictus!".
Mit einem markerschütternden Schrei durchströmte sie eine neue Welle von Macht.
Ihre linke Hand begann zu glühen und sich langsam aufzulösen, sie spürt, wie die Energie aus ihrem Arm floß.
"Das ist die Bürde eines erhabenen Stigmata, Kind"
Der Schmerz war unerträglich, doch sie hielt stand.
Das Stigma entfesselte sich, und in ihrer rechten Hand wuchs eine gigantischen Waffe, Golden leuchtend und majestätisch. Geformt aus purem Licht.
Das Monster bäumte sich auf, bereit für den finalen Schlag.
Seren schreite, ihre Stimme durchdringte die weiße Leere, und mit aller verbliebenen Kraft schleuderte sie die Klinge in das Herz der Kreatur.
Ein gewaltiger Knall erschütterte die Welt, das Licht verschlang die Dunkelheit.
Sie zerstörte das Monster, nur um zu sehen, wie sich ein noch furchteinflößenderes Wesen manifestierte.
Sie wurde wieder und wieder gezwungen, einen weiteren Teil ihres Körpers zu opfern.
Schließlich blieb ihr fast nichts mehr, schon lange Blind und nun ohne die Fähigkeit zu stehen oder zu greifen, lag sie erschüttert und gebrochen auf dem Boden.
Sie verfluchte den Gott und sich selbst, dass sie nicht die Stärke hat ohne seine Kraft auszukommen.
Seren fühlte sich gebrochen, entmenschlicht. Der Gedanke, noch mehr zu opfern, quälte sie.
Schwarze Flüssigkeit tropfte vom der Decke des Raums. Die Regelmäßigkeit des Tropfens nahm immer mehr zu.
Die auf dem Boden verteilte Flüssigkeit nahm solangsam Form an. Immer schneller bildete sich eine riesige Kreatur. Sie hatte vier monströße Arme, mit Klauen statt Händen und einen Kopf so groß wie ein kleines Fußballstadion.
Seren fühlte sich von der Realität getrennt. Die Größe des Monsters schien einfach nicht greifbar innerhalb des weißen Raums.
Sie starrte es an, wenn sie noch Beine hätte, würden ihre Knie nachgeben.
Sie spürte, dass sie nichts mehr hat, was sie opfern könnte, außer ihr Leben.
"Das ist unmöglich," flüsterte sie und senkte den Kopf.
"Was willst du noch von mir?"
Doch dann fiel es ihr auf: Sie ist immer noch in diesem Raum. Dieser seltsame, weiße Raum, der nicht real schien.
Sie hob den Kopf und sah, wie das Monster sich auf sie zubewegte. Doch dieses Mal tat sie nichts.
Sie beschwörte nicht die Kraft ihres Stigmata sondern lag einfach nur da.
Die Angst und der Schmerz fühlten sich real an, doch wenn Aureth diesen Raum erschaffen kann, was hält ihn dann davon ab irgendwelche grotesken Kreaturen zu erschaffen?
"Es ist eine Lüge," murmelte sie, dann lauter: "Es ist alles nur eine Illusion!"
Das Monster schlug zu, und sie spürte unfassbare Schmerzen.
Es fühlte sich so an als ob das, was von ihrem Körper noch übrig war zermatscht wurde.
Doch die riesige Klaue glitt einfach durch sie hindurch, als wäre sie nicht mehr als Luft.
Der Raum zerbrach wie Glas, das Monster verschwand, und die blendend weiße Leere kehrte vollständig zurück.
Ein Lachen hallte durch die Weite, kalt und ehrfurchtgebietend.
"Schade, ich hätte gerne gesehen, was du als nächstes opferst" sagte der Gott.
Für ihn war es amüsant, es war ein einfacher Zeitvertreib diesen Menschen leiden zu sehen.
Seren kniete auf dem Boden, zitternd, von Schweiß und Tränen bedeckt. Sie fühlt sich leer, ausgelaugt, und dennoch am Leben.
Ihr Körper war wiederhergestellt, noch nie hat es sich so gut angefühlt sich zu strecken.
Der Gott sprach weiter: "Ich gebe dir ein Geschenk Gottes, junge Frau. Du sollst mein mächtiges Stigma Sol Invictus erhalten. Es verfügt über mehr Fähigkeiten als du denkst. Du könntest dich unter den richtigen Bedingungen zum Beispiel... "
"Ich möchte es nicht, ich möchte es auch nicht wissen. Ich w-will einfach nur... nach Hause"
"Sei nicht traurig, mein Kind" Aureth klang wirklich verletzt.
Seren hätte stattdessen eigentlich Zorn erwartet, weil sie ihm ins Wort fiel.
"Ich gebe zu, dass es vielleicht kleine Nachteile bei dieser Kraft gibt. Ich will fair sein und dich ausreichend belohnen. Wie wäre also mit dem Stigma Elyon? Damit kannst du über jeden richten und mein Urteil ausführen. Ganz ohne Opferungen. Es gibt nur minimale Bedingungen."
Seren hatte nicht die Kraft zu wiedersprechen. Sie wollte einfach nur zurück und nie wieder von diesem selbst ernannten Gott hören.
Ein goldenes Licht umhüllte sie, doch sie fühlte keine Freude. Die Worte des Gottes hallten in ihrem Geist wider, und eine unbehagliche Kälte durchströmt sie.
Sie fühlte die Kraft von Elyon und ihre Verbindung zu Aureth in ihrem Körper.
Im nächsten Moment war sie zurück in der Shopping Mall.