Seren steht mit verschränkten Armen vor Lumen, ihre eisblauen Augen durchbohren ihn förmlich.
Die anderen Rekruten haben sich in einem Halbkreis um sie herum versammelt, teils neugierig, teils angespannt.
Einige tuscheln leise miteinander, doch Seren ignoriert sie konsequent.
"Muss ich wirklich mein Stigma zeigen?" fragt Lumen leise.
"Ja, das musst du", antwortet Seren scharf.
"Ich misstraue dir. Du verhältst dich Arrogant. Jemanden wie dich muss man früh an die Leine nehmen, damit du die Gruppendynamik nicht zerstörst und später keinen tötest"
Lumen murmelt: "Ich habe nicht dich gemeint" und seufzt tief.
Er schiebt sich von der Wand weg und steht nun in der Mitte des Halbkreises. Er streckt die rechte Hand aus, seine Haltung immer noch halbherzig. Doch als er die Augen schließt, verändert sich die Atmosphäre im Raum schlagartig.
Die Luft wird dichter, beinahe erdrückend. Ein unheimliches Flimmern breitet sich von Lumens Hand aus, golden und rein, als würde die Welt selbst auf seine Berührung reagieren.
Der Boden unter den Füßen der Rekruten scheint leicht zu vibrieren, und ein göttliches Licht beginnt, aus seinem Stigma zu strömen – seine Augen leuchten Golden.
Die Rekruten halten unwillkürlich die Luft an. Einige machen instinktiv einen Schritt zurück, während Seren regungslos bleibt, ihre Augen weit geöffnet, nicht sicher, was sie erwarten soll.
Ravyn Blick fixiert Lumens Hand, welche unnatürlich Hell leuchtet.
Die goldenen Strahlen des Lichts füllen den Raum, reflektieren auf den Wänden und verleihen Lumen eine heilige Ausstrahlung.
Lumen öffnet langsam die Augen. Sie leuchten in einem intensiven Gold, das in die Seelen der Zuschauer zu blicken scheint.
"Bereit?" fragt er mit einem Hauch von Ironie in der Stimme, bevor er seine Hand langsam bewegt.
Das Licht wird fokussierter… heller… intensiver… und – es ist eine Taschenlampe.
Ein einzelner, schmaler Lichtstrahl strahlt aus seiner Handfläche, genau wie das Licht einer ganz gewöhnliche Taschenlampe.
Die zuvor intensive Aura verblasst fast sofort, und was bleibt, ist ein bescheidenes Licht, das auf den Boden vor ihm gerichtet ist.
Es herrscht eine lange, unangenehme Stille. Die Rekruten starren ihn ungläubig an. Seren blinzelt zweimal, als könnte sie nicht glauben, was sie sieht.
Lumen sieht auf das Licht in seiner Hand und zuckt mit den Schultern. "Tja, das war's", sagt er. "Nicht schlecht, oder?"
Lumen und Ravyn stehen sich auf dem Trainingsplatz gegenüber.
Die Atmosphäre zwischen ihnen ist angespannt, aber nicht feindselig. Es ist ein stilles Kräftemessen, ein unausgesprochener Test.
Um sie herum ertönen das Keuchen der anderen Rekruten und das dumpfe Aufprallen von Schlägen, doch keiner der beiden beachtet das.
Ihre Aufmerksamkeit gilt allein ihrem Gegenüber. Ravyn macht schließlich den ersten Schritt.
Er bewegt sich schnell, eine Gerade mit der rechten Hand zielgenau auf Lumens Kinn gerichtet.
Lumen weicht mit minimaler Bewegung aus, sein Kopf dreht sich kaum, aber der Schlag geht ins Leere.
Ravyn setzt sofort nach, seine Linke fliegt in Richtung Lumens Rippen.
Lumen hebt den Unterarm und blockt, der Aufprall hallt dumpf in seinem Körper wider.
Ravyn stürmt vor, ein schneller Frontkick, der auf Lumens Brust abzielt. Doch Lumen hebt das Knie und lenkt den Angriff ab.
Ravyn nutzt den Schwung, dreht sich und versucht einen Ellbogenschlag – doch Lumen taucht unter dem Angriff hindurch.
Plötzlich wechselt Ravyn die Taktik. Er geht tiefer in die Hocke, greift nach Lumens vorderem Bein und zieht, um ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Doch Lumen springt gerade rechtzeitig hoch, dreht sich in der Luft und landet wieder sicher.
Ravyn nutzt die Gelegenheit, um nach vorne zu stürmen, versucht einen Haken, aber Lumen fängt das Handgelenk ab und drückt es zur Seite.
Ravyn zieht Lumen plötzlich zu sich und versucht ihn mit seiner Schulter in die Brust zu rammen. Lumen stolpert zurück, doch er fällt nicht.
Stattdessen wirft er Ravyn mit einem schnellen Hüftwurf aus der Bewegung heraus zu Boden.
Die anderen Rekruten hören für einen Moment auf, als das Geräusch von Ravyns Aufprall den Trainingsplatz erfüllt.
Doch Ravyn bleibt nicht liegen. In einer fließenden Bewegung rollt er sich ab, steht wieder auf und geht sofort in den Angriff über. Diesmal ist er noch aggressiver.
Ein schneller, präziser Tritt zielt auf Lumens Knie, doch dieser springt zurück. Ravyn nutzt den Moment und schwingt einen weiteren Schlag, der Lumens Wange nur knapp verfehlt.
Es ist ein Tanz aus Bewegung, Ausweichen und Kontern – Lumen ist passiv, aber jedes Mal, wenn Ravyn eine Öffnung zu finden scheint, ist er wieder zu langsam.
Plötzlich durchbricht ein lautes, schrilles Pfeifen die angespannte Atmosphäre auf dem Übungsplatz. Alle Rekruten erstarren und ihre Bewegungen stocken.
"Das reicht für heute!" Samirs Stimme hallt über den Platz, scharf und klar.
"Wie ich sehe, steckt in den Rekruten aus diesem Quartal einiges an Potenzial. Aber Potenzial allein wird euch nicht retten. Lernt aus euren Niederlagen, nutzt eure Fehler – oder ihr werdet sie im Ernstfall nicht überleben."
Die Rekruten werfen einander verstohlene Blicke zu, einige senken die Köpfe, andere atmen erleichtert aus.
Lumen streckt lässig die Arme über den Kopf