Die Momente im Brautzimmer vergingen wie flüchtige Schatten. Als ihr Name aufgerufen wurde, richteten die Diener sorgfältig die Schleppe ihres Kleides.
"Du darfst nicht wanken."
Die strengen Worte des Grafen hallten in ihrem Kopf wider, das Gewicht ihres Schmucks fühlte sich unter den prüfenden Blicken der versammelten Gäste ungewohnt schwer an.
Sie bewegte sich mechanisch vorwärts, wobei die Stimme des Priesters mit den lebhaften Dekorationen verschmolz, die sie umgaben.
Mit einem Schleier, der ihr Gesicht verbarg, erreichte sie das Ende des Mittelganges – den heiligen Pfad der Braut.
"Deine Hand."
Eine tiefe Stimme hallte in ihren Ohren wider, und sie hob ihren Blick, um in die Augen des Mannes zu schauen, der bald ihr Ehemann sein würde, Herzog Everwyn.
Wie in Trance legte sie ihre Hand in seine, und die Zeremonie nahm ihren Anfang. In der strahlenden Halle war Seraphinas Blick einzig auf ihn gerichtet. Als der Herzog ihre Aufmerksamkeit bemerkte, kicherte er leise: "Du scheinst viele Fragen zu haben..."
Der Priester hatte seine Worte noch nicht beendet, doch der Herzog sprach ungezwungen. Obwohl nur sie seine Stimme hörte, blieb ihre Fassung unbeeinträchtigt.
"...doch hier ist nicht der Ort für Antworten."
"Wann wirst du es mir dann sagen?", fragte sie leise.
Er berührte sanft ihre Hand, seine Finger verweilten auf ihrem Ringfinger, eine zärtliche Geste aus der Ferne.
"Ich werde es dir sagen, sobald diese Zeremonie beendet ist."
"Hmm."
Die Zeremonie setzte sich fort, jeder tauschte Gelübde und Ringe aus.
"Du darfst die Braut jetzt küssen."
Auf Geheiß des Priesters hob der Herzog Seraphinas Schleier. Darunter strahlte ihr Gesicht Unschuld und Ruhe.
Obwohl ihre vorherigen Begegnungen intimer gewesen waren, errötete Seraphina leicht. Nervosität packte sie, und ihre Schultern zitterten vor den versammelten Gästen.
"Sei nicht nervös", flüsterte er, kurz bevor seine Lippen die ihren berührten.
"Wie du gesagt hast, bin ich der Auserwählte unserer Familien."
Hm? Seraphinas Augen weiteten sich verwirrt bei seinen Worten und wandten sich seinen Lippen zu. Es war kein tiefer oder lang anhaltender Kuss, bedingt durch die öffentliche Szene, doch ihre Lippen strichen lang genug aneinander, um sich zu spüren.
Ihre Zungen verschlangen sich nicht, aber er streifte sanft ihre Zähne durch die geöffneten Lippen, bevor er sich zurückzog.
"Was meintest du damit..."
"Wow!"
"Herzlichen Glückwunsch!"
Ihr leiser Protest ging im Applaus unter. Der Herzog nahm ihre Hand und lächelte, als wäre nichts geschehen.
Hatte sie sich verhört? Seraphinas Gedanken wirbelten im Chaos. Während der Herzog geschickt die Menge begrüßte, blieb ihre Hand regungslos.
Statt einer überglücklichen Braut umhüllte sie Verwirrung. Ohne den durchdringenden Blick des Grafen zu bemerken, lehnte sich der Herzog nah heran und richtete unter dem Vorwand ihr Haar.
"Um sicherzustellen, dass unsere Ehe Bestand hat, sollten wir beide unsere Rollen gut spielen."
Es war kein Missverständnis.
Später versuchte Seraphina, ein Gespräch mit dem Herzog zu führen, doch vergeblich.
Unmittelbar nach der Zeremonie herrschte ein reges Treiben beim Empfang. Trotz ihrer Abneigung wurde Seraphina rasch in ein anderes Hochzeitskleid gehüllt.
Der Graf schien von der Feier begeistert zu sein und gestaltete den Empfang zu einem prunkvollen Ereignis.
Für die Zuschauer war es ein makelloses Schauspiel.
Seraphina fühlte, wie ihre Kräfte schwanden. Ihre Gebrechlichkeit wurde offensichtlich, als das Gewicht ihres Schmucks schwer auf ihrem Kopf lastete und die Enge ihres Gewandes es ihr schwer machte zu atmen.
Mitten unter all dem sprach sie mit den Gästen und fürchtete, jeden Moment in Ohnmacht zu fallen.
"Bringe es zu Ende!"
Die Worte des Grafen hallten unaufhörlich wider und zwangen sie, konzentriert zu bleiben.
Jeder Fehltritt würde sicherlich den Zorn des Grafen hervorrufen – und nicht nur den seinen.
Sogar die Gäste würden sie mit Verachtung betrachten. Ihre Finger zitterten, als sie das Glas hielt.
"Seraphina."
Eine plötzliche Hand auf ihrer Schulter erschreckte sie, und sie ließ das Glas fallen, das sie hielt.