„Es tut mir leid", sagte König Zedekiel, als er vor Ron stand. „Ich wollte deiner Schwester keinen Schmerz zufügen, doch ich kann diese Ehe nicht fortsetzen." Jedes einzelne seiner Worte war unheilvoll und klang nicht im Geringsten aufrichtig. Als wäre er dazu gezwungen worden, sie auszusprechen.
Der Hass, den er in sich trug, reichte bis auf die Knochen und er konnte ihn nicht verbergen. Er gab sich nicht einmal die Mühe, so zu klingen, als meine er, was er sagte, denn das tat er nicht.
„Warum nicht?" fragte Ron. „Du hast selbst um ihre Hand angehalten und jetzt, wo sie dir gegeben wurde, willst du sie einfach so wegwerfen? Hältst du die Ehe für einen Scherz? Ist meine Schwester nur ein Spielzeug für dich?"
Ron war noch mehr verletzt, weil Zedekiel direkt vor ihm stand, aber ihn nicht erkennen konnte. Dann fiel ihm ein, dass er an diesem Tag verkleidet war. Diese alberne Perücke und der hässliche Schnurrbart! Wie sehr wünschte er sich jetzt, er hätte seine wahre Identität enthüllt.
Zedekiel schüttelte den Kopf. „Ich wurde von meiner Königinmutter dazu gezwungen. Die Wahrheit ist, ich liebe deine Schwester nicht. Durch diese Heirat würde ich zwei Leben ruinieren – meines und ihres. Ich hoffe, du verstehst das." Er sprach mit unbewegtem Gesichtsausdruck. Seine Worte wirkten einstudiert, als hätte er sie für den Fall eines Konfrontation vorbereitet. Als würde er sie lediglich aus einem Buch ablesen und ihre Bedeutung nicht erfassen.
Nein. Drei. Drei Leben würden zerstört werden.
Das war es, was Ron sagen wollte. Danach sehnte er sich. Zu sehen, wie der Mann, den er liebte, seine eigene Schwester ehelichte, wäre unerträglich. Er würde vor Eifersucht vergehen, wenn er sie ihre Eide ablegen und sich küssen sähe. Der Mensch, mit dem er zusammen sein wollte, würde sein Schwager werden. Das wollte er nicht. Das wollte er wirklich nicht, aber…
Er hatte Rose versprochen, dass er es versuchen würde.
Ron versuchte, die Sache aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Dieser Mann wusste nichts von seinen Gefühlen. Rose und er hatten sich bereits entschieden zu heiraten. Ron konnte nicht einfach so herausplatzen und alles offenlegen. Was wenn er nicht schwul wäre? Wen wollte er damit täuschen? Natürlich war der König nicht schwul! Aber... könnte er vielleicht doch...?
Er beschloss, einen Vorschlag zu machen, der ihm und seiner Schwester die Möglichkeit geben würde, dem König näher zu kommen und seine Zuneigung zu gewinnen. Er würde sich in einem fairen Wettstreit mit seiner Schwester messen, und sollte er schlussendlich verlieren, würde er es akzeptieren.
„Dann musst du sie nicht sofort heiraten", sagte er. „Du könntest sie kennen lernen. Könntest dich vielleicht... in sie verlieben." Der letzte Satz fiel ihm unglaublich schwer. Es fühlte sich an, als ob etwas in seinem Hals stecken geblieben wäre.
König Zedekiel schien nicht überzeugt. „Ich glaube nicht, dass du...
„Meine Schwester ist wunderbar!", unterbrach ihn Ron. „Sie ist schön, fürsorglich, intelligent und treu. Sie wird eine gute Königin abgeben. Sie zu lieben ist ganz einfach. Gib ihr doch einfach eine Chance. Wie kannst du aufgeben, ohne es versucht zu haben?"
Tränen stiegen in Rons Augen. Seine Schwester klang, als würde er sie wie ein erstklassiges Produkt anpreisen. Nun, ihm fiel kein anderer Weg ein. Er konnte den König ja nicht zwingen, sie zu heiraten. Drohungen würden ebenfalls nichts nützen. Der beste Weg war, ihn zu überzeugen. Seine Stimme wurde zum Schluss hin schwach.
„Gib meine Schwester nicht auf."
„Gib mir lieber eine Chance. Gib mir die Möglichkeit, bei dir zu bleiben und dich ordentlich zu werben. Eine Chance, deine Liebe zu gewinnen."
Ludiciels Herz war tief berührt, doch hatte er in einer solchen Situation kein Recht, sich zu äußern. Die Entscheidung lag allein bei seinem Bruder.
Der verzweifelte Ausdruck auf Rons Gesicht rührte Zedekiel nicht im Geringsten. Er wollte Rose nicht heiraten und würde das auch nicht tun. Generell wollte er nichts mit Leuten außerhalb des Nordens zu tun haben.
Die Menschen waren allesamt ein Haufen gieriger, egoistischer Kreaturen. Ihr einziges Interesse galt sich selbst. Sie würden einen geliebten Menschen für ihren eigenen egoistischen Vorteil verraten.
Zedekiel wollte seinem Herzen folgen. Er wollte sein eigenes Glück nicht für eine Zukunft opfern, die seine Mutter für vorbestimmt hielt.Eine Ehe zwischen einer Elfe und einem Menschen.
Sie dachte, dies könnte ihr Volk verändern und Frieden stiften, doch Zedekiel war der Überzeugung, dass sich die Geschichte nur wiederholen würde.
Er hatte noch Zeit. Er könnte jemand anderen kennenlernen, sich verlieben und heiraten. Warum bestand seine Mutter darauf, dass er eine Ashenmore heiraten sollte? Das Schlimmste vom Schlimmsten.
Da Zedekiel schwieg, sprach Ron: „Lass uns einen Deal machen. Ich versichere dir, es wäre zum Vorteil für uns beide sowie unsere Königreiche."
Ein Handel? Mit einem Menschen? Unmöglich.
„Nein", lehnte Zedekiel sofort ab. „Ich will nichts hören. Die Hochzeit wird nicht stattfinden. Ich werde deine Schwester nicht heiraten. Geh!"
Ron konnte es nicht glauben. Sein silberhaariger Held war zu schroff. Er war ganz anders als in jener Nacht. Wenn das Gesicht nicht dasselbe gewesen wäre, hätte Ron geschworen, dass es nicht der gleiche Mann war.
„Aber du hast mir gar nicht zugehört. Hör einfach zu..."
„Ich sagte nein!", donnerte er. Was willst du noch? Ich liebe deine Schwester nicht und ich will nichts mit ihr zu tun haben. Muss ich dir die Worte in den Schädel meißeln, damit du es verstehst?"
Ron hielt seine Tränen zurück und unterdrückte seine Wut. Dieser König war unvernünftig. Wenn er wütend wurde und sie weiter stritten, kämen sie zu nichts, also beschloss er, eine andere Taktik zu versuchen. „Hast du eine Schwester?"
Der König war verwirrt über die plötzliche Themenumstellung. „Ja. Warum?"
„Kann ich sie sehen?"
Der König runzelte die Stirn, fragte sich, was Ron vorhatte. „Nochmal, warum?"
„Ich möchte dir etwas zeigen", antwortete Ron, und Zedekiel zog eine Augenbraue hoch. Er verstand es nicht, rief aber dennoch seine Schwester.
Eine schöne Frau, kleiner als Ron, mit hüftlangem silbernem Haar, grauen Augen und blasser Haut trat mit erhobenem Haupt in den Thronsaal. Sie trug ein schimmerndes weißes Kleid, das überall mit goldenen Schmetterlingen bestickt war.
Sie knickste, als sie vor Ron und Zedekiel stand. „Bruder, Eure Hoheit. Ich bin Mariel. Willkommen in Netheridge."
Ron lächelte und verbeugte sich. Mariel war natürlich von seinem Lächeln berührt. Ihr Herz pochte in ihrer Brust. Also war dies der gutaussehende Prinz von Ashenmore. Er streckte seine Hand aus, nahm Mariels Hand und drückte ihr einen leichten Kuss auf die Haut. „Vielen Dank, Prinzessin Mariel. Mein Name ist Ron. Nenne mich einfach Ron."
Prinzessin Mariel errötete sofort.
Der König und sein Bruder w waren verwirrt. Was hatte Ron nun vor?
Ron ließ ihre Hand nicht los, sondern kniete nieder und blickte ihr in die Augen. „Prinzessin Mariel, willst du mich heiraten?"