Ron sprach und sprach unentwegt. Er plauderte über die Romane, die er las und die fabelhaften Wesen, die sie bevölkerten. Er philosophierte darüber, wie das Gehirn funktioniert und wie vergnüglich es doch sei, sich so vieles vorzustellen. Wie faszinierend es sei, Dinge zu erdenken und sie in Geschichten lebendig werden zu lassen.
Alle waren genervt und wünschten sich, sie könnten ihn einfach zum Schweigen bringen. Es spielte keine Rolle, ob sie auf seine Worte eingingen oder nicht. Prinz Ron verstand es meisterhaft, Selbstgespräche zu führen. Er riss schlechte Witze und lachte selbst darüber. Wenn ihm das Alleinlachen zu langweilig wurde, nötigte er die Diener zum Mitlachen, indem er drohte, sie zur Strafe Pferdemist verpacken zu lassen, sobald sie nach Ashenmore zurückkehrten.
Dann zwang er sie zum Singen.
Die armen Diener. Nach zwei Stunden war Prinz Ron immer noch nicht fertig, deshalb überlegte Leo, was den Prinzen zum Schweigen bringen könnte. Ihn in den Wagen neben der Prinzessin zu setzen. Wenn alle mitmachten, würde der König es noch nicht einmal bemerken.
„Prinz Ron", rief er, „ich denke, Ihr könnt jetzt in den Wagen steigen. Nach ein paar Stunden dürft Ihr wieder heraus."
Ron, der seine Freude daran hatte, die Diener zu schikanieren, lehnte natürlich ab. „Auf keinen Fall. Sieht du denn nicht, wie viel Spaß wir haben? Spiel nicht den Spielverderber, Leo."
Die Diener seufzten innerlich. Es konnte wirklich von keinem Spaß die Rede sein!
Ron bemerkte, wie Leo sich ihm näherte. Er musterte ihn misstrauisch. „Was willst du?"
Leo lächelte. „Prinz Ron, Ihr schwitzt wirklich wie ein Ochse und Eure Haut ist um einen Ton dunkler geworden. Ich fürchte, wenn Ihr noch länger in der Sonne bleibt, dann verliert Eure Haut ihren Glanz."
Alle waren verblüfft. War dies nicht der Wächter, der zuvor gesagt hatte, das Sonnenbad sei gut für den Prinzen?
Prinz Ron schreckte auf. Er hatte vorhin doch nur gescherzt. Hatte sich seine Lüge etwa bewahrheitet? „Im Ernst? Bist du dir sicher?"
Leo nickte ernsthaft. „Ja, Prinz Ron. Ich denke, Ihr solltet wirklich ein paar Stunden mit der Prinzessin im Wagen verbringen. Ihr seht wahrlich nicht gut aus."
Mehr bedurfte es nicht. Ron sprang von seinem Pferd und flüchtete im Nu in den Wagen. Seine schöne Haut! Wie sollte er seiner Angebeteten im Norden gegenübertreten, wenn sie ruiniert war?
Die Diener jubelten innerlich. Gott segne Leo!
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Ron seufzte zum hundertsten Mal lautstark und störte damit die Prinzessin, die zu schlafen versuchte. Das Sitzen im Wagen empfand er noch langweiliger als das Reiten, aber aus Angst, die Sonne könnte seine Haut schädigen, zwang er sich, auszuharren. Sie hatten eine Weile geruht, zu Mittag gegessen und dann ihre Reise fortgesetzt.
Seine Gedanken kreisten um den Mann mit dem silbernen Haar, der den blutigen Kopf des Schlägers wie ein düsterer Held präsentiert hatte. Seine Hand strich zur Halskette an seinem Hals, die von seiner Kleidung verborgen wurde. Warum war der Norden nur so weit entfernt? Er seufzte wieder.
Das war der letzte Tropfen. Prinzessin Rose ergriff ihren Handfächer, der das Nächste war, was sie erreichen konnte, und schleuderte ihn nach Ron, der im letzten Moment zur Seite sprang. Er drehte seinen Kopf in Richtung Rose und fühlte sich zu Unrecht angegriffen. „Was sollte das denn jetzt?!""Hör auf, ständig zu seufzen! Es nervt", sagte sie verärgert. "Reich mir meinen Fächer."
Ron sah auf den Fächer, der auf dem Boden lag. Widerwillig hob er ihn auf und reichte ihn ihr. Er war der Ansicht, dass er als der jüngere Geschwisterteil zumindest gehorsam sein sollte, vor allem weil sie ihn in ein paar Tagen allein lassen würde.
"Warum seufzt du eigentlich?" fragte Rose besorgt. "Du siehst so unglücklich aus."
"Liebste Schwester, man ist immer unglücklich ohne seine Liebste", sagte Ron und stützte sein Kinn auf den Handrücken. "Ist das nicht einer der Gründe, warum du heiratest? Weil du den König von Netheridge liebst und immer bei ihm sein möchtest?"
Rose hörte den letzten Teil gar nicht. Sie hing noch am Anfang fest. "Du bist verliebt?" fragte sie entsetzt.
Ron nickte. "Ja, ich bin verliebt und vermisse meine Liebste schrecklich. Warum machst du so ein entsetztes Gesicht?"
"Ich habe Mitleid mit dem armen Mädchen, das ist der Grund. Sie muss wirklich ein großes Herz haben, um einen Unruhestifter wie dich zu lieben."
"Zu deiner Information, ich bin sehr liebenswert", erwiderte er gekränkt. Ja, er hatte seiner Liebsten noch keine Liebeserklärung gemacht und sie hatte ihm gegenüber auch nichts in der Richtung geäußert, aber er war überzeugt, dass er sie für sich gewinnen konnte. Was gab es an ihm denn nicht zu lieben?
Rose brach in Gelächter aus. "Du? Liebenswert? Das Mädchen muss blind oder taub sein. Vielleicht sogar einfältig, sonst würde sie dir ins Gesicht sagen, dass sie dich nicht liebt."
Ron wurde wütend. Meinte seine Schwester, dass ihn nur eine behinderte Person lieben könnte? Was für eine Beleidigung! Das Schlimmste war, er hatte nicht einmal eine schlagfertige Antwort parat! "Und was ist mit deinem zukünftigen Ehemann? Ich wette, er ist ein fetter, alter Mann mit einem dicken Bauch!"
"Ha! Glaubst du etwa, ich würde so einen Mann heiraten? Vater würde das niemals erlauben, egal wie reich und einflussreich er sein mag. Außerdem habe ich ihn selbst gesehen, als er um meine Hand anhielt. Er ist sehr, sehr groß und gutaussehend. Du wirst es sehen, wenn wir dorthin kommen."
"Nun, meiner sollte sogar noch hand -hust- schöner sein. Tausendmal schöner!"
Rose war eindeutig anderer Meinung. "Das glaube ich nicht und Ron...", ihre Stimme wurde von spielerisch zu absolut ernst. Selbst die Atmosphäre wurde feierlich.
"Als deine große Schwester möchte ich dir einen Rat geben. Beende die Sache mit diesem Mädchen bald. Mach ihr keine Versprechungen und lass es niemals Vater herausfinden. Du kannst so viel Spaß haben, wie du möchtest. Du bist jetzt ein Mann. Vater wird das nicht stören, aber nimm keine Beziehung ernst und schütze immer dein Herz. Vater wird dir nicht erlauben zu heiraten, wen du möchtest. Das weißt du sicher schon, aber sei trotzdem sehr vorsichtig. Ich möchte nicht, dass du verletzt wirst."
Ron war sich dessen sehr wohl bewusst, aber die Erinnerung daran ließ seine gute Stimmung in den Keller sinken. Er nickte, sagte aber nichts weiter.
Stattdessen verfluchte er in seinem Herzen sein Schicksal. Warum musste er als Prinz zur Welt kommen? Warum hatte er Aufgaben und Pflichten, die er nicht erfüllen wollte? Warum konnte er nicht selbst über sein Leben bestimmen?
Und wieder wurde ihm bewusst, wie erbärmlich seine Situation war.