Prinz Ron rannte, so schnell ihn seine Beine trugen, und sein Herz schlug wild gegen seinen Brustkorb. Warum, warum, warum bloß?! Warum hatte er beschlossen, das riesige Schloss zu durchstöbern? Nun wurde er mitten in der Nacht von zahlreichen Wachen gejagt. Würde man ihn fassen, könnte Zedekiel meinen, er sei gekommen, um im Norden zu spionieren. Noch nie in seinem Leben war Ron so viel gelaufen.
Er war der Typ, der immer herumlungerte, aß und Bücher las. Wenn er mal die Energie aufbrachte, war es nur, um jemanden zu necken oder aus dem Schloss zu schleichen.
Als die donnernden Schritte immer lauter wurden, beschleunigte Ron und bog hastig links ab, ohne zu wissen, wohin er lief.
Die Wachen kannten das Schloss wie ihre eigene Westentasche. Wenn er nicht bald ein Versteck fand, wäre alles aus. Bei diesem Gedanken entdeckte er eine Tür, die einen Spalt offen stand. Er schoss hinein ohne zu zögern und schloss sie leise hinter sich.
Der arme Ron hatte noch nicht mal Zeit zu atmen, als er plötzlich gegen die Tür gedrückt wurde. Sein Kopf prallte gegen die schwere Eichentür und riss eine klaffende Wunde an der Stirn auf, aus der das Blut zu fließen begann.
Er unterdrückte ein Stöhnen, doch eine kalte, glatte Hand ergriff seinen Nacken und hob ihn hoch, als wäre er ein Huhn, das geschlachtet werden sollte. Ron wollte sich wehren, erstarrte jedoch, als seine Blicke auf eiskalte, violette Augen trafen.
Oh nein! Er war in das Schlafgemach des Königs geraten!
In der Höhle des Löwen!
Es wäre besser gewesen, hätten ihn andere gefunden, nur nicht der König!
"Was treibst du hier?" fragte Zedekiel und verstärkte den Griff um Rons Hals. Der Luftstrom zu seinen Lungen wurde unterbrochen, er wurde erdrosselt. Wie sollte er da sprechen?
Er begann um sich zu schlagen, klammerte sich an der schönen weißen Hand fest, die jedoch immer fester zuschnürte. Tränen stiegen ihm in die Augen und Schwindel erfasste ihn. Da keine andere Option blieb, tat Ron das Einzige, was ihm in diesem Moment in den Sinn kam.
Er schöpfte seine ganze Kraft, hob sein Bein und landete einen Tritt direkt zwischen die Beine des Königs.
Volltreffer!
Mitten in die Kronjuwelen!
Zedekiels Gesicht verzog sich vor Schmerz und er ließ Ron los, der auf den Boden fiel, hustend, keuchend und prustend wie ein Fisch auf dem Trockenen. Das Kerzenlicht erlaubte ihm Sicht. Daraufhin stand er auf und wollte zur Tür, doch eine Hand fasste seinen Knöchel und zerrte ihn zu Boden.
"Denk nicht einmal daran!" knurrte Zedekiel.
"Ah!" rief Ron aus, als sein Körper auf den kalten Boden aufschlug. Er zog und zerrte, doch die Hand an seinem Knöchel blieb fest wie in einem Schraubstock.
Die erwähnte Hand zerrte ihn zurück und ein noch schwererer Körper landete auf ihm. Seine Hände wurden gepackt und über seinem Kopf festgehalten, sein Unterleib wurde von den Beinen des Königs nieder gedrückt. Er versuchte und versuchte sich zu befreien, aber es gab kein Entkommen.
Ron seufzte und akzeptierte sein Schicksal, dann jedoch erinnerte er sich, wie Zedekiel jene Schläger gnadenlos tötete und den Boden mit ihrem Blut und ihren Eingeweiden dekorierte.
Er begann zu zittern. Was, wenn Zedekiel dasselbe mit ihm vorhatte? Er hatte ihn ja beinahe zu Tode gewürgt!
"Bist du nun bereit zu gestehen?" fragte König Zedekiel mit kalter, knapper Stimme, als würde er ein Todesurteil verhängen. Seine violetten Augen leuchteten in der Dunkelheit und starrten bösartig auf Ron herab, dessen Herz gegen seinen Brustkorb hämmerte. Wenn er die Zeit zurückdrehen könnte, hätte er sein Zimmer nie verlassen.Er verfluchte Ludiciel, weil er ihm den Garten gezeigt hatte, in dem die goldenen Beeren wuchsen. Verflucht sei er, verflucht sei er, verflucht sei er!
"Du bist hergekommen, um mich zu töten, nicht wahr?"
Ron würde eine Grimasse schneiden, wenn er könnte. "Nein, nein, zukünftiger Schwager. Warum sollte ich so etwas tun?!". Seine Stimme war heiser und er keuchte. Der Schweiß rann ihm in Rinnsalen über das Gesicht.
"Es ist die perfekte Rolle für dich. Du bist so schön und hast so unschuldige Augen. Ein Blick und jeder würde schwören, dass du keiner Fliege etwas zuleide tun kannst", sagte Zedekiel und ließ seinen Blick über Rons Gestalt schweifen. Die kleine Füchsin.
Prinz Ron war verblüfft.
Du bist so schön und hast unschuldige Augen".
Zedekiel fand ihn also attraktiv. Er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Die Schmetterlinge in seinem Bauch summten fröhlich vor sich hin. All die Angst, die er anfangs empfunden hatte, löste sich wie Rauch auf.
"Deshalb hast du dich entschieden zu bleiben, richtig?" fuhr Zedekiel fort. "Netheridge ist ein Königreich, das nicht wirklich bekannt ist. Woher weiß ich, dass du nicht mit einem Plan hier bist? Vielleicht würdet Ihr, nachdem Ihr mich getötet habt, Eurem Vater sagen, dass Eure Truppen hierher kommen, mein Volk töten und all unsere Reichtümer an sich reißen werden. Das ist es doch, was du willst, oder? Ist es nicht so?" Zedekiel drückte seine Hände so fest, dass Ron dachte, seine Knochen würden zerspringen. Tränen füllten seine Augen und seine Unterlippe begann zu zittern. Es tat weh. Es tat so sehr weh.
"Ihr dreckigen Aschenmänner seid alle gleich. Erfüllt von schmutzigem Blut und gierigen Herzen. Ihr seid nie zufrieden mit dem, was ihr habt. Ich sollte euch einen nach dem anderen umbringen."
"Ich bin nicht hier, um dich zu töten", stieß Ron hervor. Er verstand nicht, was für einen Hass Zedekiel auf ihn und sein Volk hegte. Schmutziges Blut? Gierige Herzen? Was zum Teufel war hier los? Die Art, wie er sprach, war, als hätten er und Ashenmore eine gemeinsame Vergangenheit.
"Ich bin versehentlich in dein Zimmer gekommen. Ich schwöre es. Lassen Sie mich gehen. Du tust mir weh."
Zedekiel lockerte seinen Griff überhaupt nicht. Er wollte Ron keine Chance geben. Ron wimmerte, als die Tränen zu fließen drohten. Er wusste nicht, was er tun sollte, und vor seinem Geliebten zu weinen kam nicht in Frage. Er wollte nicht als schwach bezeichnet werden.
Er erinnerte sich wieder an die Nacht, in der er von diesem Mann gerettet worden war. Das war richtig. Er war heute nur noch am Leben, weil Zedekiel ihn gerettet hatte. Wenigstens so viel konnte er aushalten, bevor er seine Identität preisgab.
Wärme schlich sich in seine Augen und er blickte Zedekiel an, als wäre er seine Welt.
Der Blick ließ Zedekiel mit seinen Anschuldigungen innehalten. Er fragte sich, ob mit dem Gehirn dieses Prinzen etwas nicht stimmte. Da Ron kein Wort sagte, begann er, seine Kleidung nach einer Waffe zu durchsuchen.
Ron begann zu wackeln, als Zedekiels Hand suchte und suchte, aber er fand nur einen kleinen Beutel, der mit etwas Weichem gefüllt war. Er fragte sich, ob es Gift war. Er hob es direkt über Rons Augen. "Was ist das?"
Die Augen des Prinzen weiteten sich und er versuchte, danach zu greifen, aber er wurde fest gehalten. Er begann zu schwitzen. "Es ist nichts, zukünftiger Schwager. Hör auf zu schnüffeln. Das ist ziemlich unhöflich. Gib mir meinen Beutel zurück und wir vergessen, dass eine Nacht wie diese je stattgefunden hat.
Das machte Zedekiel nur noch mehr Lust, ihn zu sehen. Er löste den Verschluss und kippte den Inhalt auf den Boden.
"Nein", jammerte Ron. "Nicht auf den Boden. Jetzt sind sie schmutzig. Weißt du überhaupt, was ich durchmachen musste, um die zu bekommen? Ich wurde sogar von deinen Wachen gejagt!"
Zedekiel betrachtete die kleinen runden goldenen Kugeln auf dem Boden. Tatsächlich, es waren...
Goldene Beeren?