LUO YAN und Luo Jin saßen auf dem Rücksitz eines schwarzen Luxuswagens. Sie waren auf dem Weg zur F-Universität, um an der Abschlussfeier ihres älteren Bruders teilzunehmen. Ihr älterer Bruder war bereits dort. Er musste sich vorbereiten, da er ausgewählt wurde, die Abschlussrede zu halten. Wahrscheinlich, weil er der beste Absolvent des Fachbereichs Wirtschaft ist. Und dass er der Sohn des Präsidenten der Tianhua-Gruppe ist, war auch ein zusätzlicher Faktor. Ihr Vater würde später kommen, also gingen Luo Yan und Luo Jin zuerst dorthin.
Luo Yan schaute aus dem Fenster des Wagens. Morgen würden die Nachhilfelehrer, die sein Vater engagiert hatte, zu ihnen nach Hause kommen, um ihn zu unterrichten. Er hatte bereits einen Plan, wie er mit ihnen umgehen würde. Er würde seine große Fähigkeit zu lernen unter Beweis stellen. Natürlich würde er sich von ihnen unterrichten lassen. Er konnte schließlich nicht einfach alles auf einmal lernen. Dann würde er so tun, als hätte er verstanden, was sie ihm beigebracht haben, nur weil sie es ihm einmal erklärt haben. Das würde zeigen, dass er der Typ ist, der alles, was man ihm beibringt, leicht aufnehmen kann. Das würde ihn sicherlich als eine Art Genie erscheinen lassen. Aber das ist allemal besser, als als dumm abgestempelt zu werden.
Als Luo Yan erfuhr, dass seine Familie reich war, war sein erster Gedanke, dass er sein Leben wie ein gesalzener Fisch leben könnte. Nichts zu tun und sich nur auf den Reichtum der Familie zu verlassen. Aber nachdem er seinen Vater und seine beiden Brüder langsam kennengelernt hatte, wurde ihm klar, dass er ihnen keine Schande machen wollte. Also würde er seinen Abschluss machen, ihnen Ehre bringen und dann all die Dinge tun, die er in seinem letzten Leben nicht tun konnte, aber tun wollte.
Bald erreichten sie das Tor der F-Universität. Die Menschenmassen, die dort hineingingen, zeigten, dass es definitiv Zeit für die Abschlussfeier war. Der Fahrer hielt den Wagen an und stieg aus. Dann öffnete er die Tür des Rücksitzes für die beiden jungen Meister. Als die beiden aus dem Auto stiegen, erregten sie sofort große Aufmerksamkeit. Der eine war ein gut aussehender, großer Teenager, der andere ein hübscher, zierlicher Junge.
Luo Jin trug eine blaue Jeansjacke, die er bis zu den Ellbogen hochgekrempelt hatte, über einem weißen Hemd und einer schwarzen Jeans. Dazu trug er ein Paar weiße Nike-Gummischuhe. Sein schwarzes Haar war nach hinten gekämmt und zeigte deutlich seine glatte Stirn. Außerdem trug er einen silbernen Kreuz-Ohrring. Damit kam sein wilder Charme voll zur Geltung.
Lou Yan hingegen war das komplette Gegenteil. Er trug einen lilafarbenen Wollpullover, der ein wenig zu groß war, und eine weiße Bermudashorts. Dazu trug er lila High-Top-Converse. Sein weiches schwarzes Haar steckte unter einer weißen Seemannsmütze. Mit seinen großen Pfirsichblütenaugen und seiner zarten weißen Haut sah er absolut reizend aus.
Luo Yan bemerkte natürlich die Aufmerksamkeit, die die Menge ihnen schenkte. Es machte ihm nichts aus. Er ist nicht der schüchterne oder introvertierte Typ. Er kleidete sich sogar so, dass seine Niedlichkeit optimal zur Geltung kam. Mit diesem Feengesicht wäre es eine Schande, wenn er das nicht tun würde.
"Junge Herren, der Strauß", erinnerte der Fahrer sie und reichte ihnen einen schönen Strauß gelber Rosen.
Luo Yan nahm ihn sofort entgegen. "Danke, Onkel", sagte er sanft. Dann wandte er sich an Luo Jin. "Ah Jin, lass uns gehen."
Luo Jin blickte auf die dichte Menschenmenge und runzelte die Stirn. "Sieh zu, dass du in meiner Nähe bleibst. Ich kann nicht zulassen, dass du irgendwo hingehst und dich verirrst."
"Ja, Ah Jin", sagte Luo Yan nur. Er hatte sich bereits an Luo Jins genervten Ton gewöhnt. Es machte ihm nichts aus, denn er wusste, dass er nur ein Zickenkind war, das seine Gefühle nicht richtig ausdrücken konnte.
Als sie das Tor betraten, konnte Luo Yan nicht umhin, sich umzusehen. Diese lebhafte Atmosphäre erinnerte ihn an seine eigene Abschlussfeier. Auch er hatte als Klassenbester abgeschlossen. Aber kein Familienmitglied kam, um ihm zu gratulieren. Er dachte, er sei schon abgestumpft gegen diese Art von Schmerz. Aber als er andere mit ihren Familien sah, die lachten und weinten, fühlte er sich immer noch ein wenig traurig.
Er schüttelte den Kopf. Jetzt war nicht der Moment, um darüber nachzudenken. Das lag hinter ihm. Er war sich sicher, dass sein Vater und seine Brüder für ihn da sein würden, sobald er das Studium abgeschlossen hatte.
Ohne weiter darüber nachzugrübeln, drehte er sich um und stellte fest, dass Luo Jin weg war. Es waren kaum Leute in der Nähe. Er hatte sich unbemerkt verlaufen! Luo Jin würde ihn später wahrscheinlich zur Rede stellen. Er versuchte, sein Handy aus seiner Tasche zu ziehen, doch merkte sofort, dass es fehlte. Wahrscheinlich hatte er es im Auto liegen lassen. Na super. Jetzt stand fest, Luo Jin würde ihm den Kopf abreißen.
"Kleiner Bruder, hast du dich verlaufen? Braucht der große Bruder dir zu helfen?" hörte er plötzlich eine Stimme vor sich.
Luo Yan sah auf und vor ihm stand ein junger Mann. Er hatte keine Zeit, ihn näher anzusehen, da ihm sofort die unangemessene Art auffiel, mit der dieser ihn ansah. Eine Gänsehaut zog über Luo Yans Rücken. Hatte dieser Kerl nicht begriffen, dass er ein Mann war?
Anstatt zu antworten, drehte er sich einfach um und wollte gehen. Doch dann packte der verdammte Kerl plötzlich sein Handgelenk.
Als er die weiche Haut berührte, die seine Finger umschlossen, wurde er Typ noch aufdringlicher. "Hey, kleiner Bruder, ignorier mich nicht."
Luo Yan versuchte, seine Hand zu befreien, aber es gelang ihm nicht. Ihm mangelte es einfach an der nötigen Kraft. Er überlegte, ob er dem Kerl zwischen die Beine treten oder schreien sollte, um die Aufmerksamkeit anderer auf sich zu ziehen, als plötzlich eine Stimme von oben ertönte.
"Ihr seid laut", sagte eine kühle Stimme.
Dann sprang urplötzlich ein großer Mann von einem nahegelegenen Baum herab. Luo Yan stockte der Atem, als er das Gesicht des Mannes sah. Denn der Typ war einfach umwerfend. Seine Haare waren so schwarz, dass sie fast blau glänzten, ähnlich einer Rabenfeder. Seine Haut war blass, jedoch nicht ungesund weiß. Er hatte eine markante Nase und schmale, rote Lippen. Doch das Faszinierendste war seine Augenfarbe.
Sie waren elektrisch blau. In sie zu blicken fühlte sich an, als schaue man in den hellsten Himmel.
Zu diesem Zeitpunkt wusste Luo Yan noch nicht, dass diese Begegnung sein Leben für immer verändern würde.