Als Evan verwirrt dreinblickte, sagte das Dienstmädchen,
"Wir sind meistens Kriegsopfer. Aber manche von uns wurden mit Behinderungen geboren oder sind Opfer von häuslicher Gewalt. Eure Gnaden haben uns gerettet und beschützt. Und er hat uns hier ein neues Leben ermöglicht.
Im Palast sind die meisten Diener wie wir. Aber wir versichern euch, dass Eure Gnaden bessere Bedienstete für euch finden würden." Evan spürte die Verzweiflung in der Stimme des Mädchens und realisierte gleichzeitig, wie die Dienerinnen den Herzog beschützten, zumindest sein Ansehen.
Aber Damien brauchte keinen Schutz. Nicht vor ihr... er war auch ihr Retter. Er hatte... Sie schloss angesichts ihres eigenen Unsinns die Augen.
"Ich wusste nicht, dass Eure Gnaden ein Retter sind, bis er mich gerettet hat," ein hilfloses Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, "das macht mich wenigstens zu einer von euch," die Augen der Magd weiteten sich.
Man hatte ihnen gesagt, dass die Dame die zukünftige Herzogin sei. Die Herrin des Hauses. Sie hatten große Angst davor, einen schlechten Eindruck bei ihr zu hinterlassen. Schließlich kümmert sich die Herrin in adligen Haushalten um alle internen Angelegenheiten des Anwesens, doch sie wirkte so verletzlich, so sehr... wie sie.
Die Ältere lächelte beruhigend: "Eure Gnaden beschützen uns alle, Mylady. Aber in diesem Palast schützen wir uns gegenseitig. Ihr werdet hier niemals alleine sein."
Wer hätte gedacht, dass eine stolze Frau wie Evan sich eines Tages von den Worten einer Magd beruhigt fühlen würde.
Im Palast fragte Harold leise, aber mit zusammengekniffenen Augen und finsterem Gesicht, das Elene verriet, wie wütend er war, "Wo ist Evangeline, Elene?"
"Habe ich dir nicht gesagt, du sollst keinen Fehler machen? Dieses Dienstmädchen hatte sich bereits beschwert, wir hätten sie gequält, und letzte Nacht wurde bewiesen, dass sie gezwungen wurde, deinen Platz einzunehmen. Ist dir die Ernsthaftigkeit der Lage überhaupt bewusst?" Elene zuckte zusammen bei den harschen Worten. Natürlich wusste sie, dass sie Evangeline keinen Schaden zufügen konnten. Sie hatte die Frau nur eingeschüchtert, wegen ihres Mutes.
"Wenn du vorhast, meine Geduld auf die Probe zu stellen, dann hast du es geschafft, Elene. Wo zum Teufel ist meine Frau?" Seine Frau? Dieses letzte Wort brachte Elene aus der Fassung und sie presste die Zähne zusammen.
"Sie ist nicht deine Frau. Sie ist es nicht! Ich bin diejenige, die jede Nacht mit dir schläft. Ich bin diejenige, die deine Bedürfnisse stillt, dafür sorgt, dass du rechtzeitig isst und ein besseres Leben führst. Harold, wie kannst du mir alles vorwerfen, wenn ich alles nur für dich getan habe?" Zwei dicke Tränen fielen aus ihren Augen und ließen Harold seufzen.
Würde ihn mal jemand daran erinnern, warum er seine Zeit mit dieser Frau verschwendete, wenn sie doch nur weinen konnte?Er atmete tief durch, um sich zurückzuhalten, das Mädchen nicht zu erwürgen. "Es ist bereits Morgen, und Evangeline ist verschwunden. Wenn das Dienstmädchen einen anderen Ermittlungsbeamten mitgebracht hat, könntest du ins Gefängnis kommen, Elene. Wirst du mir jetzt endlich sagen, wo sie ist?"
"Ich schwöre es, Harold. Ich habe sie aus dem Fenster fallen sehen. Diese stolze Frau hatte beschlossen, ihr Leben zu beenden, aber als ich im Garten nachsehen wollte, war sie nicht da. Sie muss weggelaufen sein. Es muss von Anfang an ihr Plan gewesen sein, um Himmels willen." Harold blickte gen Himmel und suchte dort nach Geduld.
"Du meinst also, sie ist aus dem zweiten Stock gesprungen, und es ist kein einziger Tropfen Blut zu finden. Und nach ihrem Sturz ist sie aufgestanden und einfach davongelaufen, um dich in deinen eigenen Plan zu verstricken?" Wenn Elene nicht selbst erkannt hätte, wie töricht ihre Worte klangen, hätte sie es an seinem Gesichtsausdruck ablesen können.
Er sah aus, als hätte er es mit einem Idioten zu tun.
"Harold, ich ..."
"Das genügt." Sie zuckte zusammen und schloss die Augen, als er seufzte und das Zimmer verließ. "Sorgt dafür, dass die Dame den Palast nicht verlässt. Weist jeden ab, der sie aufsuchen will. Selbst ihre Mutter darf sie nicht sehen." Elenes Augen weiteten sich bei diesem ungewöhnlichen Befehl an die Dienstmädchen, aber als sie zur Tür ging, stellte sie fest, dass sie verschlossen war.
"Harold! Was soll das heißen? Du kannst mich nicht in meinem eigenen Haus einsperren. Harold...", doch ihre Rufe blieben ungehört.
Harold war angespannt und beunruhigt. Seine Augen waren so finster, dass es keinem der Mägde oder Ritter wagte, ihn zu hinterfragen, als er sie aufforderte, die zweite Dame des Hauses einzusperren. Aber sie waren verwirrt über sein Vorgehen.
Sie waren sich sicher, der Herr verabscheute seine Frau. Es war die zweite Dame, die er verehrte. Das war der einzige Grund, dass sie begonnen hatten, die erste Dame, die Hausherrin, zu ignorieren und Elene den Vorzug zu geben. Könnte es sein, dass die Dame in Ungnade gefallen war?
Auch über ihre eigene Zukunft waren sie sich nicht sicher, da sie bereits die erste Dame verärgert hatten. Aber was war letzte Nacht genau passiert...? Seine Ritter folgten ihm stillschweigend. Sie waren überrascht, ihn wieder im Garten zu sehen. Er hatte diesen bestimmten Bereich des Gartens seit dem Morgen bereits dreimal aufgesucht.
Harold schenkte ihnen keine Beachtung. Er blickte wieder zum Fenster hoch. Wenn Evangeline gefallen wäre, wäre dies der Bereich, der von ihrem Blut getränkt sein müsste. Der bloße Gedanke an ihren Tod entfachte in Harold ein Feuer. Er wollte den ganzen Palast mit Elene darin in Brand stecken, sollte Evangeline etwas zugestoßen sein. Er atmete tief aus und schloss die Augen, jetzt war nicht die Zeit, an diese Hexe zu denken, sondern Evangeline zu finden.
Er hockte sich hinunter und untersuchte den Boden erneut. Dort waren verblichene Fußspuren, die jedoch nicht von einer Frau stammen konnten. Sein Blick wurde noch ernster.
"Wer hatte letzte Nacht Wache?" Die Ritter sahen sich unsicher an, unschlüssig, wie sie reagieren sollten.
"Gabe!", seine Stimme erhob sich, als der Mann einen Schritt nach vorn tat.
"Niemand, mein Herr. Wie die Mägde hatten auch die Ritter einen freien Tag. Abgesehen von den Wachen am Haupttor war letzte Nacht kein Personal verfügbar."