Thalor fühlte jeden Stein und jedes Schlagloch auf dem staubigen Weg unter sich, als der Käfig, in den man ihn gesperrt hatte, rumpelnd über den Boden gezogen wurde. Seine Flügel waren fest verschnürt, seine Krallen in schwere Eisenfesseln gelegt, die sich kalt und schmerzhaft in seine Schuppen gruben. Der eiserne Käfig, eng und bedrückend, ließ ihm kaum Raum, sich zu bewegen. Jeder Atemzug schien von dem eisernen Gestell erstickt zu werden, während die Jäger auf ihren Pferden lachten und sich über seine Gefangenschaft lustig machten.
„Na, großer Drache? Immer noch so stolz?" rief einer der Jäger höhnisch, ein dürrer Mann mit einem groben Lachen. Er warf einen Apfel gegen die Käfigstangen, der klatschend gegen Thalors Seite prallte, bevor er zu Boden fiel.
„Die Leute in Falstad werden Augen machen, wenn sie dich sehen!" rief ein anderer Jäger, der an der Spitze des Zuges ritt. Die Stadt Falstad lag nicht mehr weit entfernt, und die Jäger hatten vor, den großen Drachen als Trophäe zur Schau zu stellen – ein Symbol ihrer Macht über die einst freien Kreaturen der Lüfte.
Thalor versuchte, seinen Zorn zu zügeln, doch die Erniedrigung nagte an ihm. Seine Magie war blockiert – die Fesseln, die um seine Glieder gelegt wurden, waren mit Runen versehen, die ihm den Zugang zu seinen Kräften verwehrten. Er war hilflos in diesem Moment, doch tief in ihm glühte der Hass. Nicht nur auf die Jäger, die ihn gefangen hatten, sondern auf das Gefühl der Machtlosigkeit, das er nicht kannte und verabscheute.
Als sie schließlich die Tore von Falstad erreichten, sammelten sich die Bewohner der Stadt. Kinder liefen neben dem Zug her, zeigten mit ihren Fingern auf den Drachen und tuschelten aufgeregt. Die Erwachsenen hielten inne, ihre Gesichter mischten Furcht und Faszination. Viele hatten nie einen Drachen aus der Nähe gesehen, geschweige denn einen, der so majestätisch und mächtig war wie Thalor.
Doch jetzt, in diesem Käfig, war von seiner Majestät nicht viel zu sehen. Er war eine Gefangene Kreatur, zur Schau gestellt wie ein Tier.
Die Jäger führten ihn auf den zentralen Marktplatz der Stadt, wo eine erhöhte Plattform aufgestellt war. Sie brachten den Käfig dorthin und stellten ihn so auf, dass jeder Einwohner von Falstad den Drachen genau sehen konnte. Ein rauschender Jubel ging durch die Menge, als die Jäger stolz verkündeten, sie hätten den mächtigen Thalor gefangen – den berühmten Zirkusdrachen, der sich lange Zeit gegen die Jäger gestellt hatte.
„Seht her, Leute von Falstad!" rief der Anführer der Jäger, ein grobschlächtiger Mann namens Roran, der mit einem selbstzufriedenen Grinsen auf die Menge herabsah. „Dies ist das Schicksal eines jeden Drachen, der es wagt, sich gegen die Menschen zu erheben!"
Er trat an den Käfig heran und stieß mit seinem Stiefel gegen die Eisenstangen. „Dieser hier dachte, er sei unbesiegbar. Aber seht ihn euch jetzt an! Gefesselt und hilflos wie das Tier, das er ist."
Die Menge lachte und jubelte. Einige warfen Steine und Dreck auf Thalor, andere riefen Beleidigungen. Die Jäger taten nichts, um es zu stoppen – im Gegenteil, sie ermutigten die Demütigung. Für sie war es ein Sieg über die Drachen und ihre Magie, eine Machtdemonstration.
Thalor kämpfte innerlich, versuchte, die Schmach zu ertragen. Sein Herz pochte vor Zorn, doch er wusste, dass dies nicht der Moment für einen Ausbruch war. Seine Mutter hatte ihn gelehrt, Geduld zu haben, und obwohl es ihm schwerfiel, hielt er still, wartete, beobachtete. Er wusste, dass Elara und seine Mutter ihn suchen würden. Doch wie lange konnte er noch durchhalten?
Roran trat wieder an den Käfig heran, diesmal mit einem Speer in der Hand. Er hielt die scharfe Spitze nah an Thalors Schnauze und lächelte kalt.
„Weißt du, was wir mit Drachen wie dir machen?" flüsterte er, so dass nur Thalor es hören konnte. „Wir brechen ihren Willen. Stück für Stück. Du wirst ein Beispiel sein, Thalor. Ein Beispiel für alle Drachen, die es wagen, sich gegen uns zu erheben."
Er zog den Speer zurück und wandte sich wieder an die Menge. „Aber wir werden ihn nicht einfach töten. Nein, das wäre zu gnädig. Dieser Drache wird gedemütigt. Wir werden ihn so lange hier ausstellen, bis er seinen Stolz verliert. Bis er nichts mehr ist als eine gebrochene Kreatur, die uns dient."
Die Menge jubelte erneut, doch Thalor schloss seine Augen. Er dachte an Elara, an seine Familie im Zirkus, an die Freiheit, die ihm genommen wurde. Aber er wusste eines: Sein Geist war nicht so leicht zu brechen. Nicht durch Worte, nicht durch Schmerz, und schon gar nicht durch die Hände dieser erbärmlichen Jäger.
Tief in ihm spürte er, dass die Rettung nahe war. Doch bis dahin musste er stark bleiben – für sich, für seine Familie, und für alle Drachen, die noch in Freiheit lebten.