Wir marschieren hintereinander im Gänsemarsch durch den dichten Wald. Gut, dass der höhe Schnee in den letzten Tagen weniger geworden ist, an einigen Stellen ist er sogar schon ganz verschwunden. Die Äste der Bäume sind eng miteinander verwoben. Eldor, der vorausgeht, schlägt den Weg mit seinem Schwert so gut es geht frei. Lange wird er diese zusätzliche Anstrengung nicht aushalten. Der Boden unter uns ist tückisch – glitschig, rutschig und uneben. Jeder Schritt ist eine Anstrengung, und es fühlt sich an, als würden wir kaum vorankommen.
Ich habe meine Orientierung schon nach den ersten hundert Metern verloren. Wäre ich alleine, hätte ich ein großes Problem. Eldor scheint einen Plan zu haben, oder täuscht es zumindest glaubwürdig vor. Kay sieht sich immer wieder genau um, um zu sehen, ob wir immer noch richtig sind. Als wir nach einiger Zeit an einen kleinen Bachlauf kommen scheint er damit zufrieden zu sein. Wir folgen diesem Bach flussaufwärts. Wir haben nur 24 Stunden, um die Mine zu erreichen. Das ist die Zeit, die uns bleibt, um die Prüfung zu bestehen. Schaffen wir es nicht rechtzeitig, war alles umsonst. Was dann genau passieren würde, möchte ich mir jetzt gar nicht vorstellen.
Doch die Zeit läuft gegen uns.
Der Winterwald hat seine eigenen Regeln. Ich komme nicht aus diesem Land hier, aber wenn der Wald nur annähernd so tückisch ist wie der Urwald in Bonaris, müssen wir die Augen offen halten. Laut Finly, der einfach nicht aufhören will zu reden, gibt er wilde Wolfsrudel, die sich lautlos durch den Schnee bewegen und Jagd auf alles machen. Dann sind da noch die Schneebären – gigantische, aggressive Kreaturen, die in den kältesten Ecken des Waldes lauern. Und die Schattenkatzen… Niemand hat je wirklich eine gesehen und überlebt, um davon zu berichten, aber man sagt, sie seien schnell lauern in den Schatten und ehe man sich versieht, beißen sie sich an deiner Kehle fest.
Ein Schauder überläuft mich, als wir tiefer in den Wald vordringen. Die Stille hier ist bedrückend, fast unwirklich. Kein Vogel, kein Rascheln – nur das Knirschen des Schnees unter unseren Füßen und das leise Keuchen unseres Atems in der kalten Luft. Mittlerweile sind wir schon Stunden unterwegs, und die Sonne beginnt, sich langsam hinter den Bäumen zu neigen. Ihr Licht, das uns bisher Orientierung gegeben hat, verblasst allmählich in ein tiefes Orange. Bald wird es dunkel sein.
„Wann schlagen wir heute Nacht unser Lager auf?" fragt Finly mit zitternder Stimme und reibt sich die Hände, als er nervös um sich blickt. Ich weiß, dass er sich von seinen grussel Geschichten vorher über die Tiere selbst angst bekommen hat.
Eldor schüttelt den Kopf, seine Augen fest auf den Bachlauf gerichtet.
„Wir werden die Nacht durchgehen", sagt er mit seiner befehlenden, tiefen Stimme. „Wenn wir jetzt aufhören, verlieren wir wertvolle Zeit. Und hier, im Herzen des Waldes, wären wir bei Nacht noch verwundbarer." Er wirft uns einen ernsten Blick zu. „Wir haben nur 24 Stunden, und wir dürfen keinen Moment verschwenden. Außerdem ist es in der Nacht hier viel zu kalt, um hier zu schlafen."
Einige von uns seufzen leise, aber keiner wagt es, Eldor zu widersprechen. Wir wissen, dass er recht hat. Doch die Erschöpfung schleicht sich langsam in unsere Knochen, und die Vorstellung, die Nacht durch den dunklen, gefährlichen Wald zu marschieren, jagt mir Angst ein.
Eine kurze Pause erlaubt uns, hastig etwas von unserem mitgebrachten Proviant zu essen – trockenes Brot und zähes Trockenfleisch, das schwer im Magen liegt. Dann setzt sich unsere Gruppe wieder in Bewegung, der Marsch setzt sich fort, die Schritte schwerer, die Gespräche seltener.
Ich ziehe meine Jacke fester um mich, als die Kälte der Nacht durch die Bäume schleicht. Kay geht schweigend voran, während Eldor ihm dicht auf den Fersen folgt. Ingrid und Ron gehen hinter Eldor her und unterhalten sich ab und an. Finly trottet dicht hinter ihnen und ich hinter ihm, während Ryan hinter mir geht – ich spüre seine Nervosität bei jedem Schritt. Die Bäume hier sind höher. Weniger Zweige versperren uns den Weg im Vergleich zu Beginn der Wanderung.
Mit jedem Schritt wird der Wald dunkler, und die Schatten der Bäume scheinen sich um uns zu schließen. Bald wird das Licht der Sonne ganz verschwunden sein, und wir werden in der undurchdringlichen Dunkelheit gefangen sein. Mein Herz schlägt schneller bei dem Gedanken an die Kreaturen, die im Dunkeln lauern könnten.
Ich spüre das Zittern in meinen Knochen. Es ist nicht nur die Angst, sondern die Kälte, die immer stärker wird. Meine Hände sind wie Eis, und selbst das Atmen schmerzt in der frostigen Luft.
„Dir ist kalt", bemerkt Ryan leise hinter mir. Ich höre das Rascheln seiner Jacke, als er sie bereits aufknöpft. „Du kannst meine Jacke haben, wenn du willst."
„Oh nein", antworte ich hastig und winke ab. „Du brauchst sie selbst. Ich komme schon klar."
Das Letzte, was ich will, ist jemandem hier zur Last zu fallen. Besonders nicht Ryan, der selbst erschöpft und angespannt ist.
„Ist der kleinen Prinzessin etwa kalt?" Ingrid dreht sich zu uns um und säuselt spöttisch. „Wie schrecklich."
Bevor ich etwas sagen kann, schnauzt Ryan sie an.
„Wer hat dich gefragt, Ingrid?" Seine Stimme klingt scharf und gereizt, aber Eldor und Kay sind bereits so weit voraus, dass sie nur noch ab und zu zwischen den Bäumen sehen kann.
Ingrid lässt sich davon nicht beirren, ihr Lächeln wird nur breiter. „Ich wusste, dass sie eine Last für uns sein wird. Vielleicht sollten wir sie hier lassen. Die Tiere würden sich sicher freuen."
Mein Herz zieht sich zusammen, aber ich zwinge mich, ruhig zu bleiben.
„Wie wär's, wenn wir dich hier lassen?" gebe ich einfallslos zurück. Bleib ruhig. Bleib ruhig. Nicht provozieren lassen, das ist es, was sie will. Bleib ruhig. Bleib ruhig.
Ingrid lacht – ein hohles, überhebliches Lachen, das in der kalten Luft widerhallt.
„Im Gegensatz zu dir hasst mich kein ganzes Land. Meine Familie und Freunde würden mich vermissen. Stimmt doch, Ron?" Sie wirft ihm einen Blick zu, aber Ron sieht nur betreten zur Seite, als wolle er sich aus dem Streit heraushalten. Er zuckt mit den Schultern, vermeidet ihren Blick.
Ingrids Worte treffen mich härter, als ich es erwartet habe. Meine Hände ballen sich zu Fäusten, und ich spüre, wie die Wut in mir aufsteigt. Doch bevor ich etwas sagen kann, mischt sich Finly leise ein. „Vielleicht ist das hier nicht der richtige Ort für einen Streit", sagt er und sieht sich nervös um, als erwarte er, dass jede Sekunde etwas aus dem Schatten hervorspringt.
Aber Ingrid ignoriert ihn, dreht sich um und geht rückwärts weiter, ihr Blick herausfordernd auf mich gerichtet. „Oh, war das gemein von mir?" Sie legt eine Hand theatralisch auf ihre Brust. „Fast deine ganze Familie ist ja tot. Nur deine kleine Schwester Ida ist noch da." Ihre Augen glitzern vor boshafter Freude. „Ich frage mich, ob Ida nach der Hochzeitsnacht mit Aegir noch dieselbe sein wird. Er hat besondere Vorlieben, weißt du…"
Das reicht. Ein Schrei des Zorns bricht aus mir heraus, und bevor ich es überhaupt realisiere, springe ich auf Ingrid zu. Meine Faust trifft ihr Gesicht mit voller Wucht, und die Kraft des Schlages wirft sie nach hinten. Ich lande auf ihr, meine Hände zittern, als ich aushole, um erneut zu zuschlagen. Sie kann mich beleidigen wie sie will. Aber mein Schwerster braucht sie nicht in den Dreck zu ziehen. Sie kann doch nicht dafür.
Meine Faust trifft Ingrid ein zweites Mal, härter als zuvor. Ihr Kopf schnellt zur Seite, und bevor ich erneut zuschlagen kann, packt Ryan mich fest und zieht mich von ihr weg. Ich versuche mich kurz aus einem Griff zu befreien.
„Valeria, hör auf!", drängt er, seine Stimme angespannt. Ich schnaufe schwer, der Zorn in mir kocht noch, doch Ryans Griff hält mich zurück. Ingrid liegt am Boden, hält sich das Gesicht, und ein einzelner Blutstropfen tropft aus ihrer Nase. Ihre Augen funkeln wie Eis, doch sie schweigt.
In diesem Moment stürmt Eldor aus der Dunkelheit auf uns zu, sein Gesicht verzerrt vor Wut. „Was soll das? Seid ihr verrückt geworden?", zischt er und sieht uns abwechselnd mit harten Augen an.
„Wisst ihr eigentlich, wie gefährlich es hier ist?" Sein Blick ist schneidend, als er den Kopf schüttelt, fassungslos über unsere Dummheit.
Niemand antwortet. Beschämt schaue ich auf meine Stiefel. Eigentlich verabscheue ich Gewalt. Aber Ingrid scheint eine Gabe zu haben, bei mir immer den richtigen Nerv zu treffen. Vielleicht lag es aber auch daran, dass wir mittlerweile schon seit Stunden unterwegs sind und ich müde und hungrig bin.
„Ron, Kay, Ingrid – ihr geht voraus", bellt Eldor scharf. „Und kein Wort mehr, Ingrid." Für einen Moment sieht sie tatsächlich so aus, als ob sie es bereuen würde, aber dann springt sie mit hoch erhobenem Kopf auf die Beine und schenkt mir nicht mal einen Blick, bevor sie mit den anderen vorausgeht.
Eldor wartet, bis die drei einige Schritte voraus sind und dem Bachlauf folgen, dann dreht er sich zu mir um, die Wut auf seinem Gesicht ist verschwunden, und stattdessen schleicht sich ein belustigter Ausdruck auf seine Züge. „Du bist gewalttätiger, als ich gedacht hätte", sagt er trocken, eine Augenbraue hochgezogen.
"Ich bleibe bis auf weiteres bei Valeria. Ihr könnt den anderen schon mal folgen.", sagt er an Ryan und Finly gewand. Ryan stand immer noch hinter mir und hatte einen Arm um mich gelegt, um mich festzuhalten. Langsam lässt er seine Arme sinken. Er lächelt mich aufmunternd an und geht dann wie die andern mit Finly voraus.
"Sie hat mich provoziert.", verteidige ich mich hastig, als ich jetzt alleine mit Eldor hier stehe.
"Oh, das glaube ich dir aufs Wort. Wenn sie eins kann, dann das." Ein kleines Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus. Warum ist er nicht wütend auf mich? Ich bin kurz davor, ihn das zu fragen, aber wir setzen uns stattdessen schweigend in Bewegung.
Vereinzelt funkeln die Sterne zwischen den Bäumen hindurch, die Nacht hüllt uns in eine undurchdringliche Dunkelheit. Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft ich schon über Wurzeln gestolpert bin. Während wir weitergehen, wandern meine Gedanken zu Eldor, und aus dem Augenwinkel mustere ich sein Gesicht. Seine Nase bildet einen sanften Bogen, und seine Lippen… Na ja, sagen wir, die sehen besser aus, als sie sollten. Besonders für jemanden, der so ein grausamer Mörder sein kann wie er. Seine dunklen Wimpern umrahmen diese scharfen, blauen Augen, die immer so wachsam sind.
„Wieso siehst du mich so an?", fragt er plötzlich, und einer seiner Mundwinkel hebt sich amüsiert. Verdammt. Er hat mich beim Starren erwischt.
„Ich… hab mich nur gefragt…" starte ich und suche verzweifelt nach einer halbwegs intelligenten Antwort.
„Ja? Was hast du dich gefragt?"
Seine Stimme klingt jetzt fast neckend, und seine blauen Augen funkeln mich herausfordernd an.
„… Was wohl dein Plan ist. Und was du eigentlich willst."
Meine Antwort überrascht mich selbst ein wenig. Aber was soll's, jetzt ist es raus.
Eldor lacht kurz auf, ein tiefes, angenehmes Geräusch, das in mir eine unerklärliche Wärme auslöst.
„Warum so neugierig, kleine Prinzessin? Denkst du wirklich, ich hätte einen Plan? Ich bin doch nur eine Marionette in der Hand des Königs. Da bleibt keine Zeit für eigene Pläne."
„Das glaube ich dir nicht. Sonst hättest du den Deal zwischen uns nicht vorgeschlagen."
Ich sehe ihn scharf an, sicher, dass ich ins Schwarze getroffen habe.
Er hält inne, sein Blick kurz überrascht, doch anstatt darauf einzugehen, wechselt er geschickt das Thema – was für mich die Bestätigung ist, dass ich recht habe. Er hat einen Plan.
„Warum bist du mir in den letzten Tagen aus dem Weg gegangen?", fragt er, während er einen Ast abbricht, der uns den Weg versperrt.
Warum zur Hölle bin ich so ehrlich mit ihm? Vielleicht, weil ich zu müde bin, um klar zu denken.
„Weil ich Angst hatte."
„Angst wovor?" Seine Augen ruhen auf mir, und ich spüre, wie sich mein Herzschlag beschleunigt.
„Vor dir. Vor den zwei Gefallen, die ich dir noch schulde… und vor dem, was du damit anstellen…"
Doch bevor ich weiterreden kann, hebt Eldor abrupt die Hand.
„Pssst."
Er bleibt stehen, die Augen weit aufgerissen, als lausche er auf etwas. Noch bevor ich fragen kann, was los ist, höre ich es auch. Ein leises Knacken, als würde ein Ast brechen. Das Geräusch kommt von hinten. Die Stille danach ist so tief, dass ich meinen eigenen Herzschlag höre.
„Was war das?", flüstere ich, meine Stimme ist kaum mehr als ein Hauch.
Ein Schatten huscht hinter einem Baum hervor, kaum erkennbar in der Dunkelheit. Mein Atem stockt, und ich fühle, wie meine Kehle trocken wird.
Eldor zieht sein Schwert mit einem leisen Zischen.
„Hol deinen Bogen raus", zischt er und starrt angespannt in die Dunkelheit vor uns. Hinter uns plätschert der Bach leise, als wäre nichts geschehen.
Hektisch schnappe ich meinen Bogen und lege einen Pfeil auf die Sehne. Eldor pfeift leise – ein Signal für die anderen.
Plötzlich durchbricht ein tiefes, langgezogenes Heulen die Nacht, so nah, dass mir die Nackenhaare zu Berge stehen. Noch ein Heulen, dann ein weiteres – es kommt aus verschiedenen Richtungen. Mein Atem geht schneller, und ich sehe Eldor an. Er hat es auch erkannt: Wir sind umzingelt.
„Wölfe", flüstert er scharf, seine Augen schmal. „Bleib dicht bei mir. Und Wege dich nicht."
Mein Griff um den Bogen verkrampft sich. Die Schatten zwischen den Bäumen scheinen sich zu bewegen, und da – ein Paar glühender Augen blitzt im Dunkeln auf. Ein riesiger Wolf tritt aus dem Unterholz, gefolgt von drei weiteren. Ihr dichtes, graues Fell verschmilzt fast mit der Dunkelheit, nur ihre Zähne, die im schwachen Sternenlicht blitzen, verraten ihre Präsenz.
„Eldor...", beginne ich, doch mein Flüstern erstickt in meiner Kehle, als der erste Wolf vorwärts schleicht. Sein tiefes Knurren lässt den Boden unter meinen Füßen vibrieren.
„Bleib ruhig", zischt Eldor. „Ziel auf den Leithund." Er hebt sein Schwert, bereit zuzuschlagen.
Ich zwinge meine zitternden Hände zur Ruhe und spanne den Bogen. Mein Pfeil ist auf den größten der Wölfe gerichtet, den Leithund. Sein Fell ist dunkler als das der anderen, fast schwarz, und seine Augen glühen wie Kohlen. Er knurrt leise, dann beugt er sich leicht vor, bereit zum Sprung.
Plötzlich schnellen die Wölfe gleichzeitig vorwärts. Mein Körper reagiert instinktiv. Der Pfeil schnellt von der Sehne und trifft den Leithund in die Flanke. Ein heiseres Jaulen schallt durch die Luft, doch er hält nicht inne. Trotz der Verletzung rennt er weiter auf uns zu.
„Zurück!", ruft Eldor und schwingt sein Schwert in einem weiten Bogen, gerade noch rechtzeitig, um den zweiten Wolf abzuwehren, der sich von der Seite auf uns stürzen will. Die Klinge trifft auf Knochen, und der Wolf kippt zur Seite, doch die anderen kommen unaufhaltsam näher. Eldor wirbelt herum, sein Schwert trifft den nächsten Angreifer, doch die Wölfe sind zahlreich und wild.
„Valeria, Pfeil!" schreit Eldor, während er einem weiteren Wolf ausweicht, der nach seinem Bein schnappt. Ich greife hektisch nach einem weiteren Pfeil, doch meine Finger zittern zu sehr. Es ist alles so wie früher auf der Jagd. Tief durchatmen, zielen und schießen. Der Pfeil schnellt auf das Tier zu und landet direkt im Auge. Sofort sinkt der Körper leblos zu Boden.
Erneut greife ich nach einem Pfeil, versuche mich zu konzentrieren, als plötzlich ein riesiger, grauer Wolf auf mich zuspringt. Sein Maul ist weit geöffnet, die Zähne blitzen im fahlen Licht. Aus dem Nichts taucht Ryan auf und verpasst dem Wolf mit seinem Schwert einen Stich in die Brust. Laut heult das Biest auf und verschwindet langsam wieder in der Dunkelheit. Es bleibt keine Zeit, Ryan für seine Hilfe zu danken. Ich kann immer noch nicht genau sagen, wie viele von ihnen noch übrig sind. Mindestens sieben, vielleicht mehr. Drei der Wölfe liegen bereits tot auf dem Boden, aber der Rest ist noch da, ihre Augen glühend und hungrig.
Doch endlich ist auch der Rest unserer Truppe wieder bei uns und verstärkt die Verteidigung. Kay holt mit seiner gewaltigen Axt aus, ein kraftvoller Schlag, der einen der Wölfe fast in zwei Teile spaltet. Blut spritzt über die kalten Steine. Ingrid, die ihre beiden sichelförmigen Messer zieht, konzentriert sich auf den Wolf vor sich. Das Tier lauert, bereit zum Sprung, aber sie weicht jedem Angriff geschickt aus.
Auch der Rest unserer Truppe ist jetzt wieder bei uns und stärkt uns den Rücken. Kay schlägt einen der Wölfe fast in zwei Teile mit seiner großen Axt. Ingrid hat ihre beiden sichelförmigen Messer gezogen und konzentriert sich auf den Wolf vor sich, der jeden Moment auf sie springt. Plötzlich, ohne dass sie es bemerkt, schleicht sich ein zweiter Wolf von hinten an. Sein Körper duckt sich, die Muskeln spannen sich an – er ist bereit für den tödlichen Angriff. Doch bevor er auch nur einen Schritt weiterkommt, lasse ich meinen Pfeil fliegen. Er trifft den Wolf am Hals. Das Tier fällt mit einem dumpfen Aufprall zu Boden, röchelt und bleibt reglos liegen.
Langsam lässt der Druck nach, die Angriffe der Wölfe werden seltener. Ein letzter, verzweifelter Angriff endet mit einem tödlichen Hieb von Kays Axt, und das restliche Rudel scheint sich widerwillig zurückzuziehen, die Augen noch auf uns gerichtet, aber die Mäuler geschlossen. Fünf der Bestien liegen tot vor uns, weitere wurden verletzt und haben sich in die Dunkelheit verzogen. Das Knurren in der Ferne verstummt allmählich.
„Sie ziehen sich zurück", meint Ron mit hörbarer Erleichterung und lässt die Spannung in seinen Schultern nach.
„Ist jemand verletzt?", fragt Eldor, sein Blick huscht kurz über uns, doch sein Gesicht bleibt angespannt. Seine Augen wandern weiter in die Finsternis, als er nach potenziellen weiteren Gefahren sucht.
„Das wird ihnen eine Lehre sein! Die sehen wir nicht mehr so schnell wieder", jubelt Finly enthusiastisch, schwenkt seine Waffe in triumphaler Geste.
Kay jedoch brummt nur skeptisch und wirft einen düsteren Blick in die Dunkelheit. „Die Rudel hier greifen oft mehrmals an. Sie bleiben in der Nähe... und warten."
„Warten? Auf was?", rutscht mir heraus, und ich verfluche die Frage im selben Moment. Sie klingt naiv.
Kay schaut mich ernst an, seine Augen glimmen finster im schwachen Licht. „Darauf, dass sich jemand von der Gruppe entfernt. Auf leichte Beute."
Seine Worte senden einen kalten Schauer über meinen Rücken. Die Vorstellung, dass die Wölfe uns weiter im Auge behalten, auf unsere Schwäche lauern, lässt meine Finger wieder nervös an der Bogensehne zucken.
Eldor tritt vor und nickt entschlossen.
„Dann werden wir ihnen diese Gelegenheit nicht geben." Sein Tonfall duldet keinen Widerspruch. „Wir müssen weiter, zur Mine."
Mit schweren Schritten sammeln wir uns, alle noch etwas benommen von dem Kampf. Der Weg zur Mine wartet, und obwohl die Wölfe sich zurückgezogen haben, weiß ich, dass die Nacht noch lange nicht vorbei ist.