Everett betrachtete aufmerksam die Auswahl an Ringen vor ihm, seine Augenbrauen waren konzentriert zusammengezogen. Es gab alle Arten von prächtigen Edelsteinen, die an Linas entzückenden Fingern reizend aussehen würden. Obwohl er ihre Größe nicht kannte, ist ja bekanntlich alles anpassbar.
Everett spürte förmlich die Blicke der Menge auf sich. Einige Leute hatten sich vor dem schwer bewachten Laden versammelt und flüsterten aufgeregt miteinander. Blitzlichter flackerten hinter ihm auf und er wusste, dass die Paparazzi Fotos machten.
"Darf ich Ihnen helfen, Mr. Leclare? Beschreiben Sie mir die Persönlichkeit Ihrer Freundin, dann kann ich passendere Modelle auswählen", sagte die Verkäuferin freundlich mit einem geduldigen Lächeln. Ihre Hände hielt sie zusammengepresst vor sich, um zu verbergen, wie sehr sie vor Aufregung zitterte.
Nur an die Provision denken!
Everett Leclare war einer der attraktivsten Erben des Landes, sein Ansehen verschaffte ihm ehrfürchtige Blicke, selbst in so jungen Jahren. Bei seiner unbeschwerten Art und seinem freundlichen Lächeln war es kein Wunder, dass er die Aufmerksamkeit der Frauen auf sich zog.
"Nun..." Everett stockte.
Als die Verkäuferin Lina als seine Freundin bezeichnete, wurde ihm klar, dass er dieses Gerücht angesichts der Bilder in den Nachrichten nicht einfach dementieren konnte. Das würde Lina in ein schlechtes Licht rücken.
"Manchmal ist sie ein wenig zurückhaltend, dabei aber bestimmt", sagte Everett.
Beim Gedanken an ihr lässiges Auftreten und ihre kühle Distanz schmunzelte er. Everett war es gewöhnt, umschwärmt zu werden. Doch sie war die Erste, die das nicht tat, und er verlor sich hoffnungslos in ihr.
"Sie scheint eine außergewöhnliche Freundin zu sein", kicherte die Angestellte leise. "In diesem Fall habe ich den perfekten Stil für sie. Bitte entschuldigen Sie mich einen Moment."
Die Verkäuferin schlüpfte hinter den Tresen und gab ihrer Kollegin ein Zeichen, die verborgenen Ringe aus dem Tresor zu holen. Darin befanden sich die teuersten und exklusivsten Ringe, die man finden konnte.
Jetzt, wo Everett allein war, begannen die Paparazzi, Fragen zu rufen.
"Herr Leclare, bitte hierher schauen!"
Everett drehte sich so, dass die Paparazzi ihn gut einfangen konnten.
"Ist dieser Ring für Lina Yang, Mr. Leclare?"
Everett schmunzelte bei der Frage und zwinkerte in die Kamera, was die Menge mit Begeisterung aufkreischen lies und die Kameras noch heftiger klicken ließ.
"Wie lange sind Sie bereits mit der jungen Dame aus dem Yang-Clan zusammen, Mr. Leclare?"
"Herr Leclare, ist das ein Verlobungsring?"
Eine Flut von Fragen füllte das kleine Geschäft und befeuerte die Stimmung der Menschenmenge. Die Damen tauschten sich tuschelnd über das neueste Gossip aus, ihre Augen leuchteten vor Aufregung.
"Mein Gott, sehen Sie nur, wie gutaussehend Everett ist…"
"Ja, kaum zu glauben, dass so ein toller Mann von einer x-beliebigen Gesellschaftsdame gefangen wird."
"Was für eine Verschwendung, aber solange Everett glücklich ist..."
Die Gespräche entfachten sich, und bald schon herrschte ein aufgeregtes Gemurmel in der Luft.
Everett tat so, als ob er nichts davon hörte, und überprüfte sein Handy. Seine gute Laune ließ nach, als er bemerkte, dass er immer noch nicht die Telefonnummer von Lina Yang hatte. Er ließ seine Leute nach ihren Kontaktdaten suchen, doch sie zu finden, war praktisch unmöglich. Alles um Lina Yang herum war ein Rätsel, gut verborgen und geschützt.
Everett verstand nicht, wieso sie so eine private Person war. Sie besaß keine Macht innerhalb des Yang-Clans und interessierte sich nicht für das Yang-Unternehmen.
Lina hätte eigentlich die unbedeutendste Person im Yang-Clan sein sollen, aber die Sicherheitsvorkehrungen um sie herum schienen unüberwindbar.
Was war die Bedeutung dahinter?
"Mein Gott, ist das Kaden?"
Everetts Kopf schnellte hoch bei der Erwähnung dieses verhassten Kerls. Er blickte auf und sah ihn tatsächlich in der Ferne.
"Kaden DeHaven? Wirklich?!" rief jemand.
Ein langer roter Teppich wurde in der luxuriösen Mall ausgebreitet. Die Angestellten eilten herbei, bildeten eine Reihe entlang des Teppichs und verbeugten sich ehrfurchtsvoll vor dem Erben der DeHavens."Willkommen, Mr. Dehaven!"
Fast alle bedeutenden Angestellten waren hier versammelt und verneigten sich tief, obwohl sie außer Atem waren.
"Das ist Kaden DeHaven!"
Sogleich zerstreute sich die Schar der Damen wie eine Taubengruppe auf der Suche nach neuer Nahrung. Auch die engagierten Paparazzi verschwanden.
Egal, wie viel sie für diesen Job bezahlt wurden, ein Foto des DeHaven-Erben war weitaus mehr wert. Ein einziges Bild von Kaden DeHaven konnte für Zehntausende bis zu Hunderttausende verkauft werden.
"Oh mein Gott, beide der begehrtesten Junggesellen des Landes sind hier..."
"Man sagt, er sei praktisch der Junggeselle der Nation, jede High-Society-Lady kämpft um ihn."
"Na ja, kann man es ihnen verübeln? Der DeHaven-Konzern ist inzwischen praktisch ein Monopol. Stellt euch nur den Prestige und die Macht vor, die sie genießen."
Unter den Anwesenden und Paparazzi, die begierig darauf waren, einen echten Erben zu erblicken, entstand ein Tumult. Everett gab der Menge, was sie wollte, Kaden DeHaven tat dies nicht. Doch gerade das machte ihn noch anziehender.
"Ganz zu schweigen davon, dass sie von Geld abstammen, so alt wie die Zeit selbst!"
"Die königliche Ahnenlinie der DeHavens lässt sich durch die gesamte Geschichte Ritans nachverfolgen."
"Ein Clan von kaltblütigen Geschäftsleuten, seit Beginn der Zeit..."
Kadens Miene blieb abweisend und unbeteiligt. Er schritt über den Teppich und musterte jedes Geschäft mit scharfem Blick.
Unerwartete Inspektionen wie diese fanden mindestens einmal im Monat statt. Er achtete auf jedes Detail, von vertrockneten Blättern der Pflanzen bis zur Helligkeit und Gleichmäßigkeit der Beleuchtung.
"Die Vorbereitungen für die Frühjahrsschau?" fragte Kaden Sebastian und nahm das ihm dargereichte Tablet entgegen.
"Alle Seidenblumen sind bestellt. Sie werden rechtzeitig zum Saisonbeginn die Decken schmücken können, Boss", erklärte Sebastian eilig, während er die verschiedenen bestellten Kunstblumen überblickte.
Der Grund für den Luxus und die Beliebtheit dieses Einkaufszentrums lagen in den regelmäßigen Veranstaltungen. Die Dekoration änderte sich ständig, die Atmosphäre passte sich an und bald wurde es zum Trendsetter für Einkaufszentren im ganzen Land.
Die monatlichen Veranstaltungen waren der Grund dafür, dass dieser Ort zu einem solchen Touristenmagnet wurde, mit vielen Menschen, die darauf erpicht waren, Fotos vor den schönen und beeindruckenden Dekorationen zu machen.
"Die Baumaßnahmen werden auch nachts stattfinden, wie von Ihnen angeordnet, um die Kundenerfahrungen nicht zu stören, Boss", führte Sebastian aus.
Kaden nickte, sagte jedoch nichts. Er gab Sebastian das Tablet zurück, der es mit beiden Händen annahm.
"Ersetzen Sie diese Pflanzen", wies Kaden an und warf einen kurzen Blick auf die Exemplare mit abgestorbenen Blättern.
"Sofort, Boss", antwortete Sebastian und tippte den Befehl schnell ins Tablet.
Kaden beobachtete weiterhin die Lobby und den Eingang, den Ort, den die Menschen als Erstes sahen, wenn sie das Einkaufszentrum betraten, das größtenteils im Besitz der DeHaven Corporation war.
Sein Blick fiel auf ein bekanntes Gesicht. Wieder sah sie aufgewühlt aus. Und wieder starrte sie ihn an, als hätte er ihr Kätzchen getreten. Als sich ihre Blicke trafen, sah sie eilig weg. Eine Sekunde später starrte sie ihn erneut an.
Die Mundwinkel von Kaden zuckten amüsiert. Als sie erwischt wurde, weiteten sich ihre Augen und sie wandte sich ihrem Freund zu, so tuend, als wäre sie in ihr Gespräch vertieft. Er ließ ein kleines, belustigtes Lufthauchen hören.
"... und die Pflanzen werden auch unser monatliches Event widerspiegeln, Boss", erklärte Sebastian, hielt dann aber inne. Er merkte, dass Kadens Aufmerksamkeit woanders lag.
"Gut gemacht", sagte Kaden knapp, was den Kopf des Angestellten ruckartig hochfahren ließ.
W-was hatte der Boss gerade gesagt?
Komplimente waren so selten wie ein blauer Mond. Die kurze Erwähnung allein reichte aus, um sie leicht zu Tränen zu bringen. Sie beschlossen, ihren glücklichen Sternen für diesen denkwürdigen Moment zu danken!
"Herr DeHaven, Sie sind eingetroffen", sagte eine Frauenstimme mit fester Stimme, ihre Lippen zu einem schwachen Lächeln verzogen.
Kaden hielt kurz inne.
"Offensichtlich", gab Kaden trocken zurück, genervt von den offensichtlichen Feststellungen. Er warf ihr einen flüchtigen Blick zu und richtete dann seine Aufmerksamkeit wieder auf Lina. Doch nun starrte Lina nicht mehr ihn an. Sie blickte direkt auf die Frau.