Als er den Lärm hörte war er sofort auf den Beinen sein Messer in der Hand und in Kampfposition. Er sah nach draußen und es war helllichter Tag. Er starrte auf seine Hände und murmelte „Wieso jetzt?" Er sah nochmal nach draußen, um sicherzugehen, dass es nicht Nacht war. Als er Schreie aus Maggys Zimmer hörte stürzte er zu ihr. Eine große Frau mit langen schwarzen Haaren, die sie zu einem hohen geflochtenen Pferdeschwanz gebunden hatte, in einem schwarzen Kleid ohrfeigte Maggy so hart, dass sie zu Boden ging und gegen die Bettkannte fiel. Er war sofort bei ihr und drückte die Frau auf den Boden, wo ihm auffiel, dass sie Hochschwanger war. Er drehte sie um und fixierte sie so dass sie nicht auf ihrem Bauch lag.
„Was genau denkst du was du da tust, Schwesterherz?" zischte er. Die Frau vor ihm war Mitte Zwanzig und er nahm an, eine der Zwillinge. Sie starrte ihn verächtlich durch ihre violetten Augen an. „Oh der verlorene Sohn." Sie schnaubte. „Das hat nichts mit dir zutun also halt dich da raus."
Er sah zu Maggy ob sie in Ordnung war, aber sie lächelte nur kalt ihrer Schwester entgegen. Es überraschte ihn, dass sie nicht weinte wie andere Mädchen, sondern nur mit aller Kraft versuchte das Blut in ihrem Mund hinunterzuschlucken. Es traf ihn und er sprang auf, um sie ins Badezimmer zu bringen. Er schloss die Tür, während die Schwester irgendetwas schrie und gegen die Tür trat. Maggy beugte sich über das Waschbecken und spuckte ihr Blut aus, das mit einem Klacken in der Schüssel landete.
„Es verändert sich, wenn es mit Sauerstoff in Berührung kommt." stellte er ungläubig fest. Sie sah ihn stolz an, begeistert dass er es von selbst verstand.
„So ist es." Sie musterte ihn, einen Moment länger als notwendig. Sie spuckte weiter Blut aus, das Wasser in der Waschschüssel war nicht rot, wie man es durch das Blut erwarten würde, sondern klar und durchsichtig, nur dass darin kleine rote Edelsteine schwammen. Er griff hinein und holte ein paar heraus. Sie waren nicht wie die Rubine aus dem dunklen Raum. Sie waren unförmig, manche länglich und scharf, manche sahen aus wie kleine rote Kugeln.
„Sie sehen anders aus."
„Mhm, ich kann die Form verändern." Sie räusperte sich. „Du kannst die Form verändern." Korrigierte sie sich und grinste ihn an. Trotz dem Blut, dass noch zwischen ihren weißen Zähnen war, und sich langsam verhärtete so dass sie wieder spucken musste, um sich nicht noch weitere Verletzungen zuzufügen, sah sie unvergleichbar schön aus. Ihr weißes Nachthemd kannte er noch von ihrem gemeinsamen Ausflug in der Nacht, aber ihre Haare waren zerrauft und welliger er als sonst. Sie sah wie ein Sturm aus, und er konnte sich nicht sattsehen. Sie schauten sich in die Augen und seine lässige Haltung wurde ihm unangenehm unter ihrem Blick, er richtete sich automatisch auf, was ihr nicht entging. Wenn er sich aufrichtete, war er fast so groß wie sie. Als sie die Augen verdrehte wurde ihm erst wieder das Geschrei ihrer Schwester bewusst die noch gegen die Türe hämmerte. Maggy setzte sich auf den Boden gegen die Wand lehnend und verschränkte die Arme, er setzte sich gegen die Badewanne lehnend, so dass seine Beine in ihre Richtung zeigten. Er sah zur Tür und dann fragend zu ihr. Sie machte eine abfällige Handbewegung.
„Irgendwann hört Miriam davon und beruhigt sie."
Sie saßen da und warteten, als er die Stille brach.
„Wir müssen reden, ich habe dein überdimensional großer Freund kennengelernt. Deine Pläne... wir sollten uns absprechen."
Sie sah ihn mit großen Augen an, sie begann ihn erneut zu Mustern, seine Haltung, seine kleinsten Bewegungen, sein Gesicht.
„Ich lege meine Karten auf den Tisch, wenn du dasselbe tust." Sie lächelte ihn unschuldig an.
Er musste lachen. „Nur fair." Doch beide sagten nichts mehr und hörten dem Geschrei zu, das nur dumpf und unverständlich war. Irgendwann nickte er ein und bemerkte im Halbschlaf noch, wie sie sich zu ihm setzte und seinen Kopf auf ihre Schulter legte. Das Gekeife verstummte endlich als Miriam in das Zimmer kam und die Schwester rausexekutierte. Doch beide waren eingeschlafen und bekamen davon nichts mehr mit.