Chapter 18 - Kapitel 18

Gabriel war in einem Satz bei ihr und fing sie auf. Er umschlang sie mit seinen Armen, und hielt sie fest, ihren Kopf an seine Schulter, an sein Herz gepresst. Seine Fußsohlen waren wie ihre von den Edelsteinen zerschnitten, und die Rubine ragten ihm in sein Fleisch. Während die Angestellten fassungslos dastanden, hielt er sie nur fest und weinte.

 

Dr. Dess eilte die Treppe hinauf, den langen Gang entlang. Er war keuchend an der Tür angelangt, normalerweise würde er sich sammeln und seine Atmung beruhigen, doch nicht heute. Er war von Norman nur mit dem Wort „Notfall" her zitiert worden und stürzte zur Tür in das Zimmer des Mädchens.

Messie stand am offenen Fenster und sah aus als hätte sie einen Geist gesehen. Sie starrte auf den Boden, doch ihr Blick schnellte immer wieder zum Bett.

Gabriel saß auf dem Bett im Schneidersitz, Vivian umklammert, die seitlich über seinen Schoß gebreitet war. Er wiegte sie leicht und sein murmeln durchschnitt die eisige Stille, der Arzt konnte trotz des offenen Fensters, die Vögel die zwitscherten auf seinem Weg zu der Villa, nicht mehr hören. Es war so still, alles wirkte eingefroren und die Zeit schien sich langsamer zu bewegen. Er näherte sich Gabriel, um zu verstehen was er von sich gab. Etwas unter seinen Schuhen knackte, und bevor er hinsah, hätte er geglaubt Gabriel hätte einfach einen seiner typischen Wutanfälle gehabt. Erst da bemerkte er, dass er auf etwas rotes gestiegen war, er ging in die Knie und bückte sich um es genauer zu sehen. Splitter? Er nahm welche zwischen seine Finger, um sie genauer zu betrachten. Als er an seinen Fingern vorbei sah, bemerkte er erst das Blut auf dem Boden. Blutige Fußabdrücke zogen sich vom Badezimmer zum Bett. Der Kopf des Arztes schnellte zu Gabriels Fußsohle. Dort sah er seine bereits zugeheilte Haut, doch rote Spitzen ragten durch seine Sohle. Dr. Dess sah zurück ins Badezimmer und da traf es ihn erst. Wie konnte er es übersehen? Das war kein roter Teppich, das waren Edelsteine, Rubine in blutroter Farbe, die sich über den Boden legte. Er stand ruckartig auf und da konnte er sehen wie sich das Licht in ihnen brach. Was war hier passiert? Er war über Vivians „Fähigkeit" informiert worden, doch was war passiert, dass sie so sehr bluten ließ? Er näherte sich Gabriel weiter und setzte sich auf die Bettkannte. Gabriel zog als Reaktion darauf Vivian instinktiv fester an sich. Gabriel starrte weiter in die Leere und schien niemand anderen im Raum wahrzunehmen. 

„Ich töte sie, ich werde sie alle töten. Ich sorge dafür, dass sie wieder auferstehen, dann töte ich sie nochmal. Alles ist gut, sie werden dafür zahlen. Sie werden noch einmal sterben. Es wird diesmal richtig schmerzhaft." Gabriel sah kurz zu Vivian und lächelte sanft, bevor er wieder in die Leere starrte und weiter murmelte. Dr. Dess konnte den Wahnsinn in seinen Augen sehen. Das war gar nicht gut.

Er sah keine Chance, dass Gabriel Vivian freigab, also stand er auf und ging um das Bett herum um einen besseren Blick auf das Mädchen zu haben. Da sah er erst ihre langen Wunden von ihrem Knöchel bis zur Mitte ihrer Oberschenkel, zwei an ihrem rechten Bein seitlich, zwei an ihrem linken Bein auf vorne, durchgehend ihr Bein entlang, auch über ihre Knie. Dr. Dess sah sich ihre Beine genauer an. Er griff nach ihrem Bein und hörte Gabriel knurren. Der Arzt ließ sofort los und beugte sich stattdessen nah an ihre Wunden, er fluchte. Die Schnittverletzung war nicht sofort abgebunden worden, die Rubine waren schon geformt in ihren Wunden, klafften heraus wie aus den Furchen eines Berges, er müsste sie herausholen sonst würden sie nicht heilen können. 

„Gabriel du musst sie sofort loslassen, ich muss operieren." Die Dringlichkeit war seiner Stimme deutlich anzuhören.

„Fass sie an und du stirbst." Gabriel war nicht mehr richtig bei Verstand, so wie er lächelte als er das sagte.

„Wenn ich ihre Wunden nicht behandle dann wird sie nicht mehr gehen können."

„Dann trage ich sie eben." Kam die nonchalante Antwort, sie in seinen Armen immer noch wiegend.

„Und das würde sie wollen? Nach allem was sie durchgemacht hat, nicht mehr gehen zu können?"

Gabriel stoppte in seiner Bewegung. Seine Augen fokussierten wieder und er schien aus seiner Trance geweckt zu sein. Er legte Vivian so langsam und sorgfältig wie möglich auf das Bett, weg aus seinen Armen. Gabriel stand vom Bett auf und deutete mit einer Handbewegung zu dem Arzt, er solle Anfangen. Er ließ Vivian nicht aus den Augen, während er seine Arme verschränkte, seine breite Schulter hängend.

Dr. Dess öffnete seine Tasche und holte den Alkohol heraus. Noch bevor er Messie um saubere Tücher bitten konnte, wurden diese ihm ins Gesicht gehalten. Auch Messie starrte unentwegt auf das Mädchen. Dr. Dess tränkte den Stoff und ging damit über ihre Wunden. Nach dem er sie desinfiziert hatte holte er eine große Pinzette heraus und fing an die Rubine aus ihren Wunden zu holen, sofort presste er den Stoff auf die Stellen, um die Blutung zu stillen, womit er eine weitere Festigung des Blutes verhinderte. Langsam Edelstein nach Edelstein, schaffte er es alles herauszuholen, und nähte ihre klaffenden Wunden zu. 

Gabriel stand versteinert am selben Ort, an dem er vorher stand. Als der Arzt endlich fertig war, setzte er sich wieder aufs Bett und nahm Vivien wieder in seine Arme, er streichelte ihr übers Haar und wiegte sie wieder leicht. Er flüsterte ihr etwas zu, dass niemand verstehen konnte. Gabriel bemerkte gar nicht wie Doktor Dess ihm erklärte, dass er sich nun um die Fußsohlen des Jungen kümmern musste. Weder zuckte er, noch sah er von Vivian auf, als der Arzt seine geheilten Fußsohlen aufschnitt um die Edelsteine, die sich in sein Fleisch gegraben hatten herauszuoperieren. Er musste ihn nicht zunähen, als er fertig war, waren die Wunden schon wieder geheilt. 

Gabriel sah erst auf als der Doktor wieder sprach. Erst da fiel ihm auf, dass seine Füße behandelt wurden und er war etwas enttäuscht darüber. Ein Teil von Vivian war in ihm. 

„Wir müssen über Vivian´s Psyche sprechen."