Er fuhr fort: „Messi wird dich gleich Baden, und dir frische Kleidung geben. Sie ist sehr freundlich und nett, sie wird dir nichts tun. Kannst du für mich tapfer sein und dann mit ihr ins Bad gehen?"
Instinktiv griff sie nach seinem Shirt und umklammerte es fest. Sie zuckte zusammen als sie bemerkte was sie da tat, und starrte ungläubig auf ihre Hand. Das war etwas Neues, sie tat etwas von sich aus um jemanden näher zu kommen, genauso wie in den Stunden zuvor, was war an ihm anders als an den anderen? Auch der Junge war überrascht und lächelte als er auf ihre zarte Hand sah, die viel kleiner als seine wirkte. Er umschloss ihre mit seinen beiden Händen und brachte sein Gesicht näher an ihres. Er sagte leise und so beruhigend wie möglich „Ich warte vor dem Badezimmer und werde die ganze Zeit in Rufweite sein. Sollte irgendetwas sein bin ich sofort da." Sie sah ihn lange an bevor sie kaum merklich nickte und wegsah. Er seufzte erleichtert und rief „Ja" als es an der Tür klopfte. Eine ältere Dame mit weißen Haaren betrat den Raum, ihr Gesicht war faltig und sie ging etwas gebückt aber sie strahlte und ihre Augen leuchteten wie die eines Kindes als sie das Mädchen sah. Sie hob ihre Hände leicht und näherte sich langsam um zu signalisieren, dass sie keine Gefahr war. Das Mädchen sah sie fragend an, wieso versuchten alle, der Blonde, der Junge und jetzt auch sie, ihr zu vermitteln, dass alles in Ordnung war? Das war nicht nötig, sie brauchten nicht freundlich zu sein, sie mochte das nicht und wollte, dass alles wieder klarer werden würde, sie wollte sich nicht an ihr Verhalten gewöhnen.
Bei ihren Mithäftlingen einmal die Woche konnte sie sich fallen lassen und sich ihre netten Worte anhören, sie konnte es genießen, weil sie wusste, dass es zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder vorbei sein würde, dann wäre alles wieder normal. Kalt mit geraden Linien, so wie sie ihr ganzes Leben lebte und es weiterhin verbringen würde. Und jetzt war sie in dem „Draußen" in eine flauschige Decke in einem riesigen Bett eingewickelt. Von fremden umgeben, und sie waren ohne Grund nett zu ihr.
Ihre Gedankten kamen zu stillstand, „Oh" Ihr Mund hätte fast dieses Wort geformt als sie es dachte. Natürlich wollten sie etwas, sie wollte ihre besonderen Edelsteine, ihr Blut. Das war einfach eine andere Form des Arrangements. Vielleicht hatte der Mister sie hierherbringen lassen, weil sie die Zelle für etwas anderes benötigten. Vielleicht war das hier ihre Belohnung, weil sie immer brav den Befehlen folgte. Sie war erleichtert und ihre Emotion die sie wie ein Strudel zu verschlingen drohten verebbten langsam in ihr. Nun fiel es ihr leichter die Freundlichkeiten anzunehmen, weil sie wusste sie war noch immer in der Zelle, ihrem zuhause, nur es war einfach eine schönere Zelle, eine weichere und statt den Sklaven einmal die Woche sah sie mehrere andere Menschen. Der Gedanke beruhigte sie. Wie ein weißes Blatt, dass voller Farben war, so bunt, dass es schwer fiel es anzusehen. Und das was sie gerade innerlich Tat war mit einem Pinsel langsame schwarze stetige klare Linien zu ziehen. Mit jeder Linie die auf dem bunten Bild ragte. mit jedem Pinselzug der die wilden unstetigen Farben überdeckte wurde ihre Welt kleiner und kontrollierter. Die Farben hatten in ihr gewühlt doch jetzt wo sie erneute ansetzte um eine weitere Linie zu ziehen wurde sie ruhiger, der Druck in ihrem Brustkorb gab nach und sie konnte langsam wieder atmen.
Als der Junge sie sanft bei den Schultern hielt und leicht schüttelte kam sie wieder zurück in die Gegenwart. Er sah sie besorgt an, seine Stirn war in Falten gelegt als er sie fragte was los sei. Erst da bemerkte sie, dass sie ihre Beine an sich gezogen hatte, noch immer in die Decke gehüllt die nun langsam an ihrer Schulter hinunterrutschte, hatte sie sich um sich selbst geschlungen, sich festgehalten und sich selbst Halt vermittelt während sie an dem Ort tief in ihrem Bewusstsein war. Sie entspannte sich und schüttelte den Kopf um zu signalisieren, dass sie in Ordnung war. Der Junge sah sie lange an und versuchte zu verstehen was gerade passiert war, Messi hatte sich vorgestellt und das Mädchen vor ihm fing an sich selbst zu umarmen und zu zittern, während sie ihre Augen fest zusammenpresste. Er warf seine Angestellte kurzerhand hinaus, und fing an sie zu schütteln.
Als das Mädchen wieder zu sich kam und die ältere Dame den Raum wieder betrat, dieselbe Handstellung und das langsame zu ihr gehen inbegriffen, stellte sie sich erneut vor und diesmal nickte das Mädchen wie um sie zu begrüßen. Sie hielt den Augenkontakt nicht lange aber alles war besser als das was eben geschehen war. Messi führte sie aus dem Zimmer in den Gang, und dort durch die gegenüberliegende Tür. Sie war in einem eindeutigem Mädchenschlafzimmer mit dunkelrosa Wänden, einem rosa Himmelbett, auf dem unzählige Kuscheltiere lagen, sie sah einen großen cremefarbigen Teddybären, viele Puppen, einen Hasen, und weitere Tiere die sie nicht benennen konnte. Sie gingen durch das Zimmer in ein weißes Badezimmer zu ihrer Linken, die Fliesen sahen aus wie kleine Waben, die Badewanne links war riesig und das Wasser dampfte. Ein rosa Kuschelteppich war vor der Wanne ausgebreitet, er fühlte sich unter ihren dreckigen kalten Füßen wie eine Wolke an. Der Junge der mit ihnen in das Zimmer getreten war blieb vor dem Badezimmer stehen und setzte sich neben die Tür auf den Boden.
Sie konnte durch die offene Badtür die Beine des Jungen sehen, eines angewinkelt, eines am Boden ausgestreckt während er die Arme verschränkt hatte. Sie war beruhigt, dass er sein Wort hielt und in der Nähe war. Messie zog ihr das lange T-Shirt aus und verzog in Schock das Gesicht. Sie hob ihre Hand zu ihrem Mund und Tränen rannen ihr über die Wangen. Das Mädchen wusste nichts mit dieser Reaktion anzufangen und verschränkte ihre kleinen Finger nervös ineinander. Die alte Dame konnte sehen wie unterernährt das Mädchen vor ihr war, sie hatte unzähligen Narben an Armen und Beinen, keine wulstigen Narben, sondern ganz feine, die ihr ein unstetiges Hautbild verschafften. Statt dem blassen Weiß, dass ihr Gesicht und ihren Torso zierten, waren ihre Arme und Beine lange rosa Strichen, die wirkten als könnte man durch sie in ihren Körper hineinsehen. Messi half ihr in die Wanne, und während sie das Mädchen wusch, zuerst die Finger, die Hände, Arme, Füße, Beine so langsam und so vorsichtig wie möglich, weinte sie stumm die ganze Zeit hindurch. Der Junge der es trotzdem hörte ballte seine Hände zu Fäusten. Er wusste, dass es einiges brauchte um die alte Frau aus der Fassung zu bringen. Seine Augen geschlossen war er nur froh, heilfroh dass sie jetzt in seinen Händen war. Er sah in Gedanken vor sich wie er einen kleinen Vogel in einen Käfig sperrte. Auch er war in dem Käfig und er sah zu wie er den Schlüssel durch die Gitterstäbe weg von ihnen werfen würde, um zusammen gefangen zu sein, mit dem unschuldigen kleinen Vogel.
Er schmunzelte und flüsterte „Ja so könnte man es porträtieren."