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Chapter 28 - Der Preis der Loyalität

Das Lager war in Bewegung, als Luan und die anderen Wölfe zurückkehrten. Die Nachricht von Kaels Zurückbleiben breitete sich wie ein Lauffeuer aus, und die Stimmung schwankte zwischen Sorge und Entschlossenheit. Nina erwartete sie bereits, ihre Haltung war steif, und ihre Augen funkelten vor Anspannung.

»Was ist passiert?«, fragte sie, als Luan und die anderen vor ihr stehen blieben. Luan trat vor, seine Stimme war fest, doch seine Hände zitterten. »Ridley hat uns bemerkt. Kael blieb zurück, um uns Zeit zu verschaffen.«

Nina schwieg, doch ihr Kiefer mahlte. »Hast du gesehen, wohin Ridley gegangen ist?« Luan nickte. »Er hat über ein neues Ziel gesprochen. Sie haben Karten dabei. Es klang, als ob sie einen Ort erreichen wollen, der für ihre Pläne entscheidend ist.« Nina hob das Kinn, ihre Stimme war ruhig, aber ihre Worte hatten ein scharfes Gewicht. »Kael hat uns Zeit verschafft, aber diese Zeit ist begrenzt. Wir müssen handeln.«

Ein alter Wolf, der am Rand des Kreises stand, trat vor. »Was ist mit Kael? Werden wir ihn zurückholen?« Luan spürte, wie seine Kehle trocken wurde. Er wusste, dass das Rudel auf Nina blickte, doch er konnte die Stille nicht ertragen.

»Ich werde gehen«, sagte er plötzlich. Nina sah ihn an, ihre Augen waren schwer zu lesen. »Du bist gerade erst zurückgekommen. Ridley ist immer noch da draußen, und du hast bereits genug Verantwortung getragen.«

Luan schüttelte den Kopf. »Kael hat sein Leben riskiert, damit wir entkommen können. Ich kann ihn nicht einfach zurücklassen.« Die Wölfe begannen zu murmeln, doch Nina hob die Hand, und die Stille kehrte zurück. Sie sah Luan lange an, bevor sie schließlich nickte.

»Gut. Aber du gehst nicht allein.«

Zwei der stärksten Wölfe des Rudels traten vor, bereit, sich Luan anzuschließen. »Wir finden ihn«, sagte einer von ihnen mit Nachdruck. Luan und seine Begleiter verließen das Lager bei Sonnenuntergang. Die Luft war kühl, und der Wald schien sich in Schatten zu hüllen, die tiefer und dunkler waren als je zuvor.

»Kael ist clever«, sagte einer der Wölfe, als sie sich durch das dichte Unterholz bewegten. »Wenn jemand eine Chance hat, Ridleys Männer zu überleben, dann er.«

Luan nickte, doch die Sorge in seinem Inneren ließ nicht nach. Er erinnerte sich an Kaels entschlossenen Blick, an die Ruhe, mit der er gesagt hatte: »Weiter, Luan.«

Die Spur führte sie tiefer in die Berge, und die Nacht wurde kälter. Luan spürte, wie der Wolf in ihm wachsam wurde, jeder Muskel in seinem Körper war angespannt.

Plötzlich blieb einer der Wölfe stehen und hob die Hand. »Da vorne.« Luan folgte seinem Blick und sah ein schwaches Licht zwischen den Bäumen. Sie schlichen näher und fanden ein kleines Lager – fünf Männer saßen um ein Feuer, doch Kael war nirgends zu sehen.

»Wir müssen sicher sein, dass er hier war«, flüsterte einer der Wölfe. Luan nickte und schlich näher, sein Herz schlug schneller, als er eine zerbrochene Kette am Rand des Lagers entdeckte. Es war Kaels Kette – ein einfacher, silberner Anhänger, den er immer getragen hatte.

»Er war hier«, flüsterte Luan, als er das Schmuckstück aufhob. Plötzlich knackte ein Ast, und die Männer am Feuer sprangen auf. Einer von ihnen zog eine Waffe, während die anderen sich suchend umsahen. Luan knurrte leise, und der Wolf in ihm drängte nach vorne. Doch bevor sie handeln konnten, trat eine Gestalt aus den Schatten – Kael. Er war verletzt, sein Arm hing schlaff an seiner Seite, doch sein Blick war wild und entschlossen. »Lauft«, knurrte er, seine Stimme war tief und rau.

Luan wollte antworten, doch Kael ließ ihm keine Zeit. Mit einem schnellen Sprung stürzte er sich auf die Männer, seine Klauen blitzten im schwachen Licht.

»Wir können ihn nicht allein lassen!«, rief Luan und wollte ihm folgen, doch einer der Wölfe packte ihn am Arm.

»Kael weiß, was er tut. Wenn wir uns jetzt einmischen, bringen wir uns alle in Gefahr.«

Luan biss die Zähne zusammen, doch er wusste, dass sie recht hatten. Widerwillig zog er sich mit den anderen zurück, sein Herz schmerzte bei jedem Schritt, den sie sich vom Lager entfernten. Als sie schließlich sicher waren, hielt Luan an. Sein Atem ging schwer, und seine Hände zitterten.

»Er hat uns gesehen«, sagte er leise. »Er weiß, dass wir da waren.«

Einer der Wölfe nickte. »Und er hat alles getan, um sicherzustellen, dass wir es zurückschaffen.« Zurück im Rudel berichteten sie Nina von dem, was passiert war. Sie hörte schweigend zu, und ihre Augen waren voller Emotionen, die sie zu verbergen versuchte.

»Kael hat uns Zeit verschafft«, sagte sie schließlich. »Er wusste, dass er uns schützen musste – und dafür hat er einen Preis gezahlt.«

Luan hielt die Kette hoch, die er gefunden hatte. »Wir müssen ihn zurückholen. Irgendwie.« Nina sah ihn lange an, dann nickte sie langsam. »Und das werden wir. Aber wir müssen es mit Bedacht tun.«

In dieser Nacht saß Luan allein am Rand des Lagers, die Kette Kaels lag in seiner Hand. Der Wolf in ihm knurrte leise, ein Ausdruck von Trauer und Wut.

»Ich lasse dich nicht im Stich«, flüsterte er. Kael hatte ihm das Leben gerettet – und Luan schwor sich, alles zu tun, um ihm dasselbe zurückzugeben.