Der Wald war still, als Luan alleine auf einer Lichtung stand. Der Mond hing hoch am Himmel, sein Licht fiel durch die Bäume und ließ die Schatten tanzen. Es war der Ort, an dem alles begonnen hatte – der Ort, an dem er zum ersten Mal die Verbindung zum Wolf in sich gespürt hatte. Doch jetzt war er anders. Er war nicht mehr der unsichere Junge, der zwischen zwei Welten hin- und hergerissen war. Er war beides – Mensch und Wolf, vereint in einem Gleichgewicht, das er endlich verstanden hatte. Das Rudel hatte sich nach dem Kampf erholt, die Wunden waren verheilt, und das Leben hatte sich normalisiert. Doch Luan wusste, dass dies nur ein Moment des Friedens war. Das Gleichgewicht war wiederhergestellt, aber die Welt war nie vollständig sicher.
Kael hatte es ihm oft gesagt: „Das Gleichgewicht ist wie der Mond. Es wechselt, es bewegt sich, aber es bleibt immer da."
Luan lächelte schwach, als er sich an diese Worte erinnerte. Ein Rascheln ließ ihn aufblicken, und Nina trat aus den Schatten. Sie beobachtete ihn mit einem Ausdruck, der zugleich stolz und nachdenklich war.
»Du bist weit gegangen«, sagte sie. Luan nickte. »Und doch fühlt es sich an, als ob es gerade erst begonnen hat.«
Nina trat näher und sah ihn lange an. »Das tut es auch. Das Gleichgewicht ist ein ewiger Kampf. Aber du bist bereit.« Luan drehte sich zum Mond und atmete tief ein. Die Stille des Waldes war beruhigend, und der Wolf in ihm war ruhig, wachsam, ein ständiger Begleiter.
»Was jetzt?«, fragte er leise. Nina trat neben ihn, ihre Augen wanderten ebenfalls zum Himmel. »Jetzt führen wir das Rudel. Wir bewahren das Gleichgewicht. Und wir bereiten uns auf das vor, was kommen wird.«
Luan lächelte. Zum ersten Mal fühlte er keine Angst, keine Zweifel. Das Rudel war seine Familie, der Wald sein Zuhause, und das Gleichgewicht sein Schicksal.
»Ich bin bereit«, sagte er. Nina nickte, und für einen Moment standen sie einfach da, Seite an Seite, während der Mond über ihnen wachte. Als die ersten Strahlen der Morgensonne durch die Bäume fielen, drehte Luan sich um und ging zurück zum Lager. Hinter ihm blieb die Lichtung still, doch in seinem Inneren war alles in Bewegung – eine Balance, die er bewahren würde, egal, was kommen mochte.