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Chapter 27 - Die Wölfe der Schatten

Der Tag begann mit einer ungewohnten Spannung. Das Rudel hatte sich versammelt, und Nina sprach ruhig, aber mit Nachdruck über den Plan, Ridley weiterhin zu überwachen. Späher würden ihn und seine neuen Verbündeten im Auge behalten, während der Rest des Rudels das Lager verstärkte. Luan saß am Rand der Versammlung, sein Blick schweifte durch die Reihen. Er spürte, dass etwas anders war. Die Welt hatte sich verändert, seit das Amulett und der Dolch sicher verwahrt waren – doch die Ruhe fühlte sich unvollständig an. Nach der Versammlung kam Kael zu ihm. »Wir haben Arbeit, Junge. Nina hat dich und mich ausgewählt, um Ridleys Spur zu verfolgen.« Luan nickte, seine Muskeln spannten sich unbewusst an. »Also wieder in die Berge?«

Kael grinste schief. »Wahrscheinlich. Aber diesmal geht es nicht nur darum, ihn zu beobachten. Wenn wir eine Chance bekommen, seine Pläne zu durchkreuzen, werden wir sie nutzen.« Kurz darauf machten sich Luan und Kael mit zwei weiteren Wölfen auf den Weg. Der Wald wurde stiller, je weiter sie sich vom Lager entfernten, und Luan spürte die Anspannung in der Luft.

»Ridley ist nicht dumm«, sagte Kael, als sie eine schmale Schlucht durchquerten. »Er weiß, dass wir ihn suchen. Er wird vorbereitet sein.«

Luan nickte, seine Sinne waren geschärft. »Er wird nicht aufgeben. Nicht, solange er glaubt, dass er eine Chance hat, die Artefakte zurückzubekommen.« Kael warf ihm einen Blick zu. »Und deshalb müssen wir dafür sorgen, dass er diese Chance nie bekommt.« Sie erreichten einen Aussichtspunkt mit Blick auf die Berge. Der Wind war stark und kalt, und die schroffen Gipfel schienen wie Zähne in den Himmel zu ragen.

»Hier hat einer unserer Späher Ridley das letzte Mal gesehen«, sagte einer der anderen Wölfe. »Er hatte mindestens sechs Männer bei sich, vielleicht mehr.«

Kael nickte. »Gut. Wir bewegen uns vorsichtig. Wenn sie noch hier sind, dürfen sie uns nicht bemerken.« Die Gruppe bewegte sich langsam durch das unwegsame Gelände. Luan spürte das Knurren des Wolfs in seiner Brust, eine leise Warnung, dass sie beobachtet wurden.

Plötzlich blieb Kael stehen und hob die Hand. »Still«, flüsterte er. Luan spitzte die Ohren und hörte das leise Knistern eines Feuers in der Ferne. Sie schlichen näher, ihre Bewegungen lautlos, bis sie eine kleine Gruppe von Ridleys Männern sahen, die um ein Lagerfeuer saßen.

»Sechs«, zählte Kael leise. »Vielleicht mehr in der Nähe.«

Luan beobachtete die Männer. Ihre Haltung war entspannt, doch ihre Waffen lagen griffbereit. Er spürte das Ziehen in seiner Brust, das immer stärker wurde, je länger er sie ansah.

»Ridley muss in der Nähe sein«, sagte Luan. »Das fühlt sich zu gezielt an.«

Kael nickte. »Aber wir können ihn nicht frontal angreifen. Nicht mit so wenigen Wölfen.« Während sie weiter beobachteten, kam plötzlich eine Gestalt aus den Schatten – Ridley. Seine Bewegungen waren geschmeidig, und in seiner Hand hielt er eine Karte, die er den anderen zeigte.

»Das ist unser nächstes Ziel«, hörte Luan ihn sagen, seine Stimme war kalt und klar. »Wenn wir diesen Ort erreichen, haben wir, was wir brauchen.«

Kaels Augen wurden schmal. »Eine neue Spur.« Bevor sie sich zurückziehen konnten, knackte ein Ast unter einem der Wölfe. Die Männer am Feuer schauten auf, und Ridleys Blick schoss direkt in ihre Richtung.

»Wir haben Gesellschaft«, sagte er mit einem gefährlichen Lächeln. Luan spürte, wie sein Herz schneller schlug, doch Kael packte ihn an der Schulter. »Rückzug. Jetzt.«

Die Gruppe rannte durch die Dunkelheit, doch Ridleys Männer waren direkt hinter ihnen. Luan spürte das Adrenalin in seinen Adern, der Wolf in ihm war wach und bereit. Kael blieb stehen und wirbelte herum, seine Klauen blitzten im Mondlicht. »Weiter, Luan! Ich halte sie auf.« Luan wollte protestieren, doch Kaels Blick ließ keinen Widerspruch zu. Er nickte knapp und rannte weiter, die anderen Wölfe dicht hinter ihm. Schließlich erreichten sie eine sichere Lichtung, doch Kael war nicht bei ihnen. Luan drehte sich um, sein Atem ging schwer.

»Wir können ihn nicht allein lassen«, sagte er. Einer der Wölfe legte eine Hand auf seine Schulter. »Kael wusste, was er tat. Wir müssen zurück ins Lager und Nina berichten.«

Luan wollte widersprechen, doch er wusste, dass sie recht hatten. Er nickte langsam, doch in seinem Inneren schwor er, Kael nicht im Stich zu lassen.