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Chapter 4 - the path of freedom: Hiori Sora, a friend or a foe ?

Aus der Kammer rief Oma Heron plötzlich: „Aki! Wolltest du nicht Hiori

Sora aufsuchen?"

Akiro schüttelte leicht den Kopf und antwortete zurück in den Raum:

„Aber Oma, er wollte doch hierherkommen." Kaum hatte er die Worte

ausgesprochen, öffnete sich die Tür, und ein junger Mann, kaum älter als

Akiro selbst, betrat den Laden.

Er war eine auffällige Erscheinung: Graue Haare umrahmten ein Gesicht

mit tiefen, durchdringenden blauen Augen. Eine Oni-Maske hing an seiner

Seite, die er noch nicht enthüllte, und seine Kleidung – eine abgenutzte,

alte Rüstung – sprach von jemandem, der viel gesehen und durchlebt

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hatte. Er schien wie ein Reisender, jemand ohne Herren, der keinem Dorf

mehr angehörte. Die ruhige, fast geheimnisvolle Art des Fremden ließ den

Raum kurz verstummen.

Mit einem leichten Nicken trat der Fremde an die Theke und bestellte

eine Auswahl an Kräutern, die angeblich für eine besondere Art von Ritual

benötigt wurden. Er zahlte mit einem großzügigen Beutel voller Münzen

und schob ihn über die Theke. Akiro öffnete den Beutel, holte das Nötige

heraus und schob ihn dann diskret zurück – nur das Geld, das tatsächlich

erforderlich war, nahm er heraus.

„Das reicht vollkommen, danke," sagte Akiro, mit einem leichten Lächeln.

Der Fremde hob eine Augenbraue, sichtlich überrascht, doch er nickte

langsam und sagte: „Du bist… ehrenhaft. Nicht viele würden so handeln."

Neugierig und freundlich, fragte Akiro: „Darf ich nach deinem Namen

fragen? Und… ob wir uns vielleicht wiedersehen?"

Der Fremde hielt kurz inne und musterte Akiro mit einem fast schon

wissenden Blick. „Mein Name ist… nicht wichtig," murmelte er

schließlich, bevor er mit einer leichten Verbeugung hinzufügte, „doch

vielleicht kreuzen sich unsere Wege wieder. Die Welt ist klein, und die

Zeit führt uns oft an unerwartete Orte."

Mit diesen Worten wandte sich der Fremde zum Gehen, doch kurz vor der

Tür warf er Akiro einen letzten, prüfenden Blick zu, als wolle er sich

etwas einprägen. Dann verließ er den Laden und verschwand wieder im

dörflichen Treiben, während Akiro und Oma Heron sich fragend ansahen.

„Meinst du, das war Hiori Sora?" fragte Oma Heron leise, während sie dem

Fremden noch einen Augenblick lang nachschaute, ihre Stirn in Falten

gelegt.

Akiro, der neben ihr stand und den Blick ebenfalls in die Ferne richtete,

lächelte sanft. „Vielleicht war er das…" sagte er ruhig. „Wer auch immer

er ist – er schien freundlich und dankbar. Ich hoffe, er findet, was er

sucht."

Oma Heron nickte nachdenklich, ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen,

als sie ihrem Enkel kurz über die Schulter strich.

Oma Heron blickte Akiro besorgt an, ihre Hände leicht zitternd, während

sie sich auf den Tresen stützte. „Aki," begann sie leise, „ich mache mir

Sorgen. Was, wenn dieser Hiori… vielleicht… vielleicht hat er Argon etwas

angetan?"

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Akiro legte beruhigend eine Hand auf ihre Schulter und lächelte sanft.

„Oma Heron, ich denke nicht, dass er Argon etwas antun würde. Er schien

freundlich und großzügig. Trotzdem – wenn es dich beruhigt, schaue ich

gerne nach ihm."

Seine Worte brachten ihr ein kleines Lächeln zurück, und sie nickte

dankbar. „Danke, Aki. Ich weiß, ich mache mir vielleicht zu viele Sorgen,

aber… ich hätte einfach ein besseres Gefühl, wenn du nachschaust."

Akiro nahm einen leichten Mantel und machte sich auf den Weg. Die

Sonne stand hoch am Himmel, und die Straßen des Dorfes waren still, als

er den schmalen Pfad zu Argons Haus hinaufging. Nach einer Weile sah er

in der Ferne eine Gestalt – Hiori Sora. Er stand alleine am Waldrand und

schien in die Ferne zu blicken, als wäre er von etwas tief in Gedanken

versunken.

Akiro hielt kurz inne, beobachtete Hiori von weitem und spürte, dass

seine Oma sich wohl umsonst Sorgen machte. Der junge Mann schien

keine Bedrohung darzustellen – eher jemand, der auf der Suche nach

etwas war. Mit ruhigem Herzen drehte Akiro sich um, bereit, seiner

Großmutter Entwarnung zu geben.

Akiro war gerade dabei, den Rückweg anzutreten, als er ein schwaches,

kaum hörbares „Hilfe…" vernahm. Er hielt inne, lauschte angespannt – es

war Argons Stimme. Doch bevor er reagieren konnte, hörte er eilige

Schritte hinter sich und sah, wie Hiori mit besorgtem Blick auf ihn

zugelaufen kam.

„Hast du das gehört?" fragte Hiori atemlos, sein Gesicht vor Sorge

angespannt.

Akiro nickte langsam, seine Augen prüfend auf Hiori gerichtet. „Ich denke

mal, das heißt, du hast Argon nichts angetan," entgegnete er, die Worte

ruhig, aber fest.

Hiori sah ihn kurz irritiert an, dann hob er die Hände beschwichtigend.

„Nein, nein – ich bin Hiori Sora. Ich war bei ihm und wir haben uns über

Geschichten unterhalten. Dann bin ich nur kurz raus, weil er die Kräuter

für… für etwas brauchte. Was er genau damit vorhatte, weiß ich nicht."

Akiro nahm Hioris Erklärung zur Kenntnis, und für einen Moment

schauten sie sich an, beide mit dem gleichen Gedanken: Sie mussten

Argon finden und herausfinden, was passiert war.

Hiori trat ohne Zögern die Tür auf, seine Schritte zielgerichtet, und

bewegte sich sofort auf Argon zu, der auf dem Boden saß und sich leicht

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benommen hielt. Doch kaum einen Augenblick später sahen die beiden

den Schatten eines Wolfes, der in der Ecke des Raumes stand – ein

verirrtes Tier, das den Weg zurück in den Wald offenbar verloren hatte.

Hiori verhärtete seine Miene und hob die Hand, bereit, den Wolf

niederzustrecken.

Doch bevor Hiori zuschlagen konnte, sprang Akiro zwischen ihn und das

Tier. Er fing Hioris Schlag ab, stieß dabei schwer atmend zurück, und

blickte dem verängstigten Wolf fest in die Augen. Der Wolf zögerte nur

kurz, drehte sich dann um und verschwand lautlos in die Dunkelheit des

Waldes.

Hiori runzelte die Stirn und schaute Akiro fassungslos an. „Warum hast

du das getan?" fragte er, seine Stimme eine Mischung aus Unglauben und

Verwunderung.

Doch bevor Akiro antworten konnte, räusperte sich Argon und hob eine

Hand zur Erklärung. „Das, Hiori, ist Akiros Art. Sein Herz ist rein – er fügt

keinem Wesen, das in Not ist, unnötig Schmerz zu."

Akiro nickte, die Hand noch auf seine schmerzende Seite gepresst, und

sprach mit schwerer Stimme: „Diese Kräuter… sie sind zur

Wolfsbeschwörung gedacht. Argon… es scheint, du hast sie verwechselt,

als du den Rauch für deine Halluzinationsmischung vorbereitet hast."

Argon lachte verlegen und rieb sich den Nacken. „Nun, so was passiert…

aber ich hätte wissen sollen, dass diese Kräuter intensiver wirken

könnten. Mein Fehler, Akiro."

Sie saßen sich an den Tisch und tranken.

Die Tassen Gyokuro dampften leicht, als Akiro und Hiori sich im Schein

des frühen Nachmittags gegenübersaßen. Der Duft des Tees erfüllte den

Raum, beruhigend und zugleich kräftig. Hiori nahm einen vorsichtigen

Schluck, sein Blick wanderte prüfend zu Akiro, während er die nächste

Frage formulierte.

„Akiro, deine Prinzipien… sie scheinen stärker zu sein als das, was man

normalerweise erwartet. Worin liegen sie begründet?" fragte Hiori,

sichtlich fasziniert und etwas verwundert.

Akiro legte seine Tasse sanft ab und sah Hiori mit ruhigem Ernst an.

„Meine Prinzipien… ich würde sagen, sie stammen aus der Verbundenheit,

die ich mit der Natur spüre. Ich glaube nicht an Götter, wie es hier

Tradition ist. Tokyo oder andere göttliche Kräfte sind für mich eher

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Symbole. Für mich gibt es nur die Natur – Mutter Natur, die uns Leben

schenkt, Wasser, Licht, Kräuter und Nahrung."

Hiori runzelte leicht die Stirn und nahm die Worte auf, während Akiro

fortfuhr: „Die Natur gibt uns alles, was wir brauchen, ohne etwas

zurückzufordern. Das Leben, das sie schenkt, ist für mich das Heiligste.

Ich möchte es nicht unnötig zerstören oder Leid verursachen. Tiere und

Pflanzen haben ebenso ihren Platz wie wir, und ihnen gegenüber empfinde

ich Respekt. Mein Weg ist es, in Harmonie zu leben, nicht zu nehmen,

was ich nicht wirklich brauche."

Hiori nickte langsam, seine Augen funkelten interessiert. „Es ist eine

einfache und klare Überzeugung… aber sicherlich nicht immer einfach zu

befolgen."

Akiro lächelte. „Stimmt. Aber wenn ich daran denke, dass die Natur uns

immer wieder erneuert und erhält, fällt es mir leichter. Sie ist geduldig

und zeigt uns einen Weg, solange wir bereit sind, ihn zu sehen."

Hiori lehnte sich zurück und betrachtete Akiro nachdenklich. „Es ist

bemerkenswert. Ein Weg, der viel innere Stärke erfordert."

„Vielleicht," erwiderte Akiro sanft. „Aber solange ich ihn mit klarem

Herzen gehen kann, ist er das Richtige für mich."

Die beiden Männer tranken schweigend weiter, jeder in seine Gedanken

versunken, während der ruhige Rhythmus der Natur durch den Raum

strömte.

Akiro lächelte gedankenverloren, als er sich an ein Erlebnis aus seiner

Kindheit erinnerte. „Weißt du," begann er und blickte in die Ferne, „als ich

noch klein war, fand ich einmal einen verletzten Byoko. Jeder andere

hätte ihn wohl liegen lassen oder getötet, aber ich… ich fühlte, dass ich

ihm helfen musste."

Er legte die Tasse Gyokuro sanft auf den Tisch, und sein Blick wurde für

einen Moment intensiver. „Eines Nachts," fuhr er fort, „sprach ich dann

zu ihm, obwohl er nur ein Tier war: ‚Mit der Schnelligkeit der Sterne, die

nie verwehen, im Schatten der Nacht, wo die Dunkelheit lebt, ruft Tokyo

mich, in der Stille zu stehen. Das Schicksal entscheidet, wer am Ende

besteht.'" Die Worte verließen seine Lippen, ohne dass er genau wusste,

warum – es fühlte sich an, als ob sie einfach hervorgekommen wären.

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Plötzlich herrschte absolute Stille im Raum. Hiori und Argon starrten ihn

an, sichtlich erschüttert. Akiro sah sich um, etwas verwirrt, warum die

beiden so reagierten.

„Akiro… woher hast du diese Worte?" Hioris Stimme war leise und voller

Ehrfurcht, fast als hätte er ein Geheimnis enthüllt. „Das… das sind die

Worte eines uralten Gebets. Es wurde einst… von Kriegern gesprochen, die

für die Gottheit Tokyo kämpften."

Akiro blickte ihn entgeistert an, seine Stirn legte sich in Falten. „Ich… ich

weiß es nicht," stammelte er. „Ich glaube nicht an Götter, das weißt du.

Diese Worte kamen einfach… von irgendwoher."

Noch immer schweigend, schauten sich die drei an, während Akiro

langsam begriff, dass er etwas Unbegreifliches zitiert hatte – Worte, die

eine Verbindung zu einer Zeit und einem Glauben hatten, von dem er

selbst keine Ahnung hatte.