"Ich bin ein männlicher Omega", sagte Kaspian mit betontem Gleichmut.
Davon unbeeindruckt entgegnete sie: "Du würdest dich wundern, worauf reiche Leute so stehen."
Kaspian zweifelte, dass er, besonders da er als Frau aufgeführt wurde, wahrscheinlich direkt vor die Tür gesetzt würde, sobald der Käufer sein wahres Geschlecht bemerkte. Das wäre vielleicht nicht mal so schlecht, wenigstens würde er dann seine Freiheit wiedererlangen.
"Also, an wen werden wir verkauft?" fragte er nervös und spielte mit dem Saum des Kleides, das er anhatte.
"Du fügst dich ja schnell in dein neues Leben ein, was?" Sie lachte, während Rauchschwaden um ihr Gesicht waberten.
"Ich bin vor meinem Rudel nach Haines geflohen und am Bahnhof ausgeraubt worden, ich habe nicht viel vorzuweisen." Er gestand.
"Und was hast du jetzt vor?" fragte sie neugierig und kratzte sich mit beiden Händen durch ihr zerzaustes dunkles Haar.
Kaspian lehnte sich an die Gitterstäbe des Käfigs, froh darüber, jemanden zum Reden zu haben, das lenkte ihn von der unvermeidlichen Situation ab. "Gekauft zu werden von jemandem, der eine Frau erwartet, und dann freigelassen zu werden." antwortete er ehrlich und rechnete damit, dass sie lachen würde.
Sie lachte nicht.
"Das könnte klappen", meinte sie mit einem Schulterzucken, "aber du hast ein hübsches Gesicht und siehst gut aus in einem Kleid." listete sie auf, ihre Stimme ohne Urteil.
"Das hier ist nicht irgend eine Auktion, weißt du? Alle drei Mafiabosse werden dabei sein, also wird der Preis von allem in die Höhe getrieben, um sie zu beeindrucken. Ich bezweifle, dass dein Käufer so leichtfertig so viel Geld ausgeben will."
Kaspian schluckte, die Erwähnung der Mafiabosse erinnerte ihn daran, wie gefährlich die Stadt werden konnte...
"Und wegzulaufen ist wohl auch keine Option, die du in Betracht ziehen möchtest, oder..." Sie drang mit weiteren düsteren Informationen in seine Gedanken ein und machte eine aufschlitzende Bewegung mit ihren Händen an ihrer Kehle. "Die Unterweltler lassen sich nicht gerne an der Nase herumführen."
"I-"
"Könnt ihr zwei verflucht nochmal leiser sein?" keifte der dritte Gefangene, während ein Kopf voller Locken sich hob. "Ich versuche hier, meinen Schönheitsschlaf zu bekommen."
"Dein drogenzerstörter Körper wird keinen Mafiaboss an Land ziehen, Lana", zischte das Mädchen, mit dem er gesprochen hatte, mit der Zunge schnalzend.
"Spricht die Schlampe, die sich eine Zigarette reingeschmuggelt hat", Lana rollte mit den Augen und legte sich wieder hin. "Der hübsche Junge dort drüben wird mehr Gebote abstauben als wir beide."
Kaspian hoffte wirklich, dass das nicht eintreten würde. "Was passiert mit uns, wenn wir verkauft worden sind?" fragte er.
Lana und seine Gesprächspartnerin schienen sich zu kennen, und es war offensichtlich, dass beide ihren Aufenthalt hier gewählt hatten.
"Das hängt davon ab", antwortete das rauchende Mädchen, "einige wollen ein hübsches Schmuckstück am Arm, andere suchen einen Betreuer, wieder andere einen Gefährten...""Sex." Lana unterbrach ihn und richtete sich wieder auf, um ihm direkt in die Augen zu sehen. "Jenny hier ist zu anständig, um es direkt auszusprechen. Aber sie wollen eine Sexpuppe aus dir machen."
Caspian wich zurück: "Ich habe nicht darum gebeten, hier zu sein. Können sie mich wirklich einfach so verkaufen?" Er protestierte, Tränen brannten in seinen Augen.
"Sei still." Jenny warf ihren Schuh nach Lana und drückte ihr Gesicht gegen die Gitterstäbe, als würde sie am liebsten zu ihm herüberkommen. "Leider können sie das. Es passiert selten, aber wenn sie denken, dass man einen Riesenprofit einbringen wird, dann ja."
"Was Jenny nett umschreibt: Du bist hier, weil du ein hübsches Gesicht hast – aua!" Lana beschwerte sich, als sie noch einen Schuh ins Gesicht bekam.
"Ruhe jetzt, oder ich sorge dafür", schaltete sich eine vierte Person ein. "Ihr seid gleich dran auf der Bühne", sagte er und griff durch die Gitterstäbe nach Jennys Haaren, wobei ihr Kopf durch die Wucht gegen die Stäbe schlug. "Keine Zigaretten."
Caspian zuckte zusammen, aber Jenny lachte, selbst als ihr die Zigarette gewaltsam aus dem Mund gezogen wurde.
Zwei weitere Männer in Schwarz kamen heran und schoben einen großen Wagen herbei. Mühelos hoben sie Jennys Käfig auf den Wagen und rollten sie davon.
Mit Jenny fort schlief Lana erneut ein, und Caspian blieb allein in der erdrückenden Stille zurück. Er hielt sich jetzt fest an den Stäben seines Käfigs, seine Finger waren eiskalt und zitterten.
Das volle Gewicht seiner misslichen Lage lag nun auf seinen Schultern, da es keine geistreiche Konversation mehr gab, die ihn ablenken konnte.
Kurze Zeit später kehrten die drei Männer zurück, um auch Lanas Käfig auf den Wagen zu heben. Sie zwinkerte ihm zu, als sie weggeschoben wurde, doch er war nun völlig allein – das war nicht genug, um ihn zu beruhigen.
Er zog sich tiefer in seinen Käfig zurück, sein Herz klopfte schmerzhaft schnell. Er sollte wirklich verkauft werden. Das war kein Albtraum, aus dem er erwachen würde.
Caspian konnte nicht sagen, ob die Panik die Zeit schneller verstreichen ließ, doch es kam ihm so vor, als wäre es erst wenige Minuten her, seit Lana ihm zugezwinkert hatte, und schon hörte er die Männer wieder zurückkommen.
Als der Käfig auf den Wagen gehoben wurde, hielt er sich fest an den Stäben, um nicht umzukippen, seine kristallblauen Augen weiteten sich vor Angst. Er wünschte, er könnte so optimistisch sein wie die Mädchen, fand aber nicht die Kraft dazu in sich.
Das Leben musste so viel einfacher sein als weiblicher Omega. Zumindest schien es in seinem Rudel so zu sein, denn die anderen männlichen Omegas kamen trotz ihres Status gut zurecht.
Er kniete im Käfig, weil es im Kleid nicht gerade bequem war, sich anders hinzusetzen und es ihm so leichter fiel, das Gleichgewicht zu halten.
Er hatte keine Ahnung, was ihn erwartete und wünschte, er hätte die Chance gehabt, mehr Fragen zu stellen oder zumindest mit den anderen mitgenommen zu werden.
Sie schienen hinter der Bühne zu sein, denn als er vom Ort, an dem ihre Käfige gestanden hatten, weggefahren wurde, herrschte reges Treiben, und die Leute eilten von einem Ort zum anderen. Der Wagen hielt vor einem Vorhang, und er konnte hören, was dahinter gesprochen wurde.
Es war ein Auktionator, der etwas vorstellte, das klang, als würde er ihn selbst beschreiben.
„... schön, zart und auf vielfältige Weise nützlich..."
Sein Magen verkrampfte sich, Lanas Worte fielen ihm wieder ein. Plötzlich fühlte er sich klaustrophobisch, sein Griff um die Gitterstäbe wurde fester, bis sich seine Knöchel weiß verfärbten.