Lucille verließ die Jules-Villa und ging an den Straßenrand, um auf den Bus zu warten.
Es mag unglaublich klingen, aber als Tochter der Familie Jules hatte sie kein Geld bei sich.
Howard hatte zur Strafe alle ihre Bankkonten eingefroren.
Und sogar der Fahrer des Hauses war beauftragt worden, Zoey zu bedienen, nicht sie.
Der Grund für Howards Vorgehen war, Lucille zu zwingen, ihre 40 % Anteile abzugeben.
Wenn sie daran dachte, konnte Lucille sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Oh, wie sehr sie sich darauf freute, Howard die wahre Definition von Bedauern zu zeigen.
Piep!
Plötzlich wurde sie durch eine laute Autohupe aus ihren Gedanken gerissen.
Sie hob den Kopf und sah, wie ein Luxusauto der Spitzenklasse langsam vor ihr anhielt.
Das Autofenster wurde heruntergekurbelt und gab den Blick auf einen Mann mit einem umwerfend schönen Gesicht frei. "Hey, kleines Mädchen, steig ein", sagte er.
Lucille sah Joseph an, der auf dem Rücksitz saß, und ihre Augen verengten sich leicht. "Herr Joseph, was für ein Zufall?"
Lucilles Wortwahl war Joseph nicht entgangen, denn das Wort "Zufall" enthielt eine implizite Botschaft.
Joseph drehte den Kopf und ließ seinen scharfen, kultivierten Blick auf Lucilles exquisiten, schönen Zügen ruhen.
Obwohl sich ihre Lippen zu einem Lächeln verzogen, wirkte es oberflächlich und erreichte nie ihre Augen.
Tief in ihren Augen lag eine gewisse Wachsamkeit.
Joseph konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.
Ihr oberflächliches Auftreten und ihre höflichen Gesten wirkten auf ihn unaufrichtig und ohne echte Herzlichkeit.
Er zog seinen Blick zurück und schmunzelte: "Das ist kein Zufall. Ich habe das seit langem geplant."
Er hatte das schon lange geplant?
Lucille kniff die Augen zusammen. "Was will Herr Joseph heute von mir?"
Joseph antwortete nicht auf ihre Frage. Er senkte nur den Kopf, rückte seine Ärmel zurecht und sagte: "Steig ins Auto, dann sage ich es dir."
Ohne weiter darüber nachzudenken, zog Lucille die Autotür auf und stieg ein.
Um die Straßenecke parkte ein weißer Luxuswagen.
Zoey und Samuel saßen im Auto und starrten ungläubig auf die Szene, die sich ihnen bot.
Was hatten sie gerade gesehen?
Lucille steigt in ein Luxusauto ein?
Zoey kniff die Augen zusammen, und ein grausamer Schimmer flackerte in ihnen auf.
"Samuel, ich kann nicht glauben, was ich gerade gesehen habe", rief Zoey aus und ihre Augen blitzten vor Wut. "Lucille ist in das Auto eines Fremden eingestiegen, als ob das nichts wäre! Hat sie denn gar keine Selbstachtung? Selbst wenn der Typ stinkreich ist, sollte sie sich nicht so erniedrigen."
Ihre Augen standen voller Tränen, und sie sah mitleidig aus. "Wenn Papa das herausfindet, wird er sie zu Tode prügeln!"
Ohne die Wahrheit zu kennen, hatte sich Zoey bereits ein Bild von Lucille gemacht, das sie für jemanden hielt, dem es an Würde und Anstand mangelte.
Samuel holte tief Luft und biss die Zähne zusammen. "Schande über sie!"
Zoey seufzte und setzte ein finsteres Lächeln auf, so dass Samuel sie nicht sehen konnte.
Sie hatte etwas Gutes für Lucille parat, wenn sie später in der Schule ankamen!
...
Außerhalb einer aristokratischen Eliteschule.
Culver hielt den Wagen an. "Mr. Joseph, wir sind angekommen."
Lucille schaute mit ruhiger Miene aus dem Fenster, nicht im Geringsten überrascht, dass Joseph wusste, dass sie diese Schule besuchte.
Die ursprüngliche Besitzerin dieses Körpers war eine Erstsemestlerin, die an diesem College Medizin studierte, und heute war der Tag der Einschreibung.
Wenn das nicht der Fall wäre, hätte sie nicht kommen wollen.
"Danke." Lucille stieß die Autotür auf und wollte aussteigen.
Aber Joseph packte sie am Handgelenk. "Warte."
Lucille drehte ihren Kopf und sah in seine charmanten Augen.
"Was ist los?"
Josephs Augen waren auf Lucilles braune Augenhöhlen gerichtet, als er sagte: "Ein einfaches Dankeschön, ist das alles?"
Lucille hob als Antwort eine Augenbraue. "Verlangen Sie mehr von mir, um meine Dankbarkeit auszudrücken?"
Ihr Ton war gleichmäßig, und ihre Augen blieben ruhig.
Und ihre Gelassenheit war unerschütterlich unter dem Gewicht von Josephs dominierender Präsenz.
Joseph blieb wie gebannt auf ihr sitzen, fast so, als ob er versuchte, an ihr vorbei auf jemand anderen zu blicken, wobei seine Augen von einem tiefen Geheimnis umhüllt waren.
Nach einer Weile ließ er langsam ihr Handgelenk los. "Vergessen Sie es."
Er wusste nicht einmal, was er von ihr erwartete.
Lucille beobachtete ihn verwirrt und zog ihre Hand zurück, bevor sie aus dem Auto stieg, ohne sich umzudrehen.
Sie betrat das Universitätsgelände, und der brennende Blick von hinten verschwand erst, als sie weit entfernt war.
Sie war nicht naiv. Joseph hatte sicherlich Nebenabsichten ihr gegenüber, auch wenn er dies abstritt.
Aber sie wusste, dass Joseph kein Mensch war, mit dem man leichtfertig umging.
Ihre Intuition sagte ihr, dass dieser Mann gefährlich war.
Und er schien sie ständig auf die Probe zu stellen.
Hatte er etwas herausgefunden?
Lucille schüttelte den Kopf und ging zum Lehrgebäude ihres Fachbereichs.
Dieses Gebäude war voll schmerzhafter Erinnerungen für die ursprüngliche Besitzerin dieses Körpers.
Hier wurde sie gemobbt, isoliert und durch grausame Worte verletzt.
Kaum hatte Lucille das Gebäude betreten, spürte sie den starken Kummer und Schmerz der ursprünglichen Besitzerin.
Trotz des Unbehagens unterdrückte sie dieses Gefühl energisch und flüsterte: "Keine Angst, ich lasse dich nicht mehr leiden."
Allmählich stabilisierten sich ihre Gefühle, als sie den Weg zum Klassenzimmer im dritten Stock antrat.
An der Tür angekommen, beobachtete sie, wie die zuvor unruhigen Klassenkameraden sofort verstummten.
Glücklich erwarteten ihre Augen, dass sie zur Zielscheibe ihrer Späße wurde.
Lucille lächelte spöttisch, trat kräftig gegen die Tür und ließ einen Eimer voller Exkremente auf die Schüler im Klassenzimmer kippen.
Fast alle wurden mit dem braunen Schmutz bespritzt und der Raum erfüllte sich mit einem fauligen Gestank.
Niemand blieb verschont.
"Argh! Hilfe! Wie das stinkt!"
"Oh! Mir wird schlecht. Hilfe!"
"Oh mein Gott, was ist das? Ist das etwa eine Made? Igitt!"
Lucille stand an der Tür, die Arme verschränkt, und beobachtete die Szene kaltblütig.
Wären es die ursprüngliche Besitzerin gewesen, hätte man sie mit schmutzigem Wasser übergossen und dann verhöhnt.
Ein Mädchen, das die ursprüngliche Besitzerin gerne schikanierte, knirschte mit den Zähnen und schrie wütend: "Lucille Jules! Suchst du den Tod? Wer gibt dir das Recht, dich zu wehren?"
Lucille lächelte nur.
Fast so, als wenn es in ihren Augen in Ordnung war, Lucille zu peinigen, aber in dem Moment, wo sie sich zur Wehr setzte, war sie im Unrecht.
Aber heute würde sie diesen Leuten eine Lektion erteilen!
Mit nonchalanter Geste trat Lucille erneut die Tür auf und ging ins Klassenzimmer.
Das Gegenlicht umriss ihre beeindruckende Silhouette, ihre kühle und distanzierte Art trug nur zu ihrer Anziehungskraft bei.
In ein langes schwarzes Kleid gehüllt, strahlte ihre helle Haut wie Schnee und ihr edles Auftreten gab ihr die Aura einer heiligen und unnahbaren Göttin.
Die Menge war sofort gebannt, ihre Unterkiefer fielen herab vor Ehrfurcht.
War das dieselbe Lucille, die sonst so sanftmütig gewesen war, bloß weiße T-Shirts und Jeans trug und selten ein Wort verlor?
Wie hatte sie sich nur so verändern können?
Die anwesenden Jungen konnten ihre Augen nicht von Lucille abwenden, als wäre sie eine Göttin, die auf die Erde hinabgestiegen war. Sie waren komplett verzaubert.
Die Mädchen jedoch waren erfüllt von Neid.
Das Anführermädchen der Mobber, getrieben von Neid, stürmte vor und schlug Lucille ins Gesicht.
"Hure! Du gräbst dein eigenes Grab!"
Lucille lächelte spöttisch, ergriff blitzschnell das Handgelenk des Mädchens und verdrehte es mit Gewalt.
Ein scharfer Knacklaut hallte durch das Klassenzimmer, gefolgt von einem markerschütternden Schmerzensschrei.
"Aah! Meine Hand!"
Die Menge erschrak, atmete scharf die kalte Luft ein.
Wer hätte gedacht, dass Lucille Jennys Hand vor ihren Augen brechen würde?
Wie war das möglich?
War sie nicht immer diejenige gewesen, die nie zurückgeschlagen hatte?
Lucille neigte den Kopf und trug ein finsteres Lächeln.
Sie hielt Jennys Hand fest umklammert und sprach mit nonchalantem Ton: "Es tut mir leid. Mir ist die Hand ausgerutscht. Mach dir keine Sorge, ich werde dir bei der Genesung helfen."
Dann drückte sie wieder auf das Handgelenk.
Ein weiteres knackendes Geräusch ertönte.
Jenny schrie erneut, ihr Gesicht erblasste vor Schmerz, ihre Stirn war bedeckt mit kaltem Schweiß und ihr Körper zitterte.
Dämon!
Lucille hatte sich in einen Dämon verwandelt!