"\"Mia ist gerade aufgewacht!\""
"Okay, Mama schaut gleich nach ihr, alles klar?"
Hazel wechselte ihre Kleidung, wusch sich das Gesicht und die Hände, desinfizierte sich und ging schließlich ins Zimmer ihrer Tochter.
"Mia, Mama ist da!"
"Mama!"
Mia Haynes lag im Bett, ein großes, strahlendes Lächeln auf ihrem schmächtigen kleinen Gesicht.
Das kleine Mädchen litt seit der Geburt an einem angeborenen Herzfehler und einer hämolytischen Anämie. Die Hämatopoese in ihrem Körper funktionierte schlecht. Daher mussten ihr von Zeit zu Zeit neue blutbildende Stammzellen transplantiert werden.
Mehr als drei Jahre lang hatte die arme Mia im Bett gelegen, unfähig, auch nur einmal aufzustehen. Ihre Haut war übersät mit Nadelstichen und Narben.
Die Krankenhausrechnungen und die Kosten für die Nachbehandlungen waren eine schwere Last und auch ein Ansporn für Hazel, weiterzumachen.
Hazel größter Wunsch war, dass ihre Tochter eines Tages gesund werden und sie Mia aufstehen sehen könnte.
"Mia, tut es noch weh?" Hazel hielt die dünne Hand ihrer Tochter und ihr Herz krampfte sich vor Schmerz zusammen.
Immer wenn Hazel ihre Tochter sah, musste sie sich sehr anstrengen, um die Tränen zurückzuhalten.
Mia schüttelte leicht den Kopf. "Nicht mehr."
Hazel biss sich auf die Oberlippe, um die große Traurigkeit in ihrem Innern zu bekämpfen. Ihre Tochter hatte gerade eine große Operation überstanden. Das Kind musste so tun, als ginge es ihm gut.
"Mama, darf ich etwas Eiscreme?" bat Mia schwach.
Das kleine Mädchen hatte einen bitteren Geschmack im Mund - eine Nebenwirkung der Medikamente, die während der Operation verabreicht wurden. Sie hätte gerne etwas Süßes gegessen.
"Oh Mia, du weißt doch, dass du gerade deine Medikamente genommen hast. Wie wäre es damit: Wenn es dir besser geht, kauft Mama dir eine ganze Packung Eiscreme!"
Mias Augen funkelten erwartungsvoll, als sie das hörte. Sie nickte gehorsam. "Aber darf ich mir die Eiscreme erstmal anschauen? Ich werde sie nicht essen."
"Ja, natürlich darfst du das."
Hazel gab ihrer kleinen Tochter ein Stück Eiscreme in die Hand.
"Ich werde es nicht essen, Mama, nicht bevor es mir besser geht."
Als Hazel dies hörte, brach ihr Herz. Schließlich übermannten sie die Tränen und liefen über ihre Wangen.
Sie wusste, dass ihre Tochter nicht log, denn das kleine Mädchen war einfach zu krank, um von sich aus etwas zu essen.
"Ja, ist meine Mia nicht die Süßeste!" sagte Hazel unter Tränen und beeilte sich aufzustehen. "Nova, bitte pass gut auf Mia auf!" Damit konnte Hazel es nicht mehr ertragen, bei ihrer Tochter zu bleiben. Sie stand kurz vor einem Zusammenbruch.
Nova, eines der Kindermädchen, sah Hazel traurig an. "Ich werde auf Mia aufpassen! Aber du musst auch auf dich selbst achtgeben, Hazel."
"Das werde ich. Danke."
Hazel verließ das Zimmer ihrer Tochter, blieb an der Tür stehen und atmete tief durch. Dann bemerkte sie ihre beiden Söhne, die sich heimlich um den Laptop herumdrückten.
"Was macht ihr da?"
"Äh? Nichts!"
Arthur und Aiden schalteten den Laptop sofort aus, als sie die Stimme ihrer Mutter hörten.
Ihre Söhne liebten das Internet und hatten zu viel Zeit damit verbracht. Hazel war jedoch immer zu sehr mit ihrer Arbeit beschäftigt gewesen, um auf die beiden aufzupassen.
"Starren Sie nicht zu lange auf den Bildschirm. Das schadet euren Augen.""Ja, Mama!"
"Na gut, ihr Schlaumeier, geht Hände waschen und macht euch fertig zum Abendessen!"
"Auf der Stelle!" Die Jungs rutschten von den Stühlen und rannten kichernd ins Badezimmer.
"Das wird ein schöner Schock für den Schurken sein. Ich stelle mir schon sein Gesicht morgen vor."
"Pssst, nicht so laut. Wir wollen doch nicht, dass Mama etwas mitbekommt."
"Stimmt. Tsss, dieser böse Kerl. Wie kann er es wagen, Mama so zu ärgern? Wir zeigen es ihm..."
Nach dem Abendessen brachte Hazel die Kinder ins Bett zurück und las ihnen Geschichten vor, bis sie einschliefen. Danach konnte sie endlich zu ihrer Arbeit zurückkehren.
Um drei Uhr nachts klappte sie ihren Laptop zu – es war Zeit, etwas Schlaf zu finden.
Hazel war jahrelang mit nur vier Stunden Schlaf pro Nacht ausgekommen! Dieser Lebensstil ließ ihr keine Zeit, an etwas anderes zu denken.
Bald war es Morgen.
Brummen, brummen, brummen...
Bevor Hazel aufstehen konnte, vibrierte ihr Handy. Tristan war dran.
"Tristan? Warum rufst du mich um diese Uhrzeit an?"
"Have you seen the news?" Tristans besorgte Stimme war am anderen Ende zu hören.
"Welche Nachrichten?" Hazel rieb sich verwirrt die Augen.
"Schau auf dein Handy und lies die News im Unterhaltungssektor."
Hazels Herz machte einen Sprung, als sie das hörte. Sie hatte ein sehr ungutes Gefühl.
Sie erinnerte sich, wie übel sie vor neun Jahren durch den Kakao gezogen wurde. Damals war sie noch das unschuldige Mädchen und hatte sogar überlegt, von einem Dach zu springen. Hazel betete, dass so etwas nie wieder passieren würde.
Mit zitternden Händen entsperrte Hazel ihr Handy.
Sofort ploppten mehr als fünf Benachrichtigungen auf, alle über sie.
"Nach einer Liaison mit ihrem Schwager rausgeflogen, hat Hazel Haynes bereits das nächste Opfer im Visier."
"Die ehemalige High-Society-Dame verkracht sich mit ihrer Familie wegen des Erbes! Ihr Vater wurde aus dem Vorstand gedrängt, und sie hat das Familienunternehmen an sich gerissen."
"Hazel Haynes unverheiratet und schwanger. Der Vater bleibt unbekannt…"
Über Nacht verbreiteten sich Nachrichten über Hazel im gesamten Internet.
Mit zitterndem Finger öffnete Hazel einen der Artikel. Wie befürchtet waren die Kommentare darunter unerträglich.
Es war, als hätte sich die Geschichte von vor neun Jahren wiederholt! Der einzige Unterschied war, dass es dieses Mal noch heftiger schien.
"Hallo? Hazel? Bist du noch dran?"
Hazel starrte mit leerem Blick auf die Kommentare und spürte, wie ihre Freude raubte. Die Leute kramten sogar die gefälschten Nachrichten von vor neun Jahren wieder hervor.
Sie traute sich nicht, weiter nach unten zu scrollen.
"Hazel, bleib, wo du bist! Ich komme zu dir."
"Tristan..."
"Hör zu, Hazel, komm wieder zu dir. Hab keine Angst. Warte auf mich!" Tristan ergriff seine Autoschlüssel und eilte die Treppe hinunter.