7.
Der Wachmann blickte auf das Klemmbrett in seiner Hand und nickte.
"Natürlich", sagte er höflich, ging zur Wachhütte, drückte einen Knopf und öffnete damit das Tor vor uns. "Der Schulleiter erwartet Sie. Fahren Sie bitte bis vor das Schulgebäude. Auf der linken Seite finden Sie einen Besucherparkplatz. Parken Sie dort, und am Eingang wird jemand auf Sie warten, um Sie ins Hauptbüro zu begleiten."
Ich blinzelte ob der vielen Anweisungen, aber meine Mutter nickte nur und deutete meinem Vater, loszufahren.
"Das ist ziemlich viel Sicherheit für eine Schule", sagte ich langsam und vorsichtig.
"Hier sind viele wichtige Schüler", entgegnete meine Mutter, als wäre das selbstverständlich. "Es ist deren Pflicht, den Eltern die bestmögliche Sicherheit zu gewährleisten."
"Und wir können uns das leisten?" fragte ich und hob zweifelnd eine Augenbraue. Wir lebten in einer kleinen Wohnung auf der anderen Stadtseite. Wir hatten es nicht schlecht, aber reich waren wir auch nicht – zumindest nicht 'Wachmann-am-Tor'-reich.
Meine Mutter drehte sich zu mir um. "Das ist unsere Sorge. Du bist noch ein Kind."
Ich biss mir auf die Zunge und nickte. Es war noch immer gewöhnungsbedürftig, wieder Eltern zu haben, die sich um mich kümmerten.
Mein Vater parkte dort, wo meine Mutter es ihm sagte, und wir gingen zusammen zum Eingang der Elite-Schule, wo eine Frau auf uns wartete.
Sie sah sehr korrekt aus und löste alle meine Alarmglocken aus. Vielleicht sollte ich einfach zurück zu meiner alten Schule gehen... Der Direktor war zwar ein Idiot, aber zumindest hatte er nicht… sie.
"Mr. und Mrs. Wang, nehme ich an?", ihre Stimme hatte einen leichten Akzent. Ihr schwarzes Haar war zu einem so straffen Dutt gebunden, dass ich mich fragte, wie sie überhaupt blinzeln konnte, und ihr Bleistiftrock sowie die hohen Schuhe schienen kaum Raum für normales Gehen zu lassen.
Sie wirkte wie die perfekte Assistentin eines CEOs, was mich beunruhigte.
Ich blickte zu meiner Mutter auf, sagte aber nichts. Ich vertraute darauf, dass sie wüsste, was das Beste für uns war. Immerhin war ich 25 Jahre alt. Ich konnte mit Förmlichkeit umgehen.
Glaube ich.
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"Song Xiu Lan", sagte eine warme Stimme, als wir das Büro des Direktors betraten. "Es ist schon zu lange her."
Meine Mutter nickte und lächelte die Frau an. "Qian Xiu Rong. Weißt du, für jemanden, der so verzweifelt von hier weg wollte, bin ich überrascht, dass du Schulleiterin geworden bist. Gratulation!"
Die Schulleiterin Qian Xiu Rong stand auf, umrundete ihren massiven Eichenschreibtisch, kam auf meine Mutter zu und öffnete die Arme weit.Mama lachte und umarmte die andere Frau fest, bevor sie sich zurücklehnte, um sie ausgiebig zu mustern. "Du siehst umwerfend aus", sagte sie warmherzig, und mir wurde klar, dass sie schon lange Freundinnen waren.
Die Direktorin nickte mit einem breiten Lächeln und wandte sich dann meinem Vater zu. "Herr Wang", begrüßte sie ihn. Ihre Stimme war weder besonders warm noch kalt, und ich vermutete, dass sie keinen Ärger mit Mama riskieren wollte.
Mir war schnell klar geworden, dass Mama eifersüchtig auf das war, was ihr gehörte und dass sie es nicht mochte, wenn andere uns zu nahe kamen. Vor allem Papa.
"Frau Qian", erwiderte Papa und neigte anerkennend den Kopf.
"Nun, nehmen wir Platz, und Sie erzählen mir alles, was es zu wissen gibt", sagte die Schulleiterin mit einem Lächeln und deutete auf die beiden Stühle vor ihrem Schreibtisch. Ich sah mich um und erblickte ein Ledersofa an der Wand. Ich ging rüber, setzte mich und betrachtete die Frau und den Raum vor mir.
War die eine Frau eine adrette Sekretärin, so war die Direktorin eindeutig die Geschäftsführerin. Sie trug einen Anzug, der das perfekte Gleichgewicht zwischen Maskulinität und Femininität hielt, und strahlte eine Art von Eleganz und Gelassenheit aus, die nur durch eine gute Erziehung und viel Geld entstehen konnte.
Ihr schwarzes Haar war zu einem kurzgeschnittenen Bob frisiert, der exakt an ihrem Kinn abschloss, und in ihren braunen Augen schien kein Detail zu entgehen, während sie meine Mutter beobachtete.
"Danke, dass Sie sich heute für uns Zeit genommen haben", begann Mama, während sie ihre Handtasche auf den Boden neben ihren Füßen abstellte.
"Natürlich, das ist das Mindeste, was ich für eine alte Freundin tun kann", versicherte Qian Xiu Rong, woraufhin Mama zustimmend nickte.
"Ich möchte, dass Tian Mu getestet wird", fuhr Mama fort, ohne ihren Blick von der Direktorin abzuwenden. "Ich muss wissen, für welche Klasse sie geeignet ist, und ich würde sie gerne hier an dieser Schule anmelden."
Die Direktorin schien nicht wirklich überrascht zu sein über Mamas Worte, doch ihre Augen weiteten sich für einen Sekundenbruchteil, als sie zu mir rüberblickte. Diese Frau hatte eine erschreckende Kontrolle über ihr Gefühlsleben.
"Ich nehme also an, dass die erste Klasse nicht die Antwort ist, nach der Sie suchen?" entgegnete die Direktorin, ihre Augenbraue leicht hochgezogen, bevor sie wieder meine Mutter ansah.
"Nein", sagte Mama. Ich hatte erwartet, dass sie noch mehr sagen würde, aber sie saß einfach da und hielt den Blickkontakt zur Direktorin aufrecht.
"Sehr wohl", stimmte die Frau zu. "Aber ich möchte, dass Sie verstehen, falls sie nicht unserem Schulniveau entspricht, sind mir die Hände gebunden."
"Selbstverständlich", beschwichtigte Mama und lächelte jetzt leicht, da sie ihren Willen durchgesetzt hatte. "Ich würde auch nichts anderes akzeptieren. Aber sollten Sie sich entscheiden, sie aufzunehmen, werden wir eines Ihrer Stipendien in Anspruch nehmen."
Die Schulleiterin neigte den Kopf zurück und lachte. "Du hast es schon immer gehasst, dein eigenes Geld auszugeben."
"Wie sonst solltest du es behalten, wenn du es nicht ausgibst?" konterte Mama prompt und hob eine Augenbraue.