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Chapter 14 - Keine Zukunft

Die Fenster klapperten im entstehenden Tiefdruckgebiet und zischten im Wind des strömenden Regens. Die Nässe lief an den weißen Wänden hinunter, gefolgt von einem grellen, kurzanhaltenden Donner. Die Stille wurde durch einen gewaltigen Knall unterbrochen, gefolgt von den Worten des Arztes, die Kaiden einen kalten Schauer über den Rücken jagten. Was genau bedeutete das, fragte er sich. Obwohl er vieles wusste, war dieser Begriff für ihn ein Fremdwort.

Schließlich formulierte er seine Gedanken zu Worten und fragte mit einer etwas zaghaften, von Furcht durchsetzten Stimme. Die Antwort des Arztes, dessen Mimik sich kaum entziffern ließ, da er stets eine verbitterte Grimasse trug, brach die Stille erneut. „Was genau ist das?" Kaidens fragender Blick, eine Augenbraue nach oben gezogen, schien die Frage zu unterstützen.

Der Arzt, dessen raue Stimme von den Geräuschen des Regens und dem wiederkehrenden Zischen des immer noch offenen Fensters begleitet wurde, erklärte schließlich, dass es sich um einen Tumor handelte, genauer gesagt um ein Hirntumor, der besonders aggressiv sein könnte. Kaidens Gesichtsausdruck verblasste, als er die tödliche Diagnose vernahm. Sein Gesicht war nicht wiederzuerkennen. Sein fragender Blick, die Augenbrauen nach oben gezogen, wirkte wie gelähmt. Sein Mund stand leicht geöffnet, die Backenzähne knirschten.

Wie konnte das sein? Gerade eben war er dem Tod entkommen, nur um ihn nun mit offenen Armen zu empfangen. Das konnte nicht das Ende sein, die Verzweiflung übermannte die Schmerzen und Gedanken von Kaiden. Seine Augen flackerten, begleitet von einem leichten Schweißausbruch. Seine knirschenden Zähne verursachten ein quietschendes Geräusch, ähnlich der Reibung von Styropor. Er konnte es nicht fassen, wollte es einfach nicht akzeptieren. Wozu dann all der Stress, die Opfer, das Leid für seine Familie?

Er konnte nicht begreifen, wie die Fügung des Schicksals über sein Leben entschied. Er hatte ein hartes Leben geführt, nur um so zu enden. Ein weiterer weißer Blitz erhellte das dunkle Zimmer für einen Moment. Ein lauter Knall folgte, der Kaiden zurück in die Realität holte.

Der vom Leben gezeichnete Arzt, dessen Gesichtsausdruck unverändert blieb, schien keine Miene zu verziehen, als wäre es ihm gleichgültig. Vielleicht war das seine Art, nach all den Jahren der Erfahrung. Die etwas raue Stimme klang dennoch leicht mitfühlend, auch wenn es nicht direkt hörbar war. Er wollte Kaiden lediglich mitteilen, dass er mit bestimmten Behandlungen noch etwa ein Jahr Lebenszeit gewinnen könnte.

Mit noch mehr Mitgefühl in seiner rauen Stimme erklärte der alte Arzt, dass Kaiden einen Blick in die Zukunft vermeiden sollte. Selbst wenn sie den Tumor entfernten, würde sich nichts grundlegend ändern, da er höchstwahrscheinlich zurückkehren würde. Die Überlebenschancen waren nahezu null.

Kaidens Blick schien unverändert, doch zugleich auch verändert. Es war immer noch Kaiden, das war klar, aber seine Muskeln, Sehnen und Knochen schienen wie gelähmt. Er wirkte wie eine leblose Statue. Sein Mund stand so offen wie nie zuvor, und sein Auge blickte ins Leere.

Innerlich brodelte es dennoch. Seine Gedanken schienen im Feuer zu stehen, unaufhaltsam und wild. Wie würde er sein letztes Jahr auf Erden verbringen? Was sollte er tun? Wozu leiden? Und was ist mit seinem Bruder? Sollte er einfach sterben? Nein, das konnte er nicht, selbst wenn er es wollte, denn er war bewegungsunfähig.

Kaidens Gedanken waren ein wirrer Wirbelwind. Er konnte sich nicht beruhigen, es schien alles sinnlos. Selbst der Gedanke, was mit seiner Zukunft passieren würde, brachte keine Ruhe. Es war still, unendlich still. Der einzige Klang war der strömende Regen, das Zischen des Winds am Fenster und das unregelmäßige Brüllen der Gewalten.

Die Stille wurde erneut unterbrochen, als der Pfleger begann, die Fenster zu schließen. Das beunruhigende Zischen verstummte in einem Augenblick, gefolgt vom strömenden Regen. Das einzige gedämpfte Geräusch waren die elektrisch geladenen Blitze und ihr Lichtschein.

Doch die Stille wurde erneut durchbrochen. Die etwas lauten Schritte des alten Arztes füllten den Raum erneut, gefolgt von den ruhigen, aber großen Schritten des Pflegers, der darauf hinwies, dass Kaiden sicherlich allein sein wollte. Die Schritte verhallten, bis das Klatschen einer heruntergedrückten Türklinke erklang.

Kaiden blieb völlig allein zurück. Der Pfleger fragte den Arzt, warum er die Nachricht so brüsk überbracht hatte. Der Arzt antwortete ruhig: „Du kennst mich seit Langem, und ich habe gelernt, dass Menschen nach solchen Nachrichten lieber allein sein wollen, als mit Fremden darüber zu sprechen, die es ohnehin nicht interessiert."

Der Pfleger verstand, auch wenn er trotzdem etwas unternehmen wollte. Er war ein junger, ehrgeiziger und gutherziger Mensch. Dennoch folgte er dem erfahrenen Mann und vertraute ihm.

Während sie den etwas dunkleren Gang entlanggingen und Kaidens Zimmer zurückließen, betrat eine andere Person von der anderen Richtung Kaidens Zimmer. Die Stimmen der beiden Männer, die sich unterhielten, wurden immer leiser und dann von einem gedämpften Geräusch der aus Aluminium gefertigten Türklinke unterbrochen.

Kaidens Blick wanderte in Richtung der Schwester, als die ruhigen kleinen Schritte näherkamen. Er wusste sofort, dass es sie sein musste. Ihr bezauberndes Lächeln erhellte den düsteren Raum, als sie den Lichtschalter betätigte.

Mit einem Blick verstand sie Kaidens Situation. Es war der gleiche Blick, den sie schon einmal hatte ertragen müssen. Sie fragte ihn mit einem bezaubernden Lächeln, was los sei. Während sie sich vorsichtig Kaiden näherte, öffnete er widerwillig seinen Mund und brachte einen Laut hervor.

Die völlig emotionslose Stimme, frei von jeglicher Lebensfreude, verkündete die Nachricht, dass er einen Gehirntumor mit nahezu sicherem Todesurteil hatte. Die Schwester, die kaum Raum zum Handeln hatte, bewahrte ihr Lächeln, um nicht falsch verstanden zu werden. Kaidens emotionsloser Blick schien eine Mischung aus Ekel und Abscheu zu sein. Entsetzt fragte er sie, wie sie noch lächeln könne.

Die Schwester setzte ein ernsteres Gesicht auf und stellte eine Gegenfrage: Warum er so sei, und dass es nicht so sei, als wäre er bereits tot. Er könne noch Dinge tun, die er für sinnvoll erachte. Es sei nie zu spät, solange man noch am Leben sei.

Kaidens entsetzter Blick wandelte sich nach dieser Aussage der Schwester erneut in Wut und Trauer. Die Tränen flossen unaufhaltsam. Ein Schrei erfüllte den Raum, der kurz zuvor noch von Stille erfüllt war. „WAS SOLL ICH DENN MIT NUR EINEM VERDAMMTEN JAHR ANFANGEN! VERDAMMT! VERDAMMT! VERDAMMT NOCHMAL!"

Nachdem seine schreiende Stimme sich beruhigt hatte und von Trauer überflutet wurde, stellte die Schwester erneut eine Frage. „Was ist denn mit deinem Bruder? Er lebt noch und wird sich um all deine Behandlungen kümmern."

Mit einem erklärenden Ton von Hilfsbereitschaft und Aufklärung versuchte die Schwester Kaiden zu vermitteln, dass er seinem Bruder helfen konnte, mit der verbleibenden Zeit, die ihm blieb. Mit diesen Worten gab sie Kaiden, der scheinbar hoffnungslos war, wieder eine Art von Hoffnung. Er schien immer noch von Trauer und Wut überflutet zu sein, aber er realisierte, dass er noch immer seinem Bruder helfen musste. Ansonsten würde dieser völlig allein mit den Schulden dastehen.

Kaidens bemitleidenswerter Blick in Richtung der Schwester, gefolgt von einem weißen Strahl und einem erneuten Donner, schien eine Frage aufzuwerfen, die er kurz darauf auch aussprach. Seine Stimme zitterte leicht, die Zähne vibrierten: „Wie kann ich meinem Bruder helfen?"

Die Schwester hatte wieder ein leichtes Lächeln aufgesetzt und legte ihre Hand auf Kaidens Schulter. „Es ist zwar schwer und erfordert Glück, aber wenn du es richtig anstellst, kannst du deinem Bruder ein gutes Leben ermöglichen. Ich spreche davon, dass du wirst wie er."

„Ein Erwachter."