Kaiden nahm an, dass sein Leben nun zu Ende ging. Kälte umhüllte seinen unkontrollierbaren Körper, und die Dunkelheit verwandelte sich in einen rötlichen Ton. Die Röte begann noch intensiver hervorzutreten, und er fragte sich, ob er in die Hölle verdammt war.
Obwohl Kaiden von Angst überwältigt war, wusste er, dass diese Entscheidung der Götter gerechtfertigt war, denn er verkörperte nicht die Ethik, sondern das selbstständige Denken. Sein Leben war nie einfach gewesen, er hatte die Realität der Welt selbst erfahren müssen. Doch jetzt schien ihm sein Egoismus zum Verhängnis geworden zu sein.
Plötzlich durchfuhr einen stechender Schmerz seinen gesamten Körper. Es fühlte sich an, als würden Elefanten auf ihn trampeln, besonders seine Arme und Beine waren betroffen. Dazu gesellten sich stechende Schwerter, die tief in seinen Körper eindrangen, und das Gefühl von Feuer, das zusätzliche Verbrennungen verursachte. Er konnte nicht anders und begann zu schreien. War dies die Strafe der Götter in der Hölle? Wenn ja, würde es wohl ewig weitergehen.
Kaiden vergoss Tränen vor Schmerz, und er schrie weiter, doch es schien kein Ende zu nehmen. Während er seinen Schmerz in die Dunkelheit hinausschrie und wie ein Fisch an Land zappelte, schienen Stimmen in der Ferne zu erklingen. Gab es noch andere wie ihn hier? Dies schien möglich zu sein, da die Hölle vermutlich oft besucht wurde. Aber das war nicht der Fall.
Plötzlich berührte eine zart warme Hand Kaidens kalten Arm. Die Wärme breitete sich über seine Haut, seine Muskeln, seine Knochen bis hin zu seinen Nerven aus. Eine zarte Stimme flüsterte ihm ins Ohr, dass er sich beruhigen solle, denn alles würde gut werden. Kaiden verstand nicht ganz, aber er wollte, dass diese Person nicht verschwand. Er spannte seine Muskeln bis zum Äußersten an. Seine Muskelfasern stießen auf Widerstand, aber er setzte noch mehr Kraft ein. Doch es schien nichts zu bringen, der Widerstand war zu groß.
Kaiden, dessen Augen sich ebenfalls nicht öffnen wollten, strengte sich noch mehr an, um zumindest die Person, die ihn mit Wärme erfüllte, anzusehen und sich zu bedanken. Der Widerstand fühlte sich jetzt weniger stark an, aber er glich einem hartnäckigen Welpen, der an einem Seil zog.
Kaiden gab sein Bestes und spürte, wie sein Auge fast herauszutreten schien – zumindest in seiner Wahrnehmung. Als er es schließlich schaffte, verschwand die dichte karmesinrote Dunkelheit und wurde durch eine leicht transparente rötliche Mischung ersetzt, die es ihm ermöglichte, seine Umgebung zu betrachten.
Sein Kopf war unbeweglich, und er konnte nur nach oben schauen. Seine zuvor schwer zu öffnenden Augen öffneten sich jetzt ein kleines Stück. Über ihm sah er eine rötliche Decke, die von grellem, scharlachrotem Licht durchflutet war. Sofort zwang sein Körper, ohne viel zu denken, seine Augenlider zu schließen.
Das Licht war zu hell, sagte er, gefolgt von Schreien, als er erneut Brennen und Stechen verspürte. Schweiß brach auf seinem Körper aus, und Sabber lief aus seinen seitlichen Lippenöffnungen.
Aber schließlich hatte er nicht mehr die Kraft zu schreien. Er murmelte vor sich hin: „Ich will nach Hause, lass den Albtraum enden, nach Hause." Seine Augen schlossen sich wieder, und Stille trat ein. Diese Stille dauerte jedoch nicht lange an. Mehrere Stimmen durchbrachen die ruhige Atmosphäre und klangen verschwommen und undeutlich in Kaidens Ohren.
Er hörte verschiedene Laute, konnte aber nicht klar denken. Was meinten diese mysteriösen Stimmen? „Aufgewacht, unglaublich, ein Wunder," hörte er sie sagen. Doch die Stille kehrte zurück, als sich die großen, lauten Schritte entfernten. Dann hörte Kaiden nichts mehr und schien in die Dunkelheit versunken zu sein
Plötzlich spürte er einen Stich in seiner Wange, verursacht von zwei Fingern. Er schien wieder die volle Kontrolle über seinen Körper zu haben und erhob sich. Doch was war das? Als er nach vorne schaute, erblickte er seine Klasse. Seine Freunde und seine Lehrerin waren am Leben. Kaiden fühlte eine tiefe Erleichterung trotz der Verwirrung.
Hatte er all dies nur geträumt? Normalerweise hätte seine Lehrerin zu dieser Zeit eine Predigt über ihren Unterricht gehalten, aber diesmal schien es anders zu sein, es war Still. Sie blickte plötzlich aus dem Fenster, und alle anderen in der Klasse folgten ihrem Blick.
Max, flüsterte Kaiden mit rauer Stimme zu, dass er auch nach draußen schauen solle. Es war der wiederkehrende leuchtende Pilz. Kaiden wurde für kurze Zeit geblendet und geriet in Panik. Sein Puls schoss in die Höhe und die Verwirrung stieg noch drastischer an. War er in die Zeit zurück gereist? Hastig drehte er sich um und schrie, dass sich alle ducken sollten.
Seine Augen weiteten sich, und Schweiß strömte von seinem Körper, wie ein Wasserfall. In einem Augenblick schienen alle tot zu sein. Sie standen wie leblose Leichen da, blutüberströmt und mit herausquellenden Eingeweiden.
Sie starrten ihn mit leblosen Augen an.
„WIESO?", begannen sie zu fragen, und ihre Stimmen wurden lauter, während sie auf ihn mit rasanter Geschwindigkeit zuliefen. Immer wieder wiederholten sie folgende Sätze: „WIR WOLLTEN DOCH AUCH NUR LEBEN! WARUM HAST DU UNS NICHT GERETTET!? WARUM NUR!? WARUM! WARUM! WARUM!" Sie schrien weiter und griffen nach ihm, bis es plötzlich aufhörte.
Sie starrten nicht mehr an, sondern wieder aus dem Fenster. Kaiden, welcher dort zitternd Stand und langsam seinen Kopf in Richtung Fenster drehte, sah es nun auch, den Tsunami. Mit kolossaler Kraft riss Dieser das Schulgebäude mit und riss jeden und alles mit sich.
Mit schwerem Atem und einem plötzlichen Aufschrecken öffnete Kaiden erneut seine blutunterlaufenen Augen. Er war völlig durch kalten Schweiß durchnässt und versuchte sofort aufzustehen, doch es gelang ihm wieder nicht. Er spürte immer noch die stechenden Schmerzen in seinen Gliedern. Aber jetzt konnte er sein Auge vollständig öffnen.
Was er sah, war erneut die Decke und das Licht, jedoch diesmal nur mit einem Hauch von Röte. Sein Auge zuckte, und die dunkle Pupille in seiner von Rot durchdrungenen blauen Iris verkleinerte sich. Seine Augen schienen schmaler zu sein, da sie sich zusammenzogen.
Kaiden versuchte seinen rechten Arm zu erheben, um das grelle Licht mit seiner Hand zu blockieren, doch dann schrie er plötzlich auf und fragte, wo sein Arm sei. Seine Iris flackerte und versuchte verzweifelt, die Umgebung zu erfassen. Links, rechts – überall sah er nur verschwommene Rotnuancen.
Er schrie, weil sein Arm nicht sichtbar war, und stattdessen begann er wieder zu brennen und unter einem gewaltigen Druck zu stehen. Doch nach und nach verblasste seine Panik, und auch der Schmerz ließ nach. Er spürte wieder die zarte Hand, die ihn wie zuvor erwärmte. Diesmal konnte er sie jedoch im Augenwinkel sehen.
Es handelte sich um eine junge Frau mit bräunlichen Haaren, die zu einem Zopf zusammengebunden waren. Ein Haargummi hielt ihre Haare in Schach. Sie trug ein graues T-Shirt und eine lange blaue Hose. Aber das Auffälligste war, dass sie neben ihm, mit einem Notizbuch und einem weißen Kittel stand.
Kaiden konnte trotz des Schmerzes zumindest die Grundliegenden Dinge zusammenfügen und erkannte, dass sie eine Krankenschwester war. Er schien beruhigter als zuvor zu sein. Um genauer zu sein, schien es, als wäre ein großer Druck von seiner Brust gefallen. Schließlich sagte er mit leiser, beruhigter Stimme: „Ich habe es geschafft, ich habe überlebt."