Chereads / The Aesthetic Of Friendship - Volume 1 / Chapter 4 - Kapitel 1: Andere Länder, andere Sitten (Teil 2)

Chapter 4 - Kapitel 1: Andere Länder, andere Sitten (Teil 2)

Ihre Eltern sind sehr überrascht über die Entwicklung der Beziehung ihrer Kinder untereinander. Die folgenden Tage, nachdem Eri und Noboru von ihrer Reise zurückgekehrt sind, beobachten sie, wie gut die drei mittlerweile miteinander auskommen, und wie es täglich zunimmt. Eri schwört, dass wenn sie nicht wüsste, dass die drei sich erst kurze Zeit kennen, sie schon seit Jahren zusammenleben würden. Vor allem die Freundschaft zwischen Haruka und Benji scheint stetig zu wachsen. Wenn die beiden zusammen sind, gehen sie offen miteinander um, und lachen zudem sehr viel. Manchmal regt sich Haruka über Benji auf, wenn seine Witze zu schlecht sind, aber die meiste Zeit scheint sie ihn zu verstehen, und lächelt, wenn Benji seine Komiker Momente hat. Noboru gesteht Eri, dass er Haruka seit langem nicht mehr so viel hat lachen sehen, und beide sind glücklich, dass ihre Familie immer mehr zusammenwächst. Nachdem einige Zeit vergangen ist im Hause Kawasaki, informiert Eri eines Tages Benji, dass sie morgen einen wichtigen Besuch erwarten, der extra für ihn vorbeikommt. Jedoch will sie ihm nicht verraten, um wen genau es sich handelt, und auch Haruka kann ihm nur sagen, dass sie weiß, dass eine gute Freundin von ihr dabei ist. Benji wird ganz aufgeregt, denn nach Sousuke, ist dies das zweite Mal, dass er mit anderen Japanern, außer seiner Familie sprechen wird, seit er in Japan angekommen ist. Natürlich hat er in Deutschland bereits mit anderen aus Japan kommenden Menschen geredet, als ihn seine Mutter zu Trainingszwecken zur japanischen Kommune in Düsseldorf geschickt hat. Aber mit echten Innländern, hat er sich bis jetzt noch nicht unterhalten und Sousuke gehört eigentlich quasi schon zur Familie, also zählt er für Benji nicht wirklich mit. Eri bittet Benji sich für den Besuch vornehm anzuziehen, und Benji fragt sie verwirrt, was sie damit meint, worauf sie ihm antwortet, dass er sich nicht anzuziehen braucht, wie auf einer Hochzeit, aber so, als würden sie in ein schickes Restaurant gehen. So geschehen, stehen alle im vornehmen Outfit im Hausflur vor der Haustür, während Noboru bereits vor dem Eingang bei offener Tür wartet, bis eine silberner Sportwagen etwas umständlich vor dem Haus einparkt. Yumiko ist ebenfalls anwesend, jedoch scheint sie keiner über den Dress-Code informiert zu haben, denn sie schaut in ihrem kindlichen gelben Sommerkleid neugierig durch die offene Haustür und scheint sich zu fragen, was genau hier vor sich geht. Noboru erklärt ihr aber, während er immer noch vor der Tür steht, dass sie nicht beim Empfang der Gäste dabei sein braucht und sich anderweitig beschäftigen kann. Yumiko nutzt die Gelegenheit sofort, und düst mit ihrer fröhlichen Art aus dem Haus, mit hoher Wahrscheinlichkeit, um zu Sousuke nach nebenan zu gehen, bevor die beiden Insassen des Sportwagens schließlich den Hauseingang erreichen. Sie stellen sich beide als Hasegawa Mei und Hasegawa Megumi vor, beide Schwestern. Während die Jüngere, Megumi, erklärt, dass sie eine Klassenkameradin von Haruka ist, erwähnt die Ältere, Mei, dass sie an Harukas Schule als Lehrerin arbeitet. Megumi wirkt sehr niedlich mit ihrem schulterlangen schwarzen Haar, inklusive eines weißen Haarreifs, ihrer rund geformten Brille auf ihrer zierlichen Stupsnase und ihrem schicken Sommerkleid mit jeder Meng Spitzen, während sie einen schüchternen und reservierten, aber freundlich und höflichen Gesichtsausdruck zeigt. Sie gibt an, dass sie sechszehn Jahre alt ist, wie Haruka. Mei jedoch erwähnt ihr Alter nicht, als sie sich vorstellt. Benji schätzt sie auf etwa Ende zwanzig, da sie irgendwie noch sehr jung und doch erwachsen zu gleich aussieht. Mei zeigt in ihrem Outfit viel Haut, besonders an ihren Beinen, die nur von ihren Highheels und ihrem nicht zu kurzem, aber auch nicht zu langem Minirock bedeckt werden, was Benji als Selbstsicherheit und Sex-Appeal interpretiert. Seine Vermutung wird unterstützt, durch ihr langes glattes offenes Haar, was ihr bis zu den Schulterblättern reicht, ihr dezenten, aber funkelnden Ohrringe, und Halskette, sowie ihre schicke Bluse, die durch ihr knapp offenes Decoltee verrät, dass sie eine große Oberweite hat, aber nicht zu viel preisgibt, so dass es billig oder schlampig aussehen würde. Dezent und elegant sexy wäre für Benji die beste Beschreibung für Meis Erscheinungsbild. Während Mei Vorstellung, verbeugt sie sich ordentlich, aber nur kurz, fokussiert bei ihrer Selbstbeschreibung auf Benji mit einem fröhlichen und aufgeregten Ausdruck in ihrem Gesicht. Als sie alle mit der Begrüßung fertig sind, fixieren sich Meis Augen erneut auf Benji, und sie nickt ihm freundlich zu, was er erwidert.

„Es freut mich außerordentlich dich kennen zu lernen, junger Herr Kawasaki." Versucht sich Mei in einem selbstsicheren, aber sehr gebrochenen Deutsch an Benji zu wenden, jedoch immer noch verständlich genug für ihn. „Ich hoffe, du hast dich mittlerweile eingewöhnt in deinem neuen zu Hause."

„So gut, wie man sich eben eingewöhnen kann in so einer kurzen Zeit." Antwortet Benji in seinem Muttersprachler Deutsch, mit der Absicht zu testen, wie gut Mei deutsche Sprachkenntnisse wirklich sind. Aus dem Augenwinkel erkennt er ein leichtes Grinsen im Gesicht seiner Mutter, die zu ihm rüber schielt, während die anderen ein bisschen verwirrt dreinschauen. „Aber die Freude ist ganz meinerseits, Frau Hasegawa."

„Eh, he, he! Sehr gut …?!" Erwidert Mei in ihrem Deutsch mit einem leicht verlegenen Lachen, was darauf schließen lässt, das sie Benji nicht wirklich verstanden hat. Nach einer kurzen Pause gibt es jedoch auf, sich in Deutsch mit Benji zu messen und redet nun in Japanisch mit ihm, nun wesentlich selbstsicherer als zuvor. „Vielleicht sollten wir uns besser weiter auf Japanisch unterhalten."

„Okay!" Stimmt Benji mit einem übertriebenen breiten Lächeln Mei zu, während ihm seine Mutter durch ein kaum wahrnehmbares kurzes Kopfschütteln ihm signalisiert, es nicht zu weit zu treiben. „Das wäre sicher besser für alle Anwesenden."

„Wunderbar!" Fährt Mei mit einem freundlichen, aber aufgeregten Ausdruck im Gesicht fort. „Bist du denn gut vorbereitet für das, was dich erwartet?"

„Ich weiß nicht?!" Erwidert Benji grinsend und antwortet mit einer Gegenfrage. „Kann man jemals bereit genug sein, für sowas?"

""Benjamin Jirow…!" Versucht Eri Benji mit einer scharfen, aber leisen Ermahnung, Benji zu disziplinieren. „Etwas höflicher, bitte!"

„Alles gut, alles gut!" Reagiert Mei beschwichtigend auf Eris Kommentar mit hoch gehaltenen Händen, um die Atmosphäre im Raum zu beruhigen, immer noch freundlich, aber leicht verlegen lächelnd. „Ich bin gekommen, um zu sehen wie er sich zu Hause so gibt. Ich schätze es sehr, wenn er offen spricht. Ich möchte ihn kennenlernen, wie er wirklich ist."

„Entschuldigen sie, Hasegawa-Sensei." Versucht Noboru mit einer leichten Verbeugung trotzdem Benjis etwas unhöfliches Verhalten zu entschuldigen und bedankt sich bei Meis Verständnis. „Haben sie vielen Dank."

„Entschuldigen sie bitte meinen Tonfall, Hasegawa-Sensei." Fügt Eri ebenfalls mit einer Verbeugung hinzu, und gibt Benji einen sehr ernsten Blick, der leicht verlegen lächelnd versucht, das Ganze auszuhalten, da sein Gewissen ihm gerade darauf hinweist, dass sein Verhalten seinen Eltern geschadet hat.

„Nun, wir werden sehen, wie gut du vorbereitet bist, wenn du zur Schule kommst." Versucht Mei mit freundlicher Stimme die etwas angespannte Stimmung schnell zu übergehen, indem sie sich weiter Benji widmet. „Ich bin sicher, deine Eltern haben dich bestens dafür trainiert."

„Ja das haben sie." Versucht Benji das Gesicht seiner Eltern wieder rein zu waschen und gibt sein bestes, sie zu loben. „Ich glaube, bessere Trainer als sie, gibt es nicht."

„Da bin ich sicher." Stimmt ihm Mei freudig zu. „Und du wirst dich schnell bei deinen neuen Klassenkameradinnen und Kameraden einfinden. Sie sind alle … wirklich sehr nett."

Meis Pause bei der Beschreibung seiner Mitschülerinnen und Mitschüler bleibt von Benji nicht unbemerkt. Zudem scheint es ihm so, dass Haruka erneut deutlich unangenehm auf die Erwähnung ihrer Klasse reagiert. Benji will aber nicht weiter darauf einzugehen und versucht das Thema zu wechseln.

„Sie sind dann also meine Klassenlehrerin?" Schließt Benji aus Meis heutigen Besuch.

„Naja, ich bin eure Englisch Lehrerin." Erwidert Mei, nun wesentlich mehr verlegen als zuvor und versucht ihren Besuch zu rechtfertigen. „Kawashima-Sensei ist euer Klassenlehrer. Er ist auch euer Lehrer für Japanisch und Mathematik. Er freut sich sehr, dass du in seine Klasse kommen wirst. Ich bin die Klassenlehrerin eurer Parallelklasse, der 1-A, eure Klasse ist die 1-B. Und ich bin ebenfalls die Stufenkoordinatorin eures Jahrgangs und somit Kawashima-Senseis Vorgesetzte. Ich habe mit ihm abgesprochen, dass ich euch im Vorfeld besuchen werde, da ich und meine Schwester Freunde der Familie sind. Ich soll dich freundlichst von Kawashima-Sensei grüßen."

„Nee-San, du wolltest ihm doch noch was geben?!" Erwähnt Megumi Mei mit einer reservierten leisen Stimme. „Oder hast du es etwa nicht mitgenommen?"

„Oh, das hätte ich fast vergessen." Erinnert sich Mei plötzlich überrascht. „Kannst du es holen gehen, Megumi? Es ist noch im Kofferraum."

Mei lächelt sie verlegen fragend an, worauf Megumi ihr einen leicht genervten Blick zeigt. Mei kramt aus ihrer Handtasche ihren Autoschlüssel, während Megumi die Haustür öffnet, gefolgt von einem Piep-Geräusch, ausgelöst von Meis Schlüsselfernbedienung, die das Schloss ihres Wagens entriegelt. Nachdem Megumi sich auf den Weg zum Auto macht, wendet sich Mei wieder an die anderen.

„So, nachdem Megumi mit unserem kleinen Mitbringsel wieder da ist, werde ich mit euren Eltern reden." Erklärt Mei Benji und Haruka mit gefalteten Händen vor sich, wie der Gruß eines Yogis, mit ihrem Autoschlüssel an ihren Finger hängend, als wäre er ein Ring mit Anhänger. Daraufhin schaut sie kurz zu ihren Eltern mit einem Nicken, nach ihrem Einverständnis fragend, was die beiden mit einem Kopfnicken bestätigen. „Ihr zwei und Megumi könnt solange in euren Zimmern warten. Es wird nicht lange dauern. Ich komm dann zu euch."

Megumi kommt mit einem riesigen Beutel zurück, aus dem ein Kleiderbügel herausschaut. Mei verriegelt wieder ihren Wagen mit ihrem Schlüssel und Megumi schließt hinter sich die Haustür und schreitet vorsichtig mit ein bisschen Schüchternheit, aber immer noch höflichem Gesichtsausdruck auf Benji zu und händigt ihm den Beutel aus. Benji ahnt bereits, um was genau es sich handelt. Mit einem verwunderten, aber auch aufgeregten Blick mustert er den Inhalt durch die transparente Seite, und erkennt zwei separat abgepackte weiße Hemden, eine dunkelfarbige Krawatte, zwei dunkle, fast schwarze Navy blaue Hosen und einen dazu passenden Blazer, seine Schuluniform.

„Gott sei Dank!" Rutscht es vor Erleichterung Benji auf Deutsch heraus, während er den Beutel fest an seine Brust drückt, was von den anderen Anwesenden mit großer Verwirrung beobachtet wird. Nur Eri lächelt vor sich hin.

„Er ist froh, dass es ein Blazer ist." Erklärt seine Mutter lächelnd in die Runde. „Er hatte Angst, er bekommt die Militär-Version, als Uniform."

„Ahhh!" Reagieren alle verwirrt drein Blickenden, nun verstehend.

„Aber du hättest doch mindestens deine Schwester danach fragen können, wie eure Schuluniform aussieht?" Fragt Mei Benji weiterhin leicht verwundert.

„Aber dann wäre es doch keine Überraschung mehr gewesen." Grinst Benji sie mit einem Augenzwinkern an.

Die drei Kids gehen nach oben, nachdem Haruka Megumi bittet mitzukommen, gefolgt von Benji, während die Eltern mit Mei die Küche betreten. Haruka und Megumi gehen zu Harukas Zimmer und Benji steuert sein eigenes Zimmer an, die Tasche mit seiner Schuluniform über die Schulter tragen, mit einer Hand in der Hosentasche, bis Haruka ihn, zu seiner Überraschung fragt, ob er auch zu ihr ins Zimmer kommt. Er deponiert schnell seine Uniform in seinem Zimmer und betritt schließlich zum ersten Mal überhaupt das Zimmer von Haruka. Als er in den Raum hineinkommt, sitzen Haruka und Megumi bereits Seite an Seite an einem kleinen Tisch auf dem Boden, auf dem Magazine über Musik und Popkultur ausgebreitet liegen. Benji nimmt an der Ecke des Tisches neben Haruka Platz und beginnt ihr Zimmer zu scannen. Dabei bemerkt er, dass es Haruka ein bisschen unangenehm ist, dass er sich intensiv umschaut. Er erblickt ihre Schuluniform die am Kleiderschrank an einem Bügel hängt, bestehend aus einem dunkelblauen Faltenrock mit Schottenkaros und ebenfalls einen dunkel Navy blauen Blazer, was ihn daran erinnert, dass Haruka ihn in Bezug auf die Überraschung, wie seine Schuluniform aussieht, hätte spoilern können, wenn sie ihn vorher schon Mal in ihr Zimmer eingeladen hätte. Ihr Schreibtisch wird überflutet mit Papierkram, der etwas unordentlich übereinandergestapelt ist, was die meiste Sicht auf ihr offenes Notebook dahinter verdeckt. Auf ihrem gemachten Bett sitzt ein wirklich riesiger Teddy Bär, der mit einem Lächeln aus dem Fenster ihrer Balkontür schaut. Seine Masse scheint die kleineren Kuscheltiere von Haruka in die hintere Ecke ihres Bettes zu drücken, die dort sich zu einem Haufen aus Plüsch zusammentürmen. Über dem Bett hängt ein größeres Poster über etwas, was für Benji wie Rhythmische Sportgymnastik aussieht, aber es wirkt schon strak verblasst, so dass es wohl schon länger ihre Wand ziert. Haruka hat eine beachtliche Sammlung von Büchern und Magazinen in ihren Regalen, die meisten wohl über Popkultur, Lernmaterial für die Schule, aber auch übers Kochen und Backen, sowie eine ganze Reihe Literatur mit dem Begriff Feminismus im Titel. Benji wirkt sehr beeindruckt, als Haruka versucht seine Aufmerksamkeit zu erlangen, indem sie mit ihrer Hand vor seinem Gesicht hin und her wedelt und seinen Namen ruft.

„Hey, bis du taub?" Fragt ihn Haruka mit einem beleidigten Gesichtsausdruck, weil Benji nicht auf sie zu reagieren scheint, während er bemerkt, dass er ihre Stimme wohl überhört hat beim ausführlichen Auskundschaften ihrer Einrichtung, was ihr ganz und gar nicht gefällt. „Hast du genug gesehen?"

„Oh, sorry!" Verteidigt sich Benji mit einem Grinsen. „Ich war von deiner Zimmereinrichtung abgelenkt."

Haruka schaut hastig und verlegen zur ihrer Kommode hinter sich, als ob Benji nicht wegräumte für alle sichtbare Unterwäsche von ihr erspäht hätte, was aber nicht der Fall ist, da alles zu ihrer Erleichterung in den Schubladen verstaut ist.

„Ich meine …, ich weiß nicht, ob das mit den Tierschutzvereinbarungen übereinstimmt?" Verweist Benji mit einem gespielten wissenschaftlichen Gesichtsausdruck auf ihren massigen Teddy Bär und versucht sie von ihrer Verlegenheit abzulenken. „Es sieht nämlich so aus, als wolle dein Teddy geradewegs aus dem Fenster springen, um ein Leben in der freien Wildbahn zu leben."

„Auf keinen Fall! Das ist Kuma-Kun und der beleibt bei mir!" Insistiert Haruka auf eine sehr niedliche Weise, was Benji sehr berührt, da sie anscheinend sich an seine Witze gewöhnt hat und sie bereits beginnt darauf einzugehen. „Er fühlt sich bei mir pudelwohl und darum möchte er gar nicht nach draußen!"

Während Haruka Benji angrinst, unterdrückt er ein Lachen, zu Megumi Verwirrung, die mit einem fragenden Blick zwischen Benji und Haruka hin und her schaut und nicht wirklich versteht, was hier vor sich geht, bis sie sich räuspert, um der beiden Aufmerksamkeit zu erlangen.

„Es scheint, als ständet ihr euch bereits sehr nahe." Vermutet Megumi mit skeptischen Blick. „Habe ich bereits irgendwas verpasst"

„Nö, nö! Nicht wirklich!" Antwortet Benji für beide untertreibend und Haruka fügt ausweichend hinzu. „Das ist nur Blödelei unter Geschwistern, nichts weiter."

„Wenn ihr meint." Schaut Megumi trotzdem weiter mit skeptischen Blick zwischen den beiden hin und her schaut. Die beiden schauen leicht ausweichend voneinander weg, als wären sie bei etwas ertappt wurden, bis Megumi Benji ihre Hand hinhält und plötzlich beginnt in einem leicht akzentuierten, aber sicheren Englisch zu sprechen. „Hi, Ich bin Megumi, es freund mich dich zu treffen!"

„Nett, dich ebenfalls zu treffen. Ich bin Benjamin Jirow!" Antwortet Benji überrascht mit seinem höflich klingenden Englisch, während er ihre weiche und zierliche Hand schüttelt dabei darauf achtend ihre Hand nicht zu fest zu drücken. Haruka schaut ein bisschen genervt auf den Handschlag der beiden. Sie scheint es nicht so toll zu finden, dass die beiden gerade beginnen auf English zu reden, da ihr Englisch wahrscheinlich nicht so gut zu sein scheint, wie Megumis, vermutet Benji und wechselt zurück auf Japanisch. „Ich bin beeindruckt über deine Sprachfähigkeiten, Megumi. Hast du im Ausland gelebt?"

„Danke!" Erwidert Megumi mit einem süßen Lächeln. „Meine Schwester hat eine lange Zeit in England gelebt, als sie in Cambridge studierte. Wir trainieren oft auf Englisch zu sprechen, damit ich besser werde, weil ich später auch einmal im Ausland studieren möchte. Aber leider kann ich kein Deutsch, darum habe ich es gerade auf Englisch versucht. Es ehrt mich, dass du es gut findest. Ich habe bereits so viel schon über westliche Gebräuche und Verhaltensweisen von meiner Schwester gelernt. So, sei einfach du selbst, ich versteh das schon."

Während Megumi weiter fast ohne Punkt und Komma von ihr und ihrer Schwester erzählt, kann Benji nur vor Begeisterung nicken. Sie beginnt ebenfalls viel über England und die Schule dort zu reden. Für Benji erscheint es so, als würde Megumi ihre Schwester sehr stark verherrlichen. Doch sie fragt Benji auch über Deutschland aus, das übliche Zeug eben, wie Essen, die Menschen und die Gesellschaft. Sie zeigt Benji gegenüber große Neugier und er versucht so gut es geht ihre Fragen zu beantworten, aber er registriert dabei, dass Haruka sich anfängt zu langweilen, die bereits ihren Kopf mit einer Hand abstützt, mit dem Ellenbogen auf dem Tisch gelegt und eine Schnute zieht. Benji versucht das Thema zu wechseln und schaut Haruka strahlend an.

„Ich wusste ja gar nicht, dass du Leute kennst, die am Ausland interessiert sind?!" Lächelt Benji sie an, um sie ins Gespräch mit einzubeziehen. „Hast du noch mehr solcher coolen Freunde?"

„Megumi und ich kennen uns schon seit der Mittelschule." Erklärt Haruka und versucht dabei eine direkte Antwort zu vermeiden. Ihre Stimme klingt dabei etwas unbehaglich. Sie schaut Megumi an und Benji schwört, dass ihre Augen beginnen leicht wässrig zu werden. Megumi erwidert mitleidig ihren Blick und nickt ihr still zu. Haruka senkt ihren Blick nach unten und beginnt so gefasst es geht zu reden. „Megumi ist meine einzige Freundin."

Haruka beginnt leicht mit den Tränen zu kämpfen, während sie weiter auf die Tischoberfläche starrt. Benji würde sie am liebsten gerade gerne in den Arm nehmen, lässt sich aber nicht dazu hinreißen und schaut sie nur mit einem mitleidigen Lächeln an.

„Das ist so nicht richtig!" Widerspricht ihr Benji im ernsthaften Ton und Haruka schaut ihn überrascht an. „Du hast jetzt zwei Freunde."

Haruka schaut ein bisschen verwirrt und Benji zeigt mit dem Finger zuerst auf Megumi und dann auf sich selbst und zeigt ihr schließlich zwei Finger, ein Peace-Zeichen. Harukas Verwirrung weicht einem Staunen und sie blickt zwischen Megumi und Benji hin und her.

„Ich bin jetzt auch dein Freund." Erklärt ihr Benji bestimmt. „Ich mein, wenn du damit einverstanden bist, natürlich."

Haruka fängt allmählich an zu begreifen, was er ihr gerade gesagt hat und schenkt ihm ein lächelndes Kopfnicken. Als sie darauf zu Megumi rüber schaut, nickt Megumi ihr zustimmend zu und streichelt ihr sanft über den Kopf, wie bei einem Kind. Sie sitzen nun da zusammen mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen, als Benji seinen vollen Namen von seiner Mutter gerufen außerhalb Harukas Zimmer hört. Er steht auf und macht isch auf zur Tür.

„Und nun, müsst ihr mich leider entschuldigen, meine neuen Freunde." Gibt sich Benji in einer vornehmen und überhöflichen Art und verbeugt sich kurz wie ein Butler zu den Mädchen. „Aber das Geschäft wartet."

Nachdem er den Raum verlassen hat schauen sich Haruka und Megumi kurz verwundert an und fangen an laut zu lachen. Megumi reibt sich kurz in den Augen, die ihr vor Lachen feucht geworden sind, hinter ihrer Brille und lächelt Haruka erleichtert an.

„Ich denke, er ist sehr nett." Fast Megumi ihre erste Begegnung mit Benji zusammen. „Und er ist irgendwie witzig."

„Ja, ist er!" Erwidert Haruka ein bisschen genervt. „Aber manchmal nervt er auch mit seinen Witzen."

„Aber du findest es gut, dass er sich als ein Freund von dir bezeichnet?!" Vermutet Megumi mit einem warmen Lächeln. „Obwohl er jetzt dein Bruder ist?!"

„Ja, das tue ich!" Bestätigt Haruka „Lieber als ein Freund, als ein Bruder."

„Du kommst doch zurück zur Schule?" Fragt Megumi sie hoffnungsvoll. „Oder willst du es nicht nach den Sommerferien nochmal versuchen?"

„Vater sagt, ich muss gehen." Antwortet Haruka niedergeschlagen. „Ich soll Benji helfen sich in der Schule einzufinden."

„Vertraust du deinem Stiefbruder?" Fragt Megumi sie erwartungsvoll. „Willst du es ihm nicht sagen?"

Haruka schweigt. Sie legt ihren Kopf auf ihre Arme auf den Tisch und starrt in den Raum. Megumi beginnt sie zu umarmen und legt ihren Kopf dabei auf Harukas Schulter.

„Ich vermisse dich Haruka. Bitte komme wieder zurück." Gesteht ihr Megumi liebevoll, aber leicht betrübt. „Rede mit ihm. Sag ihm was passiert ist. Du musst ihm ja nicht alles erzählen, aber früher oder später wird er es sowieso erfahren. Zeig ihm, dass du ihm vertrauen möchtest."

Haruka kuschelt sich mit ihrem Kopf an Megumis und stimmt ihr mit einem Schniefen schweren Mutes zu.

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Ein wenig zuvor sitzen Eri und Noboru Seite an Seite am Küchentisch, während Mei ihnen gegenüber Platz genommen hat. Nachdem Eri ihnen allen eine Tasse Kaffee serviert hat, reden sie über Benji, seiner Ankunft, seine ersten Tage zu Hause, seine Beziehung zu seinen Stiefschwestern, besonders die zwischen ihm und Haruka, aber auch über sein Leben in Deutschland und seine Leistungen in seiner alten Schule. Sie ist sehr interessiert an seinen Sprachfähigkeiten, besonders in Englisch. Als Noboru beginnt Mei über die Klasse der beiden zu befragen, pausiert Mei kurz das Gespräch und weicht vorerst einer Antwort aus, da sie leicht verlegen fragt, ob es ihnen was ausmachen würde, wenn sie hier drinnen raucht. Nachdem Noboru ihr ihren Wunsch gestattet, holt Eri einen Aschenbecher von der Terrasse und als Mei sich eine Zigarette ansteckt, will sich Eri gerade selber eine aus ihrer Packung nehmen, zu Mei Überraschung, dass Eri auch raucht. Mei bietet ihr eine von ihren an, die Eri dankend annimmt. Als Eri den ersten Zug genommen und ausgeatmet hat, merkt sie den zu ihr rüber schielenden skeptischen Blick von Noboru und verdreht drauf hin genervt die Augen, während sie ihre Zigarette in der Hand kerzengerade nach oben hält. Noboru reagiert mit einem leichten Grinsen in seinem Mundwinkel. Mei schaut analysierend zwischen den beiden kurz hin und her, während sie nochmal einen großen Schluck aus ihrer Kaffee Tasse nimmt und diese dann langsam absetzt, bevor sie nochmal selber an ihrer Zigarette zieht.

„Nun, sicher. Das Problem liegt nicht am Personal unserer Schule." Beginnt Mei mit ihrer Antwort auf Noborus letzter Frage. Sie versucht das angesprochene Thema zu umgehen, indem sie ihr Institut vor möglicher Kritik verteidigt. „Wir sind alle bestens drauf trainiert mit Empathie und Verständnis auf unsere Schülerschaft zu reagieren. Wir haben das Wort International in unserem Schulnamen. So sind wir offen genug für Schülerinnen und Schüler mit Auslanderfahrung. Es wahrlich eine Schande, dass es nicht mehr gibt, wie Benji. Es würde für ich vieles leichter machen."

„Niemand greift die Bemühungen und Kompetenzen ihres Institutes an, Hasegawa-Sensei." Versucht Noboru Mei zu beschwichtigen. „Wir sind nur etwas beunruhigt, dass Haruka und Benjamin Jirow in die selbe Klasse gehen. Er könnte in Angelegenheiten mit hineingezogen werden, mit denen er nichts zu tun hat und seine Adaption erschweren könnten."

„Ich verstehe, was sie sagen wollen." Erwidert Mei versöhnlich. „Ich habe mir gewünscht, dass ihr Sohn in meine Klasse kommt. Aber wir haben das im Kollegium diskutiert und ich stimme dem zu, dass es für beide das Beste ist, wenn sie die gleiche Klasse besuchen, so können sie sich gegenseitig unterstützen. Eine Trennung der beiden steht daher außer Frage. Und wie ich es bereits vor den Sommerferien erwähnt habe, können wir Haruka nicht aus der Klasse rausnehmen. Es würde das Problem nicht lösen, eher vielleicht sogar noch schlimmer machen."

„Wir haben es ihnen ja eben bereits erzählt. Die beiden stehen sich bereits ungewöhnlich nahe." Schaltet sich Eri in das Gespräch mit ein und pustet einen weiteren Ring aus Rauch in die Luft. „Ich kenne meinen Sohn. Er wird für sie tun, was er kann. Er ist schon immer so und das wird er nicht ändern, nur, weil er jetzt in einem anderen Land lebt."

„Und das ist der Grund, warum die beiden zusammenbleiben sollten." Fügt Mei mit einem freundlichen Lächeln Eris Kommentar hinzu. „Schauen sie, die Freundschaften und Cliquen in der Klasse haben sich bereits gebildet, und obwohl sie nicht endgültig sind, ihre Kinder haben dadurch die Möglichkeit, ihre eigene Gruppe von Freunden zu schmieden, zusammen mit meiner Schwester. Sie hat gesagt, dass sie ihnen helfen wird, als Harukas Freundin und als Klassensprecherin. Sie hat es mir versprochen. Also denke ich, dass alles gut werden wird."

„Ich hoffe, sie haben recht." Gibt sich Noboru nachdenklich und er und Eri schauen sich etwas besorgt gegenseitig an. „Die beiden werden es nicht leicht haben und können jede Hilfe gebrauchen."

„Ich bin da zuversichtlich optimistisch." Erwidert Mei mit einem breiten Lächeln. „Keine Sorge. Zur Not habe ich mir einen Back-Up-Plan ausgedacht, doch zuvor geben wir dem Ganzen so einen Versuch."

„Haben sie vielen Dank, Hasegawa-Sensei." Verbeugen sich Eri und Noboru zusammen respektvoll. „Danke für all ihren Mühen und Aufwand."

„Schon gut, dass Schulde ich ihnen, nachdem was sie für mich und meine Schwester getan haben." Gibt sich Mei bescheiden mit beiden Händen beruhigend nach oben. Daraufhin zieht sie noch ein letztes Mal an ihrer Zigarette und drückt sie schließlich im Aschenbecher aus. „Wenn dann alles soweit geklärt ist, würde ich jetzt gerne ihren Sohn unter vier Augen sprechen."

Eri und Mei gehen zusammen nach oben, doch finden sein Zimmer leer vor. Eri ruft nach ihrem Sohn mit vollem Namen, ein Zeichen, dass es ihr um etwas Ernstes geht, und Benji kommt zu ihrer Überraschung aus Harukas Zimmer. Mei fragt Benji, ob sie in seinem Zimmer reden können, was Benji nicht stört und sie gehen hinein, während Eri die beiden allein lässt. Benji bietet Mei seinen einzigen Stuhl am Schreibtisch an und setzt sich selber auf sein Bett. Nachdem Mei Platz genommen hat, erzählt sie ihm von seiner neuen Schule, seinen Fächern und überreicht ihm mit einem peinlich berührten Lächeln einen schlampig zusammengefalteten Stundenplan aus ihrer Handtasche mit der Bitte sie deswegen nicht zu verurteilen.

„So, du hast dich also mit meiner Schwester unterhalten?!" Vermutet Mei und neigt ihr lächelndes Gesicht zur Seite mit beiden Händen gefaltet als würde sie beten. „Ich hoffe ihr werdet gute Freunde."

„Ja, ich bin von ihr sehr beeindruckt." Gesteht ihr Benji begeistert. „Sie scheint sehr nett zu sein und besonders schlau. Ich finde es toll, dass sie und Haruka gute Freunde sind. Ich hoffe das gilt auch irgendwann für mich. Bei beiden."

„Das ist schön zu hören." Erwidert Mei lächelnd. „Ich bin sehr stolz auf sie. Du musst wissen, sie ist deine Klassensprecherin. Darum solltest du gut auf sie hören und ihre Meinung respektieren."

„Das werde ich. Sie wirkt bereits sehr erwachsen." Stimmt ihr Benji beeindruckt zu. „Ist sie sehr beleibt in der Klasse?"

„Nun, ich würde sagen, dass sie sehr … engagiert ist." Sucht Mei nach dem richtig Wort Megumi zu beschreiben. „Es war ihr sehr wichtig, diese Position zu erhalten. Aber ja, ihre Mitschülerinnen und Mitschüler in der Klasse respektieren sie und schauen zu ihr auf."

„Aber, sie ist nicht so gut Freundschaften zu machen." Spekuliert Benji mit einem Grinsen. „Denn sie und Haruka wirken etwas einsam auf mich."

„Oh, das hast bereits gemerkt." Erwidert Mei beeindruckt. „Ja, sie ist sehr auf ihre Pflichten fokussiert und vernachlässigt dadurch ihre sozialen Kontakte. Doch sie und Haruka sind dafür wirklich sehr gute Freunde."

„War nur eine Vermutung." Gesteht Benji ehrlich. „Ich denke es ist besser ein paar wirklich gute Freunde zu haben, als viele Falsche. Ich schätze das ebenfalls."

„Ich bin echt von dir beeindruckt, Benjamin Jirow-Kun." Gibt Mei mit einem Augenzwinkern zu. „Ich freu mich bereits darauf, wenn du nach den Sommerferien zur Schule kommst."

„Ich hoffe, es wird nicht zu heiß sein, um meinen Blazer zu tragen." Grinst Benji Mei an.

„Ha, ha. Das scheint dir sehr wichtig zu sein." Lacht Mei hinter vorgehaltener Hand, wird aber schnell wieder ernster und hebt ihren Zeigefinger, um Benjis Aufmerksamkeit zu erhalten. „Ein letzter Ratschlag: Du solltest mit deinem Alter zurückhaltend vorgehen. Sie wissen, dass du etwas älter bist, aber es wäre vielleicht etwas verwirrend für einige zu wissen, dass du genauso alt bist wie deine Senpais aus dem dritten Jahrgang. Obwohl dein Alter natürlich keine Rolle spielt, du bist im ersten Jahr und so der Kohai von allen Jahrgängen über dir. Das ist dir doch bewusst?!"

„Ich verstehe." Grinst sie Benji verschmitzt an. „So wie sie ihr Alter nicht erwähnt haben, Hasegawa-Sensei."

„He, he!" Lacht Mei ein wenig verlegen, aber mit einem ernsten Blick. „Das Alter einer Frau, ist das letzte Geheimnis was sie offenbaren sollte."

Benji lächelt ihr immer noch grinsend zu, worauf Mei ihm mit einem Auge zuzwinkert.

„Oh, das habe ich fast vergessen. Da ist doch noch eine letzte Sache." Erinnert sich Mei. „Bist du damit einverstanden, in der Schule nur deinen Japanischen Namen zu verwenden? Ich weiß, du magst deinen Spitznamen, wie mir deine Mutter erzählt hat, aber es für alle leichter, wenn wir dich nur Jirow-Kun nennen können, weißt du?!"

„Ja okay!" Antwortet Benji, während er damit kämpft nicht allzu enttäuscht rüber zu kommen, weil er seinen geliebten Spitznamen nicht nutzen darf. „In Deutschland haben sie mich auch nur bei meinem deutschen Vornamen genannt, weil es für alle einfacher war. Ich weiß also was sie meinen. Also verwenden wir in Japan meinen japanischen Namen, das ist dann halt so."

„Das ist gut!" Nickt ihm Mei zufrieden zu. „Wir sehen uns dann am Ende des Sommers, Jirow-Kun. Komm einfach zum Lehrerzimmer und frag nach Kawashima-Sensei an deinem ersten Schultag, okay?!"

Benji zeigt ihr mit einem Nicken, dass er ihre Instruktionen verstanden hat, worauf Mei abschließend in ihre Hände klatscht und damit ihr Gespräch beendet. Vorbildlich geleitet Benji sie zu Tür hinaus und Mei lässt sich von ihm zu Harukas Zimmer führen, um Megumi abzuholen, wo sie leicht an der Tür anklopft und nach einer kurzen Wartezeit, in der keine Reaktion folgt, vorsichtig das Zimmer betritt. Mei und Benji erblicken, wie Haruka immer noch auf ihrem Platz am Tisch sitzt, aber diesmal mit ihrem Gesicht in ihren Armen vergraben und deutlich am Schluchzen und Wimmern. Megumi versucht sie mit sanften Tätscheln auf ihren Kopf zu beruhigen, aber schaut dabei sehr verzweifelt aus. Als sie Mei bemerkt, kommen auch ihr fast vor Hilflosigkeit die Tränen. Mei schaut die beiden mitleidig an und gibt einen tiefen Seufzer von sich.

„So schlimm also?!" Sagt Mei mehr zu sich selbst, als zu Megumi und stoppt Benji mit ihrer Hand, der gerad die Intention verspürt sich um Haruka zu kümmern. „Lasst ihr mich mit Haruka mal allein? Ihr könnt unten warten. Das könnte vielleicht etwas dauern."

„Aber Nee-San." Insistiert Megumi verwundert. Doch Mei winkt sie kommentarlos die Tür hinaus und schließlich gibt sie und Benji klein bei und beide verlassen, auch wenn sehr zögerlich, das Zimmer, während Mei hinter ihnen die Tür zu macht. Benji und Megumi gehen mit ständigen Blicken zurück zu Harukas Zimmer langsam die Treppen hinunter.

„Was war los?" Fragt Benji Megumi verwirrt. „Sie war doch guter Dinge, als ich gegangen bin."

„Du kennst Haruka noch nicht wirklich, weißt du?!" Wirft Megumi ihm niedergeschlagen vor. „Sie war schon immer, … wie sage ich es am besten … ein Cry Baby."

„Du meinst, sie ist schnell den Tränen nahe." Versucht Benji sie zu verstehen. „Ich habe mich schon so was Ähnliches gefragt. Sie bekommt schnell feuchte Augen. Aber ich dachte, dass wäre bei ihrer Vorgeschichte nichts Ungewöhnliches."

„Was genau weißt du eigentlich schon über sie?" Fragt Megumi ihn leicht vorwurfsvoll. „Sie hat gesagt, dass sie dir noch gar nichts erzählt hat. Wie kommst du darauf, dass du sie besser kennst als ich."

„Tut mir leid, wenn ich mich, als ihr Bruder, als einen, ihr nahe stehenden Menschen betrachte." Verteidigt sich Benji leicht gereizt von Megumi vorwürfen. „Warum erzählst du mir denn dann nicht, was wirklich mit ihr los ist, wenn du ihre beste Freundin bist."

„Das soll sie dir selber sagen. Beweise ihr, dass sie dir vertrauen kann." Weist Megumi ihn zurecht. „Ich musste mir auch ihr Vertrauen hart verdienen, da reichen ein paar blöde Witze sicherlich nicht aus."

„Kann sein, dass ich da ein wenig Eifersucht mir gegenüber verspüre?" Vermutet Benji mit fragendem Blick und einem leicht sarkastischen Unterton, worauf Megumi ihn kurz entsetzt anschaut und sich mit einem Uff beleidigt auf die zweitunterste Treppenstufe setzt und mit beiden Fäusten gekränkt ihr Gesicht abstützt. Nachdem sie Benji weiterhin anschweigt, nimmt er ebenfalls genervt und trotzig neben ihr Platz und spiegelt ihre Haltung. „Gut, dann sitzen wir das eben aus."

Inzwischen hat Mei auf Harukas Bett Platz genommen und schaut weiter mitleidig auf eine immer noch schniefenden Haruka, die sich langsam beginnt wieder zu fangen.

„Und, geht es dir jetzt wieder was besser?" Fragt Mei sie mitfühlend. „Du hast Megumi einen richtigen Schrecken eingejagt. Das kann ich dir sagen. Ich habe sie schon lange nicht mehr so aufgelöst gesehen."

„Das tut mir leid. …schnief… Das wollte ich nicht." Entschuldigt sich Haruka niedergeschlagen, was es ihr nicht leichter Macht wieder gefasster zu werden. „Es kam nur alles wieder hoch, als ich mit ihr alleine war."

„Es ist hart, was du erlebt hast, Haruka. Aber denkst du nicht, dass es auch hart ist für Megumi dich so niedergeschlagen zu sehen, wenn sie dich dann mal wieder zu Gesicht bekommt." Versucht Mei ihr vorsichtig aufzuzeigen. „Sie vermisst dich wirklich sehr. Und sie versteht nur schwer, warum du sie nicht sehen willst, auch wenn sie nichts für deine Situation kann."

„Ich weiß, tut mir leid. Ich versuche ja, mich zu motivieren. … schnief … Es ist nur so schwer." Kapituliert Haruka schluchzend und kämpft damit nicht schon wieder direkt loszuheulen. „Megumi versucht mir zu helfen wo sie kann, auch wenn sie mir nur Nachrichten schreibt. Aber gleichzeitig erinnert es mich immer wieder an die Zeit vor den Sommerferien. Was soll ich denn nur tun, Hasegawa-Sensei."

„Hey, du weißt doch, wenn wir unter uns sind, kannst du mich Mei nennen." Erinnert sie Mei ermutigend und freundlich daran, dass sie Harukas Familie besonders nahesteht. Haruka nickt ihr jedoch nur mit einem Lächeln kämpfend zu, worauf sich Mei mit einem Seufzer in ihrem Zimmer umschaut, auf der Suche nach einer Motivationsquelle. „Ich sehe, du hast deine Schuluniform rausgehangen. Versuchst du dich dadurch vorzubereiten?"

„Ja, ich konfrontiere mich täglich damit. …schnief … Aber es ist nur ein Versuch." Erklärt Haruka leicht gefasster aber immer noch schniefend und reibt sich die feuchten Augen trocken. „Megumi hat mir das Vorgeschlagen. Wenigstens kann ich sie jetzt wieder anziehen ohne direkt loszuheulen."

„Wirklich clever von ihr." Gibt Mei beeindruckt zu. „Das hat sie selber auch immer gemacht, als … du weißt schon … als unsere Eltern gestorben sind. Sie hat sich ein Bild von ihnen immer wieder täglich eine Stunde lang angeschaut, bis sie es betrachten konnte ohne zu weinen. Vielleicht ist es, wie man so sagt, dass die Zeit alle Wunden heilt. Aber die ständige Konfrontation mit etwas Schmerzhaften, kann einem sicher mehr helfen, als davon wegzulaufen." Erzählt ihr Mei in der Hoffnung Haruka dadurch aufzumuntern. „Du hast viel Schmerz in der letzten Zeit erlebt, Haruka. Ich denke es ist Zeit aufzuhören davon wegzurennen."

Doch Haruka kann nicht mehr auf Meis Worte reagieren, denn sie hat bereits wieder begonnen bitterlich zu weinen. Enttäuscht ärgert sich Mei, dass sie zu Haruka nicht durchgedrungen ist und es vielleicht sogar wieder schlimmer gemacht hat und stützt ratlos mit einem Seufzer ihren Kopf mit einem Arm auf ihren Knie ab.

Megumi und Benji sitzen mittlerweile immer noch schmollend nebeneinander auf den untersten Treppenstufen. Als Eri die beiden beim vorbei gehen darauf anspricht was los ist, antworten beide nur unisono: Haruka, worauf Eri besorgt die Treppe hinaufblickt, aber sofort versteht, das Mei sich gerade um sie zu kümmern versucht. Mit einem Seufzer geht sie zurück in die Küche, wo Noboru und Yumiko gemeinsam das Abendessen vorbereiten. Benji hört, wie Eri mit Noboru kurz über Haruka spricht, versteht aber nur, dass beide sehr besorgt um sie sind. Benji schielt heimlich rüber zu Megumi, die zwar nicht mehr beleidigt wirkt, aber ebenfalls sehr besorgt.

„Ich meinte eben übrigens ihre Mutter." Versucht Benji Megumi zu erklären. „Sie hat es mir noch nicht erzählen können. Aber ich weiß, wie hart es ist einen geliebten Menschen zu verlieren. Mein Vater ist auch gestorben, allerdings habe ich bereits mehr Zeit gehabt mit meiner Trauer umgehen zu können, als sie, so viel weiß ich schon."

„Das … das wusste ich nicht, … tut mir leid!" Entschuldigt sich Megumi reumütig. „Ich war da vielleicht etwas zu hart zu dir. Aber du bist nicht der Einzige, der neben Haruka, mit Verlust zu kämpfen hat. Meine Eltern sind beide Tod, und ich habe nur noch meine Schwester und Haruka."

„Mein Beileid." Versucht Benji so ehrlich wie möglich zu klingen, doch Megumi nickt seiner Bekundung nur leicht mit dem Kopf zu. Seufzend schaut Benji sie mit einem ernsten und überlegenden Blick an. „Weißt du, …und dass meine ich jetzt nicht als Witz oder Beleidigung, … aber dies sollte wirklich kein Wettbewerb sein, wer den größten Verlust zu verzeichnen hat. Meinst du nicht auch? Sollten wir uns nicht lieber gegenseitig unterstützen, als miteinander zu konkurrieren. Und außerdem, brauchst du nicht eifersüchtig auf mich sein. Du bist ihre beste Freundin, das ist mir klar. Aber du solltest akzeptieren, dass ich ab jetzt auch ihr Stiefbruder Schrägstrich Was-auch-immer-guter-Freund bin. Kannst du das?"

„Wo hast du das her? Aus einem Buch aus Deutschland?" Schielt Megumi mit einem leichten Grinsen zu Benji rüber. „Oder hast du dir das gerade ausgedacht?"

„Nun, ich habe mich mal mit dem Schreiben von Songtexten versucht." Gesteht Benji gespielt bescheiden. „Ist aber nichts draus geworden. Ich spiele lieber Songs, wofür es die Texte schon gibt."

„Abgemacht!" Reicht Megumi ihm erneut ihre Hand und zwinkert ihm zu, während Benji sie nur skeptisch mit fragendem Blick anschaut. „Na, du weißt schon, dass wir uns gegenseitig unterstützen und nicht um Haruka konkurrieren, oder wie du es gesagt hast."

„Okay?!" Erwidert Benji zögerlich ihren Handschlag. „Klingt gut. Und das soll ich wirklich gesagt haben?"

Megumi muss sich ein Lachen verkneifen, doch als Benji sie verwirrt anlächelt, kann sie sich nicht mehr halten und Benji muss darauf hin auch mitlachen.

Mei hat Haruka inzwischen geholfen aufzustehen und sich in ihr Bett zu legen. Fürsorglich deckt Mei sie zu und bleibt dabei an ihrer Seite auf dem Bett sitzen. Haruka hat zwar aufgehört zu weinen, doch sie starrt mit feucht funkenden Augen verzweifelt in die Leere de Raums. Mei positioniert sich mit dem Rücken zu ihr und versucht erneut das Wort an sie zu richten, während sie nach nichts bestimmten suchend sich im Zimmer umschaut.

„Ich beneide dich um deine Familie wirklich sehr, Haruka." Probiert Mei weiter positiv auf Haruka einzuwirken. „Ich glaube, dass dein Vater und deine neue Stiefmutter sehr glücklich miteinander sind. Sowas hätte ich auch gerne bereits gefunden. Und einen Stiefbruder, wie deinen, hätte ich auch gerne für mich. Es ist sicher toll, wenn so jemand plötzlich einfach in dein Leben tritt. Meinst du nicht auch, Haruka?"

„Wieso sagen sie das, Mei-San?" Murmelt Haruka verwundert. „Sie haben doch Megumi. Ich verstehe mich nicht so gut mit meiner Schwester, wie sie beide."

„Nur nicht so förmlich Kleines, Mei reicht völlig aus." Erklärt ihr Mei versöhnlich. „Dafür scheinst du dich mit deinem Stiefbruder bereits bestens zu verstehen. Oder täusch ich mich da?"

„Benji ist voll cool." Gibt Haruka schwärmerisch zu. „Ich wünschte, ich wäre mehr, wie er. Natürlich, ohne die ganzen blöden Witze, verstehen sie … verstehst du?"

„Nun, ha, ha, vielleicht färbt ja irgendwas von ihm auf dich ab." Spekuliert Mei hoffnungsvoll mit einem Lachen. „Den Humor scheinst du ja schon übernommen zu haben."

„Oh mein Gott, sie … du hast recht." Erkennt Haruka verblüfft. „Jetzt mach ich auch schon so dämlich Bemerkungen, wie er. Ist das heilbar?"

„Tut mir leid, Kleines, aber ich fürchte du bist bereits von ihm infiziert wurden, jetzt musst du dadurch." Witzelt Mei herum und dreht sich kurz zu ihr um mit einem fragenden Blick. „Vertraust du ihm denn?"

„Das hat Megumi mich auch schon gefragt." Gibt Haruka leicht beklommen zu. „Sie hat gesagt, ich soll ihm über mich erzählen."

„Wirst du es tun?" Fragt Mei mit erwartungsvollen Blick auf die Zimmerdecke. „Was hält dich davon ab?"

„Ich habe Angst, Mei." Gesteht Haruka leicht verzweifelt. „Angst, wieder verletzt zu werden, wie auch immer. Was soll ich tun, Mei-San? Ich weiß es nicht."

„Das kann ich dir auch nicht sagen, Haruka." Seufzt Mei vor sich hin. „Aber ich kann dir sagen, was ich weiß. Und das ist, dass du offensichtlich besser gelaunt bist, seitdem wir angefangen haben über deinen Stiefbruder zu reden. Reicht dir das, als Denkanstoß?"

„Sie … du meinst, ich bin sowas wie in ihn verliebt?" Wundert sich Haruka mehr über sich selbst, als über Meis Worte. „Er ist wirklich sowas wie eine Krankheit."

„Soweit würde ich jetzt nicht gehen." Verbesset Mei sie. „Aber ja, du scheinst ihn sehr zu mögen. Und verletzen tun wir uns immer Haruka, egal ob wir uns mögen oder nicht. Meinst du nicht, er hat es verdient, dir zur zeigen, dass du ihm trauen kannst?"

„Ich habe ihm bereits gesagt, dass ich ihm vertraue." Gesteht Haruka leicht verlegen. „Ich schaffe es nur noch nicht … nur noch … nicht …"

„Du hast es ihm nur noch nicht geschafft zu zeigen. Verstehe." Führt Mei Haruka Satz zu Ende. „Dann weißt du ja, was du jetzt zu tun hast, oder Haruka? … Haruka? … Hey Haruka?! … Tsss, Eingeschlafen?!"

Als Mei sich zu Haruka umdreht, ist sie bereits leicht am Schnarchen. Mei richtet Harukas Decke nochmal ordentlich über sie und steht auf, um ihr Zimmer zu verlassen. Haruka beginnt dabei scheinbar im Schlaf vor sich hinzumurmeln.

„Sensei?! … Bitte sagen sie Benji nicht, dass ich ihn mag!" Fleht Haruka Mei im Halbschlaf an. „Und Megumi bitte auch nicht, ja?! … Und sagen sie meinen Vater, er soll mir Medizin gegen meinen Stiefbruder holen! Bitte! Ich danke ihnen … dir, Mei-San."

Bevor Mei auf Harukas Worte reagieren kann, ist sie bereits wieder eingeschlafen. Mit einem Lächeln verlässt die ihr Zimmer und zieht die Tür hinter sich zu. Als sie die Treppen hinuntergeht, drehen sich Benji und Megumi zu ihr um und schauen sie erwartungsvoll und fragend an. Mei muss kurz seufzen, als sie in die Gesichter der beiden sieht.

„Sie schläft jetzt. Sie konnte sich wieder etwas beruhigen." Erzählt Mei ihnen beruhigend. „Am besten ihr lasst sie für heute in Ruhe."

„Können wir irgendwas tun?" Fragt Megumi leicht verzweifelt nach und Benji ergänzt besorgt. „Wir wollen ihr doch auch nur helfen."

„Ihr beiden habt tatsächlich schon einiges für sie getan." Lobt Mei Benji und Megumi ehrlich. „Gebt ihr etwas Zeit und drängt euch ihr nicht auf. Und vor allem kommt euch selber dabei nicht in die Quere, versteht ihr?"

„Äh … was das angeht, so haben wir uns bereits ausgesprochen." Gesteht Benji verwundert mit einem geschielten Grinsen zu Megumi rüber und Megumi pflichtet mit einem Lächeln Benji bei. „Wir haben eine Abmachung getroffen, dass wir uns unterstützen werden für Haruka."

„Das klingt doch schön." Freut sich Mei verzückt. „Solange sie auf euch zählen kann, wird sie es sicher schaffen."

Mei unterrichtet schließlich noch Eri und Noboru, über ihr Gespräch mit Haruka, gibt sich aber zur Beruhigung der Eltern äußerst zuversichtlich, dass Haruka bald wieder die alte sein wird. Noboru bietet ihnen noch an zum Essen zu bleiben, doch Mei schlägt das Angebot freundlich aus, mit der Begründung heute Abend noch eine weitere Verabredung einhalten zu müssen. Mit quietschenden Reifen sehen die Kawasakis, versammelt an der Tür, außer Haruka, schließlich die beiden Hasegawa Schwestern davon düsen. Daraufhin gesellen sich alle an den Küchentisch zum Essen. Haruka jedoch, wird ihr Zimmer heute nicht mehr verlassen, vermutet Benji enttäuscht.

µ µ µ

Ein paar Tage nach dem Besuch der Hasegawa Schwestern zieht Benji zum ersten Mal seine Schuluniform probeweiser an, um zu schauen, ob sie ihm passt. Zwar gefällt ihm das, was er im Spiegel sieht, doch er macht sich wirklich Sorgen, dass er Ende der Sommerferien wegen der anhaltenden Hitze nicht in der Lage sein wird den Blazer zu tragen, dabei ist ihm sein erster Eindruck besonders wichtig. Und ein Jackett scheint ihm da wirklich die passende Variante, als ein bloßes kurzarmiges Hemd. In den nächsten Tagen testet er mehrere Male im heißen Sonnenschein in komplette Montur auf dem Balkon, wie es sich darin aushalten lässt. Einmal wird dabei von Haruka angetroffen, die auf ihrem Balkon nebenan erscheint, während er in aller James Bond Manier in einer coolen Pose mit verschränkten Armen gegen sein Geländer gelehnt sich die Sonne auf den Pelz brennen lässt. Als sie ihn verwirrt fragt, was er da macht, antwortet er einfach: Experimentieren. Worauf sie genervt, mit schüttelndem Kopf wieder in ihrem Zimmer verschwindet. Doch nach einigen schwitzenden Testdurchläufen gibt es Benji schließlich auf und hofft heimlich, dass es am ersten Schultag wesentlich kälter sein wird. Als die letzte Woche der Sommerferien schließlich vor ihm liegt, steigt Benjis Nervosität langsam an und beginnt seine positive Aufregung zu überschatten. Er hat in vergangenen Tagen nicht viel mit Haruka geredet. Etwas scheint sie zu besorgen. Ob es mit ihrem Heulanfall von neulich zu tun hat, spekuliert Benji. Er versucht sie bei jeder Gelegenheit aufzumuntern, doch Haruka zieht sich öfters in ihr Zimmer zurück und hält ihre Gespräche mit Benji kürzer als gewöhnlich. Benji glaubt langsam, dass sie ihm absichtlich aus dem Weg geht, aber er will sie nicht bedrängen, sich ihm anzuvertrauen. Er erinnert sich selbst daran, dass er ihr mehrmals gesagt hat, dass sie von sich aus zu ihm kommen kann, wenn sie sich bereit fühlt. Um sich von seinen Sorgen etwas abzulenken probiert er das erste Mal seit er in Japan ist mit Julia per Video Chat zu sprechen. Zum Glück finden beide schnell per Email einen geeigneten Termin für beide, trotz Zeitunterschied. Benji ist froh endlich mal wieder mit jemanden in seinem Alter Deutsch zu sprechen und nach der üblichen Begrüßung und Julias ausführlicher Berichterstattung über die aktuellen Ereignisse in ihrer Familie und ihrer Band, auf Benji ausdrücklichen Wunsch hin, ist Julia so wild da drauf, wie Benji erste Zeit in Japan war, dass sie von ihm keine weiteren Fragen über Deutschland mehr zulässt. Etwas zierend beginnt er sie auf den neusten Stand zu bringen und Julia hört ihm gebannt zu, ohne ihn auch nur einmal zu unterbrechen. Als er fertig ist, sitzt er einer Julia mit runtergeklappter Kinnlade gegenüber, die erstmal alles verarbeiten muss, was sie gehört hat und noch keine passenden Worte findet, dass Gespräch fortzusetzen, was wirklich nicht oft vorkommt.

„Ihr nennt euch bereits beim Spitznamen?!" Entgleist es Julia schließlich nachwirkend überrascht. „Dann seid ihr ja schon so gut wie verlobt."

„Was denn? Das ist alles was von Alldem bei dir hängen geblieben ist." Erwidert Benji etwas genervt über die kontinuierliche Thematisierung der Beziehung von Haruka und ihm. „Vorsicht Fräulein Lehmann, mach mir hier jetzt nicht die Yumiko. Ich muss mir schon genug Unterstellungen anhören. Haruka geht es auch auf die Nerven. Wir sind kein Paar."

„Ach Benni, sei doch nicht so. Du stehst doch auf den Schwestern Typ. Denk nur an Sarah." Zieht ihn Julia weiter auf. „Außerdem beginnen doch in jedem zweiten Manga die schönsten Romanzen zwischen zwei Menschen, die zuerst behaupten kein Pärchen zu sein. He, he, he."

„Alles klar Julia. War schön mit dir zu reden." Will sich Benji genervt von ihr Verabschieden. „Wir sehen uns dann, irgendwann mal wieder."

„Hey, hey! Warte doch mal! Was soll das!" Versucht Julia aufgeregt ihn zu überreden nicht aufzulegen, was Benji auch nicht wirklich vorgehabt hat. Aber Julia hat den Hinweis verstanden. „Ich hör ja schon auf. Wunder Punkt, häh?!"

„Ich will ihr einfach nur ein guter Freund sein, mehr nicht." Gesteht ihr Benji ernst. „Ich will nicht wieder den selber Fehler machen, wie beim letzten Mal. Haruka ist meine Stiefschwester und eine gute Freundin, und das soll auch so bleiben. Meine zukünftige Freundin suche ich wo anders. Vielleicht lerne ich ja jemanden in der Schule kennen. Aber Haruka ist tabu, auch wenn ich zugeben muss, dass sie schon verdammt süß ist."

„Benni mein Lieber, lass dich nicht beirren. Du hattest ein bisschen Pech und das war es." Versucht ihn Julia aufzumuntern. „Du findest schon jemanden, der dir keine falschen Illusionen macht. Du packst das schon."

„Danke dir, Juli." Zeigt sich Benji geschmeichelt. „Bist du bereit für den letzten heißen Scheiß?"

„Was? Sag bloß, sie ist da." Versteht Julia sofort, was er meint. „Zeig her, zeig her!"

Benji steht auf und geht zu seinem Schrank und holt seine Schuluniform die er mittlerweile an einem Kleiderbügel in seinem Schrank hängen hat. Er bringt zu seinem Notebook, damit Julia sie besser sehen kann. Julia ist hin und weg, als Benji sich demonstrativ seinen Blazer anzieht.

„Wow, wie cool! Der steht dir so gut." Lobt Julia ihn etwas neidisch. „Und die für Mädchen?"

„Dunkelblauer Rock mit Schottenkaros." Beschreibt Benji die Uniform für seine Mitschülerinnen. „Wird dir gefallen."

„Ich kann es kaum erwarten." Schwärmt Julia von ihrem hoffentlich bald erfolgenden Besuch von Benjis Schule. „Du bist ein zu beneidender Mistkerl, Benni. Erst zwei niedliche Schwestern, wovon sich eine direkt mit dir anfreundet und dann eine heiß aussehende Schuluniform."

„Ja, ja. Dein Neid ist mir gewiss." Wimmelt Benji ihre Schwärmerei ab. „Sag mir lieber mal, was ich in Bezug auf Harukas Verhalten machen soll. Meinst du ich mache das Richtige und warte besser ab?"

„Mmmh, ich denke schon." Vermutet Julia. „Irgendwas muss ja vor deiner Ankunft vorgefallen sein. Nachdem, was du mir erzählt hast, gibt es vielleicht einen rachsüchtigen Exfreund oder sie hat eine Affäre mit einem Lehrer gehabt, oder womöglich beides. Aber ich hoffe natürlich weder noch."

„Kann es ein, dass du dich wieder zu sehr an irgendwelchen Mangas oder Animes orientierst?" Wirft Benji ihr skeptisch vor. „Egal was es ist. Was ist, wenn sie nicht mit mir darüber reden will. Oder erwartet sie, dass ich sie darauf anspreche? Ich fühle mich etwas ratlos."

„Keine Bange, du machst das schon richtig." Stimmt ihm Julia zu. „Ich kann sie schlecht einschätzen, aber ich glaube, sie wurde in ihrem Vertrauen missbraucht und ihr fällt es wahrscheinlich dadurch noch schwerer jetzt wieder jemanden zu trauen. Aber sie scheint dich sehr zu mögen, also gib ihr noch was Zeit, auch wenn ihr euch bereits sehr schnell angefreundet habt. Sie wird auf dich zukommen, vertrau mir."

„Ach danke, Juli. Mir fällt ein Stein von Herzen." Gibt sich Benji erleichtert. „Was wäre ich nur ohne dich."

„Ein Vollidiot, der gerade mit seinem Laptop spricht, würde ich sagen." Macht sich Julia über seine Aussage lustig. „Du wirst auch irgendwann ohne mich auskommen. Aber bis dahin bin ich für dich da."

„Ich weiß, es ist gut dich zu haben." Gesteht ihr Benji ehrlich. „Ich wünschte du wärst auch hier."

„Du alter Schmeichler." Spielt Julia verlegen und versteckt ihr Gesicht hinter ihren Händen. „Wenn du so mit Haruka redest, hast du ihr Herz schon bald gewonnen, Ladies` Man."

„Tschüss!" Winkt Benji ihr plötzlich freudig zum Abschied zu. „Mach´s gut Juli."

„Sorry! Ich konnte nicht wiederstehen." Entschuldigt sich Julia grinsend. „Aber ich wollte sowieso Schluss machen. Du hältst mich aber auf dem Laufenden, Benni?"

„Mach ich!" Verspricht Benji ihr. „Und grüß bitte Alle von mir."

„Na klar!" Zwinkert Julia ihm zu. „Bis bald Benni. Und gib Haruka einen fetten Knutscher von mir."

„Tschüss Juli!" Würgt Benji mit einem genervten Grinsen Julia ab und klappt sein Notebook demonstrativ zu.

Etwas genervt, aber trotzdem erleichtert sich mit Julia unterhalten zu haben, hängt er seine Schuluniform zurück in seinen Schrank. Er ist froh mit ihr über Haruka gesprochen zu haben und doppelt so froh, dass er sich jetzt sicher ist, dass er richtig gehandelt hat und sie nicht bedrängt hat. Er will gerade wieder sein Notebook öffnen, um zu schauen, ob er jetzt richtig von seinem Video Chat mit Julia abgemeldet ist, da klopft es zögerlich an seiner Zimmertür.

„Kommen sie rein!" Ruft Benji willkommen heißend zu seinem Besucher seines kleinen Büros. „Wir haben soeben geöffnet."

„Bist du … beschäftigt?" Fragt Haruka schüchtern und zögerlich als die durch die geöffnete Tür in sein Zimmer schaut. „Ich … ich kann auch später wiederkommen."

„Haru?! Was für eine freudige Überraschung. Du in meinem Zimmer, das ist eine Prämiere." Reagiert Benji übertrieben erfreut, nachdem er sich auf seinem Schreibtischstuhl zur Tür herumgedreht hat. „Komm schon rein. Ich habe natürlich immer Zeit für dich."

„Was war das für eine Stimme?" Fragt Haruka neugierig, aber gibt sich immer noch schüchtern und zurückhaltend, während sie sein Zimmer betritt und die Tür hinter sich zu macht. „Mit wem hast du geredet?"

„Mit meiner Cousine per Video Chat." Erklärt Benji, während er mit dem Daumen über seine Schulter nach hinten auf sein Notebook zeigt. „Waren wir zu laut?"

„Ich … ich habe euch erst sprechen gehört, als ich zu deinem Zimmer gekommen bin." Beruhigt ihn Haruka, nachdem sie kurz mit dem Kopf geschüttelt hat.

„Haruka?" Schaut Benji sie mit einem skeptischen Blick fragend an. „Wie lange hast du bereits vor meiner Tür gewartet, bevor du geklopft hast?"

„Es war … es war nur für ein paar Minuten." Verteidigt sich Haruka aufgebracht und verlegen zugleich. „Ich habe sowieso kein Wort verstanden, weil ihr in einer anderen Sprache gesprochen habt."

„Schon gut, schon gut." Versucht Benji sie zu beruhigen, unterstützt durch das Winken seiner Hand. „Hör mal, Haru, du kannst jederzeit zu mir ins Zimmer kommen, wenn was ist. Ich habe nichts zu verstecken und du hättest uns nicht gestört."

„Danke, aber es wäre doch schon etwas peinlich, wenn ich dich in einer … intimen Situation angetroffen hätte." Reagiert sie verlegen und dreht ihr niedliche gezogene Schnute von Benji weg, sichtlich beschämt, dass sie Benji in einem peinlichen Moment hätte erwischen können.

„Ja, das kann ich irgendwie verstehen." Grinst Benji ein wenig verlegen. „Zum Glück hast du das nicht. Und zum Glück habe ich dich auch noch nicht in einem peinlichen Moment überrascht, wie zum Beispiel ins Bad reinzuplatzen, wenn du nichts anhast."

„Benji, das würdest du doch hoffentlich nie machen!" Insistiert Haruka aufgebracht und leicht rot im Gesicht. „So einer bist du doch nicht, oder?"

„Natürlich nicht. Nicht aus Absicht. He, he." Versucht Benji sich zu verteidigen, kann sich aber ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. Schnell versucht er aufs eigentliche Thema zurück zu kommen, um weitere Peinlichkeiten zu vermeiden. „Was ich sagen will, ist, dass ich es sehr schätze, wenn du nicht zögerst mit mir zu reden. Auch wen ich zum Beispiel gerade mit Julia rede. Nebenbei bemerkt, ich würde sie dir gerne sowieso bald mal vorstellen."

„Vielleicht ein anderes Mal." Stimmt ihm Haruka lächelnd zu und Benji fühlt sich glücklich, dass womöglich verstanden hat, was er versucht hat klar zu machen.

„Nun, möchtest du dich setzen?" Bietet Benji ihr einen Platz auf seinem Bett an und Haruka setzt sich schüchtern und reserviert hin, nachdem sie ihm still zugenickt hat.

Haruka beginnt sich vorsichtig in seinem Zimmer umzuschauen und Benji folgt ihren Blicken mit einem aufgeregten Lächeln. Er fragt sich selbst, was sie wohl gerade denkt, während sie zum ersten Mal von ihm alles unter die Lupe nimmt, obwohl es nicht viel zu entdecken gibt. Das meiste von seinem Kram ist in Deutschland geblieben, weil die Übersendung nach Japan für Alles was er besitzt zu teuer gewesen wäre. Manches hat er bei seinen Verwandten den Lehmanns untergebracht, von vielen Dingen hat er sich jedoch getrennt. Sie wurden entweder verkauft oder entsorgt. Nur das Wichtigste hat es bis nach Japan geschafft und ist eine Woche nach Benjis Ankunft endlich hier angekommen, was seine Kleidung, einige deutsche Bücher, fast alle japanischen Bücher, die ihm seine Mutter zur Vorbereitung für sein neues Leben in Japan besorgt hat, seine ganzen Wörterbücher von mehreren verschiedenen Sprachen und anderer Kleinkram. In Zukunft wird er neue Sachen hinzufügen, sobald er genug Geld hat es sich zu leisten.

„Also Haru, was führt dich zu mir?" Fragt Benji schließlich nach einer Weile und erhält sofort ihre Aufmerksamkeit, ganz anders, als er ihren Raum gescannt hat dem Letzt. „Was kann ich für dich tun? Und soll es wie ein Unfall aussehen?"

„Was? … Wovon redest du? War das ein Witz?" Reagiert Haruka verwirrt und schaut ihn etwas vorwurfsvoll an. „Kann ich mit dir über etwas reden?"

„Ich dachte schon, du würdest nie fragen." Erwidert Benji in einem übertrieben verzückten Ton. „Was ist es?"

„Es geht um etwas, was sehr wichtig ist für mich." Erklärt ihm Haruka mit einem ernsten Blick. „Also bitte, dieses Mal keine Witze!"

„Versprochen! Keine Witze!" Stimmt ihr Benji ehrlich zu und hält seine Hand hoch wie bei einem Schwur, während er mit der anderen über seinen Mund fährt, als würde er einen Reißverschluss zu machen. „Ich halte meinen Mund."

Haruka schaut ihn skeptisch an, aber lässt sich mit der Antwort Zeit. Etwas scheint ihr noch zu kämpfen, vermutet Benji, denn sie wechselt ihren Blich von Benji zu Boden und wieder zurück. Nachdem sie nach einer endlos erscheinenden Minute immer noch schweigt, beginnt Benji zu raten, um ihre Lippen zu lösen.

„Geht es um die Schule?" Schlägt er mit einem fragenden Blick vor.

„Ja!" Stimmt ihm Haruka niedergeschlagen zu mit dem Blick zu Boden und den Händen steif auf ihre Knie gestemmt. „Woher weißt du das?"

„Das war nur geraten." Gesteht Benji, um ihr nicht das Gefühl zu geben, er wüsste mehr als sie ahnt. „Aber ich habe bemerkt, wie unangenehm du reagiert hast, wenn deine … ich meine, unsere Klasse erwähnt wird."

„Ich verstehe." Erwidert Haruka immer noch in derselben Haltung, wie zuvor und nimmt einen tiefen Atemzug. „Ich habe vor den Sommerferien fast zwei Monate die Schule geschwänzt. Ich wollte nicht mehr in meine Klasse gehen, und bin deshalb wochenlang zu Hause geblieben bis ich nicht mehr den Mut finden konnte wieder zur Schule zu gehen."

Harukas Offenbarung platzt nur so aus ihr heraus. Und obwohl sie so gefasst wie möglich versucht hat zu erzählen was los ist, merkt Benji deutlich, wie sehr sie das Thema mitnimmt. Schniefend blickt sie wieder zu Boden nachdem sie sich von ihrem Geheimnis befreit hat und Benji sieht ein paar Tränen auf ihre Knie tropfen.

„Was ist passiert?" Fragt sie Benji mit einem überraschten Blick. „Bist du gemobbt wurden."

„Woher weißt du das alles?" Schaut ihn Haruka plötzlich überrascht an und ist leicht aufgebracht über die Tatsache, dass er zum zweiten Mal hintereinander direkt ins Schwarze getroffen hat. „Hast du bereits mit jemanden darüber geredet?"

„Ich habe mit niemanden darüber geredet. Ehrlich! Ich höre das Ganze zum ersten Mal!" Verteidigt sich Benji verzweifelt, überrascht über seine deduktiven Fähigkeiten, die ihn zweimal hintereinander die richtige Schlussfolgerung haben ziehen lassen. Er erwischt sich selbst dabei, wie er seine Hand erneut zum Schwur nach oben hält, aber lässt sie langsam wieder runter, als er sich erinnert, dass er Haruka versprochen hat, keine Witze zu machen. „Ich habe mich nur sofort daran erinnert, wie ich nicht mehr zu Schule gehen wollte, als ich gemobbt wurde."

„Du hast auch die Schule geschwänzt?" Fragt Haruka ihn total überrascht und wird durch seine Aussage wieder etwas gefasster.

„Ich wollte." Gibt Benji mit einer niedergeschlagenen Stimme zu. „Aber meine Mutter fand es heraus und zwang mich trotzdem zu gehen. Sie sagte, dass wenn ich jetzt weglaufe würde, wird es nicht besser."

„Aber, wurde es denn besser?" Fragt Haruka mit steigender Neugier.

„Zuerst nicht." Gesteht er weiter niedergeschlagen, versucht jedoch die Stimmung wieder zu heben. „Aber ich hatte meine Freunde an meiner Seite. Das war erstmal zwar keine Lösung, aber es half das Mobbing zu ignorieren. Aber irgendwann, mit dem Gefühl, da ist jemand, der zu mir steht, habe ich angefangen zu kontern, ohne dabei das Niveau meiner Peiniger einzunehmen. Und nach einer Weile wurde es immer weniger, weil ich mich aus der Opferrolle befreit hatte. Oder weil ich es ihnen zu schwer gemacht habe mich zu verletzen. Doch aufgehört hat es wirklich nie, aber ab einem gewissen Punkt in meinem Leben habe ich letztendlich meine Furcht überwunden beschämt zu sein, über so viele dämliche Sachen. Vielleicht hatte ich auch nur Glück, aber manchmal bin ich irgendwie froh an dieser Erfahrung gewachsen zu sein."

„Wow!" Reagiert Haruka erstaunt und irgendwie tief beeindruckt. „Was haben denn deine Mobber zu dir gesagt, als sie dich verletzen wollten?"

„Arrh! Der typische rassistische Mist." Untertreibt Benji gekünstelt, obwohl er genau weiß, dass er sowas wirklich ernster nehmen sollte. „Dumme Kommentare von dummen Jungs. Ich meine, ich bin halt halb asiatisch, was in Deutschland nun mal eine Minderheit ist. Sie haben sich oberflächlich das genommen, was am offensichtlich für sie gewesen ist, ohne mich wirklich zu kennen. Mehr nicht."

Haruka schaut ihn schweigsam überrascht und beeindruckt zu gleich an. Benji steht auf und nimmt neben ihr auf seinem Bett Platz, achtet dabei aber darauf sich nicht zu nah neben sie zu setzen, um in ihr kein Gefühl von Unbehagen auszulösen.

„Wie war es denn bei dir? Wie haben sie dich verletzt?" Fragt Benji sie vorsichtig und Haruka kehrt in ihre beklommene Haltung von vorhin zurück, diesmal mit leicht zitterndem Körper, während sie nervös ihre Knie reibt auf der Suche nach den richtigen Wörtern.

„Ich wünschte, ich hätte deine Courage." Gesteht Haruka traurig mit dem Blick nach unten gerichtet. „Ich habe der falschen Person getraut, bis diese Person angefangen hat mich zu verletzen. Zuerst wenn wir alleine waren, dann vor versammelter Klasse. Darum habe ich dir gesagt, dass du vorsichtig sein sollst, wem du dich öffnest. Ich habe es getan, und es war ein Fehler. Ich habe mehr als einen Fehler gemacht. Ich bereue es, dass ich weggelaufen bin, aber ich fühle mich immer noch so allein."

„Hat die Person … einen Namen? Soll ich mich vor jemanden besonders in Acht nehmen?" Fragt Benji sie zögerlich.

„Ich werde dir keinen Namen nennen." Erwidert Haruka entschlossen. „Wenn ich das tun würde, wirst du wahrscheinlich eingreifen und die Person zur Rede stellen wollen oder ähnliches. Es ist meine Bürde, die ich tragen muss. Ich muss stärker werden. So stark wie du. Bitte versprich mir, dass du dich nicht einmischst. Es würde noch mehr Schande über mich bringen. Sei einfach für mich da, dass ich jemanden habe mit dem ich reden kann. Sei der Freund der hinter mir steht. Versprochen?"

„Ich verspreche es. Ich werde für dich da sein und ich werde dich nicht blamieren." Schwört Benji so ernsthaft wie er kann. „Ich brauch auch nicht mehr zu wissen, als das, was du mir erzählt hast. Es reicht mir, dass du dich mir gegenüber geöffnet hast. Ich werde dein Freund sein in guten und in schlechten Zeiten. Zusammen werden wir die Schule schon rocken. Wir machen sie zur besten Zeit unseres Lebens, da bin ich sicher. Du, ich und Megumi auch, natürlich, wenn sie möchte. Nichts wird uns das vermiesen."

Benji versucht sie so gut es geht aufzumuntern, aber als Haruka ihn ins Gesicht schaut, sind ihre Augen voller Tränen. Benji ist sich nicht sicher, ob es Tränen des Kummers oder der Freude oder beides zusammen sind, doch sie Blick ist so süß, als sie ihm mit ihren funkelnden Augen nickend zustimmt. Sie schaut wieder zu Boden und beginnt leicht zu schniefen. Benji gibt sich einen Ruck und rutscht näher zu ihr rüber.

„Möchtest du eine Umarmung?" Fragt Benji äußert Vorsichtig und Haruka nickt still mit ihrem Blick immer noch nach unten. Benji legt seinen Arm über ihre Schulter und zieht sie näher zu sich heran, dabei streichelt er sanft ihren Arm. Sie sitzen noch eine Weile so da, beide glücklich sich gegenseitig als Freund zuhaben.