Chereads / The Aesthetic Of Friendship - Volume 1 / Chapter 8 - Kapitel 3: Eine Hand wäscht die andere (Teil 2)

Chapter 8 - Kapitel 3: Eine Hand wäscht die andere (Teil 2)

„Du weigerst dich also zu deiner Person zustehen und verleugnest dich selbst?" Fragt die Stimme ihn wertend. „Das ist bedauerlich. Wir dachten du hättest mehr Mumm. Stehe zu deinen Taten, Kawasaki."

„Okay, ihr habt mich erwischt." Gibt sich Benji spielerisch ertappt und ignoriert absichtlich die Aufforderung der Stimme. „Aber Jungs, zum Gruppenkuschel habe ich jetzt echt heut keine Zeit."

„Dir werden deine vorlauten Sprüche noch vergehen." Prophezeit die Stimme Benji jetzt etwas leicht erzürnt und mehr drohend. „Wir sind gekommen, um über dich und deine Taten zu richten, Kawasaki. Im Namen der Schule wirst du jetzt und hier deine gerechte Strafe erhalten."

„Seit wann spricht das Baseballteam für die gesamte Schule?" Erwidert Benji herausfordernd und schaut in kurz stutzig dreinblickende Gesichter, während Benji sich auf eine Person vor ihm stärker fokussiert und einen Schritt auf diese zugeht. „Du bist doch Doi Kota aus meiner Klasse, oder?"

Erschrocken weicht die angesprochene Person leicht zurück, während Benji versucht ihn aus der Nähe zu betrachten. Die Gruppe um ihn herum wird leicht unruhig und Benji erkennt in einer weiteren Person, ebenfalls einen bekannten Klassenkameraden.

„Und du bist doch Endo Kunio, der auch im Baseballteam ist?" Spricht Benji ihn lächelnd an und versucht die Maske in dessen Gesicht runter zu ziehen. „Mensch Leute, mit den Dingern im Gesicht erkennt man euch ja kaum."

„Lass das!" Schreckt die Person, die Benji als Kunio identifiziert haben will vor seiner näherkommenden Hand zurück und verstellt hastig seine Stimme. „Fass mich nicht an. Ich bin nicht dieser Endo, von dem du da redest."

„Genug jetzt!" Unterbricht die Stimme vom Anfang das peinliche Debakel, jetzt ziemlich verärgert und laut brüllend. „Hast du noch etwas zu deiner Verteidigung zu sagen, Kawasaki, bevor du deine Strafe empfängst?"

„Oh ja, das habe ich!" Ruft Benji in die Richtung der Stimme und schaut mit einem verschmitzten Grinsen reihum, während ihn die Jungs in der ersten Reihe ihn verunsichert anschauen. „Das letzte Wort, was ich an euch richte ist … Buh!"

Mit seinem letzten Wort zucken die Jungs vor ihm in der ersten Reihe erschrocken zurück und stolpern leicht einen Schritt nach hinten, werden aber von ihren Hintermännern aufgefangen und zurück nach vorne gedrückt. Die finstere Stimme vom Anfang ist nun ziemlich außer sich und brüllt die Truppe zusammen und gibt ihnen das Signal zum Angriff, woraufhin die Jungs im Kollektiv beginnen Benji aufs übelste zu beschimpfen und ihn auffordern zu verschwinden, das Land zu verlassen oder zu sterben oder sonstiges. Der Gewittersturm aus verbalen Attacken dauert bereits mehrere Minuten und macht Benji, obwohl nicht tiefgreifen seelisch verletzt, so langsam ziemlich mürbe. Er selbst schafft es nicht mehr auch nur einen Ton von sich zu geben, denn auf einmal beginnen die Jungs in der ersten Reihe ihn unsanft hin und her zu schubsen. Benji versucht dabei irgendwie noch das Gleichgewicht zu halten, aber er merkt wie schwere es ihm von Schubser zur Schubser fällt. Bereits ziemlich konfus durch die geballte Ladung an Schikanen kann er gerade noch zwischen den Wortschwall der Gruppe um ihn herum ein ihm bekannte Stimme rufen hören.

„Hey Sensei! Hier wird sich geprügelt!" Ruft Eiji aus der Distanz nach der von Benji ersehnten Rettung. „Kommen sie schnell!"

Die Gruppe um Benji scheint ebenfalls die Worte vernommen zu haben und so löst sich der Kreis um ihn herum so schnell wieder auf, wie er sich gebildet hat und die maskierten Jungs türmen in alle Richtungen davon und lassen einen etwas stark außer Atem gekommenen, aber erleichtert wirkenden Benji auf dem Schulhof zurück. Aus dem Augenwinkel kann Benji erkennen, wie Saruto-Sensei mit schnellen Schritten auf den Ort des Geschehens zu rennt, während die letzten der maskierten Jungs um die Ecke verschwinden. Von Eiji fehlt jedoch jede Spur. Mittlerweile ist Saruto-Sensei bei Benji angekommen.

„Alles okay bei dir?" Fragt Saruto-Sensei Benji besorgt und schaut ihn verwundert an. „Was war das denn gerade?"

„Das frag ich mich auch, Sensei." Antwortet ein konfus blickender und nach Luft japsender Benji. „Ich habe wirklich keine Ahnung, was das gerade war."

Zwar ist Benji nochmal mit einem blauen Auge davongekommen, dank Eiji, doch es bleibt nicht aus, dass nach einem Gespräch zwischen Saruto-Sensei, Kawashima-Sensei, Hasegawa-Sensei und Benji, Eri einen besorgten Anruf von Mei erhält und Benji zu Hause vor seinen Eltern Rede und Antwort stehen muss. Während Noboru noch ruhig und gefasst am Kopf des Tisches sitzt, schaut Eri ihren gegenüber sitzenden Sohn mit grimmigen Blick an, während Benji versucht die ganze Geschichte verharmlosend runter zu spielen.

„Du kannst mir nicht erzählen, dass du überhaupt keine Ahnung hast, was diese Jungs von dir wollten, Benji." Entgegnet Eri ihm ungläubig. „Die komplette Baseballmannschaft? Was hast du bitte angestellt, dass eine komplette Baseballmannschaft dich auf dem Schulhof attackiert."

„Es war Saruto-Sensei, der behauptet, dass es die Baseballmannschaft war." Versucht Benji die Sache richtig zu stellen, obwohl er es besser weißt, es aber geheim gehalten hat. „Ich habe das nie gesagt. Und außerdem gingen sie mir mehr auf die Nerven, als dass sie mich wirklich attackiert haben."

„Blödsinn, Benji, absoluter Blödsinn." Widerspricht Eri ihm genervt. „Ich kenn dich gut genug. Da ist doch wieder mehr dahinter, als du uns weiß machen willst. Wen versuchst du zu decken und worum geht es bei der ganzen Sache eigentlich?"

„Warum sollte da mehr dahinterstecken?" Versucht sich Benji übertrieben aufgebracht aus der Sache rauszureden. „Kann ich nicht einfach Grundlos von irgendwelchen Spinnern in der Schule gemobbt werden, ohne dass ich daran schuld bin? Vermutlich hat ihnen mein Gesicht nicht gepasst, oder sowas."

„Hör auf mir was vor zu machen." Reagiert Eri wütend und klatscht mit einer Hand auf den Tisch um ihren Ärger Luft zu machen. „Es hat was mit Haruka zu tun, oder? Du beschützt sie vor jemanden. Stimmt´s oder habe ich recht?"

„Mom! Wie kommst du denn da drauf?!" Weist Benji ihre Vermutung übertrieben fassungslos zurück, erkennt aber, dass seine Mutter zu gut über ihn Bescheid weißt und kann nicht anders als ertappt zwischen Tischoberfläche und seiner Mutter verstohlen hin und her zu schauen. „Ist es so offensichtlich?"

„Uns ist eure schnell wachsende Beziehung zu einander nicht entgangen, Benji." Mischt sich nun Noboru ruhig und gefasst, aber mit strengem Blick ein. „Das du versuchst ihr zu helfen, ehrt dich als ihr Bruder. Doch du machst es für sie nicht einfacher, wenn du dich weiterhin schützend vor sie stellst. Sie muss ihre Angelegenheiten alleine regeln. Versteh das doch, Junge."

„Das hat sie mir selber auch gesagt." Gesteht Benji kleinlaut. „Aber trotzdem, kann ich nicht einfach …"

„Ehrlich Benji? Du hattest es mir doch versprochen!" Unterbricht Eri ihn mit einer Mischung aus Ärger und Enttäuschung. „Wir hatten das doch oft genug durchgekaut. Du sollst dich nicht in fremde Angelegenheiten einmischen. Auch wenn es die deiner Schwester sind. Du musst damit aufhören!"

„Das kann ich nicht…" Weigert sich Benji kleinlaut. „Sie würde sonst daran zerbrechen… Und das kann ich nicht mit ansehen."

„Haruka ist stark, Benji. Stärker als du sie kennst." Versucht Noboru ihm zu erklären. „Sie war nicht immer so wie sie jetzt ist. Es steckt mehr dahinter, als sie dir selbst vermutlich fähig ist zu sagen. Sie hat ein Trauma erlitten. Und sie muss diesen Kampf den sie mit sich selber führt alleine bestreiten. Sonst wird sie sich niemals davon erholen. Du kannst ihr nicht helfen, Benji."

„Aber … sie hätte sich fast…" Versucht Benji ihnen zu erzählen, dass sie bereits darüber nachgedacht sich ernsthaft zu verletzen, kann sich aber selber nicht wirklich dazu überwinden, aus Angst sie zu beunruhigen. „Was … was ist, wenn sie es nicht schafft …?"

„Schluss jetzt damit!" Würgt Eri ihn harsch und genervt ab. „Ich diskutiere nicht länger mit dir. Du hörst jetzt darauf, was wir dir sagen."

„Diskutieren?!" Reagiert Benji leicht verärgert. „Die Diskussion hat ja noch nicht mal richtig stattgefunden. Ich höre hier einige Dinge zum ersten Mal."

„Das sind Dinge, die dich nichts angehen, mein Sohn." Weist Eri ihn verärgert zurecht. „Hör auf gegen unsere Meinung zu argumentieren. Du vergreifst dich allmählich gewaltig im Ton, junger Mann."

„Hast du mir nicht gesagt, dass wir uns immer alles erzählen sollten?" Erinnert Benji sie scharf und herausfordernd. „Warum verschweigst du mir so wichtige Sachen. Seit es geheißen hat, dass wir nach hier ziehen, ist es mit Offenheit zwischen uns bergab gegangen."

„So das reicht mir jetzt mit deiner Frechheit." Erwidert Eri nun richtig sauer und merkt nicht wie sie vor Rage vom Japanischen ins Deutsche springt. „Wie kannst du es dir nur erlauben, mich zu kritisieren. Nach all dem, was wir dir hier ermöglicht haben. Ich habe dich nicht zur Undankbarkeit erzogen."

„Nein, aber du hast mich gelehrt offen zu sagen was ich denke." Argumentiert Benji nun auch unabsichtlich auf Deutsch. „Ich hätte kein Problem damit gehabt in Deutschland zu bleiben. Du wolltest das ich mitkomme. Du wolltest diese nette kleine Familie hier. Aber mir war nicht klar, dass du dich dadurch total veränderst."

„Ach, jetzt ist es meine Schuld, dass du hier bist, versteh ich das richtig?!" Erwidert Eri zynisch und gereizt weiter Deutsch sprechend. „Nun so Laufen die Dinge hier in Japan nun einmal. Es ist ja nicht so, dass ich dich nicht darauf vorbereitet habe, was auf dich zukommt. Du hattest die freie Wahl. Aber der lieber Herr Besserwisser hat ja gesagt, er kriegt das spielend hin. Du wusstest, wo du dich drauf einlässt, Benji. Jetzt tu nicht so, als ob es an mir liegt, dass die Gesellschaft nicht so ist, wie du sie gerne hättest."

„Das meine ich ja damit auch gar nicht." Will Benji sie auf Deutsch korrigieren, und steht dabei auf, um seiner Argumentation Macht zu verleihen. „Ich hatte gehofft, dass DU dich wenigstens nicht so gegenüber mir verhältst, als wären wir Fremde. Du redest nicht mehr mit mir über Problem, du verschweigst sie mir, weil man das hier so macht. Und wenn ich darüber reden will, dann willst du mich zum Schweigen bringen, wie jetzt gerade. Ich bin achtzehn Jahre alt, Mom und du behandelst mich wie ein kleines Kind."

„Aber du bist hier nun mal noch ein Kind, Benji …" Zeigt Eri ihm auf Deutsch mit entsetzter Miene und leicht enttäuschtem Unterton auf, die mittlerweile auch aufgestanden ist, wird aber von Noboru unterbrochen.

„Es ist traurig genug mit anzusehen, wie ihr gerade vor einander den gegenseitigen Respekt verliert." Mischt sich Noboru, der immer noch gefasst am Tisch sitzt, in einem stark gebrochenen aber wohl gewähltem Deutsch in die Diskussion mit ein. „Habt wenigstens den Anstand es in der Sprache dieses Hauses zu tun."

„Du … du sprichst deutsch?" Reagiert Benji immer noch auf Deutsch fassungslos und schaut Noboru verwundert an, während Eri sich demütig mit gesenktem Blick hinsetzt und Benji auch langsam auf seinen Stuhl sinken lässt. „Er spricht deutsch! Das wusste ich nicht."

„Nun, du hast nicht gefragt und darum habe ich nichts gesagt." Schenkt Noboru Benji ein mildes Lächeln mit schielendem Blick weiter gebrochen Deutsch redend. „Denk nicht, wir würden dich nicht verstehen, mein Sohn. Auch wenn du und ich aus unterschiedlichen Kulturen kommen und verschiedene Sprachen sprechen. Aber du musst zugeben, dass du manchen Dingen lieber aus dem Weg gehst, als dass du dich ihnen wirklich stellst. Wie mir zum Beispiel."

„Ich bin baff!" Gibt Benji entsetzt auf Deutsch zu und wendet sich an seine Mutter auf Noboru verweisend. „Das ist etwas, was ich vielleicht gerne gewusst hätte. Meinst du nicht?"

„Ja, ich weiß!" Erwidert Eri reumütig auf Deutsch. „Ich hätte es dir sagen sollen. Ich habe es einfach vergessen. Aber er hat recht. Du versuchst gar nicht erst dich mit deinem Stiefvater anzufreunden und ignorierst ihn, weil es einfach für dich ist. Vielleicht hättest du es dann auch auf eine andere Art und Weise von ihm selbst erfahren."

„Ach, ich wünschte du hättest unrecht." Gesteht Benji demütig auf Deutsch. „Aber leider trifft das voll und ganz zu … Ich bin kein guter Stiefsohn, oder?"

„Da ich anscheinend gerade Thema eurer Unterhaltung geworden bin, fände ich es schön, wenn wir wieder in meiner Sprache sprechen würden." Unterbricht Noboru erneut den Dialog zwischen Eri und Benji, diesmal aber wieder auf Japanisch.

„Entschuldigung!" Erwidern Eri und Benji fast gleichzeitig ebenfalls wieder auf Japanisch und äußerst schuldbewusst darüber, über Noboru in ihrem Gespräch hinweg geredet zu haben, als wäre er nicht anwesend. „Tut uns wirklich leid. Es kommt nicht wieder vor."

„Gut! Akzeptiert." Schließt Noboru die Diskussion damit vergebend ab und schaut beide versöhnlich an. „Dann ist es jetzt Zeit, die Dinge auf meine Art zu regeln, denn ihr habt sicher gemerkt, dass eure Art auch nicht immer die Beste ist."

„Einverstanden!" Bestätigt Benji ihn gehorsam. „Aber wie sollen wir unsere gegenseitige Beziehung reparieren. Mir fällt da gerade nichts ein, wie wir uns annähern können. Du sprichst zwar ein wenig Deutsch, aber bist nicht so sprachbegabt wie wir, und musikalisch bist du wahrscheinlich auch nicht. Ich finde keinen gemeinsamen Nenner."

„Ihr könntet zum Beispiel etwas zusammen unternehmen." Schlägt Eri enthusiastisch vor. „Du und Haruka habt es auch ohne einen wirklichen gemeinsamen Nenner geschafft. Macht doch einfach irgendwas zusammen, was euch beiden gefällt. Irgendwas gibt es da bestimmt. Ich, für meinen Teil sollte selber auch mehr auf die Mädchen zugehen und mit ihnen mehr Zeit verbringen, denn ich merke, dass unsere Beziehung auch noch nicht die beste ist."

„Das ist eine sehr gute Idee, Eri." Pflichtet ihr Noboru mit einem milden Lächeln bei. „Wir alle sollten an unserer Beziehung untereinander mehr arbeiten, damit diese Familie stärker zusammenwächst. Mit der Zeit werden wir sicher etwas finden, wie wir gemeinsam Zeit verbringen können, um uns kennen zu lernen. Aber ein Problem nach dem anderen. Die Sache in der Schule muss aufhören. Sofort. Haruka zuliebe. Also beende das. Ich bin sicher, dir fällt da irgendwas ein."

„Ja, Noboru!" Erwidert Benji erneut gehorsam Noborus Aufforderung mit einem besttätigen Nicken. „Ich werde sehen, was sich da machen lässt. Für Haruka."

Haruka hört noch, wie sie in der Küche gemeinsam beginnen aufzuräumen, während sie sich mit dem Ärmel ihres Oberteils auf den untersten Treppen Stufen sitzend, ihre durch Tränen feucht gewordenen Augen abwischt. Sie hat die gesamte Unterhaltung zwischen Benji und ihren Eltern mit angehört, auch wenn sie nicht jedes Wort verstanden hat, hat sie doch erkannt, dass Benji sich für sie zum Opfer gemacht hat und hat heimlich vor sich hin geweint, weil sie selbst nicht dazu in der Lage zu sein scheint ihren Kampf alleine zu führen. Niedergeschlagen und verzweifelt hat sie darüber nachgedacht, dass sie so niemals wieder zu ihrem alten Selbst zurückfinden wird und musste dabei auch noch mit anhören, wie sich ihre Familie ihretwegen streitet. Das war zu viel für sie, gibt sie geknickt zu und gibt sich selbst die Schuld für das gesamte Problem mit dem sie alle leben müssen. Mittlerweile ist Yumiko, langsam von oben herab geschritten und Haruka mit mitleidigen Blick anschauend, neben ihr angekommen und streichelt ihr sanft über die Schulter. Haruka schaut sie mit feuchten Augen an und blickt schließlich mit nachdenklichen Blick zum Boden vor der Treppe. Irgendwas muss sich ändern, sagt sie sich, sie muss sich ändern, und zwar jetzt. Mit einem entschlossenen Blick steht sie auf, die Fäuste zum Kampf geballt und atmet einmal kräftig durch. Sie dreht sich um, um die Treppe nach oben zu gehen und schenkt Yumiko dabei ein mildes Lächeln, dann macht sie sich voller Tatendrang auf in ihr Zimmer.

Die nächsten Tage in der Schule bleiben jegliche Mobbing Angriffe gegen Benji aus. Er versteht nicht genau warum, aber ist froh gerade mal etwas Luft zum Denken zu haben. Natürlich hat er seine Theorien über die Waffenruhe von Natsume und ihrem Hofstaat, bevor der Sturm weitergeht. Er vermutet, dass sie erstmal abwarten wollen, wie sehr die Gruppenattacke vom Baseballteam bei Benji gefruchtet hat oder sie warten vorsichtig ab, weil sie Angst haben, dass die Lehrer nun in Alarmbereitschaft sind. Saruto-Sensei hat seinen Verdacht, dass das Baseballteam dahintersteckt, beim Gespräch mit Benji letztens, nicht fallen gelassen und Benji ist sich sicher, dass er dem weiter nachgehen wird, obwohl er nichts Verdächtiges in die Richtung den Lehrkräften gegenüber erwähnt hat. Das letzte was er möchte ist, das Team in einem strategisch ungünstigen Augenblick zu verpetzen. Trotzdem geht es Benji, wie vor dem aller ersten Angriff auf ihn. Das elende Warten und die Blicke in der Klasse, die dennoch geblieben sind, lassen ihn wieder seine Pausen unterwegs in den Fluren verbringen. Haruka hat auch nicht besonders enttäuscht reagiert, als er den gemeinsamen Lunch zum wiederholten Male abgesagt hat. Irgendwie wirkt sie verändert seit den letzten Tagen. Sie gibt sich offener als jemals zuvor. Redet mit mehreren Leuten in der Klasse in den Pausen und scheint ein besonderes Augenmerk auf Eiji zu haben. Nicht nur, dass sie ihn öfters diskret beobachtet, sie versucht auch zwischendurch absichtlich seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Fast sieht es so aus, als wolle sie ihn zu einer Reaktion provozieren. Als er sie heute in der Klasse zurückgelassen hat, ist sie damit beschäftigt gewesen auf einem Zettel ein paar Zeilen zu schreiben, die sie immer wieder perfektionistisch korrigiert hat, als wäre es eine Doktorarbeit. Benji ist zwar neugierig gewesen, was sie da macht, hat aber nicht nachfragen wollen, weil er mit dem Gedanken gespielt hat, dass es möglicherweise ein Liebesbrief sei. Schon beinahe gelangweilt, die Zeit bis zum Ende der Mittagspause tot zu schlagen, holt er sich beim Getränkeautomaten eine kleine Erfrischung. Als er unsicher, was er wählen soll, die Schilder der Automateninhalte durchliest, bemerkt er zwar, wie eine andere Person sich ihm genähert hat, reagiert aber erst auf sie, als die Person ihn anspricht.

„Kawasaki Jirow aus der 1-B?!" Stellt ein Mitschüler mit athletischem Körperbau und gut frisierten Haaren, sowie einem Gesicht auf das wahrscheinlich alle Mädchen der Schule stehen, Benji streng und konzentriert anschauend, mehr fest, als dass er Benji danach fragt. „Darf ich mich vorstellen. Mein Name ist Watanabe Masato, Klassensprecher der 1-A."

„Äh … ja, der bin ich." Antwortet Benji zögerlich und leicht verwirrt dreinblickend. „Es freut mich dich kennen …"

„Sparen wir uns die Förmlichkeiten." Unterbricht Masato ihn unsanft. „Ich habe mit dir zu reden."

„Geht es … äh … um deine Mitklassensprecherin, … Kobayashi-San?" Folgert Benji aus Masatos Bemerkung, dass er der Klassensprecher derselben Klasse wie Saki ist. „Bist du ihr Freund? … Hör mal, das war nur ein Spaß … mehr nicht. Ich wollte mich nicht an sie ranmachen."

„Was? Ich verstehe nicht ganz." Reagiert Masato verwirrt. „Du missverstehst mich. Ich bin nicht der Freund von Kobayashi Saki. Ich bin hier um über unsere gemeinsame Bekannte Ono Natsume zu reden."

„Also, bist du IHR Freund?!" Vermutet Benji nun ihn Verteidigungshaltung. „Jetzt schickt sie also ihren Macker, nachdem der letzte Versuch nicht so geklappt hat wie erhofft. Dann bist du wohl die nächste Phase, die mich fertigmachen soll?! Dann komm, lass es uns schnell hinter uns bringen. Ich habe noch nicht zu Mittag gegessen."

„Ich bin nicht IHR Freund." Stellt Masato Benjis Vermutung verärgert richtig. „Und ich bin nicht hier, um dich anzugreifen. Ich will dich nur zur Rede stellen."

„Moment mal. Kenn ich dich nicht irgendwo her." Erinnert sich Benji als er Masato auf den zweiten Blick genauer betrachtet. „Du warst doch auch bei den Jungs, die mich letztens zum Tanzen auf dem Schulhof aufgefordert haben. Willst du fortsetzen, wo ihr unterbrochen wurdet. Ich glaube es waren noch ein paar Beschimpfungen übrig, die nicht gefallen sind."

„Hör mir doch zu, Kawasaki!" Fährt Masato ihn scharf an. „Ich will dich nicht angreifen, aber langsam glaube ich, du willst es nicht anders."

„Und was willst dann von mir?" Fragt ihn Benji herausfordernd. „Ein bisschen Quatschen und dabei gemeinsam nen Tee trinken? Oder stehst du mehr auf Kaffee?"

„So, mir reicht es jetzt mit deinen Sprüchen." Verliert Masato die Fassung und schnappt sich Benji am Kragen und presst ihn gegen die Wand neben dem Automaten. „Langsam verstehe ich warum du Natsume so auf den Geist gehst. Kannst du deine Faxen nicht einmal seinlassen, du Clown."

„Hey, das ist mein natürlicher Abwehrmechanismus." Behauptet Benji grinsend, obwohl es sich doch etwas unangenehm anfühlt, wie Masato ihn so gepackt hat. „Ich kann nicht anders, und wie mir scheint, völlig zurecht. Von wegen, du bist nicht hier um mich anzugreifen."

„Warum bist du so?" Schnauzt Masato ihn verständnislos und konfus an. „Hast du überhaupt eine Ahnung, was ich wegen dir bereits alles mitmachen muss. Nicht nur, dass du Natsume dazu treibst alle Leute auf dich los zu hetzen, jetzt wird das Baseballteam wahrscheinlich auch noch bestraft, weil wir mit dir erwischt wurden."

„Hey, ich habe euch nicht an die Lehrer verraten." Stellt Benji mit ernster Miene richtig. „Es war vielleicht keine so gute Idee mit Schirmmütze und Trainingsanzug aufzulaufen. Im Einmaleins der Tarnung benötigt ihr wohl noch etwas Nachhilfe. Könntest du mich jetzt bitte loslassen, du zerknitterst meinen Blazer."

„Verrat mir mal was, Kawasaki!" Brüllt ihn Masato mittlerweile völlig in Rage Benji regelrecht an. „Wie weit bist du bereit noch zu gehen? Wie lange willst du dieses Spielchen treiben, häh? Was muss noch alles passieren, dass das Alles aufhört? Oder ist das alles nur ein Spaß für dich? Amüsierst dich wahrscheinlich köstlich dabei, wie?!"

„Hey, ich bin es nicht der das Alles will." Versucht Benji ihm klar zu machen. „Deine Freundin ist es, die nicht damit leben kann, dass ihr mal jemand die Meinung gesagt hat. Wenn es eine Möglichkeit gibt dies zu beenden, dann bin ich ganz Ohr."

„Sie ist nicht MEINE Freundin." Schnauzt Masato ihn wütend und fast verzweifelt an und zieht noch einmal etwas mehr an Benjis Kleidung. „Dann sag mir was ich tun soll, Kawasaki. Oder soll es ewig so weitergehen. Muss ich dich zusammenschlagen? Willst du das unbedingt so sehr, denn ich habe das Gefühl du bettelst förmlich danach. Was braucht es noch mehr damit du endlich aufgibst? Sag es mir!"

„Arrh! Watanabe-San, mein Blazer, bitte!" Fleht Benji ihn zähneknirschend an und schaut in Masatos verzweifelt nach einer Lösung suchenden Augen, die Benji hasserfüllt anstarren. In diesem Moment erkennt er, dass jede seiner Bemühungen Natsumes Racheaktionen zu erdulden, noch heftigere, noch fiesere Racheaktionen hervorgerufen hat. Benji wird klar, dass es für die gesamte Situation nur eine Lösung gibt. Mit einem kurzen Seufzer entspannt sich Benji aus seiner Verteidigungshaltung, obwohl Masato in immer noch ohne nachzulassen fest im Griff hat. „Gut. Ich gebe auf, ihr habt gewonnen."

„Was sagst du? Du verarschst mich doch, oder?" Schaut ihn Masato ungläubig an und schüttelt Benji noch einmal richtig durch. „Ist das ein Trick? Warum auf einmal der Sinneswandel?"

„Ich habe dir doch gesagt, dass ich kein Interesse habe, das es immer so weitergeht." Erwidert Benji scharf. „Ich habe mich gerade an etwas erinnert. Ein Zitat von einem weisen alten Mann, dass Gewalt nur noch mehr Gewalt hervorbringt. Wenn es die Lösung ist, dass ich nachgebe und kapituliere, dann bin bereit diesen Weg zu gehen. Watanabe! Der Blazer! Die Falten krieg ich nie wieder raus. Könntest du mich jetzt endlich loslassen?"

„Du gibst auf, einfach so?" Fragt Masato verwirrt noch einmal nach, lässt Benji aber bereits aus seinem Griff los und beide entspannen sich wieder. „Du wirst dich bei ihr entschuldigen? Und du wirst dich nicht mehr über sie lustig machen? Du machst dich doch nicht etwa über mich gerade lustig, oder?"

„Es ist mir ernst." Behauptet Benji mit entschlossenen Blick in Masatos Gesicht. „Und ja, ich werde mich bei ihr entschuldigen, wenn sie mich anhören will. Aber wir werden uns nicht länger von ihr einschüchtern lassen, dass muss jedem klar sein."

„Keine Angst. Dafür werde ich sorgen." Erwidert Masato zuversichtlich. „Du kannst dich darauf verlassen, dass sie deine Entschuldigung annehmen wird. Dafür stehe ich mit meinem Wort. Ich werde alles Nötige veranlassen und dich wissen lassen wann und wo. Einverstanden?"

„Geht klar." Nickt ihm Benji entschlossen zu und seufzt noch einmal vor Erleichterung. „Dann sind die Kapitulationsverhandlungen wohl damit abgeschlossen. Ich wünsch dir den Frieden, Watanabe Masato."

Benji verbeugt sich noch einmal leicht vor Masato, der seinen Abschiedsgruß mit verwundertem Blick erwidert und geht ohne eine Erfrischung erhalten zu haben zurück Richtung Klasse. Als er gerade ein paar Meter gegangen ist, ruft ihn Masato noch einmal hinterher.

„Kawasaki-San?!" Fragt ihn Masato sich wundernd. „Dieser weise alte Mann? Wie heißt er?"

„Oh, ich bin mir da nicht mehr so ganz sicher." Gibt Benji grinsend zu. „Entweder Mahatma Gandhi oder Mister Miyagi. Ich glaube beide sind ungefähr der gleichen Meinung."

„Mister Miyagi?" Erwidert Masato verwirrt.

„Karate Kid 1, das Original." Erklärt Benji ihm lächelnd mit einem Peace-Zeichen als Abschiedsgruß. „Echt guter Film, immer noch. Ein zeitloser Klassiker. Solltest du dir mal ansehen."

Masato schaut Benji hinterher, wie dieser seine Kleidung noch einmal richtend von dannen zieht und ist nicht weniger verwirrt, wie zuvor. Es dauert nicht lange und Benji wird von ihm informiert, dass sie sich zur Beginn der nächsten Mittagspause draußen auf dem Schulgelände treffen wollen und so erscheint Benji pünktlich an der Stelle, wo ihm letztens noch die Jungs vom Baseballteam aufgelauert haben. Eine ganz passable Stelle für Zusammenkünfte, wenn man nicht von der gesamten Schule beobachtet werden will, stellt er interessiert fest. Bald darauf treffen auch Natsume und Masato, wie versprochen alleine, am verabredeten Platz ein. Natsume ziert sich etwas, wie sie Benji sieht, der mit grinsendem Gesichtsausdruck auf sie wartet, und macht Anstalten, direkt wieder zurück in die Schule zu gehen, doch Masato schiebt sie leicht in die Richtung des Treffpunkts, was von ihr mit einem Zischlaut kommentiert wird und sie sich widerwillig seinem Einfluss fügt. Nachdem sie eine kurze Begrüßung hinter sich gebracht haben. Beginnt Benji sich vor Natsume verbeugend mit seiner Entschuldigung. Er schwört, dass er sich im Leben noch nie so tief verbeugt hat wie jetzt. Nur auf die Knie gehen würde er nicht vor ihr, dass wäre das falsche Signal an sie, denkt er sich und hofft, dass sie damit leben kann. Benji versucht so höflich und korrekt, ohne irgendwelche zweideutigen Anspielungen, sein Leid zu bekunden sich ihr gegenüber falsch verhalten zu haben und dass er bereut was alles geschehen ist. Unterwürfig bittet er um die Annahme seiner Entschuldigung und verspricht sie in Zukunft in keiner Form mehr zu belästigen. Als Benji fertig ist, schielt er aus seiner Verbeugung auf die Antwort wartend zu Natsume, die ihn mit skeptischen Blick mustert und nicht den Anschein erweckt, als wäre das hier etwas was sie wirklich will. Doch als sie fragend zu Masato schaut und dieser ihr mit einem streng blickenden Nicken zu verstehen gibt, dass sie jetzt am Zug ist, verbeugt sie sich ebenfalls vor Benji und nimmt mit höflichen Worten dankend seine Entschuldigung an. Zudem gesteht sie ein sich selbst auch falsch verhalten zu haben und verspricht etwas zögerlich Benji und seine Freunde in Ruhe zu lassen. Dann geht es relativ schnell und Natsume und Masato verabschieden sich mit einem nüchternen Gruß von Benji und ziehen wieder ab. Etwas enttäuscht schaut ihnen Benji noch hinterher, der liebend gern noch Jessicas Spruch mit der Friedenspfeife gebracht hätte. Naja, vielleicht ein anderes Mal, denkt er sich.

µ µ µ

Der Rest des Schultags verläuft schließlich so normal wie schon lange nicht mehr, bis am Ende des heutigen Unterrichts Haruka Benji leicht aufgeregt bittet noch auf sie zu warten, weil sie noch etwas erledigen muss. Fragend schaut er die dabeistehende Megumi an, doch die erwidert seinen Blick mit einem ahnungslosen Achselzucken. So steht Benji schließlich am vereinbarten Ort an dem er auf Haruka warten soll und verabschiedet sich von Megumi, der er gerade noch alles über sein Treffen mit Natsume und Masato erzählt hat. Megumi ist positiv überrascht gewesen und so winkt sie ihm fröhlich noch einmal zu, bevor sie hinter dem Schultor verschwindet. Kurz nachdem sie gegangen ist, bemerkt Benji eine weitere Person die sich ihm nähert, aber zu seiner Verwunderung ist es nicht Eiji, wie er zuerst vermutet hat. Es ist ein unbekannter Mitschüler, mit eckiger Brille und wohlgekämmten dunklen Haaren, die leicht silberblau schimmern. Er lächelt Benji freundlich an und winkt ihn auf japanische Art zu sich, während er gleichzeitig den Zeigefinger seiner nicht winkenden Hand über seine Lippen gelegt hat, als Zeichen, dass Benji leise sein soll. Verwundert schaut Benji auf die Uhr seines Smartphones und denkt sich, dass Haruka sicher noch etwas brauchen wird. Also endschließt er sich herauszufinden, was der Unbekannte von ihm möchte und geht kommentarlos auf ihn zu. Während er sich dem fremden Jungen nähert, zeigt dieser ihm mit Mimik und Gestik freundlich ihm zu folgen und nachdem Benji sich verwirrt blickend umgeschaut hat, dackelt er ihm neugierig hinterher. Benji folgt lautlos dem Unbekannten bis sie die Sportumkleide der Mädchen erreicht haben. Kurz vor der Zugangstür hält der Fremde ihn zurück und zerrt ihn um die Ecke, wo sie von rein und rausgehenden Personen nicht gesehen werden können, die Tür aber im Blick haben. Der unbekannte Mitschüler gestikuliert Benji abzuwarten und flüstert ihm leise zu.

„Kato Ichiro aus der 1-A." Stellt sich der Fremde vor. „Freut mich."

„Okay?!" Erwidert Benji verdutzt. „Kawasaki Ji …"

„Nicht nötig! Ich weiß wer du bist." Flüstert Ichiro ihm lächelnd zu. „Nach der Sache mit dem Baseballteam, kennt fast die ganze Schule deinen Namen, Kawasaki-San."

„Na toll! Und ich dachte es sei mein Humor, der mich bekannt gemacht hat." Sagt Benji leise zu sich selbst. „Ganz nebenbei, was machen wir hier eigentlich, … Kato-San?"

„Wirst du gleich sehn." Flüstert Ichiro ihm zu und hält nochmal seinen Zeigefinger demonstrativ über seine Lippen. „Das könnte dich auch interessieren. Gleich müssten sie kommen."

Verwundert schaut Benji Ichiro an und dann den Bereich vor der Tür zur Mädchenumkleide. Es dauert nicht lange und es nähern sich zwei Personen, die versuchen sich unbemerkt vorwärts zu bewegen und die Tür der Umkleide ansteuern. Zu Benjis Überraschung handelt es sich dabei um Tokino und einen ihm fremden Mitschüler, der etwas älter wirkt und wohl in die oberen Jahrgangsklassen geht. Der Typ sieht zwar verhältnismäßig gut aus, hat aber einen finsteren kalten Blick aufgesetzt. Tokino scheint es besonders wichtig zu sein, dass sie nicht gesehen werden und schaut kurz in der Umkleide nach, ob sich andere Personen darin befinden. Schließlich gibt sie ihrem Begleiter ein Zeichen, dass die Luft rein ist und beide verschwinden, sich noch einmal umschauend, zusammen im Umkleideraum. Ichiro zeigt Benji, dass sie noch kurz abwarten, und nach ein paar quälenden Minuten, in denen Benjis Fantasien mit ihm durchgehen, was die beiden wohl darin vorhaben, fordert Ichiro Benji auf ihn zu folgen und beide huschen leise und achtsam zur Umkleide. Gleichzeitig stecken beide ihre Köpfe durch die Tür, wobei Benji bemerkt, wie sich Ichiro vor Aufregung köstlich zu amüsieren scheint. Fassungslos starrt Benji auf das, was seine neugierigen Augen gerade erblicken.

„Tokyo?!" Entgleist es Benji entsetzt. „Was … was geht hier ab?"

Inzwischen steht Haruka schon eine ganze Weile im Treppenhaus zum oberen Stockwerk über ihrer Klasse und wartet. Wohl wissend, dass nach der Schule so gut wie niemand mehr hier vorbeikommt, hat sie sich dazu entscheiden, diesen Ort als Treffpunkt zu wählen. Sie ist ein wenig nervös, aber fest entschlossen, heute einen Schritt nach vorne, in die richtige Richtung zu wagen. Und dieses Mal will sie es auch durchziehen. Wichtig ist vor allem, dass es ihr ohne Benjis und Megumis Hilfe gelingt, und so hat sie beiden von ihren Plänen nichts gesagt. Langsam müsste er aber jetzt kommen, denkt sie sich und schaut noch einmal kurz auf ihre Uhr. Er wird kommen, überzeugt sie sich selbst, er muss einfach. Schließlich nach ein paar endlos wirkenden Minuten erscheint er auch. Er ist etwas überrascht, Haruka hier tatsächlich vorzufinden, lässt es sich aber nicht anmerken und setzt seinen typischen missachtenden Blick auf, während er auf sie zu geht. Haruka schaut ihn unsicher, aber lächelnd an und winkt ihm zögerlich kurz zu.

„Hallo Eiji!" Lächelt Haruka ihm milde zu. „Schön, dass du gekommen bist."

„Hey." Grüßt sie Eiji kurz und knapp und schaut sie skeptisch an. „Warum willst du mit mir reden, Haru? Was soll das Ganze?"

„Hast du … hast du meinen Brief denn nicht gelesen." Fragt sie leicht enttäuscht nach und schaut ihn fragend an. „Ich will die Sache zwischen uns endlich klären. Willst du das nicht auch?"

„Natürlich habe ich den Brief gelesen, Dummy. Sonst wäre ich doch nicht hier." Zeigt ihr Eiji genervt auf. „Warum jetzt auf einmal? Wie oft habe ich es bereits versucht, dass du mit mir redest. Aber du bist mir immer ausgewichen oder hast dich zu Hause verkrochen. Und jetzt kommst du plötzlich damit an alles zu klären. Willst du mich verarschen?"

„Es ... es tut mir leid. Ich hatte solche Angst davor, kannst du das nicht verstehen?" Versucht Haruka leicht den Tränen nah ihm klar zu machen, schüttelt aber den Anflug von Schwäche schnell wieder ab und erwidert seinen herausfordernden Blick. „Außerdem, hast du dich jedes Mal wie ein Arsch verhalten, wenn du mit mir reden wolltest. Und seitdem du wieder zur Schule kommst, behandelst du mich wie Luft. So sieht es nämlich aus, du Idiot."

„Hast du mich her zitiert, damit du mich beleidigen kannst?" Fragt sie Eiji gereizt rhetorisch. „Das habe ich nicht nötig. Ich habe genug durchgemacht. Und du scheinst ja sowieso mit allem super klar zu kommen, jetzt wo dein Bruder bei dir ist. Ich scheine dir ja nichts mehr zu bedeuten."

„Du bist so ein Volltrottel, Eiji!" Wirft Haruka ihm wütend entgegen. „Natürlich, bedeutest du mir noch was. Du glaubst ja nicht, was ich mich immer wieder gequält habe mit dem Gedanken, dich so sehr verletzt zu haben. Und darum will ich, dass wir das hier ein für alle Mal beenden. Ich will, dies Alles nichts mehr, so wie es jetzt zwischen uns ist."

„Ach, du willst es beenden?" Schenkt Eiji ihr einen verachtenden Blick. „Wahrscheinlich willst du am liebsten endgültig den Schlussstrich unter uns ziehen, was?! Damit du dir dein Gewissen erleichtern kannst, wie?! Aber so läuft das leider nicht, Haru. Da mach ich nicht mit."

„Boah! Du bist so ein Sturkopf, Kuno Eiji." Regt sich Haruka mit zornigen Blick auf und boxt Eiji mit ihrer Faust leicht auf die Brust. „Du verstehst nur das, was du verstehen willst. So wie immer. Ja, ich habe dich verletzt und ja ich bereue es zutiefst. Du willst, dass ich mich entschuldige. Bitte schön. Es tut mir leid, Eiji."

„Das reicht mir aber nicht!" Fährt Eiji sie an und hämmert seine Hand neben ihr an die Wand, so dass sie keine Möglichkeit hat ihm zu entkommen und sie beide sich sehr nahe gegenüberstehen. „Da ist sie wieder, die alte Haruka. So, wie ich sie kenne. Wo warst du solange. Ich habe dich wirklich vermisst. Wenn du wirklich einen Neustart willst, dann beweise es mir. Zeig mir, dass es dir ernst ist. Oder verstellst du dich gerade nur und bist in Wahrheit noch immer ein falsches winselndes Miststück, das sich am liebsten gerade hinter ihrem Bruder verstecken will."

„Das … das bin ich nicht!" Schaut Haruka Eiji entsetzt in die Augen und gerät ziemlich in Rage. „Du willst die alte Haruka? Die kannst du haben. Ich zeige dir, WIE ernst es mir ist und dass ich nicht das bin, was du von mir denkst. Du Vollidiot."

„Ach, ja?" Schaut sie Eiji herausfordernd an und kommt mit seinem Gesicht nochmal ein Stück näher an Harukas.

„Ach, ja!" Erwidert Haruka mit funkelnden Augen und ehe Eiji reagieren kann, hat Haruka ihm schon mit ihrer geballten Faust und voller Wucht in die Weichteile geschlagen. Mit hervorstehenden Augen und einem schmerzhaften Gesichtsausdruck, geht Eiji stöhnend vor Haruka zu Boden, die ihn mit einem verachtenden Blick zusieht, wie er sich vor Schmerz den Schritt festhaltend zu ihren Füßen windet.

„Haruka-Chan?! Eiji-Kun?!" Schaut Kawashima-Sensei die beiden entsetzt an, der gerade die Treppen hinauf auf ihre ebene gekommen ist. „Was … was macht ihr da?"

„Was … was macht ihr da?" Fragt Benji einfach nur entsetzt, als er sieht, wie Tokino dem unbekannten Mitschüler ihre Zunge in den Hals steckt. Beide stehen eng umschlungen vor Benjis entsetztem und Ichiros wollüstig grinsenden Gesicht und küssen sich leidenschaftlich. Der fremde Partner von Tokino hat ihre Oberbekleidung bereits leicht geöffnet und ist mit seinen Händen bereits unter ihrem Hemd voll zu Gange. Beide scheinen in ihrem Akt so vertieft, dass sie trotzt Publikum einfach weitermachen, bis Tokino erschrocken auf Benjis Worte reagiert und die beiden Beobachter entsetzt bemerkt. „Wer ist dieser Typ, Tokyo?"

„Woah! Ben … Ben Kinobi?!" Entfährt es Tokino geschockt und drückt ihren Partner von sich weg.

„Verdammt!" Reagiert der Unbekannte verärgert und schaut die beiden zu Tür reinschauenden Gesichter verärgert an, schaut sich dann aber panisch um, während er sich aus Tokinos Umarmung befreit.

„Ben Kinobi?" Schaut Ichiro Benji skeptisch an. „Ist das ein Kosename?"

„Ein Künstlername!" Korrigiert Benji ihn genervt. „Aber jetzt nicht. Ich will wissen was das hier soll?"

„Es … es ist nicht so, wie … wie es aussieht." Stottert Tokino immer noch leicht geschockt. „Was ... was macht ihr überhaupt hier?"

„Verfluchte Spanner!" Beschimpft sie der fremde Schüler und mustert mit bösem Blick die Jungs an der Tür, dann dreht er sich mit einer abwinkenden Handbewegung um und rennt zum Fenster, was er hastig öffnet und mit einem Satz aus diesem herausklettert und nach draußen verschwindet. „Ich bin weg! Das ist mir zu heiß."

„Wer ist das, Tokino?" Fragt Benji ein weiteres Mal enttäuscht, während der Fremde sich davonmacht und Tokino ihm verwirrt hinterherschaut. „Hast du etwa einen Freund?"

„Das … das geht dich nichts an!" Reagiert Tokino genervt, die mittlerweile ihren Schock überwunden zu haben scheint. „Wir sind nicht zusammen. Du hast kein Recht mir hinterher zu spannen."

„Doch, das hat er, und ich auch!" Lechzt Ichiro beim Betrachten von Tokinos offener Kleidung lustvoll, die sie daraufhin, zu Ichiros Enttäuschung, beschämt mit ihren Armen bedenkt, als sie seinen Blick bemerkt. „Könntest du bitte die Arme wieder runternehmen, Kansaki-San."

„Kato-San, du Lustmolch!" Schreit Tokino ihn wütend an. „Verschwindet endlich!"

„Ichiro?" Erklingt eine weibliche Stimme hinter den Jungs vor der Umkleidetür. „Was ist hier los?"

Die beiden Jungs drehen sich überrascht zu der Stimme hinter ihnen um und blicken in das fragende Gesicht von Saki, die mit einem Karton mit Lehrbüchern beladen gerade an der Mädchenumkleide vorbeigekommen ist und die Jungs zu Tür reinschauen gesehen hat.

„Saki-Chan?!" Lächelt Ichiro sie verlegen an und Benji blickt ihr entsetzt ins Gesicht. „Die Klassensprecherin!"

„Du?!" Entfährt es Saki überrascht, als sie Benji wiedererkennt. „Spannst du gerade etwa den Mädchen in der Umkleide nach?"

„Es ... es ist nicht so, wie es aussieht." Versucht sich Benji zu verteidigen und Ichiro gibt sein Bestes Saki zu beruhigen. „Warte Saki-Chan! Bleib ruhig und lass es uns erklären!"

„Oh ja! Ich weiß genau, wonach das hier aussieht." Beginnt Saki sich aufzuregen, als sie hinter den beiden ein Mädchen erkennt, dass sich beschämt die offenen Klamotten zuhält. „Du Perversling!"

Mit diesen Worten lässt Saki den Karton mit Bücher fallen und holt mit ihrer Hand aus, um Benji mit all ihrem Zorn ins Gesicht zu ohrfeigen. Doch dieser sieht ihren Angriff kommen und duckt sich schnell und schafft es so ihrer Hand auszuweichen, die dann mit kompletter Wucht Ichiro ins überraschte lächelnde Gesicht trifft und diesen leicht zur Seite taumeln lässt. Ichiro versucht schwankend sein Gleichgewicht zu halten und reibt sich vor Schmerz das Gesicht mit einer Hand.

„Ichiro!" Reagiert Saki entsetzt, als sie merkt wen sie getroffen hat und geht besorgt auf ihn zu, um ihm zu helfen. „Tut mir leid, das wollte ich nicht."

„Au! Saki." Stöhnt Ichiro leicht benommen. „Ich habe doch gesagt, du sollst ruhig bleiben."

„Du!" Wendet sich Saki zornig an Benji, bevor sie Ichiro überhaupt erreicht hat und holt ein weiteres Mal aus. Und dieses Mal trifft sie den sich in Sicherheit wiegenden Benji, der gerade aus seiner geschickten Deckung erleichtert wieder hervorkommt und sich schließlich die für ihn bestimmte Ohrfeige mit überraschender Wucht fängt.

„Saki-Chan …?" Hören die Vier eine bekannte weibliche Stimme verdutzt fragen. Alle schauen, wie eingefroren in das fassungslose Gesicht ihrer Sportlehrerin Yao-Sensei, die vor Entsetzen ihre Tasche neben sich fallen gelassen hat. Sie mustert kurz die Protagonisten der gesamten Szene und seufzt dann leicht enttäuscht vor sich hin. „Ihr kommt besser alle mit zum Lehrerzimmer."

Als die Gruppe begleitet von Yao-Sensei am Lehrerzimmer ankommt, stellt Benji überrascht fest, das bereits zwei weitere bekannte Gesichter vor dem Lehrerzimmer warten. Es sind Haruka und Eiji. Während Haruka Benji mit einer Mischung aus Überraschung, Entsetzung und leichter Scham fragend anschaut, hält sich Eiji mit zusammengekniffenen Augen und leicht stöhnend den Schritt fest. Haruka mustert verwundert Benji und seine Begleiter und erkennt verwirrt eine rote Stelle in Form einer Hand auf Benjis und Ichiros Gesicht, sowie eine leicht zerzaust bekleidete Tokino, die immer noch verlegen ihre Arme vor der Oberweite hält. Bei Saki bemerkt sie nur den eiskalten Blick, den sie unnachgiebig Benji zuwirft, während Yao-Sensei Kopfschüttelt zur Tür des Lehrerzimmers geht.

„Ihr wartet hier!" Ordert sie genervt und betritt seufzend den Raum. „Und benehmt euch!"

„Was machst du hier?" Fragt ihn Haruka verwundert, als Yao-Sensei die Tür hinter sich zugemacht hat. „Und wer ist das alles, bei dir?"

„Nun das gleiche könnte ich dich auch fragen?" Schaut sie Benji fragend an und mustert skeptisch den stöhnenden Eiji. „Was ist mit ihm, geht es ihm nicht gut?"

Mit einem verschmitzten Lächeln hebt Haruka ihre geballte Faust und pustet leicht auf sie drauf. Benji versteht beeindruckt blickend sofort, und Ichiro anscheinend auch, denn er muss deutlich hörbar entsetzt schlucken. Genervt lässt sich Tokino auf den letzten freien Platz neben Haruka fallen und schaut Ichiro scharf an.

„Hör auf mich anzustarren." Faucht sie Ichiro böse an, worauf dieser ausweichend verlegen in die Luft hin und herschaut, aber nicht ohne doch heimlich einen lüsternen Blick in Tokinos Richtung zu riskieren.

„Das gilt auch für dich." Grinst Benji Saki an, die ihn immer noch mit einem bösen Blick durchgehend straft. „Oder hoffst du, das ich durch deinen Blick zu Stein erstarre."

„Das wäre immerhin ein Anfang." Gibt Saki ihm böse zurück. „Wir sind nur wegen dir hier!"

„Wegen mir?" Fragt Benji übertrieben entsetzt. „Wer hat denn hier zugeschlagen und das gleich zweimal."

„Das wäre alles nicht passiert, wenn ihr nicht …" Unterbricht Saki abrupt ihre rechtfertigende Erklärung und schaut fragend zu einem verstohlen dreinblickenden Ichiro. „Warum warst du eigentlich auch mit dabei?"

„Ja genau!" Fügt Tokino verärgert hinzu. „Woher wusstet ihr überhaupt, das wir dort sind?"

„Halt dich raus Kanzaki." Fährt Saki sie verachtend an. „Zieh dich endlich mal wieder vernünftig an!"

„Reiner Zufall." Beantwortet Ichiro die Frage der beiden Mädchen ausweichend.

„Von wegen Zufall." Korrigiert Benji ihn, skeptisch blickend. „Er hat mich dort hingeführt."

„Das entspricht so nicht der Wahrheit." Holt Ichiro verteidigend mit hochgestochener Wortwahl aus. „Als besorgter Schüler, wollte ich nur einem möglichen Skandal innerhalb der Schule nachgehen. Mehr nicht. Ich habe mir mit Kawasaki-San nur eine unterstützende Person hinzugezogen."

„Blödsinn." Erwidert Tokino ungläubig. „Du hast uns ausspioniert, oder? Mir kam es doch gleich so komisch vor, als würde mich jemand seit Tagen beobachten."

„Ist das jetzt wichtig?" Fragt Saki genervt rhetorisch nach. „Ich will wissen, wer von euch jetzt hier die Verantwortung übernimmt für das Ganze, damit wir das schnell hinter uns haben."

„Du natürlich!" Antwortet ihr Benji lächelnd. „Du hast uns schließlich zusammengeschlagen."

„Das habe ich nicht!" Reagiert Saki gereizt. „Du weißt genau warum du dir eine gefangen hast. Auch wenn ich nicht verstehen kann, warum du gerade Kansaki hier hinterhergespannt hast."

„Hey!" Beschwert sich Tokino gekränkt. „Du musst nicht beleidigend werden."

„Sag mal Benji?" Schaut Haruka Benji fragend an. „Woher kennst du die eigentlich alle?"

„Wir sind uns bereits schon mal begegnet." Weicht Benji verlegen der Frage aus. „Erkläre ich dir später."

„Ach willst du deiner Freundin nicht erzählen, wer da neben ihr sitzt." Grinst Saki Benji hinterlistig an und wendet sich schadenfreudig an Haruka. „Darf ich dir vorstellen, das ist seine Liebhaberin, Kansaki Tokino."

„Ich bin nicht seine Liebhaberin." Beschwert sich Tokino klagend. „Und er ist nicht mein Liebhaber."

„Leider muss ich dich enttäuschen, Haruka und ich sind nicht zusammen." Grinst Benji Saki dämlich an. „Sie ist meine Schwester."

„Mir doch egal." Erwidert Saki patzig. „Das ändert nichts. Das wäre alles nicht passiert, wenn du und Kansaki eure Beziehungsprobleme nicht in der Schule ausgetragen hättet. Darum halte ich mich auch mit meiner Beziehung hier in der Schule zurück. Ist doch so, Ichiro, oder?"

„Ganz wie du meinst Saki-Chan." Lächelt ihr Ichiro verlegen zu.

„Ich und Tokyo sind kein Paar." Stellt Benji genervt richtig und schaut Tokino enttäuscht an. „Wahrscheinlich waren wir nie auch nur im Entferntesten etwas Ähnliches."

„Könntest du aufhören mich Tokyo zu nennen! Ich heiße To-ki-no!" Beschwert sich Tokino verärgert. „Und du bist der Letzte mit dem ich jetzt noch zusammen sein möchte, Kawasaki!"

„Kawasaki?" Stöhnt Eiji fragend in die Runde, dessen Schmerz gerade wohl etwas nachgelassen hat, so, dass er die Leute um sich herum jetzt erst registrieren kann. „Was machst du hier? Und wer sind die?"

In diesem Moment geht die Tür des Lehrerzimmers auf und Mei kommt mit ernsten Blick heraus und einer Mappe mit irgendwelchen Unterlagen. Sie mustert mit strengen Augen die Runde, in der alle Beteiligten sie fragend anstarren, bis sie einen tiefen Seufzer von sich gibt.

„Los kommt." Befiehlt sie der Gruppe mit enttäuschtem Unterton. „Alle sechs zusammen, folgt mir."

Nachdem Mei voraus gegangen ist dackelt ihr die volle Versammlung kommentarlos hinterher, einschließlich Eiji, der mit schmerzverzerrten Gesicht sich gerade mal humpelnd fortbewegen kann. Sie folgen ihr eine Weile durch ein paar Korridore und erreichen schließlich einen etwas einsam wirkenden Flur im Erdgeschoß, wo wohl schon seit einiger Zeit nicht mehr viel los zu sein scheint. Am Ende des Ganges schließt Mei eine plakatierte Metalltür auf, auf der ein Poster vom Schulfest vor 5 Jahren hängt, und zu einem kleinen Raum führt, der vom Innenleben her wohl zurzeit mehr als Abstellkammer dient. Eine Wand voll mit Regalen, in denen allerhand Kram aufbewahrt wird, wie Bücher, alte Modelle von Anschauungsmaterialien, transparent Behälter mit dubiosen unbekannten Inhalt, ausrangiertes Geschirr und Küchenutensilien, sowie eine Kiste mit Werkzeug, befinden sich links wenn man die Tür hereinkommt. Links auf der Seite ist ein kleines Waschbecken angebracht, was ziemlich ungepflegt aussieht und daneben benötigt eine kaputte fahrbare Stellwand, auf der die sichtbare Seite einen riesigen Sprung mit Rissen zu sehen ist, den Rest der Wandfläche. Gegenüber der Tür strahlt ein wenig Sonne durch das doppelseitige Schiebefenster, unter dem ein kleines Regal mehr ab- als hingestellt wurde mit nichts als ein bisschen Staub drin, auf einen größeren Tisch, der in der Mitte stehend fast den ganzen Raum einnimmt und an dem sieben bis acht Klappstühle zusammengeklappt angelehnt sind. Nachdem Mei die Gruppe, die Türe aufhaltend, hineingelassen hat, bittet sie alle sich hinzusetzten. Nachdem sie verwundert und schweigend Platz genommen haben, lehnt sich Mei mit verschränkten Armen an die geschlossene Tür, immer noch die Unterlagenmappe mit einer Hand haltend und atmet noch einmal tief durch.

„So ihr sechs." Beginnt Mei ihre Ausführung. „Ihr fragt euch sicher, warum ihr jetzt hier seid?! Ihr müsst wissen, das Ganze hat mich eine Menge Überzeugungsarbeit und Vertrauensvorschuss gekostet. Nachdem ich mit Kawashima-Sensei, sowie Yao-Sensei und noch ein paar anderen Lehrkräften, unter anderem der stellvertretenden Schulleitung gesprochen habe, konnte ich diesen Raum für euch organisieren."

Alle sechs schauen sich gegenseitig verwirrt an, bis Saki den Mut aufbringt die Frage zu stellen, die gerade wohl allen gerade durch den Kopf geht: „Äh … Hasegawa-Sensei? Was hat dieser Raum mit uns zu tun?"

„Nun, das kann ich euch verraten, Saki-Chan. Ihr sechs seid alle hier, weil ihr auffallt. Und zwar nicht nur positiv auffallt, sondern äußerst negativ …"

„Aber wir sind nicht die einzigen, die das tun." Wirft Benji verteidigend in die Runde mit ein. „Andere fallen auch auf, und zwar besonders negativ."

„Lass mich ausreden, Jirow-Kun." Weist Mei Benji leicht scharf zurecht. „Ja, du hast recht, aber ihr sechs seit ganz besonders … auffällig. Aber mit dem kleinen Unterschied, dass ihr alle das Potential zu so viel mehr hättet."

„Aber warum bin ich dann hier?" Fragt Saki gereizt nach. „Ich bin Klassensprecherin und dazu noch eine der besten meiner Klasse."

„Das bist du zwar, aber ob du es glaubst oder nicht, die Liste der Beschwerden über dich ist lang." Zeigt Mei Saki auf. „Etliche deiner Mitschülerinnen und Mitschüler innerhalb und außerhalb der Klasse beklagen sich über deinen Umgang mit ihnen. Du bist rechthaberisch, herablassend, unverzeihlich, kaltherzig und demütigst viele, weil sie nicht deinen Standards entsprechen. Zudem greifst du mit willkürlicher Härte durch bei den kleinsten Vergehen."

„Aber, es ist doch meine Pflicht …" Versucht Saki geschockt sich zu rechtfertigen, bricht aber ab, als sie merkt, dass alle sie scharf anschauen und wendet gekränkt ihren Blick zur Seite.

„Aber du bist nicht die einzige mit einem langen Register an Beschwerden und vergehen." Fährt Mei mit ihrer Erklärung fort. „Da haben wir zu einem die Lösung von Konflikten durch physische Gewalt. Eiji-Kun weiß wovon ich rede, oder? Und für Haruka ist das heute, ja auch nicht das erste Mal. Zudem kommt bei beiden das wiederholte schwänzen des Unterrichts dazu."

Eiji wendet seinen missachtenden Blick mit knirschenden Zähnen von Mei ab und Haruka schaut betroffen zu Boden, während Benji sie überrascht blickend verwundert mustert.

„Dann haben wir hier noch einige Missachtungen der Schulregel und Anweisungen der Lehrerschaft." Fügt Mei hinzu mit einem scharfen Blick Richtung Tokino. „Wie ich sehe, Tokino-Chan, hast du noch immer nicht deine Haarfarbe angepasst, wie ich es dir gesagt habe. Das gilt auch für Eiji-Kun. Ich sollte euch wohl am besten einen Termin beim Frisör organisieren, wenn ihr es selber nicht hinbekommt."

„Das ist wegen meiner Vorgeschichte, Sensei." Verteidigt sich Tokino klagend. „Ich habe ihnen gesagt, warum ich die Haare so lassen muss."

„Hinzu kommt das herausnehmen eines Sonderstatus." Erwidert Mei mit einem herausfordernden Blick auf Tokino, die sich schützend die Hände über ihre Haare hält. „Und wenn du denkst, Tokino-Chan, dass die Gerüchte über dich ungerechtfertigt sind, dann hat uns der heutige Tag wohl gezeigt, dass da ja doch etwas dran zu sein scheint, oder sehe ich das anders? Ich habe dir ja bereits gesagt, dass wenn du so weitermachst, du dich nicht wundern sollst, das du als leichtes Mädchen oder ähnliches Unschöneres bezeichnest wirst."

Beschämt hält sich Tokino ihre Hände vor ihr Gesicht und schluchzt laut kopfschüttelnd dahinter, während Saki mit einem genugtuenden Blick in ihre Richtung schaut und Benji enttäuscht zu Boden starrt.

„Was dich angeht, Jirow-Kun, muss ich gar nicht erst im Detail aufzählen, was mir über dich in der letzten Zeit zu Ohren gekommen ist." Schenkt Mei Benji einen scharfen Blick, jedoch mit einem leicht verschmitzten Lächeln. „Dein Kleinkrieg mit Natsume-Chan reicht allein schon aus für deine Anwesenheit hier. Der Gipfel war natürlich die Sache mit der Baseballmannschaft. Zudem hast du es mit den kulturellen Gepflogenheiten ja leider nicht so genau. Wenn du dich unauffällig hast integrieren wollen, dann hat es so wohl nicht so ganz geklappt. Hast du sicher schon gemerkt, oder?"

„Ja, Sensei!" Erwidert Benji reumütig mit einem dezenten verlegenen Grinsen im Gesicht.

„Hab ich mir doch gleich gedacht, dass du was damit zu tun hast." Fühlt sich Saki bestätigt und schaut Benji missgünstig an, gefolgt von einem fragenden Blick zu Mei. „Und was ist mit Ichiro-Kun. Warum ist er hier?"

„Zu ihm komme ich jetzt." Erwidert Mei mit einem schielenden Blick zu Ichiro der scheinheilig blickend an die Decke schielt. „Es gibt mittlerweile eine große Ansammlung von Meldungen junger Schülerinnen, die sich allesamt über Ichiro-Kuns anstößiges Verhalten beschweren. Darunter fallen nicht nur ausspannen beim Umkleiden, sondern auch obszöne Anmachen und Flirtversuche, sowie lüsterne Blicke und sexuelle Anspielungen durch die sich deine Mitschülerinnen belästigt fühlen."

„Was hör ich da?" Fragt Saki Ichiro entsetzt und schaut ihn böse an. „Darüber sprechen wir noch?"

„Das klingt viel schlimmer als es ist." Verteidigt sich Ichiro mit einer Unschuldsmiene. „Ich bin ja wohl nicht der einzige der sowas tut. Und außerdem sind die meisten Beschwerden höchstwahrscheinlich von den Mädchen, die sauer auf mich sind, weil ich sie hab abblitzen lassen."

„Dazu kommt noch dein fast schon zwanghaftes und notorisches Verhalten zu Lügen, Ichiro-Kun." Ergänzt Mei mit einem skeptischen Blick. „Und damit wäre ich fertig mit meinen Ausführungen. Ihr seht keiner von euch sitzt hier mit reiner Weste. Mittlerweile seid ihr sechs Gesprächsthema Nummer eins im Lehrerzimmer und die Forderungen werden laut, dass ihr zu Förderunterricht verdonnert werdet."

Alle sechs stöhnen von genervt bis entsetzt laut auf, als sie das Wort Förderunterricht hören. Mei nickt ihnen mit einem mitleidigen Blick zu, als alle sie fragend anschauen, ob dies wirklich sein muss. Keiner von ihnen hat Lust auf diesen Extraunterricht. Mei legt die Mappe mit den Unterlagen in die Mitte des Tisches und steht seufzend vor ihnen.

„Die gute Nachricht ist, dass ich die Chance erhalten habe, die Angelegenheit auf meine Weise zu regeln und darum sind wir hier." Beginnt Mei ihnen zu erklären. „Dies hier ist meine Alternative für den Förderunterricht. Ich biete euch eine Möglichkeit euch selbst zu helfen, nur eine Möglichkeit. Ihr sechs gründet einen Club und dies wäre dann euer Clubraum. Ich weiß von euch allen, dass keiner aktiv an einem Club teilnimmt, und bevor du es erwähnst, Jirow-Kun, der Musik Club zählt offiziell als nichtexistierend. Also hättet ihr theoretisch alle Zeit dafür. Eure Aktivitäten werden daraus bestehen euer eigenes Verhalten gegenseitig zu reflektieren, zu lernen miteinander auszukommen, sich als Teil einer Gruppe einzufügen, bis dahin zu lernen miteinander zusammenzuarbeiten und im Idealfall es zu schaffen gemeinsam anderen zu helfen. Seht es als eure sichere Zone zum Üben von sozial erwünschten Verhalten, um ein bessere Teil der Gesellschaft zu werden. Ihr trefft euch mindestens einmal wöchentlich. Ich empfehle euch es jedoch öfters zu tun. Ihr gebt einmal die Woche die Ergebnisse aus euren Besprechungen schriftlich bei mir, euren Clubberater ab. Einmal im Monat wird es eine Supervision mit mir geben, um euren eventuellen Fortschritt zu reflektieren und euch neue Ziele zu setzen. Der Bonus dabei ist, dass ihr offiziell als Club geltet und ihr in der Öffentlichkeit nicht gebrandmarkt werdet als förderbedürftige Außenseiter, sowie, dass, … und das überlasse ich völlig euch, … ihr zu Hause keine Rechenschaft ablegen müsst wegen dieser Sondermaßnahme aufgrund eurer Vergehen. In der Mappe dort sind die Formulare für den Clubantrag und die Mitgliedsanträge. Eure heutige Aufgabe wird es sein einen Clubpräsidenten zu bestimmen, wie ihr das macht ist mir egal. Ich möchte nur, dass ihr die Formulare ausgefüllt von allen sechs bis heute Abend bei mir im Lehrerzimmer abgebt. Solltet ihr das nicht tun, oder nur einer von euch zieht nicht mit, wisst ihr ja, was euch dann droht. Ich bin noch eine Weile im Haus, aber lasst euch nicht zu lange Zeit für eure Entscheidung."

„Was soll das denn überhaupt für ein Club sein, Sensei?" Fragt Saki skeptisch nach, während Mei bereits zu Tür rausgehen will und die Klinke in der Hand hat und Benji fügt ergänzend hinzu. „Ja Sensei, wie sollen wir ihn nennen."

„Das überlasse ich eurer Kreativität." Lächelt Mei ihnen zu, während sie zu Tür hinausgeht und dreht sich bevor sie den Raum verlässt nochmal kurz um. „Nun, wenn ich so recht überlege, ich bin doch Englisch Lehrerin. Warum nennt ihr ihn nicht den Englisch Club? Den haben wir nämlich noch nicht."

Mit diesen Worten schließt Mei die Tür lächelnd hinter sich und alle sechs schauen sich fragend und verdutzt gegenseitig an. Niemand traut sich im ersten Augenblick etwas zu sagen. Schließlich bricht Haruka mit einem Gefühl der Verzweiflung das kollektive Schweigen.

„Was machen wir denn jetzt?" Schaut sie verunsichert Benji an, der grübelnd die Mappe mit den Formularen auf dem Tisch anstarrt. „Sie kann uns doch nicht zwingen einem Club beizutreten, oder?"

„Tut sie ja nicht!" Antwortet Ichiro für Benji. „Wir können ja immer noch den Förderunterricht wählen. Geschickt, geschickt, Hasegawa-Sensei."

„Also ich habe genug gehört, für heute." Wirft Benji in die Runde ein und schnappt sich die Formulare. „Ich will nach Hause. Lass uns die Dinger schnell ausfüllen und alles abgeben. Den Rest besprechen wir dann beim nächsten Mal."

Benji will die Anträge an die anderen verteilen und hält sie ihnen anbietend hin. Doch keiner unternimmt den Versuch sie ihm abzunehmen. Stattdessen schauen ihn alle verwundert an. Als Benji merkt, dass die anderen zögern legt er die Formulare wieder auf den Tisch, während er alle fragend mustert.

„Ihr seid doch dabei, oder?" Stellt Benji die alles entscheidende Frage in den Raum. „Ihr wollt doch nicht wirklich zum Förderunterricht?"

„Vielleicht ist der Förderunterricht gar nicht so schlimm, wie alle sagen." Überlegt Tokino laut in die Runde. „Wer weiß was Hasegawa-Sensei in Wirklichkeit mit uns vorhat, wenn wir dem zustimmen. Ich traue ihr nicht wirklich."

„Der Meinung bin ich auch. Hasegawa-Sensei hält sich leider sich nicht immer an das, was sie sagt." Pflichtet ihr Saki genervt bei. „Zudem kann ich nicht mit euch in einen Club sein. Das ist für mich keine Alternative."

„Und das wäre so schlimm, weil…?" Fragt Benji herausfordernd nach.

„Weil … weil ich mit euch nichts zu tun haben will." Antwortet Saki immer noch genervt. „Da ziehe ich den Förderunterricht dem hier klar vor."

„Und mit wem, denkst du, wirst du gemeinsam im Förderunterricht sitzen?" Fragt Benji rhetorisch nach. „Denkst du wir bekommen alle einen einzelnen Raum zur Verfügung gestellt? Wir sind so oder so aneinandergebunden, ob es uns passt oder nicht. Mit dem Club haben wir wenigstens die Chance unsere Zeit frei einzuteilen und müssen uns keinen lästigen Fragen in der Öffentlichkeit stellen."

„Ich finde, er hat da mehr als ein gutes Argument!" Pflichtet Ichiro ihm nachdenklich bei. „Wir müssen ja nur so tun, als ob wir an der Aktivität des Clubs teilnehmen. Es reicht ja, wenn wir den Schein wahren. Soviel, kann uns Hasegawa-Sensei dabei gar nicht kontrollieren."

„Ichiro!" Entfährt es Saki entsetzt. „Wie kannst du dem zustimmen. Und generell solltest du auf meiner Seite sein."

„Ich glaube wir brauchen von allen mal ein klares Statement." Schlägt Benji seufzend vor. „Wer dafür ist, das mit dem Club zu machen, bitte einmal Handzeichen."

Benji selbst, Haruka zögerlich und Eiji missbilligend, dass er auf derselben Seite ist, wie Benji, heben ihre Hand.

„Und wer ist für den Förderunterricht?" Fragt Benji herausfordernd nach. „Handzeichen bitte."

Tokino und Saki heben die Hand. Ichiro scheint sich enthalten zu wollen, doch Saki schaut ihn böse an, so das er eingeschüchtert doch zögerlich seine Handzeichen für den Förderunterricht gibt. Benji schüttelt nur genervt den Kopf.

„Das sind drei gegen drei." Fasst Haruka es kurz zusammen. „Das bedeutet Unentschieden."

„Für mich bedeutet es, dass wir zum Förderunterricht gehen." Korrigiert Saki sie. „Solange einer gegen den Club ist, ist das Angebot sowieso vom Tisch. Somit wäre doch alles klar."

„Sehe ich anders." Wirft Benji hartnäckig ein. „Diejenigen, die gegen den Club sind, haben somit die anderen ungewollt mit in den Förderunterricht gezogen. Ihr müsstet dann auf ewig mit dieser Schuld leben. Könnt ihr das? Ich finde ihr solltet uns genauso alle überzeugen, wie wir euch."

„Also gut, ich bin für den Club." Ändert Tokino auf Benjis Worte ihre Meinung. „Ich habe keine Lust euch was schuldig zu sein."

„Hör doch richtig zu Kansaki." Fährt Saki Tokino genervt an. „Er hat gesagt, wie sollen sie auf unsere Seite ziehen. Er hat nicht gesagt, dass wir in seiner Schuld stehen, wenn wir nicht für den Club sind. Hört am besten nicht auf ihn, er versucht uns nur alle zu manipulieren."

„Gut! Dann lass mal hören." Fordert Benji Saki grinsend heraus. „Sag mir, warum ich für den Förderunterricht sein soll."

„Äh … äh … das ist nicht fair." Stottert Saki, die sich überrumpelt fühlt. „Du hast sowieso schon zwei Meinungen von deinen Freunden auf deiner Seite. Sie stimmen dem zu, was du sagst, weil sie dir hörig sind."

„Hey, ich bin nicht sein Freund." Fährt Eiji Saki gereizt und lautstark an, während Haruka ihr nur einen bösen Blick schenkt. „Und ich bin ihm nicht hörig. Ich habe meine eigene Meinung. Und glaub mir, der Förderunterricht ist was für Vollidioten. Der Club ist eindeutig besser, auch wenn ich damit mit euch allen gestraft bin."

„Das wäre somit ein weiteres Argument für den Club." Weist Benji amüsiert Saki aufs Eijis Kommentar hin. „Und du hast mir noch immer kein Gegenargument geliefert. … Warte! … Eigentlich doch, dass du uns nicht leiden kannst. Aber, das hat Kuno gerade entkräftet. Ihm geht's nämlich genauso, und er ist für den Club."

„Das ist doch alles total parteiisch und abgesprochen." Grummelt Saki verärgert vor sich hin.

„Ach ja, und Kato-Sans Meinung ist natürlich völlig unabhängig." Erwidert Benji sarkastisch.

„Ja ist sie!" Bestätigt Saki Benjis Aussage, merkt aber dann, dass er es anders gemeint hat und fährt Benji entnervt an. „Moment mal, das war Sarkasmus, oder. Was willst du damit sagen? Willst du mir unterstellen, dass ich ihn bedränge mir zuzustimmen?"

„Saki-Chan, es reicht." Wendet sich Ichiro beruhigend an sie. „Gib dir einen Ruck und lass uns dem Club eine Chance geben. Wir können ja immer noch aussteigen, wenn es dir … ich meine uns nicht mehr passt. Alle sind mittlerweile dafür, selbst du. Du willst es mal wieder nur nicht zugeben."

„Das … das ist es nicht!" Stammelt Saki entmachtet vor sich hin und nach einer kurzen Pause der Besinnung gibt sie endlich patzig klein bei. „Gut. Von mir aus. Aber wenn ihr mir auf die Nerven geht, bin ich raus. Und mir ist egal wem ich dann etwas schuldig bin."

Alle schauen sich erwartungsvoll und fragend an, bis Benji, nachdem er erleichtert aufgeatmet hat, sich wieder die Anträge schnappt und sie unter den anderen verteilt und diesmal nehmen sie diese auch an. Während alle ihr Formular ausfüllen und Benji zusätzlich bereits den Clubantrag bearbeitet, erinnert er sich wieder an Meis heutige Aufgabe.

„Mir fällt gerade ein, dass wir noch einen Club Präsidenten brauchen." Stoppt er mit dem Schreiben vor der entsprechenden Zeile. „Meldet sich jemand freiwillig?"

Benji gut skeptisch fragend in die Runde, doch keiner scheint einen Impuls zu verspüren sich für diesen Posten zu melden. Mit einem Kopfschütteln beginnt er schließlich seinen eigenen Namen dort einzutragen.

„Na gut, dann mach ich es eben, wenn keiner darauf Lust hat." Erklärt er leicht genervt.

„Warte!" Hält Saki ihm auf. „Ich bin eindeutig dagegen, dass du der Club Präsident bist. Lieber mach ich es selber."

„Naja, ich bin nicht wirklich scharf darauf es zu machen." Gesteht Benji skeptisch. „Aber ich bin auch nicht dafür, dass du es machst. Du bist diejenige, die am wenigsten für den Club ist."

„Und genau darum, sollte ich es machen." Erklärt Saki selbstgefällig. „Ich sollte, die alles entscheidende Stimme haben, damit ihr mir nicht doch die Nerven raubt."

„Ich bin dafür, dass es keiner von euch macht." Beschwert sich Tokino genervt. „Ihr seid beide voll rechthaberisch. Ich habe absolut keine Lust darauf, dass ihr dem Club euren ätzenden Stempel aufdrückt. Lieber erkläre ich mich dazu bereit. Oder er hier. … Kuno-San, richtig? … Er soll es machen. Er kann keinen leiden und ist trotzdem am meisten für den Club. Die besten Voraussetzungen."

„Danke, aber passe." Schlägt Eiji Tokinos Vorschlag genervt aus und deute missachtend auf Saki und Benji. „Aber ich bin auch dagegen, dass die beiden da das Kommando haben."

„Na meinetwegen. Aber dann macht es Ichiro … ich meine Kato-San." Schlägt Saki geschlagen Ichiro vor und schaut ihn bettelnd an. „Du machst das doch, oder? Bitte."

„Also … wenn du mich so fragst …" Überlegt Ichiro vor sich hin. „Es würde mir schon zusagen."

„Ich bin auch für Ichiro … äh … Kato-San." Stimmt Benji Sakis Vorschlag zu.

„Was? Wieso das denn?" Fragt Saki plötzlich verwirrt. „Wieso bist du auf einmal meiner Meinung. Was steckt dahinter?"

„Ich finde er ist die beste Wahl." Erklärt ihr Benji unbeeindruckt von Sakis Misstrauen. „Ihr beide scheint ja irgendwie zusammen zu gehören, wie ich es sehe. Solange er Club Präsident ist, ist die Chance, dass du mitziehst, wie soll ich es sagen, am wahrscheinlichsten."

„Das ergibt Sinn." Bestätigt Tokino nachdenklich Benjis Aussage. „Aber er ist ein unverbesserlicher Lustmolch wie mir scheint. Wollen wir das wirklich, das er das Sagen hat?"

„Wer frei von Schuld ist, der werfe den ersten Stein, heißt es in der Bibel." Zitiert Benji mit einem verschmitzten Lächeln. „Ich bin sicher, jeder von uns hat Mängel, die gegen den Posten des Club Präsidenten sprechen würden. Aber seine, sind für mich am wenigsten ein Grund, dass er es nicht machen sollte. Also, wenn keiner mehr einen anderen Vorschlag hat, können wir dann endlich abstimmen?"

„Das gefällt mir irgendwie, wie das klingt." Fühlt sich Ichiro von Benjis Worten geschmeichelt. „Gut. Ich mach es. Ich stelle mich zur Wahl."

„Perfekt! Dann Handzeichen bitte, wer für Ichiro … Kato-san ist." Ordert Saki freundlich und alle außer Haruka und Tokino zeigen auf. Worauf Saki beide giftig anschaut. „Das sind nicht alle, aber die Mehrheit. Warum seid ihr nicht dafür?"

„Ich enthalte mich." Erklärt Tokino mit einem Grinsen. „Den Grund habe ich ja bereits genannt. Und davon lasse ich nicht ab, egal was Ben Kinobi sagt."

„Ich bin für Benji .. äh … Jirow-Kun." Gesteht Haruka mit einem scharfen Blick zu Saki. „Nicht weil ich ihm hörig bin, sondern weil ich ihn für den besten Club Präsidenten halte."

„Danke für deine Unterstützung." Bedankt sich Benji gerührt bei Haruka. „Aber ich denke, es ist entschieden. Wenn keiner Einspruch erhebt, ist … Kato-San unser erster Club Präsident. Herzlichen Glückwunsch."

Nach einer kurzen abwartenden Pause klatschen schließlich alle verhalten in die Hände, bis auf Saki die mit deutlich mehr Enthusiasmus Ichiro erleichtert gratuliert. Ichiro reibt sich leicht verlegen am Hinterkopf und steht auf und verbeugt sich dankend bei der Runde.

„Soll ich eine Antrittsrede halten?" Fragt Ichiro erwartungsvoll immer noch stehend in die Runde.

„Bitte nicht!" Erwidert Tokino verlegen lächelnd und selbst Saki schaut ihn genervt an. „Wenn es sein muss?!"

„Gut! Wenn ihr unbedingt wollt." Ignoriert Ichiro selbstgefällig die Kommentare der Mädchen. „Ich bedanke mich für euer Vertrauen …"

„Nicht bei mir." Wirft Tokino grinsend in Ichiros Rede hinein.

„… das ihr in mich gesetzt habt." Setzt Ichiro mit einem skeptischen Blick zu Tokino seine Rede fort. „Ich verspreche, dass ich ein Präsident für alle bin, nicht nur für den Club an sich, wie immer wir ihn auch nennen werden, sondern auch für euch, die Mitglieder. Einer für Alle, alle für mich oder so ähnlich."

„Alter, bist du jetzt fertig?" Fragt Eiji genervt. „Mir reicht es nämlich langsam. Ich will endlich hier raus, aus diesem Irrenhaus."

„Großartige Rede, Mister Präsident." Gratuliert Benji Ichiro gespielt übertrieben begeistert. „Kurz und knapp und ein kleinwenig aufopferungsvoll, wenn ich sagen darf. Darf ich den Präsidenten beim Wort" nehmen und um eine erste Amtshandlung bitten?"

„Sei gewährt." Gestattet Ichiro hochgestochen Benji das Wort. „Wie kann ich mit meinen bescheidenen Fähigkeiten zu Diensten sein."

„Oh, bitte." Rollt Saki total entnervt mit den Augen, unklar ob sie Ichiros selbstgefälliges Gehabe oder Benjis Anliegen oder beides meint. „Muss das wirklich sein?"

„Mir ist eben bei unserer Diskussion etwas aufgefallen." Beginnt Benji zu erklären. „Wir haben ein deutlich verwirrendes Durcheinander mit den persönlichen Anreden. Darum würde ich gerne den Antrag stellen, dass wir uns alle geschlossen bei den Vornamen anreden, wo wir jetzt zusammen in einem Club sind."

„Was! Auf keinen Fall." Reagiert Saki fassungslos und auch alle anderen schauen Benji leicht entsetzt an. „Vornamen?! Bei dir piepst wohl. Das kommt gar nicht in Frage."

„Nun, ich fände es nur fair, wenn mein Antrag offiziell an die Runde weitergeben wird von unserem Präsidenten." Erwidert Benji bürokratisch mit einem freundlichen Lächeln. „Du kannst gerne einen Gegenantrag einreichen, nachdem meiner bearbeitet wurde."

„Stattgegeben." Gewährt Ichiro Benjis Vorschlag. „Möchtest du dein Anliegen vor der Abstimmung noch begründen, Kawasaki?"

„Du nimmst mir die Worte buchstäblich aus dem Mund, mein Präsident." Gibt sich Benji schmeichlerisch mit dem zweideutigen Hinweis, dass Ichiro Benji gerne einfach nur Kawasaki genannt hat. Benji richtet sein Wort erläuternd an die Runde. „Bedenkt bitte, dass einige von uns sich schon bereits kennen und mit Vornamen anreden. Es würde also immer eine intimere Ebene zwischen einzelnen Mitglieder geben. Es würde für das Gruppengefüge wesentlich besser sein, wenn wir uns im Club alle gleich anreden würden, damit wäre keiner außen vor. Zudem heißen Haruka und ich beide Kawasaki, darum wäre es verwirrend für uns, wenn wir den Nachnamen nutzen."

„Das ist doch jetzt nicht wirklich euer ernst?!" Kommentiert Saki Benjis Erläuterung immer noch entsetzt, während die anderen aber deutlich über Benjis Worte ernsthaft nachdenken.

„Interessante Ausführung." Lobt Ichiro Benjis Worte und schaut erwartungsvoll in die Runde. „Wer für seinen Vorschlag ist, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen."

Alle bis auf Saki zeigen geschlossen auf, selbst Ichiro. Saki verschränkt verärgert die Arme über die Brust und sackt schmollend in ihren Stuhl zurück, während Ichiro ihr verlegen zulächelt.

„Das sieht stark nach der Mehrheit aus. Tut mir Leid Saki-Chan." Entschuldigt sich Ichiro mitleidig bei Saki. „Aber ich, als Club Präsident möchte eine Bedingung hinzufügen, dass wir die Höflichkeit wahren und mindestens das -San als Anrede geschlossen mit hinzufügen."

„Damit kann ich leben." Gesteht Benji gleichgültig und Saki lässt sich schließlich entnervt darauf ein, nachdem sie skeptisch zwischen Benji und Ichiro hin und her geschaut hat. „Von mir aus. … Arrh! … Ihr reizt es aber damit gewaltig aus. Das reicht aber auch jetzt für heute, sonst ziehe ich meinen Mitgliedsantrag wieder zurück."

„Ganz meiner Meinung." Stimmt ihr Tokino gereizt zu. „Lasst uns jetzt endlich Feierabend machen."

„So sei es!" Nimmt sich Ichiro das letzte Wort. „Als Club Präsident erkläre ich mit alle meiner Amtsvollmacht …"

„Alter! Komm zum Punkt!" Fährt Eiji ihn genervt an und alle schauen skeptisch auf Ichiro.

„… Okay. Lasst uns gehen!" Beendet Ichiro leicht enttäuscht das erste Clubtreffen.

Nachdem sie schnell alle Anträge restlos vollständig ausgefüllt haben beschließen sie geschlossen die Formulare bei Mei im Lehrerzimmer abzugeben. Als die sechs sichtlich erschöpft von den ganzen Diskussionen und leicht unwohl von den skeptischen Augen der anderen Lehrkräfte im Raum beobachtet zu werden vor Mei stehen und ihr die Mappe mit Anträgen ausgefüllt zurückgeben, während sie die Gruppe verwundert anschaut kommt es ihnen so vor, als hätte es das Angebot den Club zu gründen nie gegeben. Nachdem Mei fragend die Formulare durchgeht, zwinkert sie den sechs mit einem Auge kurz zu.

„Ihr wollt also einen Club gründen?" Fragt Mei gespielt positiv überrascht nach und lächelt freudig auf. „Und auch noch einen Englisch Club. Was für eine tolle Idee. Dafür stelle ich mich doch gerne als Berater zur Verfügung. So bitte, genehmigt. Habt noch einen schönen Tag."

Verwundert und erschöpft verabschieden sich alle höflich voneinander und machen sich auf den Weg nach Hause. Auf dem Heimweg merkt Benji, wie Haruka ihn immer wieder fragend anschaut und öfters dazu ansetzt ihn anzusprechen, es schließlich aber doch nicht über sich bringt, worauf Benji sie beim dritten Mal verlegen anlächelt.

„Ich glaube, ich bin dir noch eine Erklärung schuldig." Gesteht Benji ihr mit einem schlechten Gewissen. „Es ist zwar schon spät, aber hast du noch Zeit für einen kleinen Abstecher?"

Haruka nickt ihm verwundert, aber mit einem freundlichen Lächeln bestätigend zu und beide schlagen einen ihnen wohl bekannten Umweg ein bevor sie nach Hause gehen.