"Mylady", durchbrach Leonardos höflicher Ton den Bann, der Esme gefangen gehalten hatte, und sie drehte sich instinktiv zu ihm um. Ihr Blick war noch immer von dem beunruhigenden Gefühl getrübt, und Leonardo verbeugte sich höflich.
Er übermittelte die Anweisungen des Königs. "Seine Majestät hat befohlen, dass ich euch zum Gasthaus begleite, wo ihr euch für die Nacht ausruhen könnt." Sagte er, aber Esmes Verstand war noch immer von der dunklen Präsenz, die sie gespürt hatte, verwirrt, und ihre Gedanken waren weit entfernt von dem verlockenden Komfort eines warmen Bettes.
"Hast du gerade jemanden an mir vorbeigehen sehen?" fragte sie Leonardo mit unsicherer Stimme, aber sein Kopfschütteln verstärkte ihre Verwirrung nur noch mehr. Es war, als wäre sie die Einzige, die diese eisige Präsenz spürte, und ihr schnelles Verschwinden ließ sie an ihrem eigenen Verstand zweifeln.
Ihre Sinne waren nicht so scharf wie der scharfe Wachsamkeitssinn eines Shifters, also war es absurd zu glauben, dass sie in den Gesichtern aller eine Bedrohung erkennen würde. Es musste ein Trick ihres Geistes sein. Die Vorstellung, dass sich jemand einfach so in Luft auflösen konnte, war lächerlich. Sie musste sich die ganze Sache eingebildet haben.
"Ist alles in Ordnung, Mylady?" Leonardos aufmerksamer Blick bemerkte ihr Unbehagen, aber Esme überspielte es mit einem beruhigenden Lächeln und einem sanften Kopfschütteln. In diesem Moment entschuldigte sich König Lennox und kam auf sie zu.
"In der Nähe gibt es ein Gasthaus", deutete er mit der Hand auf das bescheiden aussehende Gasthaus hinter ihr. "Wir werden dort übernachten und im Morgengrauen die Festung besuchen. Ich habe etwas Wichtiges mit den Männern zu besprechen, also solltest du dich schon mal einrichten. Leonardo wird dir zur Seite stehen, wenn du etwas brauchst." Er versicherte ihr, und Esme war dankbar, dass er sich um ihr Wohlergehen sorgte.
"Okay. Pass auf dich auf", antwortete sie.
Esme holte ihre gut gefüllte Tasche aus der Kutsche und ging hinter Leonardo in das Gasthaus. Drinnen gewöhnten sich ihre Augen an die warme, einladende Atmosphäre, und es war das erste Mal, dass sie in einem Gasthaus übernachtete. Die Holzbalken über der Decke, ein knisternder Kamin in der Ecke und ein paar verstreute rustikale Stühle waren von Reisenden besetzt, die eine herzhafte Mahlzeit genossen. Als ein paar Augen in ihre Richtung blickten, senkte Esme den Kopf und blieb dicht bei Leonardo.
Sie traten an den Gastwirt heran, der hinter der Rezeption stand, und Leonardo erwähnte die vorherigen Vorkehrungen des Königs, bevor er um die Schlüssel für Esmes Zimmer bat. Der Gastwirt mittleren Alters gab ihnen den Schlüssel, und Esme begleitete sie die Treppe hinauf, wobei ihre Schritte in dem ruhigen Flur leise widerhallten.
Das obere Stockwerk war ein deutlicher Fortschritt gegenüber dem rustikalen Erdgeschoss, mit poliertem Holz und aufgeräumten Einrichtungen. Esme vermutete, dass der König nicht zum ersten Mal in einem Gasthaus zu Gast war, denn der Wirt schien den König gut zu kennen.
Der Gastwirt blieb vor ihrer Zimmertür stehen und neigte sein Haupt als Geste des Respekts. "Wenn Sie etwas brauchen, Mylady, zögern Sie bitte nicht zu fragen." Mit diesen Worten verabschiedete er sich. Esme warf einen Blick auf den Berater des Königs, der ebenfalls den Kopf senkte, und obwohl seine Miene gleichgültig und unheimlich war, war sein Ton warm.
"Seine Majestät hat für getrennte Zimmer gesorgt, also wartet bitte nicht auf ihn. Sie müssen müde sein, also ruhen Sie sich aus", riet er. "Kann ich Ihnen sonst noch irgendwie behilflich sein?", fragte er, aber Esme schüttelte den Kopf und war bereits dankbar, dass Leonardo sie sicher auf ihr Zimmer begleitet hatte.
Als sie das Zimmer betrat und die Tür schloss, war Esme angenehm überrascht, wie geräumig ihr Zimmer war. Ursprünglich hatte sie mit einem kleinen, gemütlichen Raum gerechnet, doch nun war sie von einem Gefühl des Luxus übermannt worden. Es war sogar so groß wie ihr eigenes Zimmer im Herrenhaus.
Es gab ein ordentlich gemachtes Bett, eine hölzerne Kommode und ein Fenster, das den Blick auf die Stadt freigab. Der warme Schein einer Laterne warf ein sanftes Licht in den Raum, das ihm eine einladende Atmosphäre verlieh, und Esme gönnte sich zunächst ein entspannendes Bad.
Danach trocknete sie ihr Haar mit einem Handtuch und schlüpfte in ihr seidiges blaues Nachthemd. Sie hielt inne und betrachtete ihr eigenes Spiegelbild, und ein Hauch von Müdigkeit zeichnete sich auf ihren Augenbrauen ab. Wenn sie ehrlich war, sah ihr Haar gar nicht so schlimm aus, wie sie es sich vorgestellt hatte.
Das plötzliche Klopfen an der Tür unterbrach sie in ihrer Betrachtung, und sie erstarrte. Esme dachte, es könnte der König oder Leonardo sein, der zurückkam, und wollte ihnen die Tür öffnen, doch ihre Augen weiteten sich vor Schreck, als sie Dahmer vor sich stehen sah. Ohne nachzudenken, versuchte sie, die Tür zuzuschlagen, aber Dahmer war zu schnell, hielt sie mit einer Hand fest und drängte sich in ihr Zimmer.
'"Was denkst du, was du da machst?"
"Verschwinde!" Esme versuchte zu schreien, doch sie war Dahmers Kraft nicht gewachsen. Er stieß sie auf das Bett, weil sie nicht aufhörte, ihn hinauszutreiben, und in seinen Augen blitzte bösartige Absicht auf.
Er schloss die Tür ab und verriegelte sie von innen, während Esmes Augen ihm misstrauisch folgten. Seine Hände verschwanden in den Taschen, und er bewegte sich auf sie zu, seine kalten Augen verrieten seine dominierende Alpha-Identität. Esme rückte an den Bettrand, um Abstand zu halten, doch Dahmer beschleunigte sein Tempo und ehe sie reagieren konnte, umklammerten seine Hände ihre Kehle wie ein Schraubstock.
Es war eine Drohung, die sie hatte kommen sehen, der sie jedoch nicht ausweichen konnte.
"Hast du wirklich geglaubt, ich würde dich einfach entkommen lassen, nur weil der König dich für sich beansprucht hat?" lachte er höhnisch und genoss ihre Naivität. "Esme, du verstehst wirklich nicht, was es bedeutet, unter meiner Kontrolle zu stehen. Die Heirat mit dem König wird daran nichts ändern. Du wirst tun, was ich sage, egal wie widerlich es ist, und du wirst es mit einem Lächeln tun." Er lockerte seinen Griff um ihre Kehle und zog seine Hand langsam und drohend zurück.
Esmes Herz raste, als er eine kleine Pille aus seiner Tasche zog und ihr hinhielt. "Nimm sie", befahl er mit fester und unnachgiebiger Stimme. "Schluck sie runter."
"Lass mich einfach in Ruhe!"
"Zwing mich nicht, es zu wiederholen." Dahmers Stimme hob sich leicht bei ihrem Ungehorsam, ihre Bitte wurde mit einer stummen Warnung beantwortet. Seine Hand blieb ausgestreckt, die Pille zwischen seinen Fingern, Tränen traten in ihre Augen. Angst und Unsicherheit flackerten in ihrem Blick auf und verrieten ihren Versuch, tapfer zu erscheinen.
"Was... was hast du mit mir vor?"
Das Lächeln des Alpha Dahmer war grausam. "Nimm die Pille und finde es heraus."
"Ich... ich werde es dem König sagen, wenn du etwas Unerlaubtes versuchst." Esme fand die Stimme in sich, in der Hoffnung, seine Einschüchterungsversuche abzuwenden, doch ihr Herz setzte aus, als sein Lächeln breiter wurde und seine Augen voller Bosheit funkelten.
"Wenn du auch nur ein Wort darüber verlierst, wird dein Dienstmädchen Vivienne, richtig? Ihr Leben ist verwirkt", drohte er, und Esme erbleichte zusehends. "Nimm die Pille, Esme. Keine Widerrede", schmeichelte er, seine Stimmlage tropfte vor falschem Mitgefühl, und eine einzelne Träne rollte über ihre Wangen.
"Was wird die Pille mit mir machen?"
Dahmers Geduld war erschöpft durch ihre ärgerliche Hartnäckigkeit. "Nimm sie einfach, Esme", knurrte er, packte ihren Kiefer und zwang die Pille in ihren Mund. Als sie zu husten begann, reichte er ihr ein Glas Wasser, aber als sie es verweigerte, zwang er sie, es zu trinken und darauf zu achten, dass sie das Glas leerte.
"Ah, so ist es besser." Er grinste höhnisch, sein Lächeln verzerrt und grausam. Aus irgendeinem Grund spürte Esme, wie ihre Kräfte schwanden und ihr Blickfeld sich trübte, als die Pille fast sofort wirkte.
Durch ihren verschwommenen Blick sah sie, wie Dahmer seinen Gürtel löste.