Mit einem paar kalter, bernsteinfarbener Augen, die durch den Mangel an Emotion wie tot wirkten, beobachtete Kaiserin Arabella schweigend, wie das einst so glorreiche und unbesiegbare Imperium Valeria zum ersten Mal seit dessen Gründung endgültig in den Ruin fiel.
Ganz sicher würde ihr Name als die schurkische Kaiserin in die Geschichte eingehen, die den Untergang ihres eigenen Ehemannes – des mächtigen Kaisers Ferdinand – herbeigeführt hatte.
Ja, ER!
Zusammen mit dem Valeria-Imperium, das sie jahrelang beherbergt hatte.
Oder etwa nicht?
War es nicht nur Schmerz und Leid, das es ihr zugefügt hatte?
Ach, am Anfang, als sie nichts weiter als eine junge, verwöhnte Dame war, die nichts von der Welt wusste, gab es ein bisschen Freude und Wärme.
Aber als sie klüger wurde, erkannte sie, dass selbst diese flüchtigen Momente nicht echt waren.
Dieses Imperium war nichts anderes als ein Gefängnis für sie.
Es fesselte sie an diesen kalten, unwirtlichen Ort und nahm ihr alles Kostbare.
Ihre Jugend, ihre Liebe, ihr Zuhause, ihre Freiheit – und vor allem das Licht ihres Lebens.
Alles!
Alles, was ihr dieser Ort gab, war Elend.
Es war die Hölle.
Aber eigentlich war Arabella schon seit einer Weile tot, also spielte es wirklich keine Rolle mehr.
Nichts hatte mehr Bedeutung, seit ihr Sohn gestorben war.
Ah, warte! Doch, da ist noch etwas!
Rache.
Die Vernichtung ihres einst geliebten Ehemannes und der Quelle seiner Macht.
***
Der morbide Geruch von brennenden Leichen und Gebäuden stieg in ihre Nase, als sie sich dem Fensterrand näherte.
Überall stieg schwarzer Rauch auf und ließ dunkle Wolken über dem einst hellen und prosperierenden Reich entstehen.
Vom höchsten Stockwerk des Magischen Turms aus betrachtete sie das Feuermeer, das Riva – die einst so schöne und glorreiche Hauptstadt Valerias – verschlang.
Dies war die Frucht ihrer jahrelangen, harten Arbeit.
All ihre mühsamen Bemühungen hatten sich endlich ausgezahlt!
Zehn Jahre war es her, seit sie begann, den Ruin ihres Ehemannes und das, was er am meisten liebte – die Macht – zu planen.
Die Macht und das Ansehen des mächtigen Valerianischen Imperiums.
Und nun hatte sie endlich Erfolg.
Ihr Mann verlor seinen Thron und Riva stand in Flammen.
Valeria war gefallen.
War sie glücklich, als sie die Schreie ihres sterbenden Volkes hörte?
Heh. War das jemals ihr Volk?
Sie hatten sie nur gequält.
Sie waren nie wirklich ihr Volk, obwohl sie ihr Bestes gab, ihre Kaiserin zu sein.
Sie wurden nie wirklich akzeptiert, trotz ihrer Anstrengungen.
Ihr Fortschritt und ihre Errungenschaften wurden nie gesehen.
Stattdessen wurden nur ihre Fehler und Mängel wahrgenommen.
Wenn sie gut abschnitt, hieß es, das sei zu erwarten.
Das war das Mindeste, was sie als Gemahlin des Kaisers tun konnte.
Sie ließen es so erscheinen, als hätte sie es noch besser und früher machen müssen, trotz dessen, dass ihr das sorglose und glückliche Leben plötzlich genommen wurde, um hier sein zu können.
Selbst wenn sie gut handelte, wirkte es wie ein Fehler, weil jeder einfach sagte, sie hätte es viel früher tun sollen.
Von ihren guten Taten und Verbesserungen sprach niemand, weil sie diese nicht anerkannten.
Doch wenn sie auch nur den kleinsten Fehler machte, wurde daraus ein riesiges Thema, das jedem bekannt war und über das niemand hinwegsah.
Sie sprachen viel mehr darüber als über ihre Erfolge.
Auch als die Jahre vergingen, war sie lediglich eine fremde Kaiserin, die sie immer verurteilten und kritisierten.
Sie gehörte nie wirklich hierher, also waren sie von Anfang an nie ihr Volk.
Trotzdem...
War sie glücklich darüber, dass die Hauptstadt und die Orte, an denen sie einst wandelte, in Flammen standen und bald zu Asche werden würden?
Sie war es nicht.
Aber das spielte keine Rolle.
Denn sie konnte nicht mehr glücklich sein.
Ihr Herz war schon lange gestorben.
Es wurde zusammen mit ihrem einzigen Kind begraben.
Dieses entzückende Kind war ihr Licht in diesem dunklen und grausamen Ort.
Er war ihre einzige Freude.
Ihr Glück.
Ihr Ein und Alles.
Doch dann riss ihr eigener Ehemann ihm das Leben fort.
Arabella hielt sich für tot, seit ihr Sohn gestorben war.
Sie dachte, sie sei mit ihm begraben worden.
Was blieb, war eine leere Hülle, gefüllt mit nichts als ihrem Hass, ihrer Wut und ihrer Trauer.
Sie war nicht mehr sie selbst.
Nur die starke Sehnsucht nach Rache für ihren unschuldigen und charmanten Sohn.
Das hielt sie am Leben, auch wenn sie innerlich bereits tot war.
Sie musste Rache üben und die Person vernichten, die ihr einziges Kind erbarmungslos vergiftet hatte.
***
Arabellas Augen zeigten trotz des Gemetzels unten keine Emotionen.
Kein Glück oder Traurigkeit.
Nur Erleichterung.
Alles war endlich vorbei.
Sie könnte nun endlich ihrem geliebten Kind folgen.
Doch wenn sie plötzlich erwacht, als ihr jüngeres Ich wiedergeboren, mit einer neu gewonnenen Fähigkeit, die sie über die Wahrheit aufklärte, wird Arabella immer noch in der Lage sein, all die Intrigen fortzusetzen, die sie vorbereitet hatte, um ihren Ehemann erneut zu Fall zu bringen?
Oder wird die Liebe ihren Weg finden, selbst inmitten all des Hasses und der Wut, die sie ihm gegenüber hegt, und ihre befleckte Seele reinigen?