Wen Qinxi stand unter Druck und hatte unklugerweise eine Aufgabe außerhalb seines Zuständigkeitsbereichs angenommen – alles, um einer Frau nachzujagen. Noch nie hatte er sich so dumm gefühlt, während er ein Gerät untersuchte und alle Anschlüsse prüfte. Li Menxie verdrehte genervt die Augen: 'Glaubt der wirklich, ich würde meine Anschlüsse nicht checken, bevor ich ihn rufe?'
Wiederwillig verließ sie den Raum, als er unter ihren Schreibtisch kroch, um das Problem zu finden. Wen Qinxi's Miene verfinsterte sich, als er erkannte, dass das Problem ein nicht eingesteckter Stecker war. "Haben Sie nicht nach der Stromversorgung gesehen? Jemand muss den Hauptstromkreis ausgeschaltet haben, ohne dass Sie es wussten!", rief er, während nur sein Hinterteil unter dem Schreibtisch hervorragte.
Qie Ranzhe, der gerade aus dem Aufzug trat, sah einen fremden Mann unter dem Schreibtisch seiner Assistentin und dessen herausgestreckten Hintern. Er gab ein Zeichen, und die Sicherheitskräfte griffen ein.
Wen Qinxi, der gerade den Computer eingeschaltet hatte, wurde herausgezogen und kam einem stattlichen, attraktiven Mann mit fesselnden Phönixaugen gegenüber. 'Ist das Qie Ranzhe? Wie kann ein Mann nur so verdammt gut aussehen?', blendete er seinen Blick. Neben sich fühlte er sich wie ein Huhn unter Pfauen.
Plötzlich verstand er, warum sein Charme bei Li Menxie nichts ausrichtete. "Haha, ich bin IT-Spezialist und war hier, um den Computer Ihrer Assistentin zu reparieren", erklärte er nervös und blickte zu dem breitschultrigen Sicherheitsmann.
Qie Ranzhe tippte etwas in die Tastatur und fragte in gleichgültigem Ton: "Was war das Problem?"
'Ich hab's verdammt noch mal repariert, du Idiot!', dachte er, während er gekünstelt lächelte: "Es war ein kleines Problem mit der Stromquelle. Ich habe sie wieder eingeschaltet."
"Verstehe. Aus welcher Abteilung sind Sie?" fragte Qie Ranzhe. Wen Qinxi, froh über die Entlassung durch die Sicherheitskräfte, log: "Ich bin vom technischen Support."
Als Qie Ranzhe die Antwort hinnahm, kam Li Menxie mit frisch geschminktem Gesicht herein. Sie hatte sich davon geschlichen, um ihr Make-up aufzufrischen, und ihn wie einen Verrückten zu sich selbst sprechen lassen.
'Diese Herzlose!', dachte er und hoffte, dass Qie Ranzhe ihn nun gehen ließe.
"Li Menxie, haben Sie den technischen Support gerufen, nur um Ihren Computer an der Stromquelle einzuschalten?" Qie Ranzhes Zeigefinger wies auf Wen Qinxi, dessen bislang strahlendes Gesicht im Angesicht ihres Chefs düster wurde.
Wen Qinxi erkannte, dass er zum unfreiwilligen Sündenbock gemacht werden würde.
"Nein, Präsident Qie, er hat mich angerufen und mir gesagt, etwas sei mit meinem Computer nicht in Ordnung und er könne keinen Fernzugriff darauf erhalten, also musste er persönlich vorbeikommen und ihn reparieren", log sie mit finsterer Miene. Sie war sich bewusst, dass Wen Qinxi sie nicht verraten konnte, denn auch er hatte sich strafbar gemacht, indem er ein Projekt von höchster Priorität fallen ließ, um ihr zu helfen. Verdammt, sie war sogar bereit, das Spiel 'Er ist interessiert an mir' zu spielen, nur um ihr Image zu wahren.
Wen Qinxi zeigte ein ausdrucksloses Gesicht, doch in seinem Inneren fluchte er wie ein Seemann und benutzte dabei Schimpfwörter, die man nicht laut aussprechen sollte, schon gar nicht in Anwesenheit einer Dame.
Qie Ranzhe schien seiner Assistentin mehr Glauben zu schenken und kam zu dem Schluss, dass 'ein Junge ein Mädchen mag und dummerweise seine IT-Kenntnisse einsetzt, um ins Gespräch zu kommen'. Er wies Wen Qinxi an zu gehen und bat den Wachdienst, ihn hinauszuführen.
Es wäre untertrieben zu sagen, Wen Qinxi sei lediglich enttäuscht darüber hinausgegangen, denn in Wahrheit war er extrem verärgert. Nicht nur über Li Menxie, sondern auch über sich selbst, weil er so dumm gewesen war. Wenigstens hatte Qie Ranzhe keine Ahnung, wer er wirklich war, sonst hätte er wohl eine ernsthafte Verwarnung bekommen oder sogar seinen Platz im Team verloren.
Ja, Qie Ranzhe war so kleinlich. Er erinnerte sich daran, dass er einmal jemanden angegangen war, weil dieser seiner Freundin einen Einhornstift geschenkt hatte, den sie sich gewünscht hatte. Das Traurige war, das Opfer hatte kein Interesse an Mädchen, wurde aber trotzdem deswegen angegangen. Wen Qinxi kehrte enttäuscht in sein Büro zurück.
Auf der anderen Seite betrat Qie Ranzhe sein großes Büro und wies Li Menxie an, die Akte des IT-Technikers zu schicken. Er wollte ihn nicht ohne irgendeine Form der Disziplinierung davonkommen lassen und vielleicht würde das nächste Mal sein Büro nicht als Dating-Plattform genutzt werden. Während er auf die Akte wartete, zückte er sein Telefon und wählte eine Nummer, die auf Huangzhi registriert war. Seine Stirn runzelte sich, als eine aufgezeichnete Stimme ihm mitteilte, dass die Nummer derzeit nicht erreichbar sei.
Mit einem schmerzverzerrten Gesichtsausdruck lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und kneifte sich frustriert in den Nasenrücken. Huangzhi war die einzige Frau, die das Interesse von Qie Ranzhe genug geweckt hatte, dass er sie verfolgte, und er hatte Erfolg. Sie waren fünf Jahre lang zusammen, als er ihr einen Heiratsantrag machte. Obwohl es eine Fernbeziehung war, war Qie Ranzhe Hals über Kopf in sie verliebt und zögerte deshalb nicht. Aber die Dinge verliefen nicht wie geplant. Sie lehnte seinen Heiratsantrag erbarmungslos ab, mit der Begründung, er sei langweilig und mache dies nur, weil seine Mutter ihn darum angefleht habe.
Geld hatte keinen Einfluss auf sie, denn im Gegensatz zu jeder anderen Frau war das Unternehmen ihrer Familie mehr wert als seines. Deshalb arbeitete er hart daran, sich etwas aufzubauen, um ihr zu beweisen, dass er fähig war. Doch das reichte nicht aus, um sie zu überzeugen zu bleiben. Nun war offensichtlich, dass er auf ihrer Liste gesperrt war, und es schmerzte wie Hölle, abgewiesen zu werden.
"Sir, ich habe Ihnen die Akte des IT-Technikers geschickt", unterbrach Li Menxie seine Gedanken mit einem schüchternen Lächeln. Sie war sich der Situation mit Huangzhi voll bewusst und hoffte, dass Qie Ranzhe sie bemerken würde, selbst wenn es nur als Trostpreis war. Sollte das eintreten, wäre sie für ihr Leben gesetzt. Allein der Gedanke daran erzeugte unwillkürliche Freudenregungen in ihrem ganzen Körper, sie würde nie wieder in ihrem Leben arbeiten müssen.
"Wen Qinxi?", sagte Qie Ranzhe und unterbrach ihre verdrehten Fantasien.
Als Qie Ranzhe die Akte durchsah, verhärteten sich seine Augen, der Kerl hatte ihn angelogen. Wen Qinxi war ein Hauptbestandteil des Projekts 'Flaggschiff' und dazu noch leitender Programmierer. Zunächst wollte er ihn nur wegen unangemessenen Verhaltens bei der Arbeit abmahnen, doch nun musste er eine härtere Strafe verhängen.