Gabriel lag lange mit ihr im Bett, er konnte sich weder von ihr lösen, noch durfte er einschlafen, obwohl ihre Wärme ihm soviel Sicherheit gab, ihre Atmung langsam und beständig, dass es ihn immer wieder die Augen schließen ließ. Er wollte schlafen,- doch er zwang sich wach zu bleiben, er wollte nicht, dass Max mit ihr in den Armen aufwachen würde, weniger wegen der Verwirrung die er spüren würde, mehr weil nur er sie so halten sollte, und er war zusätzlich noch ihr Bruder, was unpassend war. Und die Kirsche obendrauf war, dass Max in sie verliebt war. Also nein, er konnte nicht einschlafen, egal wie angenehm diese Situation war, er durfte kein Öl in Max Gefühle gießen.
Er hatte lange überlegt, wie er ihn loswerden konnte die letzten Tage. Maggys Idee war nicht schlecht, er sollte lernen mit ihm zu kommunizieren. Zuerst war er zu impulsiv und wollte direkt anfangen, doch inzwischen sah er das anders. Bis jetzt wollte er sich eher von Max befreien wollen, anstatt seinen Körper zu übernehmen, beide hätten also ihr eigenes Leben haben können. Aber, die Chancen standen nicht schlecht, dass dies generell nicht möglich war. Wieso hätte sein Erwachsenes verletztes „Ich" sich in den Körper eines noch nicht gezeugten Säuglings flüchten sollen, wenn er seinen eigenen Körper haben konnte. Wie war das möglich? Wenn Miriam nicht schwanger werden konnte, dann hatte er was gemacht-? sie geheilt, gewartet bis sie schwanger war und sich dann in einen Embryo geschleust? Und dass alles so schwer verletzt, dass er nur zu so einer Methode greifen konnte? Selbst wenn er Kräfte hatte, dass klang alles nicht schlüssig. Also wie groß war die Wahrscheinlichkeit, dass er einen eigenen Körper haben konnte? Sie war geringer als vermutet. Gabriel war also nun endgültig zu dem Entschluss gekommen Max loswerden zu müssen. Also würde eine Kommunikation wirklich helfen?
Drei Dinge sprachen dagegen. Erstens, das Überraschungsmoment, indem er ihn den tödlichen Schlag versetzen würde, wäre verloren. Zweitens, er wollte ihm nicht die Möglichkeit geben gegen ihn zu kämpfen, auch wenn er sich nicht vorstellen konnte, dass Max das tun würde, geschweige denn könnte. Drittens, er wollte keinen Kontakt zu ihm haben, er hatte ihn mitgeschleift, ihn zwangsläufig ernähren und einkleiden müssen, aber nur weil sie sich diesen Körper teilten. Gabriel hatte keine gute Meinung von Max, für ihn ein Schwächling, er sympathisierte automatisch mit ihm, weil er alles miterlebt hatte. Doch im Großen und Ganzen wollte er seine Beziehung mit ihm nicht vertiefen, besonders nicht kurz bevor er ihn in die ewigen Jagdgründe schicken würde. Also was könnte er tun, er grübelte, inzwischen hatte er sich auf den Rücken gelegt, sie war an seine Schulter gekuschelt und lag auf seinem Arm. Er zwirbelte gedankenverloren eine ihrer Haarsträhnen in seinen Fingern, so konnte er am besten nachdenken, vielleicht sollte sie abschneiden und mit sich herumtragen, er wunderte sich über diesen Gedankengang. Okay zurück zum Thema, der nächste Schritt war, in das Arbeitszimmer des alten Mannes einzubrechen. Gabriel ging davon aus, dass er dort eine eigene Bibliothek hatte mit den wirklich interessanten Büchern, so war es in den Villen, in denen er eingebrochen war. Nur wie konnte er an den Wachen vorbeikommen? Am besten wäre logischerweise sie wären nicht anwesend. Vielleicht wenn die Eltern wegfahren würden, aber warum sollten sie nicht da sein. Konnte Gabriel überhaupt eine Gelegenheit schaffen, so dass sie das Haus verlassen müssten? Und wenn er einfach ein Feuer legen würde? Er könnte auf die Evakuierung warten, Maggy müsste er einweihen damit er sichergehen konnte, dass ihr nichts passieren würde, und sie könnte dafür sorgen, dass die Wachen an der falschen Stelle suchten. Sie sagen sie hätte ihm im Keller gesehen, oder Ähnliches. Aber, er konnte die Feuersache nur einmal verwenden, und er müsste das Arbeitszimmer in Brand setzen um die fehlenden Dokumente, Bücher zu erklären die er mitnehmen müsste. Das Zeitfenster war zu kurz um sich alles in Ruhe anzusehen. Nein das war viel zu kompliziert, kaum durchführbar. Er hatte ein Jahr bis Maggy,- Moment mal, das Bankett. Es würde hier gehalten, doch die Wachen wären im Ballsaal, oder wo auch immer dieses stattfand. Genauso wären die Conred´s anwesend, sie wären beschäftigt, und es waren viele Gäste eingeladen, also konnte er sich wegschleichen. Er würde Margret einweihen, ohne ihr von seinem eigenen Plan zu erzählen. Perfekt, die Gelegenheit war vor seinen Augen und er hatte sie jetzt erst gesehen, doch es war noch nicht zu spät.
Gabriel schlich sich im Morgengrauen aus Maggys Zimmer, diesmal war Dennis gottseidank nicht vorbeigekommen. Es fiel ihm unendlich schwer sich von ihr zu lösen, aber er musste jetzt schlafen und dann an Max abgeben. Heute würde der verspätete Etiketten-Unterricht beginnen, und er hatte keine Lust darauf. Da würde er lieber als Beifahrer dabei sein, und dafür Maggy nachts wieder einsammeln.
Max war sich unsicher, wie er sich seiner Schwester gegenüber verhalten sollte, er hatte Schuldgefühle, dass er gestern nicht für sie da war. Er überlegte was er tun konnte, und nahm sich eine Lilie aus einer Blumenvase aus dem Erdgeschoss, die Wachen sahen ihn nur komisch an und Gabriel verdrehte innerlich nur die Augen, als der Junge nervös vor ihrer Tür stand. Als Maggy die Tür öffnete überreichte er ihr schüchtern die Blume. Maggy studierte ihn, bevor sie daran roch und brach in ein breites Lächeln aus. Sofort bereute Gabriel ihr nicht zuvor Blumen gegeben zu haben. Margret war in einem Kleid und einem zu großem rosa Strick-Pullover gekleidet mit grauer Strumpfhose, Gabriel fiel auf, dass ihr Körper immer vollständig bedeckt war. Geknickt kam ihm der Gedanke, dass sie so wahrscheinlich mögliche Verletzungen abdämpfen wollte.
Sie machten sich auf den Weg zu ihrem Unterricht, Max war nervös. Als sie die Tür öffneten begrüßte sie die Frau die sie am wenigsten sehen wollten mit ihrem runden Bauch.
Maggy verzog das Gesicht. „Kristen." Gabriel fluchte nur wieder, Max war nun noch nervöser und machte sich bereit dazwischen zu gehen.
„Wie ihr vielleicht oder vielleicht auch nicht gehört habt, brach sich eure Lehrerin das Bein oder Genick, wie auch immer..." Sie sah gelangweilt auf ihre langen schwarz lackierten Nägel. „Auf jeden Fall, wer könnte euch besser unterrichten als ich?"
Maggy verdrehte die Augen. „Weiß Charls davon?"
„Ja, er hat es abgesegnet." Kristen presste ihre Lippen zusammen. Gabriel war wieder kurz vor einem Wutausbruch, hätte er gewusst, dass sie die Zwei unterrichten würde, wäre er am Steuer. Er musste den Körper so schnell wie möglich ganz übernehmen.