Chapter 8 - Kapitel 8

"Vergiss deine verfluchte Nostalgie, Vincent. Wo ist Mackenzie?" fragte Chloe und fixierte Vincent mit ihren Blicken. Aber der Mann strahlte nur Arroganz aus. Es schien tatsächlich so, als ob Vincent alles nur als Witz ansehen würde. Er lachte zwar nicht, aber ein kleines Lächeln schlich sich auf sein Gesicht.

"Mackie hält sich gerade bei meiner Mutter auf", antwortete Vincent gelassen. "Sie hat in ihrem Zimmer auf dich gewartet."

Chloe starrte auf den schon angeschnittenen Kuchen in der Mitte des Saals. Dorothea hatte sich inzwischen zurückgezogen, um die restlichen Gäste die Feier genießen zu lassen. Sie zog ihre Augenbrauen zusammen und verließ den Raum ohne ein Wort zu sagen. Vincent sah ihr nach. Chloe trug ein Kleid, das ihren Rücken freiließ. In jungen Jahren hatte Chloe eine üppige Figur gehabt. Dies änderte sich jedoch nach der Geburt ihres Kindes. Aber ihre chronische Depression und Essstörung hatten ihr genau die atemberaubende Schönheit zurückgegeben, die alle Männer begehrten.

"Siehst du? Ich tue ihr einen Gefallen", kicherte Vincent leicht, bevor er das Weinglas in seiner Hand leerte.

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Chloe eilte den langen, mit rotem Teppich ausgelegten, Mamorkorridor entlang und näherte sich rasch der großen Tür am Ende. Die Sicherheitsmänner, die die Tür bewachten, erkannten Chloe sofort. Sie öffneten Chloe die Tür, und sie betrat den Raum ohne zu zögern.

Sie sah ihre Schwiegermutter, die fröhlich lächelnd mit ihrer Tochter einen Snack aß. Doch als sie Chloe sah, verflog ihr Lächeln. "Herzlichen Glückwunsch Dorothea", sagte Chloe mit einem dünnen Lächeln.

Dorothea sagte kein Wort. Sie musterte Chloe von Kopf bis Fuß und gab Mackenzie einen sanften Klaps auf den Kopf, "Liebling, würdest du uns bitte einen Moment alleine lassen? Du kannst zu deinem Vater in den Hauptsaal zurückkehren oder du lässt dich einfach von den Sicherheitsleuten draußen herumtragen."

"Okay, Oma! Aber ich nehme die Kekse mit!" rief Mackenzie, schnappte sich eine Tüte Kekse und rannte auf ihre Mutter zu. "Mama! Wo warst du?"

Chloe hockte sich hin und wischte mit ihrer Handfläche den Schokoladenfleck um Mackenzies Mund weg: "Mama musste etwas erledigen. Ich muss erst mit deiner Oma reden, okay?"

"Okay!"

Nachdem Mackenzie gegangen war, blieben nur noch zwei Frauen im Raum. Sie beobachteten einander. Ehrlich gesagt, Chloe wusste schon, wie kultiviert Dorothea im Vergleich zu ihr war. Dorothea trug ein elegantes blaues Kleid, abgerundet mit wertvollen, hängenden Diamantohrringen und einem über ihre Schulter drapierten Pelzschal. Selbst wenn es nicht sichtbar hochpreisig war, es war ganz sicher teuer.

Dorotheas Haut war ebenfalls makellos, sie hatte nur wenige Falten, obwohl sie ihren 56. Geburtstag feierte. Im Gegensatz dazu fiel Chloes fahle Haut und ihre Augenringen stärker auf.

Dorothea musterte Chloe von Kopf bis Fuß, bevor sie sprach. Ihre Lippen verzogen sich vor Abscheu. "Heute ist ein besonderer Tag für mich. Also raus mit der Sprache. Bist du nur hier, um meinen Sohn zu beschämen?"

"Hm?"

"Tu nicht so ahnungslos. Er hat dir zahlreiche wunderbare Kleider gekauft, und du entscheidest dich für dieses hässliche Ding von vor Jahren! Das ist so altmodisch, igitt!" beschwerte sich Dorothea.

Chloe drehte sich einen Moment um. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass Mackenzie bereits gegangen war, behauptete sie selbstbewusst: "Ich lasse mir von ihm nichts aufzwingen, Dorothea."

"Von ihm? Du meinst deinen Ehemann, Vincent?"

"Er ist nicht mehr mein Ehemann", behauptete Chloe. Da sie alleine waren, konnte sie sich frei äußern. "Ich habe beschlossen, die Scheidung einzureichen. Du hast mich richtig verstanden! Ich warte nur darauf, dass er die Scheidungspapiere unterschreibt, damit ich diesen Mistkerl so schnell wie möglich verlassen kann!"

Chloe ging davon aus, dass Dorothea überrascht gucken, sie anschreien und verfluchen würde, als wäre sie der letzte Abschaum, der je existiert hatte. Denn Dorothea liebte ihre Söhne sehr und Chloe hatte sich darauf eingestellt. Doch Dorothea kicherte nur, als hätte sie gerade einen Witz gehört.

"Ich... Ich lüge nicht, Dorothea. Ich bin hier, um Mackenzie mitzunehmen und uns von hier zu verabschieden!" drohte Chloe, aber Dorothea antwortete nur mit einem noch lauteren Kichern.

"Oh, Chloe Gray, du bringst mich zum Lachen", sagte Dorothea. Sie sah Chloe mit einem Lächeln an, das nicht ihre Augen erreichte. "Deine Probleme sind nicht meine. Du denkst ich kümmere mich darum, wen mein Sohn heiratet? Dass mich interessiert, wie er sein Leben lebt?"

Chloe hörte mit wachsendem Entsetzen zu. Sie hatte das überhaupt nicht erwartet!

"Mir ist völlig egal, ob Vincent dich geheiratet hat oder eine Prostituierte von der Straße. Ich wollte nur, dass er die Familiennachfolge seines verstorbenen Vaters fortsetzt und mir ein Enkelkind schenkt."

"Offensichtlich hat Vincent das hervorragend umgesetzt. Er hat mich nicht enttäuscht. Er hat die Geschäfte seines verstorbenen Vaters fantastisch weitergeführt und hat mir eine wunderschöne, intelligente Enkelin geschenkt", höhnte Dorothea in Richtung Chloe. "Dein Job hier als Frau ist also getan. Du bist nicht mehr nötig."

"Aber-"

"Chloe, lass mich dir etwas sagen, da wir beide Frauen sind." sagte Dorothea mit angetäuschter Sympathie und zündete sich eine Zigarette an. Sie blies eine Rauchwolke direkt in Chloes Gesicht, was ihre Augen tränen ließ.

"Du bist nicht wie die reichen, gebildeten jungen Damen, die meine Freunde als Schwiegertöchter haben und du bist auch kein Filmstar, den alle anhimmeln. Du bist nur eine weitere arme Frau aus einer armen Familie mit einem nutzlosen Abschluss. Dich als gebildet zu bezeichnen, wäre lächerlich."

"Das Einzige, was du zu bieten hast, befindet sich zwischen deinen Beinen."