Ein Tag wie jeder andere
Jeder Tag begann gleich. Dieselben abgenutzten Tische im Pausenraum. Dieselben trostlosen, weißgrauen Wände. Der Bildschirm in der Ecke, flackernd, stumm, als ob auch er den Lebenswillen verloren hätte. Warum schalteten sie ihn überhaupt noch ein? Nichts an diesem Raum hatte Leben. Es war Routine. Eine Routine, die mich erstickte. Ich fühlte mich wie eine Maschine, die Tag für Tag denselben Ablauf durchlief. Hatte ich das früher nicht gehasst? Hatte ich nicht davon geträumt, ein Leben voller Abenteuer zu führen? Wann war das verloren gegangen?
Ich schob den Gedanken beiseite, wie ich es immer tat. Es war einfacher, nicht darüber nachzudenken. Das Sandwich auf meinem Tablett sah genauso unauffällig aus wie der Rest meines Tages. Ein kaltes Sandwich, ein Apfel, eine Wasserflasche – die Dreifaltigkeit meines immer gleichen Mittagessens. Mein Magen knurrte nicht einmal. Vielleicht hatte selbst er die Lust auf Abwechslung aufgegeben.
Während ich die Frischhaltefolie vom Sandwich abwickelte, glitt mein Blick durch den Raum. Meine Kollegen waren wie Schatten. Sie saßen an anderen Tischen, versunken in ihre Bildschirme oder Essen. Niemand sprach. Warum sollten sie auch? Wir alle lebten in unseren eigenen Blasen, eingeschlossen in einem Leben, das sich nicht verändern würde.
Eine merkwürdige Bitterkeit kroch in mir hoch. Vielleicht war ich schon tot, und niemand hatte es mir gesagt. Vielleicht war dieser trostlose Pausenraum das Fegefeuer.
Etwas stimmt nicht
Ich griff nach meiner Wasserflasche. Meine Hand glitt ins Leere. Was? Ich runzelte die Stirn und sah auf mein Tablett. Da lag sie nicht. Stattdessen lag dort etwas anderes. Ein kleiner, metallischer Gegenstand. Zylinderförmig, glatt, glänzend. Ich konnte nicht sagen, warum, aber schon der Anblick ließ mein Herz schneller schlagen.
Was zum Teufel...? Meine Kollegen mussten ihn doch sehen, oder? Ich hob den Kopf, suchte nach ihren Blicken, aber niemand reagierte. Sie saßen weiter da, verloren in ihrer Routine. Es war, als ob sie das Ding nicht einmal wahrnahmen. War ich verrückt geworden? Hatte ich das hierhergebracht und es einfach vergessen?
Langsam beugte ich mich vor. Der Zylinder war mit Symbolen bedeckt, die leicht pulsierend glühten. Es erinnerte mich an den Herzschlag einer Maschine. Die Formen waren fremdartig, eine Mischung aus Schriftzeichen und geometrischen Linien. Ich verstand sie nicht, aber irgendetwas an ihnen fühlte sich... vertraut an. Nein, das war unmöglich. Ich hatte so etwas noch nie gesehen.
Meine Finger zitterten, als ich die Hand ausstreckte. Berühr es nicht. Irgendetwas in mir schrie, ich solle die Finger davon lassen, doch ich konnte nicht widerstehen. Ich musste wissen, was es war. Als meine Haut die Oberfläche berührte, fühlte ich ein Kribbeln. Der Zylinder war kalt, fast unangenehm, und gleichzeitig vibrierte er leicht. Ein Summen erhob sich, leise und kaum wahrnehmbar, aber ich spürte es in meinem Kopf, als ob es direkt in meinem Gehirn resonierte.
Was war das? Hatte jemand mir einen schlechten Scherz gespielt? Aber wer würde sich die Mühe machen? Meine Kollegen würden sich eher die Zunge abbeißen, als mit mir zu reden, geschweige denn so etwas zu arrangieren.
„Was zum...?" Meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Ich zog meine Hand zurück, aber in diesem Moment fühlte ich einen Stich, scharf und heiß, wie eine Nadel, die durch meine Haut bohrte.
Ein brennendes Gefühl schoss meinen Arm hinauf. Ich schrie, oder ich wollte schreien, aber kein Laut kam aus meinem Mund. Mein Herz raste, und ich wollte den Gegenstand wegwerfen, doch meine Hand ließ sich nicht bewegen. Die Luft begann zu flimmern, wie eine Hitzewelle im Sommer. Die Farben des Pausenraums verzerrten sich, und ein unnatürliches Summen erfüllte meine Ohren.
Nicht echt. Nicht echt. Es ist nur ein Traum.
Dann wurde alles schwarz.
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Ein fremdes Cockpit
Ich wachte auf, aber die Welt war nicht mehr dieselbe. Mein Körper fühlte sich schwer an, und doch schien ich zu schweben. Kein Tisch. Kein Pausenraum. Stattdessen saß ich in einem Sessel, fest angeschnallt, während Lichter und Symbole um mich herum aufblitzten.
Wo bin ich? Meine Gedanken rasten. Mein Kopf drehte sich, und mein Blick fiel auf die Konsole vor mir. Die Anzeigen waren fremdartig, mit Symbolen, die ich nicht lesen konnte. Trotzdem schien ich sie zu verstehen. Mein Verstand wollte mir sagen, dass das unmöglich war, aber mein Instinkt schrie etwas anderes: Du gehörst hierher.
„Nein, das stimmt nicht!" Ich schüttelte den Kopf. „Das hier ist nicht echt. Es kann nicht echt sein!"
Ich zwang mich, aus dem Fenster zu sehen, und mein Atem stockte. Draußen war nichts als Schwärze, unterbrochen von winzigen Lichtpunkten – Sterne. Ich war im Weltraum. Das konnte nicht sein. Ich war ein Büroangestellter. Ein Niemand. Ich hatte keinen Platz in einem... Raumschiff?
„Pilot aktiviert. Begrüßung, Operator 12," erklang plötzlich eine Stimme. Sie war kalt, mechanisch, und hallte direkt in meinem Kopf wider.
„Was?" Ich drehte mich um, suchte nach der Quelle der Stimme, aber da war niemand. „Wer... wer spricht da?"
„Anomalie erkannt. Lokalisierung läuft. Bleiben Sie ruhig, Operator."
Ruhig? Wie sollte ich ruhig bleiben? Mein Herz hämmerte in meiner Brust. Ich zerrte an den Gurten, die mich in den Sitz pressten, aber sie bewegten sich nicht. Ich war gefangen. Das konnte nicht wahr sein. Das konnte nicht...
Plötzlich erklang ein schrilles Piepen. Ein rotes Symbol blinkte vor mir auf, begleitet von einem holografischen Diagramm. Eine Stimme meldete sich wieder.
„Gefahr entdeckt. Unbekannte Entität nähert sich. Verteidigungsmaßnahmen erforderlich."
Gefahr? Welche Gefahr? Ich starrte auf das Diagramm, das einen Punkt zeigte, der sich schnell näherte. Mein Blick wanderte zum Fenster, und dann sah ich es.
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Die Kreatur
In der Schwärze bewegte sich ein Schatten. Groß, unbeschreiblich, grotesk. Es war kein Schiff, jedenfalls nicht so, wie ich es mir vorgestellt hätte. Es war eine unnatürliche Mischung aus Metall und Fleisch, pulsierend wie ein lebender Organismus. Tentakelartige Auswüchse peitschten durch die Leere, und ein pulsierendes Licht schimmerte in seiner Mitte. Es war, als ob es atmete – als ob es lebte.
„Das ist nicht echt," flüsterte ich, aber meine Stimme zitterte. „Das ist nicht echt."
„Kampfsysteme online. Verteidigungsmodus aktivieren." Die Stimme ignorierte meinen Protest.
Meine Hände bewegten sich von selbst. Sie griffen nach den Hebeln, zogen Knöpfe, und plötzlich begann das Cockpit zu vibrieren. Ein greller Lichtstrahl schoss aus dem Cockpit und traf das Wesen. Für einen Moment zuckte es zurück, doch dann peitschten seine Tentakel wütend in meine Richtung.
Ich wollte schreien. Ich wollte weglaufen. Aber meine Hände arbeiteten weiter. Es war, als ob mein Körper wüsste, was zu tun war, auch wenn mein Verstand versagte. Ein weiteres Geschoss wurde abgefeuert. Der Lichtstrahl traf das Wesen in seiner Mitte, und ich spürte es schreien – nicht hörbar, sondern in meinem Kopf.
„Warnung: Energieversorgung kritisch."
„Was?" Ich blickte auf die Anzeigen. Die Energie war fast aufgebraucht. Mein Herz raste. „Nein, das geht nicht! Ich weiß nicht mal, was ich tue!"
Das Wesen raste auf mich zu, seine Tentakel um mich herum windend. Ich drückte den Auslöser, und ein letzter Energiestrahl durchbohrte sein pulsierendes Herz. Ein greller Blitz erhellte die Dunkelheit, und das Wesen zerbrach in leuchtenden Splittern.
Ich atmete schwer, mein Körper zitterte. Es war vorbei. Oder?
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Verloren im All
Es war vorbei. Zumindest dachte ich das. Doch das Gefühl, dass ich hier nicht hingehörte, blieb. Das Wesen war zerstört, in leuchtende Splitter zerfallen, die langsam in der Dunkelheit des Alls verblassten. Doch die Realität – oder was auch immer das war – um mich herum änderte sich nicht. Ich war immer noch hier. Gefangen. Im Cockpit eines fremden Schiffs, das mich als seinen Piloten anerkannte.
Ich konnte nicht atmen. Nicht wirklich. Jeder Atemzug fühlte sich schwer an, als ob die Luft im Cockpit selbst fremd war. Das Licht der Anzeigen flackerte, und ich konnte die schwachen Vibrationen des Schiffes spüren. Es war beschädigt. Der rote Schriftzug auf dem holografischen Display bestätigte es.
„Energieversorgung kritisch. Navigationssystem ausgefallen. Schilde deaktiviert." Die Stimme war monoton, unberührt von der Situation. Ich wünschte, ich könnte das Gleiche von mir behaupten.
„Was bedeutet das? Was soll ich jetzt tun?" Ich sprach laut, obwohl ich wusste, dass niemand da war, der mir antworten konnte. Aber die Stimme kam zurück.
„Empfehle: Notfallprotokoll einleiten. Standortanalyse unvollständig. Bitte warten."
„Warten?" Ich lachte bitter. „Ich treibe mitten im Nichts, und ihr wollt, dass ich warte?"
Ein Teil von mir wollte schreien. Ein anderer wollte einfach aufgeben. Doch ich wusste, dass das nichts ändern würde. Das Schiff trieb, langsam und unaufhaltsam, durch das dunkle All. Kein Ziel. Keine Hoffnung.
Das Schiff und ich
Ich betrachtete die Konsole vor mir, die leuchtenden Anzeigen, die fremdartigen Schriftzeichen, die ich irgendwie lesen konnte, ohne sie wirklich zu verstehen. Was war das für ein Ort? Und warum hatte das Schiff ausgerechnet mich ausgewählt? Ich war kein Pilot, kein Soldat, kein Anführer. Ich war ein Niemand. Ich war jemand, der jeden Tag denselben grauen Alltag lebte und sich nicht einmal daran erinnern konnte, wann er das letzte Mal etwas Bedeutendes getan hatte.
„Warum ich?" fragte ich in die Leere. Keine Antwort. Natürlich nicht.
Doch irgendwie wusste ich, dass das Schiff mich brauchte. Es hatte mich ausgewählt. Warum? Vielleicht hatte es keine Wahl gehabt. Vielleicht war ich nur ein Werkzeug – ein zufälliger Passagier, der in seine Rolle gedrängt wurde, ohne gefragt zu werden.
Ich spürte die Gurte an meinem Körper, das Material des Sitzes, das sich seltsam lebendig anfühlte. Es war, als ob das Schiff selbst atmete, mich beobachtete. Die Monitore flackerten weiter, zeigten mir den Schadenbericht: Energiesystem fast leer, die Hülle war beschädigt, die Schilde offline.
„Wie soll ich das reparieren?" fragte ich, halb zu mir selbst, halb zu der Stimme.
„Anweisungen verfügbar. Zugang zu Wartungskonsole erforderlich."
Natürlich. Wartung. Ich sah mich um, suchte nach etwas, das wie eine Wartungskonsole aussah. Doch alles hier war fremd. Jede Anzeige, jeder Knopf fühlte sich wie ein Rätsel an. Ich wusste, dass ich Zeit verlieren würde, wenn ich es falsch machte. Und ich hatte keine Ahnung, wie viel Zeit mir blieb.
Fremdartigkeit und Isolation
Ich konnte nicht anders, als nach draußen zu starren. Die Schwärze des Alls war allumfassend, und die winzigen Lichtpunkte der Sterne boten keinen Trost. Sie schienen noch weiter weg als die Welt, die ich kannte. Es gab keine Erde, keine Menschen, nichts Vertrautes. Nur ich und das Schiff. Und das Schiff fühlte sich fast... lebendig an.
Die Konsole vor mir begann plötzlich, sich selbst neu zu kalibrieren. Eine Karte erschien – oder zumindest schien es eine Karte zu sein. Sie zeigte ein chaotisches Muster aus Linien und Knotenpunkten, die sich ständig bewegten. Ein Punkt in der Mitte war rot markiert. Ich wusste, dass es das Schiff war. Es war beschädigt, orientierungslos, genauso verloren wie ich.
„Standortanalyse abgeschlossen," sagte die Stimme. „Keine bewohnten Systeme in Reichweite. Antrieb offline. Energiesysteme bei fünf Prozent."
Mein Herz sank. Keine bewohnten Systeme. Kein Ziel. Kein Hoffnungsschimmer. Ich war wirklich allein.
Ich konnte fühlen, wie meine Gedanken ins Chaos stürzten. Was, wenn ich hier sterben würde? Allein, vergessen, in einem Schiff, das niemand kannte, an einem Ort, den niemand je erreichen würde. Meine Hände umklammerten die Armlehnen des Sitzes, und ich zwang mich, tief durchzuatmen. Nein. Ich konnte nicht aufgeben. Es musste einen Weg geben.
Eine Entscheidung
„Was kann ich tun?" Meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
Die Antwort kam schnell und klar: „Priorität: Energiesystem stabilisieren. Zugriff auf Kern erforderlich."
„Und wie soll ich das machen?" fragte ich sarkastisch. Doch das Display zeigte mir bereits einen Weg. Ein schematischer Plan des Schiffes erschien, und ein Abschnitt wurde hervorgehoben. Es war direkt hinter mir.
Ich löste die Gurte und stand auf. Meine Beine fühlten sich schwach an, fast wie Gummi, und ich musste mich an der Konsole festhalten, um nicht zu stürzen. Der Raum hinter dem Cockpit war genauso fremdartig wie der Rest. Die Wände schimmerten leicht, als ob sie aus einer organischen Substanz bestanden. Es gab keine Ecken, keine klaren Linien – alles war rund, fließend, wie das Innere eines lebenden Wesens.
Ich erreichte die Stelle, die das Display markiert hatte. Eine kleine Öffnung glitt zur Seite und enthüllte etwas, das wie ein Energiekern aussah. Er pulsierte schwach, und ich konnte sehen, dass er beschädigt war. Splitter einer fremdartigen Substanz schwebten um ihn herum, gehalten von einem unsichtbaren Kraftfeld.
„Reparatur erforderlich," sagte die Stimme. „Manuelle Kalibrierung notwendig."
Ich wusste nicht, was das bedeutete, aber ich wusste, dass ich keine Wahl hatte. Meine Hände bewegten sich wieder, als ob sie von einer fremden Erinnerung geleitet wurden. Ich berührte den Kern, fühlte die Energie unter meinen Fingerspitzen. Es war, als ob das Schiff und ich eins wurden. Für einen Moment spürte ich, wie die Schwärze des Alls verschwand, ersetzt durch ein Licht, das alles durchdrang.
Und dann war alles wieder normal. Das Summen des Kerns wurde stärker, und die Anzeigen zeigten, dass die Energieversorgung stabil war. Doch das Gefühl der Fremdartigkeit blieb.
Die nächste Bedrohung
Ich kehrte ins Cockpit zurück. Die Anzeigen flackerten erneut, aber diesmal zeigten sie eine neue Warnung. Ein Signal. Ein weiteres Schiff näherte sich.
„Unbekannte Entität entdeckt," sagte die Stimme. „Potenzielle Gefahr."
Mein Herz raste. Ich war noch nicht bereit für einen weiteren Kampf. Doch ich wusste, dass ich keine Wahl hatte.