Das Treiben im Nichts
Ich trieb im All, verloren in der Schwärze, umgeben von der unendlichen Leere. Mein Raumschiff – oder das, was davon übrig war – war kaum mehr als ein schwebender Schrotthaufen. Die Konsolen hatten ihren Glanz verloren, die Wände waren von Kratzern und Dellen gezeichnet, und das Summen, das zuvor beruhigend gewesen war, hatte sich in ein unregelmäßiges Stottern verwandelt.
Ich ging auf und ab, so gut es in der beengten Kabine möglich war, und versuchte mich auf die Reparaturen zu konzentrieren. Es war das Einzige, was mich davon abhielt, in die Dunkelheit draußen zu starren und mich von ihr verschlingen zu lassen. Jeder Schritt fühlte sich an, als würde er keine wirkliche Bedeutung haben – und doch wusste ich, dass ich weitermachen musste. Das Schiff war meine einzige Hoffnung.
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Die harte Arbeit der Reparatur
Die Arbeit war anstrengend, das konnte ich nicht leugnen. Meine Hände waren wund und zitterten vor Erschöpfung. Die Werkzeuge, die ich gefunden hatte, waren genauso fremdartig wie der Rest des Schiffs. Einiges davon schien lebendig zu sein – eine Art biomechanische Technologie, die auf Berührung reagierte. Ich hatte keine Ahnung, wie sie funktionierte, aber ich lernte schnell, dass sie sich an meine Absichten anpasste.
Ich schraubte, verband, testete. Manchmal schien das Schiff auf meine Bemühungen zu reagieren, als ob es spürte, dass ich versuchte, es zu retten. Kleine Anzeigen flackerten und gingen wieder an, ein schwaches Summen kehrte in die Systeme zurück. Doch jedes Mal, wenn ich dachte, dass ich Fortschritte machte, kam eine neue Herausforderung: Ein Kabel, das sich nicht verbinden ließ, ein Panel, das sich weigerte, zu reagieren. Es war frustrierend, und mehr als einmal hatte ich den Drang, einfach aufzugeben.
Doch ich konnte nicht. Ich durfte nicht. Mein einziger Gedanke war, dass ich weiterkommen musste – irgendwohin, wo ich Antworten finden konnte. Ich musste wissen, warum ich hier war, wer mich hierhergebracht hatte, und vor allem: Wie ich zurückkommen konnte.
„Weiter," murmelte ich zu mir selbst, fast wie ein Mantra. „Mach einfach weiter."
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Die Rückkehr der Hoffnung
Nach Stunden der Arbeit war mein Körper erschöpft. Meine Knie fühlten sich schwach an, und jeder Muskel in meinem Körper schrie nach Ruhe. Doch ich zwang mich, weiterzumachen. Es war fast mechanisch: Ein Kabel hier reparieren, eine Platte dort einsetzen, den Energiekern stabilisieren. Die Stimme des Schiffs hatte sich seit einiger Zeit nicht mehr gemeldet, was mich mehr beunruhigte, als ich zugeben wollte.
Ich zog eine letzte Verbindung fest, und plötzlich geschah es.
Ein leises Summen erfüllte die Kabine, das sich langsam zu einem tiefen, vibrierenden Klang steigerte. Licht flackerte auf den Konsolen auf, erst schwach, dann stärker, bis sie wieder in einem stabilen Rhythmus pulsierten. Die Anzeigen begannen zu blinken, und die Schilde, die so lange inaktiv gewesen waren, fuhren langsam hoch. Ein leises, aber deutliches Summen ging durch das Schiff, als die Systeme sich wieder aktivierten.
Ich starrte ungläubig auf die Konsole vor mir. Die Worte „Schilde aktiviert" leuchteten auf, und eine Energieanzeige zeigte, dass die Reparaturen erfolgreich gewesen waren.
„Ich hab's geschafft," flüsterte ich, meine Stimme brüchig vor Erleichterung. Meine Hände zitterten, und ein nervöses Lachen entkam meinen Lippen. „Ich hab's tatsächlich geschafft."
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Ein Funken Hoffnung
Die Kabine fühlte sich plötzlich lebendiger an, fast... sicher. Es war ein Gefühl, das ich seit dem Kampf nicht mehr gehabt hatte. Ich lehnte mich gegen die Wand und ließ mich langsam zu Boden sinken. Mein Atem ging schwer, und Schweiß lief mir über die Stirn. Doch zum ersten Mal seit Stunden – vielleicht Tagen – spürte ich einen Funken Hoffnung.
Die Schilde waren wieder aktiv, und die Energie war stabil genug, um die Grundsysteme zu betreiben. Doch ich wusste, dass ich noch weit davon entfernt war, in Sicherheit zu sein. Das Schiff war immer noch schwer beschädigt, und ohne Navigation oder Antrieb war ich immer noch ein Treibgut im unendlichen All.
Trotzdem war es ein Schritt nach vorne. Und das bedeutete, dass es einen Weg geben könnte. Einen Weg nach draußen, einen Weg zurück zu den Antworten, die ich so verzweifelt suchte.
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Die Fragen bleiben
Ich ließ meinen Blick durch das Cockpit schweifen. Es war fremd, und doch begann es sich vertraut anzufühlen. Die Symbole, die ich nicht lesen konnte, schienen mir weniger bedrohlich. Die Anzeigen, die ich zuerst nicht verstanden hatte, fühlten sich nun wie Verbündete an. Es war, als ob ich und das Schiff langsam eine gemeinsame Sprache fanden.
Doch die Fragen blieben. Wo war ich? Warum war ich hier? Wer oder was hatte mich ausgewählt, um dieses Schiff zu führen? Ich hatte keine Antworten, nur Vermutungen, die sich wie lose Fäden in meinem Kopf verwoben.
Ein Teil von mir glaubte, dass das Schiff es wusste. Es hatte mich ausgewählt, hatte mich irgendwie gefunden. Aber warum? Was hatte es in mir gesehen, das ich selbst nicht sehen konnte?
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Der Weg nach vorne
Die Schilde waren aktiv, die Energie stabil, und ich hatte das Gefühl, dass das Schiff sich erholte. Doch ich wusste, dass ich nicht ewig hierbleiben konnte. Die Leere des Alls war erdrückend, und ich brauchte ein Ziel. Eine Richtung.
„Navigation immer noch offline," meldete die Stimme des Schiffs. Es war das erste Mal seit Stunden, dass sie sich wieder meldete. Ihre monotone, emotionslose Tonlage fühlte sich fast beruhigend an.
„Ich weiß," murmelte ich. „Aber wir müssen etwas tun. Wir können nicht ewig hierbleiben."
Die Stimme schien nicht zu reagieren, doch die Anzeigen auf der Konsole begannen sich zu verändern. Ein schwaches Leuchten flackerte auf, und eine Karte erschien vor mir. Sie war chaotisch, mit Linien und Punkten, die sich ständig bewegten, doch ein Punkt in der Ferne war markiert. Es war klein und unscheinbar, doch es war da. Ein Ziel.
„Unbekannte Quelle entdeckt," sagte die Stimme. „Entfernung: 40.000 Kilometer."
Ich starrte auf die Anzeige. Es war ein Risiko, aber was war die Alternative? Hier sitzen und warten, bis die Energie erneut versagte?
„Dann los," sagte ich schließlich. „Setz alles, was wir haben, auf dieses Ziel."
Die Systeme des Schiffs begannen zu arbeiten, und ich spürte die Bewegung, als das Schiff langsam Fahrt aufnahm. Es war nicht schnell, und die Energieanzeige sank merklich, doch es war genug.
Ein schwaches Lächeln huschte über mein Gesicht. Es war vielleicht nicht viel, aber es war ein Anfang. Ein Schritt nach vorne. Und manchmal war das alles, was man brauchte.
Das leere Großkampfschiff im All
Als das beschädigte Schiff langsam Fahrt aufnahm, schien es, als ob das All sich um mich verdunkelte. Die Sterne, die zuvor wie kleine Hoffnungsschimmer geleuchtet hatten, wurden schwächer, als ob sie von der Schwärze verschluckt würden. Vor mir, auf dem holografischen Display, erschien das Ziel. Es war ein gigantisches Objekt, das weit in der Dunkelheit schwebte, unbeleuchtet und scheinbar verlassen.
Ein Großkampfschiff.
Ich konnte nicht anders, als den Atem anzuhalten. Selbst aus dieser Entfernung war die Größe des Schiffs beeindruckend. Es war massiv, seine Konturen undeutlich, aber selbst im Schatten der Dunkelheit konnte ich die Ausmaße erkennen. Seine Hülle war von unzähligen Narben gezeichnet – Spuren alter Schlachten oder des unbarmherzigen Alls. Es schwebte regungslos, wie ein stiller Riese, der seit Ewigkeiten vergessen worden war.
„Unbekanntes Objekt erreicht," meldete die Stimme meines Schiffs. „Analyse läuft."
Die Monotonie der Stimme fühlte sich fehl am Platz an. Dieses Schiff vor mir war kein simples Objekt. Es war eine Legende, eine Geschichte, die im Schweigen des Alls eingeschlossen war. Ich konnte das Gewicht seiner Präsenz spüren, als ob es mich beobachtete – oder als ob es von meiner Ankunft wusste.
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Die Annäherung
Mein kleines, beschädigtes Schiff zog langsam näher heran. Die Anzeigen zeigten, dass die Energie knapp wurde, doch das Ziel war greifbar nah. Je näher ich kam, desto deutlicher konnte ich die Details erkennen. Das Großkampfschiff war majestätisch und gleichzeitig gespenstisch. Seine Hülle war von antiker Bauweise, mit komplexen, geometrischen Mustern und unzähligen Kanonenplattformen, die alle stumm und tot wirkten.
„Größe: 7 Kilometer Länge. Energiesignaturen: minimal. Besatzung: keine erkannt."
Ich runzelte die Stirn. Keine Besatzung? Wie konnte ein Schiff dieser Größe verlassen sein? Es war unmöglich, dass ein so mächtiges Raumschiff ohne seine Besatzung zurückgelassen wurde – außer, etwas war schiefgegangen. Sehr schief.
„Analyse bestätigt," fuhr die Stimme fort. „Schiffstyp: Großkampfschiff. Modell unbekannt. Vermutete Klasse: Dreadnought."
„Ein Dreadnought," flüsterte ich. Mein Herz raste. In den Geschichten, die ich gehört hatte, waren solche Schiffe nur in den größten Schlachten des Universums eingesetzt worden. Sie waren schwimmende Festungen, die ganze Flotten auslöschen konnten. Und jetzt war eines davon hier – verlassen, regungslos, ein Schatten seiner einstigen Macht.
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Andocken
Mein Schiff bewegte sich näher, und ich konnte den gigantischen Rumpf des Dreadnoughts klar erkennen. Die Hülle war alt, vielleicht Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende alt. Rost und Einschlagkrater waren überall sichtbar, doch es gab auch Bereiche, die unberührt schienen, fast makellos.
„Andockpunkt gefunden," meldete die Stimme. „Energieversorgung für Andockmanöver unzureichend. Manuelle Steuerung erforderlich."
Natürlich. Nichts würde einfach funktionieren. Ich griff nach den Steuerhebeln und führte mein Schiff vorsichtig an den Rumpf des Großkampfschiffs heran. Jeder Moment fühlte sich wie eine Ewigkeit an, und meine Hände zitterten bei jedem kleinen Ruck, den das Schiff machte. Endlich erreichte ich die Andockschleuse – ein gewaltiges Tor, das wie der Eingang zu einer Kathedrale wirkte.
Die Schleuse öffnete sich, langsam, widerwillig, als ob sie nach Jahren des Schweigens zum Leben erwachte. Ein schwaches, blaues Licht leuchtete aus dem Inneren des Großkampfschiffs hervor. Es war kalt, mechanisch und einladend zugleich.
Ich schluckte. Alles in mir schrie, dass ich nicht hineingehen sollte. Doch ich wusste, dass ich keine Wahl hatte. Mein eigenes Schiff war zu beschädigt, um weiterzufliegen. Wenn ich Antworten – oder Überleben – wollte, musste ich dieses verlassene Schiff betreten.
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Das Innere des Dreadnoughts
Die Luft im Inneren war dünn, kalt und trocken. Es war, als ob das Schiff seit Ewigkeiten nicht mehr geatmet hatte. Die Wände waren riesig, die Gänge breit genug, um ganze Fahrzeuge durchzulassen. Überall hingen Kabel von der Decke, und einige der Lichter flackerten schwach, als ob sie verzweifelt versuchten, ihre Funktion zu erfüllen.
Ich ging langsam vorwärts, jeder Schritt hallte durch die gigantischen Gänge. Es fühlte sich an wie das Innere eines riesigen Friedhofs. Die Geräusche meiner Bewegungen wirkten fehl am Platz, fast respektlos, als ob ich das Schweigen störte, das das Schiff umhüllte.
„Systeme analysieren," sagte ich leise, obwohl ich wusste, dass die Stimme meines Schiffs mich auch hier hören konnte.
„Analyse läuft," antwortete sie nach einem Moment. „Energiesysteme inaktiv. Reaktorkern beschädigt. Notstromversorgung online."
Das erklärte das schwache Licht. Aber ich fragte mich, warum überhaupt noch Energie floss. Warum funktionierte die Notstromversorgung, wenn das Schiff verlassen war? Irgendetwas an diesem Ort fühlte sich... falsch an.
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Die Brücke
Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichte ich die Brücke. Es war ein gewaltiger Raum, mit einer Decke, die so hoch war, dass sie im schwachen Licht kaum sichtbar war. Konsolen reihten sich in ordentlicher Formation, und in der Mitte thronte ein riesiger Sitz – der Kommandosessel. Er war leer, doch ich konnte fast spüren, wie jemand dort gesessen hatte, eine Präsenz, die noch immer in der Luft hing.
Ich ging langsam zu einer der Konsolen und berührte sie vorsichtig. Sie reagierte sofort, als ob sie nur darauf gewartet hätte, aktiviert zu werden. Ein schwaches, holografisches Display erschien vor mir, und fremdartige Symbole füllten den Bildschirm. Es war dieselbe Schrift, die ich auch in meinem eigenen Schiff gesehen hatte.
„Datenzugriff möglich," meldete die Stimme meines Schiffs. „Synchronisation läuft."
„Worauf synchronisierst du dich?" fragte ich, doch es antwortete nicht. Stattdessen erschienen neue Symbole auf dem Display, diesmal klarer, verständlicher. Ich konnte es nicht erklären, aber ich begann, sie zu lesen, als ob ich die Sprache schon immer gekannt hätte.
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Die Entdeckung
Was ich sah, ließ mich erstarren.
Das Großkampfschiff war kein gewöhnliches Schiff. Es war das letzte seiner Art, ein Überbleibsel eines längst vergangenen Krieges, der das Universum erschüttert hatte. Die Daten sprachen von einer verlorenen Zivilisation, die Schiffe wie dieses gebaut hatte, um ihre Feinde zu besiegen – und die letztendlich selbst ausgelöscht worden war. Dieses Dreadnought war ihr Vermächtnis, ein stummer Zeuge eines Krieges, den niemand überlebt hatte.
Doch das war nicht alles. Die Daten deuteten darauf hin, dass dieses Schiff nicht wirklich „tot" war. Es war intelligent. Es war ein lebendiges Wesen, eine Symbiose aus Technologie und Bewusstsein. Und es hatte mich hierhergebracht.
Ich lehnte mich zurück, meine Gedanken rasten. War ich ein Zufall? Oder hatte das Schiff mich absichtlich ausgewählt?
„Warum bin ich hier?" flüsterte ich.
Die Konsolen flackerten, und ich spürte eine Präsenz – keine Stimme, sondern ein Gefühl, eine Art Bewusstsein, das mich durchströmte. Es war das Schiff. Es kommunizierte mit mir, nicht in Worten, sondern in Emotionen, in Bildern. Es zeigte mir eine Vision von Zerstörung, von endloser Dunkelheit und einem drohenden Feind, der weit größer war als das, was ich zuvor bekämpft hatte.
Das Dreadnought wollte nicht, dass ich es reparierte, nur um es zu verlassen. Es wollte, dass ich es nutzte. Es wollte kämpfen.
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Eine Entscheidung
Ich atmete schwer und setzte mich langsam in den Kommandosessel. Die Anzeigen um mich herum erwachten zum Leben, und das holografische Display vor mir zeigte die gesamte Größe des Schiffs. Es war alt, beschädigt, aber nicht machtlos. Die Waffen waren noch funktionsfähig, die Schilde teilweise reparierbar. Es hatte Ressourcen, die mein eigenes kleines Schiff nicht bieten konnte.
Doch was bedeutete das für mich? Ich war kein Krieger. Ich war ein Niemand. Und doch war ich hier, auf diesem Großkampfschiff, das mich als seinen neuen Kommandanten akzeptiert hatte.
Die Stimme meines eigenen Schiffs meldete sich wieder: „Entscheidung erforderlich. Integration möglich."
Ich schloss die Augen. Was sollte ich tun? Ich konnte das Dreadnought reparieren, vielleicht fliehen, vielleicht kämpfen. Aber konnte ich das wirklich? War ich bereit, diese Verantwortung zu übernehmen?
Langsam öffnete ich die Augen und griff nach der Steuerkonsole. Vielleicht war es keine Frage des Wollens. Vielleicht hatte das Universum die Entscheidung schon für mich getroffen.
„Integration beginnen," sagte ich schließlich, und das Schiff erwachte endgültig zum Leben.