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Chapter 44 - Vater und Sohn

"Komm her."

Herr Yang erhob sich von seinem Stuhl und winkte Min Hyun zu sich heran. Trotz seines Wissens um das Bevorstehende zögerte der junge Mann nicht, dem Befehl zu folgen – je eher es vorbei war, desto früher konnte er nach Hause gehen.

Schlag! - Ein scharfer, heißer, stechender Schmerz breitete sich auf Min Hyuns linker Wange aus, die sofort rot anlief und zu pulsieren begann. Es war in Ordnung, es war nicht das erste Mal und er hatte es erwartet.

"Wie oft muss ich dich noch schlagen, damit du es endlich verstehst?!"

Herr Yang sah seinen Sohn mit bösen Augen an und erhob seine raue Stimme. Der junge Mann rieb sich die pochende Wange und blickte zu seinen Füßen hinab. Wie oft wohl noch? Sein Vater fuhr fort:

"Jedes verdammte Mal! Jedes verdammte Mal, wenn du dort hingehst, muss ich Herrn Chois wütenden Anrufen standhalten und mir sein Gebell anhören, als wäre er ein tollwütiger Hund! Hast du eine Ahnung, wie lästig das ist?"

Min Hyun grinste und blickte den älteren Mann von unter seinen Brauen an.

"Na und? Also hast du einen Anruf von diesem fetten Süchtigen bekommen. Dieses Schwein kann nicht mehr ohne unser Zeug leben, also bleibt ihm nichts anderes übrig, als wie die erbärmliche Memme zu jammern, die er ist."

Schlag! - Die Hand des Mannes verursachte eine weitere Welle heißen Schmerzes auf derselben Wange. Seine Hände packten Min Hyun am Kragen seines Hemdes, und ein Paar dunkle, wütende Augen sahen ihn direkt an.

"Ich glaube nicht, dass das die Worte waren, die du sagen wolltest. Was du sagen wolltest, war 'Es tut mir leid' und 'Ich werde das nicht wieder tun'. Dieses Mal meine ich es ernst, Lee Min Hyun. Wenn du noch einmal so einen Anfall bekommst, wirst du es bereuen. Du weißt, was ich meine."

Min Hyun wusste, was er meinte. Es gab nur eine Sache, mit der seine Familie ihn bedrohen konnte, und leider funktionierte sie jedes Mal. Diese "Sache" war die letzte Verbindung zu der Liebe, nach der er sich sehnte."In Ordnung, ich habe verstanden. Sind wir jetzt fertig?"

Min Hyun richtete seine Haare und Kleidung, doch widerstrebte es ihm, seinen Vater noch einmal anzusehen. Herr Yang dachte ähnlich; er stand mit dem Rücken zu seinem Sohn und deutete an, dass er gehen sollte. Obwohl er es nicht sehen konnte, verbeugte sich der junge Min Hyun dennoch vor seinem Vater und verließ eilends den Raum. Ein Wirbelsturm an Gefühlen wütete in seinem Kopf, während er auf sein Auto zuging. Alles war unglaublich irritierend und beunruhigend - das grelle gelbe Licht in jedem Gang und jedem Aufzug, die Farbe der Böden und Wände, das Geräusch seiner Schritte, der künstliche Duft von Blumen und ätherischen Ölen... Es war abstoßend. Und es machte ihm Übelkeit. Min Hyun hastete auf die Straße und holte tief Luft; die verschmutzte Stadtluft brannte in seinen Lungen wie heißes Wasser. Er wusste nicht, wie lange er dort stand, keuchte nach Luft und versuchte den Brechreiz zu unterdrücken, doch als er endlich wieder klar denken konnte, zeigte die Platinuhr an seinem Handgelenk bereits den Beginn eines neuen Tages an.

"Ich muss nach Hause... Ich muss mich ausruhen."

Trotz Ji Seons verzweifelten Versuchen, ihn davon abzuhalten, weil er nicht in der Verfassung war zu fahren, setzte sich Min Hyun doch ans Steuer und startete das Auto. Er wollte allein sein, er brauchte das. Das Rumpeln des Motors vermengte sich mit den Geräuschen von draußen, die durch das heruntergelassene Fenster ins Auto drangen, und es gelang ihm, seine Verzweiflung zu dämpfen. Doch erst, als er den bitteren Geschmack einer Zigarette auf seinen Lippen spürte, begann er zu fühlen, dass Ruhe und Gelassenheit endlich zu ihm zurückkehrten.

Nachdem er die Tür seiner Wohnung geschlossen und seine Kleidung abgelegt hatte, griff Min Hyun in die Innentasche seiner Jacke, um sein Handy zu überprüfen. Als es jedoch nicht auf sein hektisches Tippen reagierte, warf er es auf die Couch und ging direkt ins Bad.

In solchen Momenten erschien es Min Hyun seltsamerweise erfrischend, eine kalte Dusche zu nehmen – eine schlechte Angewohnheit, die er sich mit neunzehn Jahren zugelegt hatte und die er bis heute nicht ablegen konnte. Doch heute Abend wollte er sich fallen lassen. Er wollte sich warm fühlen. Er wollte sich normal fühlen.

Das Plätschern des fließenden Wassers erfüllte das Bad und hallte von den schwarz gekachelten Wänden wider, fast als wäre es greifbar. Die schnell aufsteigenden Dampfwolken vermischten sich mit dem weißen Rauch der Zigarette in Min Hyuns Mund. Es war bereits seine fünfte. Er beobachtete, wie die durchsichtigen Dampfperlen an den Wänden herabglitten, als würden sie schwitzen, und dies entlockte ihm ein Lächeln. Mit seiner nassen Hand berührte er seine linke Wange, und ein neues, stechendes Gefühl durchzog ihn, als wäre er wieder einmal geohrfeigt worden.

"Der Alte weiß wirklich, wie er mir wehtun kann... Das weiß er wirklich."

Von seinem Vater geschlagen zu werden war nichts Neues für ihn. Tatsächlich war eine Ohrfeige die einzige Art, wie Min Hyun die Berührung seines Vaters spüren konnte; dieses kurze, scharfe, stechende Schmerzgefühl war das Höchste ihrer körperlichen Interaktion. Herr Yang verachtete Lee Min Hyun. Er empfand seine Existenz als Belastung. Er hätte nie geboren werden sollen, wäre es besser gewesen, er wäre als Baby gestorben. Für beide. Stattdessen quälte er Min Hyun und seine Mutter auf grausamste Weise – er trennte sie voneinander, hielt sie als Geiseln fest, bedrohte sie mit ihrem eigenen Leben, nur um zu sehen, wer zuerst nachgeben würde.

Der junge Mann warf seine Zigarette auf den gefliesten Boden, lehnte sich in der Badewanne zurück, atmete lang aus, schloss die Augen und tauchte seinen ganzen Körper in das heiße Wasser. Kurz zog er die Stirn kraus, als das Wasser seine geschädigte Haut berührte, doch bald wurde alles dumpf, und er fühlte nichts mehr, außer wie unerwartet schwer sein eigener Körper war.