Herr Yang schritt neben dem hohen, breiten Fenster auf und ab, als Min Hyun das Büro seines Vaters betrat. Der Mann warf seinem Sohn einen kurzen Blick zu, kehrte dann zu seinem Stuhl zurück, setzte sich und deutete Min Hyun, näher an seinen Schreibtisch heranzutreten.
"Ich möchte, dass du zum Lagerhaus gehst. Unsere Männer haben dort ungewöhnliche Bewegungen beobachtet, also sollst du nach dem Rechten sehen. Sollte es zu einem Konflikt kommen, bist du ermächtigt, alle Angelegenheiten zu klären. Du weißt, was ich meine."
Min Hyun war überrascht, das düstere Gesicht seines Vaters zu sehen. So etwas erlebte er selten, doch wenn es vorkam, bedeutete es, dass es ernst war.
"In Ordnung, ich kümmere mich darum. Gibt es sonst noch etwas?"
Herr Yang winkte ab, ohne seinen Sohn noch einmal anzusehen, und wandte sich ab.
"Enttäusche mich diesmal nicht. Und jetzt geh."
Min Hyun verneigte sich leicht und verließ den Raum, wo Ji Seon schon wartete, mit einem Lächeln, als sei er für jede Herausforderung bereit. Der Praktikant gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf und steckte sich eine Zigarette an.
"Warum grinst du? Willst du heute Nacht unter die Erde?"
"Kommt es dazu?"
Ji Seon rieb sich den schmerzenden Kopf und lächelte erneut. Manchmal konnte Min Hyun nicht entscheiden, ob sein Freund verrückt oder einfach nur naiv war. Er war sein bester Freund und zuverlässigster Partner, doch seine Unvorsichtigkeit war oft genug eine Last.
"Sammle Team 01, wir fahren zum Lagerhaus. Mit allen erforderlichen Mitteln."
"Verstanden."
"Mit allen erforderlichen Mitteln" – diese Formulierung benutzte Min Hyun, wenn eine ernste Auseinandersetzung bevorstand, die nicht selten tödlich endete. Diese Art von Auftrag war zwar nicht kompliziert, aber psychisch zermürbend, besonders weil er es am Ende war, der seinem Vater gegenüberstand und Rechenschaft ablegen musste.
Das Lagerhaus befand sich an einem geheimen Ort im Bezirk H, eine Autostunde entfernt von Seoul. Dort lagerte sein Vater Drogen und Waffen aus China. Er war der Vermittler, dessen Hauptverantwortung darin bestand, zu gewährleisten, dass die an diesem gefährlichen Geschäft Beteiligten weder von der Polizei noch von lokalen Gangs Probleme bekamen. Es war der Ort, wo sein Vater seinen Anfang gemacht hatte. Nun war es ein Ort, den er selbst nicht mehr zu betreten wagte. Und obwohl er diese Arbeit als angesehener "Herr Yang, CEO der YL Corporation" nicht weiterführen konnte, wollte er sein Erbe nicht aufgeben, weshalb Lee Min Hyun wie ein perfekter Sündenbock für diese Aufgaben schien.
"Hyung, wir sind da."
Zehn Autos fuhren vor einem schwarzen, schlecht beleuchteten Gebäude vor, das wie eine verlassene Scheune wirkte. Min Hyun klopfte mehrmals mit der Hand auf die linke Seite seiner Jacke, als ob er den Stoff glätten wollte, nickte dann Ji Seon zu und stieg aus dem Auto, gefolgt von den anderen, die seinem Beispiel fast synchron folgten.
Als alle bereit waren, gab der Mann einen siebenstelligen Code in das Tastenfeld des Metallschlosses ein, und als es mit einem leichten Piepen aufging und sich die automatische Tür öffnete, traten sie ein, gefolgt vom Rest seines Teams. Ein kleiner, magerer Mann eilte auf sie zu, sobald sie eintraten, und verbeugte sich zu neunzig Grad, als ob sie hochrangige politische Persönlichkeiten wären. Dann richtete sich der Mann wieder auf und sagte mit einer seltsam zittrigen Stimme,"Herr Lee, wir haben ein Problem! Es sieht so aus, als ob ein interner Konflikt bevorsteht!"
Das hatte er erwartet und auch gefürchtet. Bei jeglicher Art von illegalem Handel und Beschaffung waren interne Konflikte unvermeidlich - sei es durch Diebstahl, Bildung interner Banden, Verrat, Spionage von außen und nicht zuletzt Sabotage. Wenn man so lange in diesem Geschäft ist wie Herr Yang, ist es unvermeidlich, dass man einige Rivalen und Konkurrenten gewinnt, obwohl es immer lästig ist.
"Es ist schon eine Weile her, seit wir das letzte Mal einen hatten."
Min Hyun steckte sich eine Zigarette in den Mund und zuckte zusammen, als sie seine lädierten Lippen berührte.
"Was ist jetzt los?"
Dichter, stechender Rauch umhüllte den kleinen Mann wie eine Schlange. Er blickte zu Boden, als hätte er Angst, Min Hyun wieder anzusehen, und fuhr fort,
"Ich glaube, einige unserer Leute wurden von den Fang-Männern angesprochen. Ich habe sie über Brandstiftung reden gehört... Ich habe Herrn Yang sofort informiert, als ich davon erfahren habe, ich schwöre!"
Seine flehenden Augen sprangen hektisch von einer Person zur anderen, und als Min Hyun überraschend laut ausatmete, richtete der kleine Mann schließlich seinen erschrockenen Blick auf ihn und schluckte trocken. Der Praktikant strich ihm das Haar zurück und lächelte.
"Alles in Ordnung, Sie haben gut reagiert. Okay, dann wollen wir uns das mal selbst ansehen."
Er nickte mit dem Kopf, gab dem Mann ein Zeichen, sich zu bewegen und ging langsam hinter ihm her, wie ein arroganter König, der sich seinen widerspenstigen Untertanen stellt. Der kleine Mann blieb vor einer der dicken Metalltüren am Ende eines langen Korridors stehen und drehte sich um.
"Sie kommen seit einer Woche hierher, ich habe sie auch heute hineingehen sehen."
Min Hyun schob den Mann beiseite, klopfte dann dreimal an die Tür, und als der Raum mit einem gedämpften Geräusch von Unruhe antwortete, stieß er die Tür auf und lächelte.
"Na, na, na. Was haben wir denn hier?"
Fünf schwarz gekleidete Männer wurden überrascht, als sie versuchten, eine Reihe von Dokumenten und Drogenproben in einer großen Segeltuchtasche zu verstecken. Min Hyun betrachtete die Männer mit seinen dunklen, scharfen Augen, warf dann seine Zigarette auf den Boden, ging auf den nächsten Mann zu, packte ihn an der Hand und verdrehte ihm das Handgelenk, so dass er es vor Schmerz öffnen musste. Etwas Kleines fiel aus der Hand des Mannes und machte ein dumpfes Geräusch, als es auf den Betonboden aufschlug. Der Praktikant schaute nach unten, kickte das Ding mit dem Fuß zu Ji Seon und runzelte die Stirn, als er in das Gesicht des aufgeregten Mannes sah.
"Mal sehen, wer so dumm war, Sie zu schicken, um hier herumzuschnüffeln und Beweise zu sammeln."
Ji Seon trat vor und setzte dem Mann eine Pistole an den Hinterkopf, während Min Hyuns Hand den Reißverschluss seines schwarzen Hoodies öffnete und bis zu seinem Gürtel reichte. Er lächelte erneut, zog eine Pistole heraus und schwang sie vor dem Gesicht des Mannes wie eine Art Trophäe.
"Fangs kleiner Spielzeugsoldat, was?"